European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1975:0070OB00188.75.1023.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Untergerichte werden dahin abgeändert, daß sie unter Neufassung des Urteilstenors zu lauten haben:
„1.) Die Klagsforderung besteht mit dem Betrag von S 134.512,16 samt 8 % Zinsen aus S 24.580,— und 4 % Zinsen aus S 109.932,16 seit 1. 1. 1968 zu Recht.
2.) Die bis zur Höhe der Klagsforderung eingewendeten Gegenforderungen der beklagten Partei bestehen nicht zu Recht.
3.) Die beklagte Partei ist schuldig, an den Kläger zur ungeteilten Hand den Betrag von S 134.512,16 samt 8 % Zinsen aus S 24.580,— und 4 % Zinsen aus S 109.932,16 seit 1. 1. 1968 binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
4.) Das Mehrbegehren von S 7.355,54 samt 4 % Zinsen seit 1. 1. 1968 wird abgewiesen.
5.) Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien an Kosten des Verfahrens erster Instanz S 74.577,99 und an Kosten des Verfahrens zweiter Instanz S 4.791,20 (darin sind Barauslagen von S 320,— und Umsatzsteuer von S 331,20 enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zur ungeteilten Hand zu ersetzen.
Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 898,47 bestimmten Kosten eines angenommenen Kostenrekurses (darin sind Barauslagen von S 40,— und Umsatzsteuer von S 63,59 enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien zur ungeteilten Hand die mit S 5.304,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin sind S 1.280,— an Barauslagen und S 298,08 an Umsatzsteuer enthalten) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Kläger waren zu je einem Drittel Eigentümer der Liegenschaft EZ *, Katastralgemeinde *, in Wien *. Die beklagte Partei, die sich gewerbsmäßig mit der Planung und Errichtung von Eigentumswohnungsbauten befaßt, hat auf der Liegenschaft der Kläger eine Eigentumswohnanlage errichtet und zu diesem Zweck den Verkauf der Liegenschaft zu entsprechend parifizierten ideellen Anteilen an Eigentumswohnungswerber vermittelt, wobei die beklagte Partei die Haftung für den mit den Klägern vereinbarten Gesamtkaufpreis von S 5.935.100,— übernommen hat.
Die Kläger begehren mit der vorliegenden Klage – nach einer Modifizierung (ON. 60, 61) – von der beklagten Partei die Zahlung eines Betrages von S 141.867,70 samt Anhang mit der Begründung, die beklagte Partei sei ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen. Sie schulde den Klägern noch einen Kaufpreisrest von S 24.580,— , ferner Verzugszinsen bis zum Klagstag in der Höhe von S 50.680,20, eine Konventionalstrafe von S 59.000,— sowie einen von den Klägern für die beklagte Partei für die Bezahlung von Grundsteuer und Beiträgen zum Wohnhauswiederaufbaufonds vorgestreckten Betrag von S 7.607,50, dessen Ersatz sie begehren. Die beklagte Partei habe sich verpflichtet, beginnend mit 16. 1. 1967, eine Konventionalstrafe von S 1.000,— pro Tag zuzüglich zu den früher vereinbarten Verzugszinsen von 8 % zu bezahlen, falls der schon fällige Restkaufpreis nicht längstens am 16. 1. 1967 bezahlt sein werde; die beklagte Partei habe erst am 14. 3. 1967, mithin nach 59 Tagen, eine weitere a-conto-Zahlung von S 1.000.000,– bezahlt. Trotz Aushaftung des mit der Klage verlangten Restkaufpreises von S 24.580,— werde wegen des Mißverhältnisses der Konventionalstrafe zu diesem Restbetrag über den 14. 3. 1967 hinaus keine Konventionalstrafe mehr begehrt.
