European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0070OB00197.16W.1130.000
Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin des führenden Transportversicherers – beide mit Sitz in Deutschland – einer aus vier in Deutschland ansässigen Gesellschaften bestehenden Unternehmensgruppe. Der von der Unternehmensgruppe mit der Beförderung von Textilwaren von Deutschland zu verschiedenen Empfängern in Österreich beauftragte Frachtführer mit Sitz in Deutschland bediente sich eines in Österreich ansässigen Unterfrachtführers, der seinerseits den Transport auf der Strecke von Wien nach Salzburg an ein weiteres österreichisches Transportunternehmen (in der Folge: zweiter Unterfrachtführer) weitergab. Auf dieser Teilstrecke kam es am 21. 8. 2000 zu einem Verkehrsunfall, bei dem Waren der Absender beschädigt wurden.
Die Klägerin brachte, vertreten durch einen in Deutschland ansässigen Rechtsanwalt, zunächst beim Landgericht Essen gegen den zweiten Unterfrachtführer eine Klage auf Zahlung eines von ihrem Rechtsvorgänger regulierten Schadensbetrags von 24.295 EUR ein. Unter anderem sei auch dem zweiten Unterfrachtführer ein grobes Verschulden am Zustandekommen des Verkehrsunfalls vorzuwerfen, weil er es verabsäumt habe, den eingesetzten Lkw ordnungsgemäß warten zu lassen, der aus diesem Grund erhebliche, für den Unfall (mit‑)kausale Mängel aufgewiesen habe. Der Ersatzanspruch werde auf zwei Anspruchsgründe gestützt: Zum einen auf einen vertraglichen Anspruch des Hauptfrachtführers und des ersten Unterfrachtführers gegen den zweiten Unterfrachtführer, den ihr die Genannten abgetreten hätten. Zum anderen auf (von der Klägerin als deliktisch bezeichnete) Ansprüche der Absender gegen den zweiten Unterfrachtführer, die infolge Regulierung durch den Transportversicherer nach § 67 VVG auf diesen übergegangen seien. Die Klage wurde wegen fehlender internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte als unzulässig abgewiesen. Während diese Entscheidung betreffend den vertraglichen Anspruch des Hauptfrachtführers und des ersten Unterfrachtführers bereits im ersten Rechtsgang mit Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. 11. 2008 rechtskräftig wurde, entschied über die nach § 67 VVG übergegangenen Ersatzansprüche der Absender im gleichen Sinn das Oberlandesgericht Hamm im zweiten Rechtsgang im Juli 2010 endgültig.
Nach Zustellung des Urteils des Bundesgerichtshofs brachte die Klägerin, vertreten durch den beklagten, in Österreich ansässigen Rechtsanwalt, am 19. 5. 2009 beim Landesgericht Ried im Innkreis gegen den zweiten Unterfrachtführer eine Klage auf Zahlung von 24.295,96 EUR sA ein. Bereits im Schriftsatz vom 25. 8. 2009 berief sie sich ausdrücklich auch auf nach § 67 VVG übergegangene Ersatzansprüche der Absender und machte vom zweiten Unterfrachtführer zu verantwortende, für den Verkehrsunfall (mit-)kausale erhebliche Wartungsmängel am Lkw geltend. Die Klage wurde rechtskräftig abgewiesen. Betreffend die nach § 67 VVG übergegangenen Ersatzansprüche der Absender wurde dies mit dem fehlenden Nachweis der Rechtsnachfolge der Klägerin nach dem regulierenden Transportversicherer begründet, weshalb sich die Verjährungsfrage insofern nicht stellte. Der– entsprechend ihrer Behauptung – an die Klägerin abgetretene vertragliche Ersatzanspruch des Hauptfrachtführers und ersten Unterfrachtführers wurde hingegen deshalb abgewiesen, weil die Klage erst mehr als vier Monate nach Zustellung des Urteils des Bundesgerichtshofs beim Landesgericht Ried im Innkreis eingebracht wurde.
