OGH 6Ob71/01m

OGH6Ob71/01m26.4.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter W*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Sluka und Dr. Hanna Spielbüchler, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Otto K***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2001, GZ 4 R 117/00d-12, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 12. April 2000, GZ 2 Cg 259/99i-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die dem Unternehmer obliegende Absicherung seiner Baustelle - gleichgültig, ob die Verpflichtung aus dem Ingerenzprinzip oder, wie hier, auf vertragliche Schutzpflichten gegründet werden kann - dient der Abwehr naheliegender und voraussehbarer Gefahren (6 Ob 314/00w). Der Umfang der Sicherungspflicht hängt immer von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, ob dem Schutzberechtigten eine vorhandene Gefahrenquelle erkennbar sein konnte. Der Revisionswerber geht von einer aus Dienstnehmervorschriften abgeleiteten Sorgfaltsverletzung der Beklagten aus. Sie hätte die für die Stiege vorgesehene 80 x 80 cm große Öffnung in der Galerie des Blockhauses abdecken müssen. Dabei wird übersehen, dass der Umstand der mangelnden Abdeckung der Bestellerin des Werks und ihrem Gatten (dem Kläger) bekannt und das Betreten der mehr als 2 m über dem Erdgeschoss liegenden Galerie des Blockhauses nur über eine Leiter möglich war. Wenn der Kläger in Kenntnis der konkreten Umstände die unfertige Galerie mit einer Leiter bestieg und sich auf den schmalen Rand unmittelbar vor der Öffnung setzte, in die er dann (nach den Klagebehauptungen; das Erstgericht hatte dazu eine Negativfeststellung getroffen) aus Unaufmerksamkeit abstürzte, liegt in der Verneinung eines Mitverschuldens des Werkunternehmers keine aus dem Grund der Rechtssicherheit aufgreifbare rechtliche Fehlbeurteilung. Der Kläger hat sich bewusst und ohne sachliche Notwendigkeit in eine Gefahrensituation gebracht. Eine Verletzung der Warnpflicht des Unternehmers liegt wegen der festgestellten Kenntnis des Klägers und einer in die Augen fallenden Gefahrenquelle nicht vor. Erkennbaren Gefahren muss ausgewichen werden (JBl 1991, 586). Genauso wie von Fußgängern verlangt werden kann, dass sie "vor die Füße schauen", um Hindernissen aus dem Weg gehen zu können (4 Ob 124/98h), war vom Kläger zu fordern, dass er die leicht erkennbare und auch erkannte Gefahrenstelle nicht grundlos aufsucht und krass sorglos nicht beachtet. Die Sorgfaltspflichten desjenigen, der eine Gefahrenquelle geschaffen hat, dürfen nicht überspannt werden (4 Ob 2193/96w; 6 Ob 253/99w), um nicht zu einer im Gesetz nicht vorgesehenen Erfolgshaftung zu gelangen. Eine Verkehrssicherungspflicht entfällt dann, wenn sich jemand selbst schützen kann, weil die Gefahr leicht, also ohne genauere Betrachtung, erkennbar ist (EvBl 2001/67). Die angefochtene Entscheidung ist nach diesen Grundsätzen rechtlich vertretbar. Über den Einzelfall hinausgehende erhebliche Rechtsfragen liegen nicht vor.

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