Die beklagte Partei beantragte Klagsabweisung. Sie habe den Kaufpreis bis auf einen „geringfügigen Restbetrag“ bezahlt. Hingegen seien die Kläger säumig geworden, weil sie ihre vertraglich übernommene Verpflichtung, die Liegenschaft binnen drei Monaten nach der Annahme des Anbotes, sohin bis 5. 1. 1967, geräumt zu übergeben, nicht eingehalten, sondern erst am 30. 4. 1967 geräumt hätten. Infolge dieses Verzuges hätten 1200/3663‑Anteile der Liegenschaft nicht verkauft werden können, sodaß sie die beklagte Partei selbst um S 2.048.700,– habe kaufen müssen. Da der vereinbarte Kaufpreis für diese Anteile nur S 1.944.000,— betragen habe, habe die beklagte Partei um S 104.700,— zuviel gezahlt. Dieser Differenzbetrag werde als Gegenforderung unter dem Titel der irrtümlichen Bezahlung einer Nichtschuld compensando eingewendet. Schließlich habe die beklagte Partei, um den letzterwähnten Kaufpreis aufbringen zu können, Kredite aufnehmen müssen, wodurch ihr an Spesen, Zinsen und Kosten ein Aufwand von insgesamt S 135.180,70 entstanden sei. Dieser Betrag werde gleichfalls compensando eingewendet. Da die beklagte Partei den gesamten Kaufpreis von S 5.935.100,— bis zum 14. 3. 1967 ausbezahlt habe (Vorbringen ON. 6) , sei nicht die beklagte Partei in Verzug geraten, sondern seien die Kläger wegen Nichteinhaltung der Räumungsfrist säumig geworden. Damit fehle für das Begehren von Verzugszinsen und Konventionalstrafe jede Grundlage. Die behauptete Vereinbarung einer Konventionalstrafe sei sittenwidrig, weil die Parteien infolge sanktionslos vereinbarter Räumungsfrist nicht annähernd gleich behandelt worden seien. Schließlich hätten die Kläger mit dieser Vereinbarung die Zwangslage der beklagten Partei dadurch ausgebeutet, daß für die Stundung der Kaufpreisrestforderung eine Gegenleistung (Konventionalstrafe) vereinbart worden sei, deren Wert zu dem Wert der Stundung in auffallendem Mißverhältnis stehe (ON. 21). Überdies habe die beklagte Partei infolge Verkaufes eines Großteiles von Liegenschaftsanteilen an Dritte vom Kaufvertrag nicht mehr zurücktreten können. Sie habe ferner keine weiteren Kaufinteressenten zur Verfügung gehabt und sei gezwungen gewesen, die restlichen Anteile selbst zu kaufen, wozu sie jedoch Kredite habe aufnehmen müssen. Diese Zwangslage sei dem Vertreter der Kläger bekannt gewesen (ON. 37)
Das von der beklagten Partei in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. 1. 1971 (ON. 11) erstattete Vorbringen, der mit 5. 1. 1967 vereinbarte Übergabetermin der Liegenschaft sei einvernehmlich auf den 30. 4. 1967 verlegt worden, ein Zahlungsverzug der beklagten Partei sei deshalb nicht eingetreten, weil der Zahlungstermin mit dem Übergabetermin gekoppelt gewesen sei, wurde von der beklagten Partei in der Tagsatzung vom 7. 12. 1972 (ON. 37) mit der Begründung widerrufen, es sei durch eine Information des Beklagtenvertreters nicht gedeckt gewesen. Dieser Widerruf erfolgte, nachdem das Berufungsgericht in seinem Aufhebungsbeschluß vom 27. 9. 1972 (ON. 36) einen Teil der Berufungsausführungen der beklagten Partei unter Hinweis auf dieses Vorbringen als ungerechtfertigt bezeichnet hatte.
