Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden ‑ mit Ausnahme der bereits in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Zinsenmehrbegehrens zur Widerklage und der Kostenentscheidung zur Klage ‑ aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Widerklage sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Festzuhalten ist, dass im Verfahren erster Instanz über die Klage mit rechtskräftigem Teilanerkenntnisurteil entschieden wurde. Gegenstand des (weiteren) Verfahrens sind daher nur die Widerklage und die Prozesskosten.
Die klagende und widerbeklagte Partei (in der Folge: Klägerin) bezog von der beklagten und widerklagenden Partei (in der Folge: Beklagte) seit Jahren Fenster und Türen, die sie bei ihren Bauvorhaben einbaute. In den Auftragsbestätigungen verwies die Klägerin regelmäßig auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) die sowohl auf der Rückseite des Briefpapiers als auch auf der Homepage im Internet angeführt sind. Für die Spezifizierung der Ware überließ die Klägerin der Beklagten ihr Software‑Programm, wobei auch bei dem Software‑Überlassungsvertrag auf die AGB der Klägerin hingewiesen wurde. Die AGB enthalten unter anderem folgende Bestimmungen:
„Die P***** GmbH (Klägerin) haftet nicht gegenüber dem Auftraggeber/Käufer oder dritten Personen (mit Ausnahme von Verbrauchern im Sinne des § 9 Produkthaftungsgesetz) für eine allfällige Fehlerhaftigkeit ihrer Produkte und ist auch nicht verpflichtet, Rückgriffsansprüche gemäß § 12 Produkthaftungsgesetz dem Auftraggeber/Käufer zu ersetzen. Die P***** GmbH haftet ferner für allfällige Schäden aus der Herstellung, Anlieferung und Montage des Produkts beim Auftraggeber/Käufer oder dritten Personen nur dann, wenn diese Schäden von der P***** GmbH vorsätzlich verursacht und verschuldet worden sind. Die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen neben Gewährleistungsansprüchen ist ausgeschlossen. Dem Auftraggeber/Käufer stehen keine Schadenersatzansprüche im Falle verspäteter oder mangelhafter Lieferung gegenüber der P***** GmbH zu.
...
Ist der Auftraggeber/Käufer nicht Kaufmann im Sinn des Handelsgesetzbuches, so gelten die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches als vereinbart, soweit sie nicht durch vorstehende Bedingungen abgeändert sind. Sollten Bestimmungen dieser Allgemeinen Auftrags‑, Liefer‑ und Zahlungsbedingungen rechtsunwirksam sein, so bleiben die übrigen Bestimmungen hiedurch unberührt und rechtswirksam.“
Die Beklagte wurde im Jahr 2005 von der „E***** G*****“ in B***** mit dem Austausch der dunkelbraunen Holzfenster/Türen an der Nord- und Südseite des Hauses beauftragt. Vorgegeben war eine Kunststoff‑Aluminium‑Konstruktion mit der Außenfarbe dunkelbraun. Die Beklagte bestellte die einzubauenden Elemente bei der Klägerin, wobei die Aluaußenfarbe mit „schokobraun“ vereinbart wurde. „Im Zuge der Auftragserteilung kam von keiner Seite der Hinweis, dass durch eine dunkle Außenfarbe an der Südseite des Hauses mit einer großen Erhitzung bzw sogar mit einem Schaden der Tür- und Fensterelemente zu rechnen sei.“
Die Klägerin stellte die Kunststoffelemente, bei denen es sich um handelsübliche Produkte handelte, selbst her. Die Ausführung erfolgt sonst generell mit weißer Oberfläche. Um den geforderten schokoladenbraunen Farbton zu erreichen, wurde eine Aluvorsatzschale angebracht.
Die Panelelemente an der Südseite waren ganztägig der direkten Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Durch die auf Grund der dunklen Materialoberfläche der Aluvorsatzplatten entstandenen hohen Oberflächen-temperaturen kam es zu Verformungen des Kunststoffs, der maximal einer Temperatur bis 63 Grad Celsius ausgesetzt werden darf, bis zu 60 mm und damit weit über die zulässigen Grenzwerte der Ebenheitstoleranzen nach den Ö‑NORMEN hinaus. Wärmetechnische Berechnungen ergaben Temperaturen von bis maximal 75 Grad Celsius. Wegen der dunklen Beschichtung musste von vornherein mit einer Oberflächentemperatur bis zu 70 Grad Celsius auf der Außenseite der Panele gerechnet werden, während bei weißer Oberfläche maximal 45 Grad Celsius möglich sind.
