Spruch:
Dem Rekurs wird nicht stattgegeben.
Die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils bleibt aufrecht.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger als Vormieter eines Mietobjektes und der Beklagte als Nachmieter vereinbarten im Herbst 1993 die Überlassung von Einrichtungsgegenständen um den Gesamtpreis von S 135.000,-- an den Nachmieter. Der Beklagte leistete die vereinbarte Anzahlung von S 50.000,--.
Mit der am 1.2.1994 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrten die Kläger den restlichen Kaufpreis von S 85.000,--. Die Kläger hätten dem Beklagten eine komplette Einbauküche, ein Eßzimmer, ein Schlafzimmer und einen Eckeinbauschrank um S 135.000,-- verkauft. Die Restzahlung hätte spätestens am Tag der Schlüsselübergabe erfolgen sollen. Diese sei am 1.1.1994 erfolgt. Die verkauften Einrichtungsgegenstände seien im Eigentum beider Kläger gestanden und beide hätten den Verkauf mit dem Beklagten vereinbart. Der Wert der Gegenstände habe S 135.000,-- betragen. Der Beklagte habe die Möbel mehrfach besichtigt und zum vereinbarten Preis erwerben wollen, weil sie speziell in die Wohnung gepaßt hätten.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Die Zweitklägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil sie den Kaufvertrag nicht unterfertigt habe. Der Beklagte erhob den Einwand der Verkürzung über die Hälfte des wahren Werts und erklärte, den Vertrag wegen eines von den Klägern veranlaßten wesentlichen Irrtums anzufechten. Der Wert der Gegenstände betrage lediglich S 47.916,67. Entgegen der ausdrücklichen Zusage der Kläger bestehe der Einbauschrank nicht aus Fichte-Massivholz, sondern aus furnierten Preßspanplatten. Die Schlüsselübergabe sei erst in der zweiten Jännerhälfte 1994 erfolgt.
Das Erstgericht wies die Klage ab. Es stellte im wesentlichen fest, daß die Ablösevereinbarung Einrichtungsgegenstände umfaßt habe, die einen Gesamtverkaufswert von S 45.700,--, einen Gesamtneuwert von S 219.170,-- und einen Wiederbeschaffungswert von S 97.528,-- aufgewiesen hätten. Die Einrichtungsgegenstände seien normal abgewohnt. Sie hätten einen Marktwert auf dem Gebrauchtmöbelmarkt. Der Marktwert von Einbaumöbeln sei geringer, da solche Möbel schwerer zu verkaufen seien und nur in den seltensten Fällen den Raumverhältnissen (beim Käufer) entsprechen würden.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß der gemeine Wert der verkauften Gegenstände weniger als die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises betrage. Unter gemeinem Wert im Sinne des § 934 ABGB sei der Verkaufswert, bei marktgängigen Waren der Marktpreis zu verstehen. Es sei nicht auf subjektive Kriterien der Vertragsparteien, sondern auf den im Handel allgemein üblichen Preis abzustellen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kläger statt, hob das erstinstanzliche Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Ausgehend von den erstinstanzlichen Feststellungen vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, daß unter gemeinem Wert im Sinne des § 934 ABGB der gemeine Preis des § 305 ABGB im Gegensatz zum außerordentlichen Preis zu verstehen sei. Der gemeine Wert sei der Wert, den eine Sache am Ort und zur Zeit der Schätzung für jedermann und nicht nur für eine bestimmte Person habe. Außer