Im ersten Rechtsgang erkannte das Erstgericht die Klagsforderung mit S 82.266,50 samt Anhang als zu Recht bestehend, die Gegenforderung bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend, sprach den Klägern einen Betrag von S 82.266,50 samt Anhang zu und wies das (ziffernmäßig nicht bezeichnete) Mehrbegehren ab. Nachdem das Berufungsgericht dieses Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur Verfahrensergänzung und Fällung einer neuen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen hatte, erkannte dieses im zweiten Rechtsgang die Klagsforderung mit dem Betrag von S 135.512,16 samt Anhang als zu Recht bestehend, die Gegenforderung der beklagten Partei bis zur Höhe der Klagsforderung als nicht zu Recht bestehend, sprach den Klägern den genannten Betrag zu und wies das Mehrbegehren von S 6.259,81 s.A. (richtig: S 6.355,54 s.A.) ab. Es legte seiner Entscheidung im wesentlich folgende Feststellungen zugrunde:
Anfang September 1966 nahmen die Kläger in der Absicht Verbindung mit der beklagten Partei auf, die ihnen gehörige, eingangs näher bezeichnete Liegenschaft zu verkaufen. Die Geschäftsführerin der beklagten Partei, C* S*, zeigte Interesse an der Liegenschaft, erklärte jedoch, sich vorerst nicht binden zu können, weil sie erst feststellen müsse, ob genug Interessenten für Eigentumswohnungen vorhanden wären. Als sich schon nach 10 Tagen Interessenten gemeldet hatten, veranlaßte die beklagte Partei die Erstklägerin zur Stellung eines Anbotes vom 6. 9. 1966, dessen Inhalt von der Geschäftsführerin mehr oder weniger diktiert wurde und das bis 27. 9. 1966 befristet war. Mit Rücksicht auf das Flächenausmaß von 6.158 m2 und einem Quadratmeterpreis von S 950,— betrug der Gesamtkaufpreis S 5.850.100,—. Davon sollte ein Teilbetrag von je S 1.000.000,— bei Annahme des Anbotes bzw. acht Tage darnach und der Rest spätestens mit Ablauf der fünften Woche nach Annahme des Anbotes gezahlt werden. Die Kläger sollten die Liegenschaft binnen drei Monaten nach diesem Stichtag geräumt übergeben. Am 27. 9. 1966 verlangte die beklagte Partei eine Verlängerung der für die Annahme des Anbotes vereinbarten Frist bis 4. 10. 1966, wofür sie sich zur Zahlung einer Entschädigung von S 15.000,— bereit erklärte. Die Kläger verlängerten hierauf die Frist unter der Voraussetzung der Zahlung der genannten Entschädigung, einer Erhöhung des Kaufpreises auf S 5.920.100,– und des Erlages von S 1.000.000,– gleichzeitig mit der Abgabe der Annahmeerklärung. Die beklagte Partei hat am 5. 10. 1966 das Anbot angenommen und war in der Folge damit einverstanden, daß Rechtsanwalt Dr. Schuster mit der Errichtung der Verträge betraut werde und die Betreuung der Transaktion übernehme. Die Zahlungsvereinbarung wurde in der Folge dergestalt abgeändert, daß nach Bezahlung der beiden ersten Kaufpreisraten von insgesamt S 2.000.000,– bis 9. 11. 1966 eine weitere Rate von S 2.000.000,— und bis 23. 11. 1966 der Kaufpreisrest von S 1.935.100,— zu bezahlen und für den Fall des Verzuges mit 8 % zu verzinsen sei. Für den Fall der nicht rechtzeitigen Zahlung durch die Bauherren verpflichteten sich die beklagte Partei und deren Geschäftsführerin zur ungeteilten Hand, den jeweils aushaftenden Restbetrag samt Verzugszinsen an die Kläger zu zahlen.
Auf den oben erwähnten Gesamtkaufpreis wurde von den Eigentumswohnungswerbern S 4.230.740,— und von der beklagten Partei für an Wohnungswerber noch nicht verkaufte restliche 1084/3663‑Anteile S 2.048.700,—, insgesamt daher S 6.279.440,— gezahlt. Von dem erstgenannten Betrag hat Dr. Schuster für die beklagte Partei an die Bausparkasse Gemeinschaft der Freunde Wüstenrot reg.Gen.m.b.H. am 21. 4. 1967 S 171.720,— und am 31. 7. 1967 S 197.200,—, sohin insgesamt S 368.920,— eingezahlt, sodaß zur Weiterleitung an die Kläger S 3.861.820,— verblieben sind. Der oben erwähnte, von der beklagten Partei unmittelbar bezahlte Kaufpreisteilbetrag von S 2.048.700,— wurde in folgenden Teilbeträgen entrichtet: S 48.000,— am 7. 12. 1966, und jeweils S 1.000.000,— am 7. 12. 1966 und am 14. 3. 1967. Auf den Gesamtkaufpreis von S 5.935.100,— wurden insgesamt S 5.910.520,— gezahlt, sodaß ein Restbetrag von S 24.580,— unberichtigt aushaftet.