Die Klägerin begehrte vom Beklagten die Zahlung von 41.765,50 EUR sA. Er habe es trotz wiederholter Bestreitung der Aktivlegitimation durch die Gegenseite verabsäumt, die entsprechenden Urkunden zum Nachweis der Aktivlegitimation der Klägerin vorzulegen, obwohl er über sämtliche dazu benötigten Informationen und Urkunden verfügt habe. Obwohl sich aufgrund der nicht vorhandenen Absicht der Klägerin, im deutschen Verfahren (neuerlich) Revision zu erheben, bereits im Juli 2010 abgezeichnet habe, dass dieses rechtskräftig beendet werden würde, habe er erst am 1. 10. 2010 die Fortsetzung des bis zur rechtskräftigen Beendigung des deutschen Verfahrens unterbrochenen Vorprozesses beantragt und dabei trotz mehrerer ausdrücklicher Anweisungen der deutschen Rechtsvertretung der Klägerin die Klage nicht auf deliktische Ansprüche ausgeweitet. Dies sei erst mit Urkundenvorlage vom 6. 12. 2010 erfolgt. Bei Einhaltung seiner anwaltlichen Sorgfaltspflichten hätte die Klägerin im Vorprozess zur Gänze obsiegt und wäre sie zudem nicht mit den hier weiters geltend gemachten Anwaltskosten belastet worden. Der Klägerin wäre unter anderem der Nachweis gelungen, dass der Lkw und der Anhänger große, für den Verkehrsunfall mitursächliche Wartungsmängel betreffend die Wirksamkeit der Betriebsbremse aufgewiesen hätten. Der zweite Unterfrachtführer sei verpflichtet gewesen, technisch einwandfreie Fahrzeuge zu benutzen und darauf zu achten, dass diese regelmäßig gewartet würden. Gegen diese Verpflichtung, die auch dem Schutz der transportierten Ware der Absender diene, habe der zweite Unterfrachtführer grob fahrlässig verstoßen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Bereits mit Schriftsatz vom 25. 8. 2009 seien die Ansprüche auch auf Delikt gestützt worden. Wartungsmängel seien für den Verkehrsunfall nicht kausal gewesen. Da die vertragliche Haftung nach CMR verjährt sei, seien aufgrund der „Himalaya-Klausel“ des Art 28 CMR auch sämtliche anderen Ansprüche verjährt.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Zur Geltendmachung eines Haftpflichtanspruchs infolge eines anwaltlichen Vertretungsfehlers bedürfe es hier einer ausreichenden Behauptung der Klägerin, dass ihr – unter der Annahme eines ordnungsgemäßen Nachweises der Aktivlegitimation im Vorprozess – ein deliktischer Anspruch gegen den zweiten Unterfrachtführer zugestanden wäre. Dieser sei gemäß § 48 Abs 2 IPRG nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen. Ein Vorbringen zu einer Besorgungsgehilfenhaftung des zweiten Unterfrachtführers nach § 1315 ABGB sei von der Klägerin nicht erstattet worden. Dass diesem ein deliktisches Verhalten durch seine Organe zu unterstellen sei, lasse sich dem Klagsvorbringen ebenfalls nicht entnehmen.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Mangels behaupteter Ausstellung eines durchgehenden Frachtbriefs kämen nur deliktische Ansprüche der Absender gegen den zweiten Unterfrachtführer in Betracht. Die Pflicht gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG, dafür zu sorgen, dass sich ein Kraftfahrzeug in einem den kraftfahrrechtlichen Vorschriften entsprechenden Zustand befindet, treffe den Zulassungsbesitzer. Diese Bestimmung sei eine Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB, in deren Zweckbereich die Verhütung von Unfällen und die Geringhaltung von aus Unfällen entspringenden Schäden liege. In der Verletzung dieser Verpflichtung liege bei einer juristischen Person regelmäßig ein ihr zuzurechnendes Fehlverhalten ihrer Organe oder leitenden Angestellten, weil die Wahrnehmung dieser Aufgabe aufgrund ihrer Wichtigkeit nicht einem in untergeordneter Stellung tätigen Mitarbeiter ohne jegliche weitere Kontrolle übertragen werden dürfe. Komme es infolge Verletzung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG zu einer Schädigung eines Dritten, dann hafte die juristische Person als Zulassungsbesitzer im Sinn der Repräsentantenhaftung. Zu klären sei daher, ob der zweite Unterfrachtführer Zulassungsbesitzer des betroffenen Lkw gewesen und der behauptete mangelhafte Zustand auf eine Verletzung der Wartungsverpflichtung zurückzuführen und für den Unfall kausal gewesen sei.
Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu einem deliktischen Schadenersatzanspruch des Absenders gegen den ausführenden Unterfrachtführer gestützt auf einen für die Beschädigung des transportierten Guts kausalen Wartungsmangel des Transportfahrzeugs vorliege.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Beklagten mit einem Abänderungsantrag.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist zulässig, er ist aber nicht berechtigt.
1. Vorweg ist festzuhalten, dass dem beklagten Rechtsanwalt haftungsbegründend nur ein Vertretungsfehler im Zusammenhang mit der Geltendmachung auf den klagenden deutschen Transportversicherer gemäß § 67 VVG übergegangener deliktischer (außervertraglicher) Schadenersatzansprüche der Absender im Vorprozess zur Last gelegt wird. Das Vorliegen deliktischer Schadenersatzansprüche der Absender wird im Rechtsmittelverfahren nur noch darauf gestützt, dass für die Schadenszufügung Wartungsmängel am Transportfahrzeug betreffend die Wirksamkeit der Betriebsbremse (mit‑)ursächlich gewesen seien, wofür der zweite Unterfrachtführer unter Heranziehung der Grundsätze der Repräsentantenhaftung einzustehen habe.
2. Der Beklagte wurde von der Klägerin mit Sitz in Deutschland im Frühjahr 2009 mit der Rechtsvertretung beauftragt. Damit findet auf diesen Vertrag noch das EVÜ Anwendung (vgl Art 29 Rom I-VO). Mangels Rechtswahl ist auf dieses Vertragsverhältnis nach Art 4 Abs 2 EVÜ im Hinblick auf die Niederlassung des dienstleistenden Beklagten österreichisches Sachrecht anzuwenden (vgl RIS‑Justiz RS0120294).
3.1. Wenn ein Rechtsanwalt – wie hier – eine pflichtwidrige Unterlassung zu verantworten hat, hängt seine Schadenersatzpflicht gegenüber dem Mandanten von der Kausalität des Fehlverhaltens für den Eintritt des behaupteten Schadens ab. Den Geschädigten trifft die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden bei pflichtgemäßem Handeln des Rechtsanwalts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre (RIS-Justiz RS0022700, RS0022900 [T8]). Die Frage, wie der Vorprozess richtigerweise geführt und entschieden hätte werden müssen, beantwortet das Regressgericht, das auch über die Durchführung der beantragten Beweisaufnahmen aus seiner Sicht und nach seinem Ermessen zu entscheiden hat, unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Das Regressgericht hat seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde zu legen, der dem Gericht des Vorverfahrens bei pflichtgemäßem Verhalten des Rechtsanwalts unterbreitet und von ihm aufgeklärt worden wäre (RIS-Justiz RS0127136). Bei der Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausgangs des Vorprozesses hat das Regressgericht nicht darauf abzustellen, wie das Gericht im Vorprozess, wären die beanstandeten Unterlassungen unterblieben, seinerzeit entschieden hätte, sondern darauf, wie nach seiner Auffassung der Vorprozess richtigerweise hätte entschieden werden müssen (RIS-Justiz RS0115755).