Es wurden also nicht ausreichend die thermischen Eigenschaften von dunkel beschichteten Aluminiumblechen in Verbindung mit Kunststoffelementen unter direkter dauernder Sonneneinstrahlung berücksichtigt. Wäre für die gegebenen Umstände das richtige Material verwendet worden, wäre es zwar auch zu geringfügigen Ausdehnungen des Kunststoffs gekommen, diese hätten sich aber wieder zurückgebildet. Die bleibenden Verformungen an den Panelen hatten die alleinige Ursache in dem „falschen Material der Panele im Hinblick auf die hohe Oberflächentemperatur“.
Als Hersteller von Panelen muss der Produzent auch damit rechnen, dass der Einbau auf der Südseite eines Hauses erfolgen könnte. Dafür waren die von der Klägerin gelieferten Panelelemente auf Grund der dunkel beschichteten Aluminiumbleche generell ungeeignet. Der Einbau der Fenster‑ und Türelemente selbst erfolgte durch die Beklagte (ihren Subunternehmer) im Juli 2005 fachgerecht.
„Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klägerin der Beklagten ein technisches Merkblatt betreffend Verarbeitungsempfehlungen für die Verwendung farbiger Türfüllungen in Haustüren aus Kunststoffprofilen übermittelte bzw dass der Beklagten im Jahr 2005 bekannt war oder bekannt sein musste, dass bei einer dunklen Außenfarbe des Trägermaterials bei Sonneneinstrahlung eine so hohe Temperatur entstehen kann, dass die dahinter befindliche Kunststofffüllung dauerhaften Schaden nimmt.“
Nachdem Mängel an den Tür‑ und Fensterelementen auftraten, brachte die „E***** G*****“ im November 2008 gegen die Beklagte eine Klage ein, mit der sie einen Schaden von 69.000 EUR abzüglich des einbehaltenen Haftrücklasses von 10.333,66 EUR, sohin 58.666,34 EUR, geltend machte. Die Klägerin trat dem Rechtsstreit als Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten bei. Sie stützte sich darauf, dass lediglich optische Mängel vorlägen, die auf die Funktionalität der Fenster keinerlei Einfluss hätten. In diesem Verfahren wurde die Beklagte zur Bezahlung von 17.650,34 EUR (Schaden 27.984 EUR minus Haftrücklass) samt Anhang und der Barauslagen in der Höhe von 1.960,98 EUR verpflichtet. Der Berufung der Nebenintervenientin wurde vom Berufungsgericht keine Folge gegeben und die Beklagte zum Ersatz der Kosten in der Höhe von 1.554,06 EUR verurteilt. Die Beklagte überwies der E***** am 4. 3. 2011 18.681,13 EUR.
Gegen die auf restliche Kaufpreiszahlung gerichtete Klage der Klägerin (7 Cg 12/10s des Erstgerichts) brachte die Beklagte zunächst eine Widerklage auf Zahlung von 10.333,66 EUR ein (7 Cg 13/10v), womit sie den Rückersatz der eingezogenen Bankgarantie geltend machte. Noch vor der gerichtlichen Verfügung über die Zustellung der Widerklage zog die Beklagte diese zurück, brachte dann aber neuerlich eine inhaltlich gleiche Widerklage ein (7 Cg 146/10x), deren Begehren sie letztlich auf Zahlung von 33.381,74 EUR sA, das sind der Haftrücklass zuzüglich jener Zahlungen, zu deren Leistung sie im Verfahren zu 4 Cg 94/08z des Landesgerichts Salzburg verpflichtet wurde (Kapital, Zinsen, Kosten), ausdehnte. Die in den AGB enthaltenen Haftungsausschlüsse seien sittenwidrig. Die von der Klägerin gelieferten Fenster‑ und Türelemente seien fehlerhaft oder es sei die falsche Materialauswahl getroffen worden, was die Klägerin zu verantworten habe; ein Mitverschulden der Beklagten liege nicht vor.