Dr. Schuster hat vor dem 13. 1. 1967 die beklagte Partei wiederholt gemahnt und ihr zur Zahlung der Restforderung Nachfristen gesetzt. Die letzte Nachfrist lief am 15. 1. 1967 ab. Am 13. 1. 1967 erschien die Geschäftsführerin der beklagten Partei in der Kanzlei Dris. Schuster und erklärte, den Termin 15. 1. 1967 nicht einhalten zu können. Sie ersuchte um eine neuerliche Fristerstreckung bis 10. 2. 1967 und bot gleichzeitig spontan die Zahlung eines Betrages von S 1.000,— täglich bis zur endgültigen Zahlung des Kaufpreisrestes an, ohne hiebei das Wort „Konventionalstrafe“ zu gebrauchen. Die Geschäftsführerin fragte Dr. Schuster, ob sie nun davon ausgehen könne, daß zunächst eine Klage nicht eingebracht werde. Dr. Schuster erwiderte, er müsse rückfragen, weil die Zweit- und Drittkläger vom Klagevertreter vertreten werden. Am 16. 1. 1967 berichtete er dem Klagevertreter schriftlich von dem Ersuchen der beklagten Partei sowie davon, daß für die Fristerstreckung zusätzlich zur Verzinsung eine Konventionalstrafe von S 1.000,— pro Tag angeboten worden sei. Mit Schreiben vom 27. 1. 1967 teilte Dr. Schuster der beklagten Partei mit, daß einer Terminverschiebung letztmals zugestimmt werde; der gesamte noch aushaftende Betrag müsse bis längstens 10. 2. 1967 in seiner Kanzlei eingetroffen sein. Die Kläger hätten zur Kenntnis genommen, daß sich die beklagte Partei unabhängig vom unveränderten Fortbestehen des Zinsenlaufes für den jeweils aushaftenden Betrag verpflichtet habe, beginnend mit 16. 1. 1967 bis zum Tage der tatsächlichen Bezahlung eine Konventionalstrafe von S 1.000,– pro Tag zu zahlen. Am 14. 3. 1967 wurde ein Betrag von S 1.000.000,— bezahlt. Die Geschäftsführerin der beklagten Partei verpflichtete sich zur Bezahlung des Betrages von S 1.000,— pro Tag in der Absicht, diese Beträge mit Gegenansprüchen zu kompensieren. Die Geschäftsführerin lehnte bei ihrer Vernehmung als Partei die Beantwortung der Frage, in welcher Höhe ein Gewinn für die beklagte Partei aus dem Bauvorhaben zu erwarten gewesen sei, mit der Begründung ab, es bestehe zwischen dem Kaufvertrag und der Konventionalstrafe kein Zusammenhang.
Zwischen der Räumung der Liegenschaft und der Bezahlung des Restkaufpreises haben die vertragschließenden Parteien keinen Zusammenhang hergestellt. Die Geschäftsführerin hat die noch nicht erfolgte Räumung dem Begehren auf Zahlung des Restkaufpreises nicht entgegengehalten. Die beklagte Partei hat ihre Zahlungspflicht, bzw. die der Bauinteressenten, niemals von der Räumung der Liegenschaft zu einem bestimmten Zeitpunkt abhängig gemacht. Die Kläger haben der beklagten Partei mitgeteilt, daß sie aller Voraussicht nach vor Jänner 1967 die Liegenschaft nicht räumen können. Die Geschäftsführerin der beklagten Partei erklärte hierauf, daß ihr dies nichts ausmache, man werde eben mit den Abbrucharbeiten bei dem Gärtnerhäuschen beginnen, damit die Wohnungsinteressenten den Anfang der Demolierung wahrnehmen können. Die Kläger sind Anfang Mai 1967 ausgezogen. Die beklagte Partei hat mit Antrag vom 11. 4. 1967 den Demolierungsantrag an die Baubehörde gerichtet. Nach einer am 27. 4. 1967 stattgefundenen Verhandlung wurde der beklagten Partei die Abbruchgenehmigung am 4. 6. 1967 erteilt.
