Spruch:
Der Delegierungsantrag wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte im Umfang des zwischen den Parteien abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrags aus dem Schadensfall vom 14. 10. 2011 (die Klage sei beim Landesgericht Innsbruck zu 66 Cg 65/12d gerichtsanhängig) sämtliche Verfahrenskosten zu übernehmen und „Kostendeckungsschutz“ für dieses Verfahren bis zur Höhe der Versicherungssumme zu gewähren habe.
Die Beklagte bestreitet das Klagebegehren. Es sei ihr nicht erkennbar, welcher Schadensfall gemeint sei. Die Kenntniserlangung stelle nicht den Schadensfall nach Art 2 ARB 2005 dar. Es liege jedenfalls kein zu deckender Versicherungsfall vor. Der geltend gemachte Anspruch falle nicht unter einen Deckungsbaustein der ARB 2005 und betreffe den nicht versicherten betrieblichen Bereich. Es bestehe Vorvertraglichkeit.
Der Kläger beantragt die Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht Innsbruck, weil eine Verbindung des zu deckenden Verfahrens mit dem vorliegenden aus Kostengründen und wegen des engen sachlichen Zusammenhangs zweckmäßig sei. Es könnte der im Sprengel des Landesgerichts Innsbruck wohnhafte Versicherungsvertreter zum Inhalt des Vertrags zu vernehmen sein. Auch zur Frage, ob der Schadensfall in den privaten Bereich falle oder ob Vorvertraglichkeit vorliege, könnte die Einvernahme jener Personen notwendig werden, die auch im Haftpflichtprozess zu vernehmen seien. Durch die Delegierung könnte eine doppelte Beweisaufnahme verhindert werden.
Die Beklagte sprach sich gegen die Delegierung aus. Es seien hier vorwiegend Rechtsfragen zu klären.
Das Handelsgericht Wien trat zwar im Hinblick auf die Belastung des Gerichtshofs mit „Anlegerprozessen“ dem Delegierungsantrag grundsätzlich nicht entgegen, meinte aber, dass davon auszugehen sei, dass die hier relevanten (Rechts-)Fragen im Wesentlichen auf Grundlage des noch nicht vorgelegten Versicherungsvertrags und ohne weitwendiges Beweisverfahren beurteilt werden könnten.
Rechtliche Beurteilung
Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.
Gemäß § 31 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Die Delegierung an ein anderes Gericht soll aber die Ausnahme bilden (RIS-Justiz RS0046589), weil eine allzu großzügige Handhabung zu einer unvertretbaren Lockerung der Zuständigkeitsordnung führen würde (RIS-Justiz RS0046441). Ein Delegierungsantrag ist nur dann zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher oder mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RIS-Justiz RS0053169).
Die vom Kläger angestrebte Verbindung zwischen dem vorliegenden Deckungsprozess und dem zu deckenden Verfahren ist nicht zweckmäßig, weil nicht dieselben Beweisthemen relevant sind. In der Rechtsschutzversicherung ist bei Beurteilung der Erfolgsaussichten kein strenger Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0081929). Bei der Erfolgsaussichtsprüfung nach den ARB können die zur Prozesskostenhilfe entwickelten Grundsätze übernommen werden. Die vorzunehmende Beurteilung, ob „keine oder nicht hinreichende Aussicht auf Erfolg“ besteht, hat sich am Begriff „nicht als offenbar aussichtslos“ des die Bewilligung der Verfahrenshilfe regelnden § 63 ZPO zu orientieren (RIS-Justiz RS0081929 [T1] ua). Im Deckungsprozess ist vorwiegend auf Grund der Klagserzählung und des Versicherungsvertrags zu klären, ob Rechtsschutz zu gewähren ist. Davon, dass Zeugen und Parteien zwei Mal zum selben Beweisthema vernommen werden müssten, kann keine Rede sein. Wie das Handelsgericht Wien in seiner Stellungnahme ausgeführt hat, sind hier vorwiegend Rechtsfragen zu klären. Eine Delegierung würde daher weder zu einer Prozessbeschleunigung noch zu einer Kostensenkung führen. Der Delegierungsantrag ist daher abzuweisen.
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