Die Klägerin beantragt die Klagsabweisung. Sie hafte bei allfälliger Fehlerhaftigkeit ihrer Produkte nur für Vorsatz. Es treffe sie am Eintritt des Schadens ohnehin kein Verschulden. Selbst wenn man eine Verantwortung der Klägerin annehmen sollte, treffe die Beklagte jedenfalls ein Mitverschulden, weil die falsche Farb‑ und Materialauswahl der Beklagten zuzuordnen sei. Die Prozesskosten im Verfahren der E***** gegen die Beklagte seien nicht ersatzfähig.
Das Erstgericht gab dem Widerklagebegehren statt. Der Beklagtenvertreter habe zwar die (erste) Widerklage gemäß § 112 ZPO der Gegenseite zugestellt, doch sei die Zustellung wirkungslos, weil diese Bestimmung nicht für verfahrenseinleitende Schriftsätze gelte. Die Beklagte habe die (erste) Widerklage ohne Anspruchsverzicht zurückziehen und daher abermals eine Widerklage einbringen können. Die von der Klägerin gelieferten Materialien seien für den Einsatzort ungeeignet gewesen. Die Klägerin sei als Herstellerin verpflichtet gewesen, die Beklagte darauf hinzuweisen, dass die Fenster- und Türelemente nur in Bereichen eingesetzt werden dürften, die nicht längere Zeit der Sonne ausgesetzt seien. Ein Mitverschulden der Beklagten liege nicht vor, weil diese ein reines Montageunternehmen sei und Anhaltspunkte dafür, dass die Mitarbeiter der Beklagten die Untauglichkeit des Materials hätten selbst erkennen können, nicht vorlägen. Ein genereller Ausschluss der Gewährleistung stelle einen krassen Verstoß gegen die redliche Verkehrsüblichkeit dar. Dies gelte auch für die Beschränkung von Schadenersatzansprüchen auf vorsätzliche Zufügung. Die Bestimmungen in den AGB der Klägerin seien gemäß § 879 Abs 3 ABGB nichtig. Die Klägerin habe auch für die Prozesskosten aufzukommen, weil sie ihre Pflicht verletzt habe, die Ursachen für die Schäden zu erforschen. Hätte sie dies gemacht, hätte sie vor Klagsführung die notwendigen Konsequenzen ziehen können.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung wegen Nichtigkeit; es gab der Berufung im Übrigen Folge und wies die Widerklage ab. Es teilte die Rechtsmeinung des Erstgerichts, dass die Zustellung der Widerklage gemäß § 112 ZPO nicht wirksam geworden und daher die Klagsrückziehung ohne Anspruchsverzicht zulässig gewesen sei. Die Haftungseinschränkung durch die AGB auf Vorsatz sei sittenwidrig. Der Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit sei hingegen wirksam. Die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgebracht, dass eine zumindest grob fahrlässig begangene Vertragsverletzung oder Verletzung der Warnpflicht durch die Klägerin zum Vermögensschaden geführt habe. Da der Mitverschuldenseinwand nicht mehr relevant sei, sei auf die Beweis‑ und Tatsachenrüge der Klägerin nicht einzugehen.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die bisherige Rechtsprechung zur geltungserhaltenden Reduktion einer Klausel zu überdenken sei, und zwar dahin, ob nicht bei offenkundigem Überschreiten der Grenze des Zulässigen die Klausel zur Gänze entfalle. Es sei auch die Rechtsprechung zur Beweislastverteilung in den Fällen geltungserhaltender Reduktion überprüfungswürdig.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, dem Widerklagebegehren vollinhaltlich stattzugeben, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, sie ist auch im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.