Die beklagte Partei hat einer ihr von Dr. Schuster nach dem 14. 3. 1967 übermittelten Verzugszinsenaufstellung nicht widersprochen. Die Verzugszinsen betragen bis zum Klagstag insgesamt S 69.701,20. Hievon ist ein von Wohnungswerbern bezahlter Betrag von S 19.021,— abzuziehen. In einem betreffend 542/3663 Anteilen der gegenständlichen Liegenschaft zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Kaufvertrag vom 11. 12. 1967 wurde der 1. 6. 1967 als Stichtag für die Verrechnung der Nutzungen und Lasten vereinbart. Die Kläger haben für das zweite Halbjahr 1967 an Grundsteuer und Wohnhauswiederaufbaubeiträgen für die Liegenschaft einen Betrag von S 7.51l,75 gezahlt.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, der geltend gemachte Kaufpreisrest von S 24.580,– hafte noch aus. Daraus ergebe sich die Berechtigung der Forderung auf Zahlung der vereinbarten Verzugszinsen von 8 %. Die Konventionalstrafe von S 1.000,– pro Tag sei nicht sittenwidrig, weil die beklagte Partei nicht unter Druck gesetzt worden sei. Von den Aufwendungen für Grundsteuer und Beiträgen zum Wohnhauswiederaufbaufonds habe die beklagte Partei rund ein Sechstel, nämlich den der Gesamtfläche der Liegenschaft entsprechenden Teil der von der beklagten Partei erworbenen 542/3663‑Anteile den Klägern zu ersetzen. Die Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht, weil die beklagte Partei die Abbruchgenehmigung ohnehin erst nach der Räumung der Liegenschaft erhalten habe.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in der Hauptsache und änderte nur die Kostenentscheidung ab. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und stellte zusätzlich auf Grund des Sachverständigengutachtens fest, daß die Wohnungswerber nach dem 19. 1. 1967 auf den Kaufpreis noch rund 1.600.000,— S bezahlt haben, obgleich der gesamte Kaufpreis bis zum 23. 11. 1966 beglichen sein sollte. Das Berufungsgericht billigte im wesentlichen die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes. Wenn der täglich zu entrichtende Betrag von S 1.000,— nicht als Konventionalstrafe angesehen werden könnte, sei für die beklagte Partei nichts gewonnen, weil auch neben Verzugszinsen ein nicht als Konventionalstrafe anzusehender Vergütungsbetrag vereinbart werden dürfe. Die Frage, ob die beklagte Partei ein Verschulden an der verspäteten Zahlung des Kaufpreises treffe, könne auf sich beruhen, weil auch die Nichterfüllung einer Vertragspflicht ein Verschulden begründe. Da die Geschäftsführerin der beklagten Partei eine Auskunft über den Gewinn aus dem Bauprojekt verweigert habe, könne nicht angenommen werden, daß der vereinbarte Betrag von S 1.000,– pro Tag übermäßig hoch sei. Die Vereinbarung sei weder sittenwidrig noch wucherisch. Der vom Erstgericht den Klägern für bezahlte Grundsteuer und Beiträge zum Wohnhauswiederaufbaufonds zugesprochene Betrag von S 1.251,96 sei zumindest unter Berücksichtigung des § 273 Abs. 2 ZPO und unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die beklagte Partei insgesamt 1.084/3663‑Anteile erworben habe, gerechtfertigt. Bezüglich der Gegenforderungen lägen Feststellungsmängel nicht vor. Solange sich die beklagte Partei in Zahlungsverzug befunden habe, seien die Kläger zur Räumung der Liegenschaft gemäß dem § 1052 ABGB nicht verpflichtet gewesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der beklagten Partei wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Untergerichte in klagsabweisendem Sinn abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nur zu einem sehr geringen Teil berechtigt.
Einen Verfahrensmangel erblickt die Revisionswerberin in dem Umstand, daß das Berufungsgericht den Betrag von S 59.000,— im ersten Rechtsgang als Konventionalstrafe qualifiziert habe, von dieser dem Erstgericht überbundenen Rechtsansicht jedoch im zweiten Rechtsgang abgewichen sei. Überdies habe sich das Berufungsgericht mit den in der Berufung geltend gemachten „generellen Feststellungsmängeln praktisch“ nicht auseinandergesetzt.
Beide Vorwürfe sind nicht berechtigt. Abgesehen davon, daß die behauptete Abweichung gar nicht erfolgt ist, vermag eine Abweichung des Berufungsgerichtes von der in seinem Aufhebungsbeschluß ausgesprochenen Rechtsauffassung einen Verfahrensmangel nicht zu begründen, wenn dem Obersten Gerichtshof die Überprüfung des Berufungsurteiles weder unmöglich gemacht noch erschwert wird, weil die rechtliche Beurteilung ohnehin letztlich dem Revisionsgericht zusteht (4 Ob 543/75; 7 Ob 118/74; 4 Ob 526/72 u.v.a.; ähnlich Fasching IV, 226 f.).