3.2. Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht die Klage mangels ausreichenden Vorbringens der Klägerin zur deliktischen Haftung des zweiten Unterfrachtführers als unschlüssig abgewiesen. Demgegenüber hat das Berufungsgericht das Klagsvorbringen im Zusammenhang mit der Verletzung des § 103 Abs 1 Z 1 KFG, der als Schutzgesetzverletzung auch für den Schaden der transportierten Güter der Absender heranzuziehen sei, als ausreichend angesehen. Der Rekurs bestreitet den Rechtswidrigkeitszusammenhang und behauptet fehlendes Vorbringen der Klägerin zur Deliktshaftung sowie Verjährung der Ersatzforderung.
4. Dem Transportauftrag der Absender lag ein internationaler Gütertransport zugrunde, sodass grundsätzlich das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) zur Anwendung gelangt. Fehlt es – wie hier mangels eines durchgehenden Frachtbriefs – einer Partei die Eigenschaft eines Vertragspartners des Beförderungsvertrags, kann der Absender selbst gegen diese nur – in den CMR nicht geregelte – außervertragliche Ansprüche im Sinn des Art 28 CMR geltend machen (vgl 2 Ob 513/82 = RIS-Justiz RS0062562). Zu beurteilen sind im vorliegenden Fall auf den Transportversicherer übergegangene deliktische Ersatzansprüche der Absender aufgrund eines Verkehrsunfalls. Zu deren kollisionsrechtlicher Beurteilung kann das Haager Straßenverkehrsübereinkommen (HStVÜ) nicht herangezogen werden, weil es gemäß dessen Art 2 Z 5 auf Regressansprüche von Versicherern keine Anwendung findet (RIS-Justiz RS0074389). Die Rom II‑VO ist im Hinblick auf den Zeitpunkt des Schadensfalls im Jahr 2000 ebenfalls nicht anwendbar (vgl deren Art 31 und 32). Damit bestimmt sich das anzuwendende Sachrecht nach § 48 IPRG ( Csoklich in Jabornegg/Artmann , UGB² Art 28 CMR Rz 1). Mangels Rechtswahl und stärkerer Beziehung der Beteiligten zum Recht ein und desselben Staates ist im Hinblick auf den im Inland gelegenen Handlungsort die deliktische Haftung des zweiten Unterfrachtführers nach österreichischem Sachrecht zu beurteilen.
5.1. Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung – unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen – den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entsprechen. Ein Transportunternehmer kommt seiner Verpflichtung nach dieser Bestimmung nur dann nach, wenn er für eine sachgemäße Wartung seiner Kraftfahrzeuge – allenfalls in einer Kraftfahrzeugwerkstätte – Sorge trägt (7 Ob 92/75 = RIS-Justiz RS0065820). § 103 Abs 1 KFG ist eine Schutznorm im Sinn des § 1311 ABGB, in dessen Zweckbereich die Verhütung von Unfällen und die Geringhaltung von aus Unfällen entspringenden Schäden liegt (RIS-Justiz RS0027402).
5.2. In ständiger Rechtsprechung wird vertreten, dass im Verhältnis zwischen Frachtführer und Versender die straßenpolizeilichen Vorschriften der StVO und des KFG, wonach die Befestigung des Ladeguts, die zur Verstauung zu rechnen ist, in jedem Fall dem Frachtführer überantwortet werden müsste, mangels Rechtswidrigkeitszusammenhangs nicht heranzuziehen sind. Im Frachtvertragsverhältnis richtet sich die Haftung für Verladung und Verstauung nach dem Vertragsverhältnis und der CMR (RIS‑Justiz RS0129457).
Im vorliegenden Fall besteht zwischen den Absendern und dem zweiten Unterfrachtführer mangels eines durchgehenden Frachtbriefs keine Vertragsbeziehung (vgl RIS-Justiz RS0062620); die Absender sind daher Dritte und damit vom Schutzzweck kraftfahrrechtlicher Bestimmungen grundsätzlich erfasst.