Die Revision stützt sich darauf, dass sie nach der Judikatur zur geltungserhaltenden Reduktion der unzulässigen Klauseln nicht dafür behauptungs‑ und beweispflichtig sei, dass die eingetretenen Schäden nicht typisch unvoraussehbar gewesen seien und dass die Klägerin „krass grob fahrlässiges“ Verhalten ihrer Mitarbeiter zu verantworten habe. Abgesehen davon ergebe sich aus dem Sachverhalt, dass für sie die eingetretenen Schäden nicht voraussehbar gewesen seien, weil sie damit habe rechnen können, dass sie die Klägerin vor dem Eintritt dieser Schäden warnen werde. In der Rechtsprechung finden sich dazu folgende Rechtssätze:
Der Beurteilung einer vertraglichen Abrede als sittenwidrig nach § 879 Abs 3 ABGB steht nicht entgegen, dass beide Vertragspartner Unternehmer sind. Allenfalls ist im Einzelfall eine besonders gravierende Ungleichgewichtslage in den durch den Vertrag festgelegten Rechtspositionen zu fordern (7 Ob 93/12w; RIS‑Justiz RS0119324). Vereinbarungen über den Ausschluss oder die Beschränkung der Haftung sind nur insoweit wirksam, als ihr Abschluss oder doch ihre Anwendung im Einzelfall nicht gegen die guten Sitten verstößt. Absichtliche Schadenszufügung kann hiedurch niemals gedeckt werden. Es kommt darauf an, ob es sich um einen Schaden aus den für das Rechtsverhältnis typischen oder wenigstens im Einzelfall aus nach dessen besonderen Verhältnissen voraussehbaren Gefahren handelt. Ansprüche, an welche die Partei überhaupt nicht denken konnte, sei es, dass der Schaden aus einer nicht vorhersehbaren Gefahrenquelle entstanden ist, sei es, dass der Schaden auf einem „so krassen Verschulden“ beruht, dass gesagt werden muss, mit einem derartigen Verhalten könne nach der Erfahrung des Lebens nicht gerechnet werden, fallen nicht unter derartige Vereinbarungen (RIS‑Justiz RS0038178, RS0016582). Wer die Nichtigkeit einer Freizeichnungsklausel wegen Sittenwidrigkeit behauptet, hat die tatsächlichen Umstände, aus denen im Einzelfall die Nichtigkeit abzuleiten ist, zu behaupten und im Bestreitungsfall zu beweisen (RIS‑Justiz RS0016441). Eine Sittenwidrigkeit hat aber nicht die Unwirksamkeit der gesamten Vertragsbestimmung zur Folge (RIS‑Justiz RS0016935). Es hat im Individualprozess (soweit es sich [auf Grund der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs] nicht um ein Verbrauchergeschäft handelt: vgl 2 Ob 22/12t; RIS‑Justiz RS0128735) eine geltungserhaltende Reduktion zu erfolgen. Die Klausel ist nur insoweit unzulässig, als die gröbliche Benachteiligung reicht (3 Ob 2004/96v, 7 Ob 93/12v; RIS‑Justiz RS0127810).
Angewandt auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Beklagte die Voraussetzungen für die Sittenwidrigkeit der Klausel, so wie sie vereinbart wurde, behaupten und beweisen muss. Dies hat die Beklagte getan: Wird der Ausschluss jeglicher Haftung (ausgenommen für Vorsatz) vereinbart, so ist diese Abrede im Sinn der Judikatur sittenwidrig nach § 879 Abs 3 ABGB. Will sich nun der Unternehmer (Klägerin) dennoch auf die geltungserhaltende Reduktion stützen, so hat er die anspruchsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, die dies ermöglichen. Die Behauptungs‑ und Beweislast für die (Teil‑)Zulässigkeit der Klausel für den vorliegenden Geschäftsfall trifft daher die Klägerin.
Die Feststellungen reichen nicht aus, um die Rechtssache abschließend beurteilen zu können. Zunächst fehlen Feststellungen dazu, was die Parteien hinsichtlich des vorliegenden Geschäftsfalls konkret vereinbart haben, ob also über den Einsatzort der zu liefernden Elemente und über die zu verwendenden Materialien gesprochen wurde. Es ergibt sich aus den Feststellungen zwar, dass die Beklagte grundsätzlich selbst die Spezifizierung der von der Klägerin zu liefernden Elemente vornahm. Nicht klar ist aber, in welcher Weise dies hier erfolgte. Wurden keine gesonderten Gespräche geführt, muss festgestellt werden, welche Spezifikationen die Beklagte in vorangegangenen Geschäftsfällen bei den Fenstern und Türen bisher vornahm und hinsichtlich welcher Fragen allenfalls Rücksprache mit der Klägerin gepflogen wurde, inwiefern über die verwendeten Materialien auf Grund der langen Geschäftsbeziehung Bescheid wusste und welche Hinweise bestanden, aus denen der Schluss gezogen werden konnte, dass diese über bestimmte Umstände hätte Bescheid wissen müssen. Es wird auch festzustellen sein, welche Vereinbarungen die Parteien grundsätzlich darüber trafen, wie die Beklagte mit dem Software‑Programm zur Spezifikation umgehen sollte und welche Beratungstätigkeit die Klägerin anbot. Erst wenn klar ist, welche Aufgaben in der langjährigen Geschäftsbeziehung jede Partei hatte und wie der Wissensstand jeder Partei über die verwendeten Materialien und die Kenntnisse und das Verhalten des jeweils anderen Vertragspartners war, wird die Rechtssache abschließend beurteilt werden können.