Hinsichtlich der angeblich unzureichend erörterten Feststellungsmängel genügt es darauf hinzuweisen, daß diese in der Berufung geltend gemachten Mängel die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes betroffen haben und daher als Feststellungsmängel auch in der Revision nur mit der Rechtsrüge bekämpft werden können. Ein Verfahrensmangel liegt daher nicht vor.
In der Rechtsrüge hat die Revisionswerberin wiederholt auf ihre in der Berufung erstatteten Ausführungen verwiesen. Eine solche Verweisung ist jedoch unzulässig, sodaß sie unbeachtet bleiben muß (SZ 35/66; RiZ 1966, 185; 7 Ob 243/73 u.a.).
Die Auffassung der Revisionswerberin, ein Kaufpreisrest von S 24.580,— sei begrifflich gar nicht möglich, weil der vereinbarte Kaufpreis von S 5.935.100,— am 14. 3. 1967 um S 344.340,— überzahlt gewesen sei, weicht von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Untergerichte ab und muß daher gleichfalls unbeachtet bleiben. Die Revisionswerberin übersieht, daß nach diesen Feststellungen auf den Gesamtkaufpreis nur ein Betrag von S 5.910.520,— bezahlt wurde, sodaß ein Rest von S 24.580,– unberichtigt aushaftet. Sie vernachlässigt ferner die Feststellung, daß Dr. Schuster einen Betrag von S 368.920,– für die beklagte Partei bei Wüstenrot eingezahlt hat. Daß die Überweisung dieses Betrages, den Dr. Schuster von Wohnungswerbern erhalten hatte, vereinbarungswidrig erfolgt wäre, wurde von der beklagten Partei gar nicht behauptet. Die Tilgungswirkung der Kaufpreiszahlung erstreckte sich daher entgegen der Auffassung der Revisionswerberin nicht auch auf diesen zu ihren Gunsten überwiesenen Betrag. Die Ausführungen der Revisionswerberin über Art und Umfang des zwischen den Klägern und Dr. Schuster bestandenen Vollmachtsverhältnisses gehen daher am Kern der Sache vorbei.
Verfehlt sind aber auch die Ausführungen zur Konventionalstrafe, mit welchen die beklagte Partei einen Verstoß gegen die guten Sitten und die Ausnützung einer Zwangslage darlegen will. Zunächst ist davon auszugehen, daß in der Vereinbarung, für jeden Tag bis zur tatsächlichen Bezahlung des aushaftenden Kaufpreisrestes innerhalb des bereits eingetretenen Zahlungsverzuges einen Betrag von S 1.000,— zu zahlen, eine Konventionalstrafe zu erblicken ist. Unter Vertrags- oder Konventionalstrafe oder Vergütungsbetrag ist eine Leistung zu verstehen, die der Schuldner dem Gläubiger für den Fall der Nichterfüllung oder nicht gehörigen Erfüllung verspricht. Sie hat den Zweck, Nachteile auszugleichen, die dem Gläubiger aus der Vertragsverletzung entstehen können. Die Vertragsstrafe ist daher ein pauschalierter Schadenersatz, der an die Stelle des Schadenersatzes wegen Nichterfüllung oder Schlechterfüllung tritt (Koziol‑Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts3, I, 156; Wolff in Klang 2 VI, 183; Ehrenzweig, II/1, 191; Gschnitzer, Schuldrecht, Allgemeiner Teil, 27). Sie ist von der Höhe des wirklich eingetretenen Schadens unabhängig und gebührt auch dann, wenn kein Schaden eingetreten ist (Koziol‑Welser a.a.O.; Ehrenzweig a.a.O.; Gschnitzer a.a.O.; SZ 42/57; SZ 25/272; JBl 1968, 567 u.a.). Die Vertragsstrafe kann sowohl bei Vertragsabschluß als auch nachträglich vereinbart werden, wobei die Wechselseitigkeit einer solchen Vereinbarung grundsätzlich nicht erforderlich ist. Der Hinweis der Revisionswerberin auf das fehlende Verschulden geht fehl, weil auch objektiver, also unverschuldeter Verzug einen Haftungsgrund bildet und den Schuldner zur Zahlung der Konventionalstrafe verpflichtet (Wolff a.a.O., 184, 187). Die Beantwortung der Frage, ob im vorliegenden Fall nicht schon auf Grund der – sofort wirksamen – Vereinbarung ein Verschulden der beklagten Partei auszuschließen ist, kann daher auf sich beruhen.