5.3. Die im vorliegenden Fall relevanten Bestimmungen über (die Wirksamkeit von) Bremsanlagen nach § 6 KFG iVm §§ 3 ff KDV dienen der Betriebssicherheit und damit einem umfassenden Gefährdungsschutz. Davon werden jedenfalls auch – wie hier – mitbeförderte Waren dritter Personen erfasst. Damit besteht eine deliktische Haftung des zweiten Unterfrachtführers gegenüber den Absendern für allfällige Mängel an der Bremsanlage des eingesetzten Transportfahrzeugs nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 6 KFG und §§ 3 ff KDV.
6. Entgegen dem Rekurs hat die Klägerin ein ausreichendes Vorbringen zur deliktischen Haftung des zweiten Unterfrachtführers erstattet:
6.1. Ein Klagebegehren ist dann rechtlich schlüssig, wenn das Sachbegehren des Klägers materiell‑rechtlich aus den zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen abgeleitet werden kann (RIS-Justiz RS0037516). Für die Schlüssigkeit des Klagebegehrens verlangt das Gesetz nicht, dass der gesamte Tatbestand vorgetragen wird. Es genügt, wenn die rechtserzeugenden Tatsachen vollständig und knapp angeführt sind (RIS-Justiz RS0036973). Für die Substantiierung eines Schadenersatzanspruchs ist es notwendig, dass – neben dem ziffernmäßig bestimmten Begehren – das rechtswidrige, schuldhafte und kausale Verhalten des Schädigers sowie die Art des eingetretenen Schadens behauptet wird (RIS-Justiz RS0037550).
6.2. Eine juristische Person haftet nach ständiger Rechtsprechung nicht nur für ihre verfassungsmäßigen Organe, sondern auch für alle Personen deliktisch, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion für sie tätig werden, ohne dass es darauf ankäme, ob deren Wirkungskreis dem eines Organs annähernd entspricht. Repräsentanten sind demnach Personen, die in „gehobener“ Stellung tätig sind, nicht aber Personen, die untergeordnete Tätigkeiten wahrnehmen. Für deren deliktisches Verhalten hat die juristische Person nur nach § 1315 ABGB einzustehen. Sie kann sich aber ihrer Haftung nicht dadurch entziehen, dass sie die ihr obliegenden Aufgaben einem in untergeordneter Stellung Tätigen ohne jegliche weitere Kontrolle überträgt. In einem solchen Fall haftet sie für das Versäumnis ihrer Organe (Repräsentanten), für wirksame Kontrollen zu sorgen, also für ein anzulastendes Überwachungsverschulden oder einen Organisationsmangel (7 Ob 185/11y = RIS-Justiz RS0009171 [T2], RS0009113).
Bei der Repräsentantenhaftung ist es nicht erforderlich, dass das Fehlverhalten eines bestimmten Repräsentanten bewiesen wird. Es genügt vielmehr, dass aufgrund der Umstände feststeht, dass sich (irgend‑)ein Repräsentant fehlerhaft verhalten haben muss ( Schacherreiter in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.03 § 1315 Rz 28; Reischauer in Rummel ³, § 1315 ABGB Rz 2a).
6.3. Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 22. 12. 2014 betreffend die im Vorprozess geltend gemachten deliktischen Ansprüche vorgebracht, dass der dort beklagte zweite Unterfrachtführer für den Verkehrsunfall kausale Wartungsmängel am Transportfahrzeug aus seinem Fuhrpark, insbesondere die verminderte Wirksamkeit der Betriebsbremse, zu verantworten habe. Das ist ein ausreichendes Tatsachenvorbringen zu einem Verstoß gegen § 103 Abs 1 Z 1 KFG bezogen auf § 6 KFG iVm §§ 3 ff KDV. Die den Zulassungsbesitzer treffende Verpflichtung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG kann jedenfalls nicht ohne Überprüfung dieser Kontrolltätigkeit an Personen in untergeordneter Stellung übertragen werden (vgl VwGH 18. 9. 1990, 89/03/0231; 3. 7. 1991, 91/03/0005). Das Berufungsgericht ist daher zu Recht von einem schlüssigen Klagsvorbringen im Zusammenhang mit der deliktischen Haftung des zweiten Unterfrachtführers ausgegangen.