Betracht müßten besondere Verhältnisse und die besondere Vorliebe dessen, dem der Wert ersetzt gebühre, bleiben. Bei der Verkürzung über die Hälfte sei der Wertermittlung der Verkaufswert zugrundezulegen. Darunter sei bei marktgängigen Waren der Marktpreis zu verstehen. Nur bei nicht marktgängigen Sachen könne auf den Ertrags- und Gestehungskostenwert abgestellt werden. Der Marktpreis orientiere sich regelmäßig am Austauschwert. Nach der Natur und dem Zweck des Geschäftes sollten die Möbel weiterhin in der Wohnung verbleiben. Maßgeblich für die Beurteilung des gemeinen Wertes der verkauften Möbel sei daher jener Wert, den die Möbel zur Zeit des Vertragsabschlusses für einen Nachmieter der mit den Möbeln eingerichteten Wohnung hätten. Allfällige aus dem Verbleib der Möbel am Aufstellungsort resultierenden Vorteile, wie beispielsweise der Entfall von Transport- und Aufstellungskosten und der höhere Gebrauchswert zufolge optimaler Raumausnutzung durch Einbaumöbel seien bei Ermittlung des gemeinen Werts der Kaufgegenstände zu berücksichtigen. Es sei daher auf die üblicherweise für gleichartige Einrichtungsgegenstände von Nachmietern durchschnittlich erzielbaren Kaufpreise abzustellen. Bei dem vom Sachverständigen ermittelten Gesamtverkaufswert von S 45.700,-- sei erkennbar davon ausgegangen worden, daß die Möbel vom bisherigen Aufstellungsort entfernt und auf dem Gebrauchtmöbelmarkt zum Verkauf angeboten werden. Der maßgebliche Verkehrswert auf dem allein relevanten "Markt möglicher Mietnachfolger" decke sich nicht mit dem Marktwert auf dem allgemeinen Gebrauchtmöbelmarkt. Im fortgesetzten Verfahren seien Feststellungen zu den bei einem Weiterverkauf der Möbel an einen Nachmieter unter der Annahme des Weiterverbleibs der verkauften Gegenstände am Aufstellungsort üblicherweise erzielbaren Verkaufspreisen zu treffen. Sollte kein Marktpreis feststellbar sein, so müsse auf einen an den Gestehungskosten und der Restnutzungsdauer orientierten angemessenen Preis abgestellt werden. Sollte sich danach ein gemeiner Wert von zumindest S 67.500,-- ergeben, so sei auf den Irrtumseinwand des Beklagten einzugehen.
Das Berufungsgericht erklärte den Rekurs an den Obersten Gerichtshof für zulässig. Zur Frage, ob beim Verkauf von zum Verbleib in einer Mietwohnung bestimmten Einbaumöbeln vom Vormieter an den Nachmieter der Wohnung bei einem nach § 934 ABGB anzustellenden Wertvergleich der Verkehrswert auf dem allgemeinen Gebrauchtmöbelmarkt oder der von Nachmietern üblicherweise für derartige Einrichtungsgegenstände durchschnittlich bezahlte Kaufpreis heranzuziehen sei, fehle eine oberstgerichtliche Rechtsprechung.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß die Zurückverweisung an das Erstgericht "unter Bedachtnahme auf die vorstehenden und als richtig erkannten Ausführungen dieses Revisionsrekurses" erfolgen möge; hilfsweise wird die Aufhebung und der Auftrag an das Berufungsgericht beantragt, über die Berufung "unter Bedachtnahme auf die vorstehenden und als richtig erkannten Ausführungen dieses Revisionsrekurses neuerlich zu entscheiden"; hilfsweise wird die Abänderung dahin begehrt, daß der Berufung "der beklagten Parteien" (gemeint: der klagenden Parteien) keine Folge gegeben werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist zulässig.