Ebensowenig kann den Rechtsmittelausführungen zur Frage der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Konventionalstrafe neben Verzugszinsen beigetreten werden. Eine solche Vereinbarung ist im Rahmen der Vertragsfreiheit grundsätzlich zulässig und wird nur durch die Vorschriften des § 879 ABGB. begrenzt.
Im Gegenstand ist eine derartige Vereinbarung zustandegekommen. Wenn auch in dem Gespräch vom 13. 1. 1967 nicht ausdrücklich erklärt wurde, daß die Zahlung der Konventionalstrafe neben den Verzugszinsen zu erfolgen habe, so durfte Dr. Schuster nach der Situation, in der sich die Streitteile befunden haben (Verzug der beklagten Partei nach mehrfacher ergebnisloser Nachfristsetzung; Versuch, die Kläger von der Klagseinbringung abzuhalten; bereits angefallene Verzugszinsen; Angebot der Konventionalstrafe seitens der beklagten Partei, wobei die Zinsenfrage nicht ausdrücklich erwähnt wurde) das Anbot der beklagten Partei in diesem Sinn auffassen. Hiebei darf nicht außer Acht bleiben, daß der den Klägern durch den Verzug drohende Nachteil infolge des Verzichts auf die sofortige Klagserhebung in verstärktem Maße auftreten konnte und nicht dem durch bloßen Zeitablauf linear verlaufenden Nachteil entsprechen mußte. Das Schweigen der beklagten Partei zu dem von Dr. Schuster an sie gerichteten Schreiben vom 27. 1. 1967, in dem er ausdrücklich festhielt, daß die Konventionalstrafe neben den Verzugszinsen zu zahlen sei, und die Inanspruchnahme der Vorteile dieser Vereinbarung durch die beklagte Partei führte daher zu einer stillschweigenden Vereinbarung des gesamten Inhaltes dieses Schreibens (§ 863 ABGB.).
Diese Vereinbarung verstößt aber auch nicht gegen die guten Sitten. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Zahlung der Konventionalstrafe das wirtschaftliche Verderben des Schuldners herbeiführen oder seine wirtschaftliche Bewegungsfreiheit übermäßig beeinträchtigen könnte oder wenn schon bei einer nur geringfügigen Fristüberschreitung eine hohe Strafe verwirkt sein sollte. Es müßte ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil für den Gläubiger vorliegen, der dem Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht oder gegen oberste Rechtsgrundsätze verstößt (SZ 23/372; SZ 27/19; SZ 38/164; EvBl 1965/303; Arb 8909; 3 Ob 66/72 u.a.). Dies alles trifft auf die vorliegende Vereinbarung nicht zu. Von einem Unternehmen wie der beklagten Partei, das Millionengeschäfte durchführt, kann nicht ernstlich angenommen werden, daß eine Zahlung von S 58.000,— die Vernichtung oder auch nur Gefährdung der wirtschaftlichen Existenz zur Folge hätte (vgl. SZ 23/372). Dergleichen wurde von der beklagten Partei auch gar nicht behauptet. Da diese schon geraume Zeit in Zahlungsverzug war, kann auch von einer geringfügigen Fristüberschreitung nicht gesprochen werden. Ebensowenig liegt ein offensichtlich unbegründeter Vermögensvorteil der Kläger vor, weil diesen infolge des permanenten Zahlungsverzuges ein Schaden zumindest drohte und weil, wie sich insbesondere aus den vom Berufungsgericht ergänzten Feststellungen ergibt im Zeitpunkt der Vereinbarung der Vertragsstrafe ein Rückstand von rund S 2.600.000,— bestanden hat.
Verfehlt ist aber auch die auf Wucher gestützte Einrede der beklagten Partei, weil nach den bisherigen Darlegungen schon das hiefür erforderliche auffallende Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht bestanden hat (MietSlg 20.076; SZ 22/55; SZ 23/335 u.a.). Im übrigen wäre es Sache der beklagten Partei gewesen, ein solches etwaiges Mißverhältnis unter anderem auch durch Angabe des von ihr erwarteten Gewinnes aus dem Geschäft darzutun (JBl 1964, 564). Dies ist jedoch nicht geschehen; die Geschäftsführerin der beklagten Partei hat vielmehr die Bekanntgabe des Gewinnes ausdrücklich abgelehnt.