7. Zur im Rekurs aufrecht erhaltenen Verjährungseinrede ist Folgendes auszuführen:
7.1. Die Behauptungs- und Beweislast für die die Verjährung begründenden Umstände trifft denjenigen, der die Verjährungseinrede erhebt (RIS-Justiz RS0034456 [T4], RS0034198 [T1, T2]). Der Beklagte hat bereits im erstinstanzlichen Verfahren zuletzt die Verjährungseinrede nur noch auf Art 28 CMR gestützt und dazu vorgebracht, dass infolge Verjährung der vertraglichen Haftung aus dem Abkommen auch sämtliche anderen Ansprüche verjährt seien.
7.2. Werden Ansprüche aus außervertraglicher Haftung für Verlust, Beschädigung oder Überschreitung der Lieferfrist gegen eine der Personen erhoben, für die der Frachtführer nach Art 3 CMR haftet, so kann sich auch diese Person gemäß Art 28 Abs 2 CMR auf die Bestimmungen dieses Übereinkommens berufen, die die Haftung des Hauptfrachtführers ausschließen oder den Umfang der zu leistenden Entschädigung bestimmen oder begrenzen. Dies ist hier betreffend den zweiten Unterfrachtführer der Fall (vgl Csoklich aaO Art 3 CMR Rz 5 mwN).
7.3. Nach herrschender Ansicht fällt unter die Begünstigung des Art 28 Abs 2 CMR auch die Verjährungsregelung des Art 32 CMR ( Csoklich aaO Art 28 CMR Rz 4; Schmid in Thume , CMR³ Art 28 Rn 14 ua). Damit ist die im Vorprozess erhobene Verjährungseinrede des zweiten Unterfrachtführers gegen die wider ihn geltend gemachte deliktische Haftung nach den Voraussetzungen des Art 32 CMR zu prüfen. Daraus folgt aber keineswegs, dass mit Eintritt der Verjährung des vertraglichen Schadenersatzanspruchs des Vertragspartners des zweiten Unterfrachtführers zwangsläufig auch die deliktischen Schadenersatzansprüche der Absender, die mit dem zweiten Unterfrachtführer in keiner Vertragsbeziehung stehen, verjährt sind. Gerade in Fällen der Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung (wie hier), die gemäß Art 32 Abs 3 CMR nach dem Recht des angerufenen Gerichts zu prüfen sind, kann die Beurteilung der Verjährungsfrage zu unterschiedlichen Ergebnissen führen.
7.4. Vertragliche Schadenersatzansprüche des Hauptfrachtführers und ersten Unterfrachtführers wurden im Vorprozess als verjährt angesehen, weil diese erst mehr als vier Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung der deutschen Gerichte vor einem österreichischen Gericht geltend gemacht wurden. Dieses Argument trifft jedoch auf die deliktischen Schadenersatzansprüche der Absender nicht zu. Diese wurden im Inland bereits zu einem Zeitpunkt verfolgt, als das Verfahren darüber in Deutschland noch anhängig war. Die Begründung für die Verjährung des vertraglichen Schadenersatzanspruchs des Hauptfrachtführers und ersten Unterfrachtführers kann daher nicht für die deliktischen Schadenersatzansprüche der Absender herangezogen werden. Ein darüber hinausgehendes Vorbringen zur Verjährung der deliktischen Schadenersatzansprüche wurde nicht erstattet.
8. Damit bedarf es in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht einer näheren Prüfung der Voraussetzungen der deliktischen Ansprüche gegen den zweiten Unterfrachtführer zur Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausgangs im Vorprozess, um den von der Klägerin geltend gemachten Vertretungsfehler im Zusammenhang mit dem Nachweis der Aktivlegitimation, der vom Beklagten nicht bestritten wird, abschließend beurteilen zu können.
9. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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