Wenn eine Haftung der Klägerin zu bejahen sein sollte, stellt sich auch die Frage des Mitverschuldens der Beklagten. Ob die Mitarbeiter der Beklagten wissen hätten müssen, dass der dunkle Aluvorsatz mit der Hitzeeinwirkung auf einer Südseite eines Hauses zu bleibenden Schäden an den Elementen führen werde, ist eine Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0010192, RS0050580). Es bedarf daher der Feststellungen über den grundsätzlichen Wissensstand von Fachleuten aus der Branche der Beklagten und über den konkreten Wissensstand der Mitarbeiter der Beklagten insbesondere auch auf Grund der langjährigen Geschäftsbeziehung mit der Klägerin.
Zum Begehren auf Ersatz der Kosten des Vorprozesses ist auszuführen:
Prozesskosten, zu deren Ersatz jemand verurteilt wurde, führen zu einer Verminderung des Vermögens, sie können daher Gegenstand einer Schadenersatzforderung des Verurteilten einem Dritten gegenüber sein, wenn diese Kosten durch das Verschulden des Dritten verursacht wurden (RIS‑Justiz RS0023619). Hat der Geschäftsherr seinem Auftraggeber (allein) für die Schlechterfüllung durch seinen Erfüllungsgehilfen einzustehen, dann kann er vom Erfüllungsgehilfen regelmäßig auch die von ihm aufgewendeten Prozesskosten nach den Grundsätzen der Bestimmungen über den Schadenersatz ersetzt begehren. Die Prozesskosten sind eine kausale Folge der Schlechterfüllung durch den Erfüllungsgehilfen; sie sind auch adäquate Schäden, weil sie nicht bloß durch eine außergewöhnliche Verkettung von Umständen bedingt waren (RIS‑Justiz RS0115546). Wenn der Regresspflichtige über die Schlechterfüllung der Hauptleistung hinaus weitere Vertragspflichten verletzt, wie zum Beispiel die Pflicht (Nebenpflicht), den regressberechtigten Subauftraggeber wahrheitsgemäß zu informieren, und wenn diese Pflichtverletzung für den Gewährleistungsprozess kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Prozesskosten kommen (RIS‑Justiz RS0045850, RS0022827).
Die Prozesskosten sind Folgeschäden und unterliegen daher auch der Haftungsbeschränkung nach den AGB. Trifft die Klägerin die Haftung für die eingetretenen Schäden an den von ihr gelieferten Elementen, dann haftet sie auch für die Prozesskosten des Vorprozesses. Die Klägerin als Fachunternehmen hat nämlich die an den Elementen eingetreten Schäden trotz der Überschreitung der Verformungstoleranzen als lediglich „optische Mängel“ bezeichnet und die Beklagte zur Prozessführung, die letztlich in ihrem Interesse erfolgte, veranlasst.
Eine Zustellung nach § 112 ZPO ist nicht bei Schriftsätzen vorgesehen, die eine Notfrist in Gang setzen und auch nicht bei Klagen (vgl RIS‑Justiz RS0111433; Gitschthaler in Rechberger 3, § 112 ZPO Rz 3).
Wie schon die Vorinstanzen zutreffend erkannt haben, kann eine Klage nicht wirksam nur im Wege des § 112 ZPO zugestellt werden. Die Beklagte konnte ihre Widerklage daher ohne Anspruchsverzicht zurückziehen. Es stand dem Einbringen der (nunmehrigen) Widerklage kein Prozesshindernis entgegen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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