Soweit die Revisionswerberin die Feststellungen über die Höhe der vor der Klagseinbringung fällig gewordenen Verzugszinsen und damit die Beweiswürdigung bekämpft, ist ihr entgegenzuhalten, daß dies im Revisionsverfahren nicht mehr zulässig ist. Geht man aber von den dazu getroffenen Feststellungen aus, dann besteht auch dieser Teil des Klagsanspruches im Hinblick auf den Umstand zu Recht, daß ein Kaufpreisrest noch besteht und Verzug somit eingetreten ist.
Der gegen die Anwendung des § 273 Abs 2 ZPO. vorgetragene Angriff scheitert schon an dem Wortlaut dieser Bestimmung. Der die Grundsteuer und die Beiträge zum Wohnhauswiederaufbaufonds betreffende Teil der Klagsforderung beträgt S 7.607,50, wogegen nach den Feststellungen die Kläger sogar nur einen Betrag von S 7.511,75 unter diesem Titel aufgewendet haben. Feststeht schließlich, daß den Klägern nur der Anspruch auf einen Teil dieses Betrages zusteht, den das Erstgericht mit 1/6 angenommen hat. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, daß dieser Anspruch im Verhältnis zu dem S 141.366,50 betragenden Gesamtklagsbetrag unbedeutend ist und daß eine vollständige Aufklärung aller für sie maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden wäre, die zur Bedeutung der streitigen Ansprüche in keinem Verhältnis stehen. Gegen die Anwendung dieser Gesetzesbestimmung bestehen daher keine Bedenken.
Welche Feststellungsmängel rechtlicher Art die Untergerichte nicht getroffen haben sollen, geht aus den Revisionsausführungen nicht hervor, sodaß dazu nicht Stellung genommen werden kann. Da der Bestand der Gegenforderungen einen Verzug der Kläger hinsichtlich der Räumung der Liegenschaft und einen dadurch eingetretenen Schaden zur Voraussetzung hat, nach den Feststellungen aber weder der eine noch der andere Umstand vorliegt, bestehen die Gegenforderungen, wie die Untergerichte richtig erkannt haben, nicht zu Recht. Die weitere Behauptung, die beklagte Partei habe einen zu hohen Kaufpreis für die von ihr erworbenen Liegenschaftsanteile und somit irrtümlich eine Nichtschuld bezahlt, findet in den Feststellungen der Untergerichte über den vereinbarten Kaufpreis und die Kaufpreiszahlungen keine Deckung, sodaß auch die in diesem Zusammenhang eingewendete Gegenforderung von S 104.700,–, wie die Untergerichte richtig erkannt haben, nicht zu Recht besteht. Auf diese Gegenforderung kommt die beklagte Partei übrigens in den Revisionsausführungen nicht mehr zurück.
Als berechtigt erweist sich die Revision jedoch hinsichtlich eines Teilbetrages von S 1.000,–, weil zwischen dem 16. 1. 1967, dem Tag, an dem vereinbarungsgemäß die Vereinbarung über die Konventionalstrafe wirksam wurde, und dem 14. 3. 1967, dem Tag, an dem bis auf den in diesem Zusammenhang bedeutungslosen Restbetrag von S 24.580,— der gesamte Kaufpreis bezahlt worden war, nicht 59, sondern – unter Einschluß der beiden für den Beginn und für das Ende der Frist maßgebenden Tage – 58 Kalendertage liegen. Daraus ergibt sich, daß die Konventionalstrafe nur mit S 58.000,— fällig geworden ist. Der Restbetrag von S 1.000,— war in Abänderung der untergerichtlichen Entscheidungen daher abzuweisen. In diesem Zusammenhang war auch der vom Erstgericht infolge eines offensichtlichen Versehens im Entscheidungstenor nicht ausdrücklich abgewiesene Teilbetrag von S 95,73 zu berücksichtigen.
Die Kostenentscheidung ist in den §§ 43 Abs 2 ZPO., 50 ZPO. begründet.
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