Bei der Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte nach § 934 ABGB ist der gemeine Wert maßgeblich, worunter der gemeine Preis nach § 305 ABGB, also entweder der Austauschwert (Ankaufs- oder Verkaufswert), der Ertragswert oder der Kostenwert zu verstehen ist. Welcher dieser Werte im Einzelfall in Betracht kommt, hängt vom rechtlichen Zweck ab, für den die Wertermittlung erfolgt. Grundsätzlich ist bei einer Wertermittlung nach § 934 ABGB der Verkaufswert entscheidend. Darunter ist bei marktgängigen Waren der Marktpreis zu verstehen (Reischauer in Rummel ABGB I2 Rz 3 zu § 934; RZ 1984/29). Der Marktpreis ist der Durchschnitttspreis, der sich unabhängig von besonderen zufälligen Umständen der Preisbildung aus der Vergleichung einer großen Anzahl von Kaufverträgen über Waren der entsprechenden Beschaffenheit ergibt (SZ 54/95), also der Wert, den die Sache im Verkehr am Ort und zur Zeit der Schätzung gewöhnlich und allgemein hat (JBl 1991, 659). Selbstverständliche Voraussetzung der Ermittelbarkeit eines Marktpreises ist das Vorhandensein eines Marktes. Die Existenz eines solchen ist zwar auch hinsichtlich der auf individuelle Verhältnisse ausgerichteten Einbaumöbel nicht zu bezweifeln, dies allerdings nur in dem Sinn, daß die Einbaumöbel ihrer Zweckbestimmung für eine ganz bestimmte Wohnung entkleidet und allgemein angeboten werden, also auf dem allgemeinen Möbelmarkt zum Verkauf gelangen. In diesem Fall verlieren sie einen wesentlichen Teil ihres Nutzens bei Verbleib in der Wohnung, für welche sie hergestellt wurden. Das Berufungsgericht hat zutreffend auf den Umstand verwiesen, daß Einbaumöbel nach ihrem Zweck in der Wohnung verbleiben sollen und in diesem Fall für den Käufer von größerem Nutzen sind, als wenn sie an einen anderen Ort verbracht werden. Nicht zu teilen ist allerdings die Meinung des Berufungsgerichtes, daß wegen des möglichen Interesses potentieller Nachmieter, die bereit wären, die Einbaumöbel abzulösen, von einem eigenen "Markt möglicher Mietnachfolger" gegenüber dem allgemeinen Möbelmarkt ausgegangen werden könnte. Die Bereitschaft von Nachmietern zur Bezahlung eines höheren Preises (als des Durchschnittspreises am allgemeinen Möbelmarkt) ist in der Verknüpfung des Möbelkaufs mit dem Eintritt in das Mietverhältnis und damit in der Erhaltung des höheren Nutzens der Möbel für die bestimmte Wohnung begründet. Darin liegt aber ein subjektives Vermögensinteresse des Nachmieters wegen des wirtschaftlichen Zusammenhanges des Kaufgegenstandes (Möbel) mit einer anderen Sache (Mietobjekt), wie es für den außerordentlichen Preis im Sinne des § 305 zweiter Satz ABGB charakteristisch ist. Beim gemeinen Wert kommt es auf den wirtschaftlichen Zusammenhang und die persönlichen Verhältnisse des Interessenten nicht an (Spielbüchler in Rummel ABGB I2 Rz 3 und 4 zu § 305). Obwohl nicht von einem auf Mietrechtsnachfolger eingeschränkten Markt für Einbaumöbel, die am Aufstellungsort verbleiben sollen, ausgegangen werden kann, spielt der Aufstellungsort für die Ermittlung des gemeinen Preises nach § 305 erster Satz ABGB dennoch eine den Standpunkt der Kläger stützende Rolle. Nach der zitierten Gesetzesstelle ist die Sache nach dem Nutzen zu schätzen, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet. Es bestimmen immer die Umstände des Falls, welcher Ort maßgebend ist (Klang in Klang2 II 46; JBl 1991, 659). Wegen des Verbleibs der Gegenstände in der Wohnung ist dieser Ort für die Schätzung maßgeblich und ein preisbildender Faktor. Mangels eines allgemeinen Marktes für derartige an Ort und Stelle verbleibenden Einbaumöbel (MietSlg 41.305) kann der gemeine Preis nicht nach dem Verkaufspreis bestimmt werden. Bei einer ausschließlich für den individuellen Gebrauch geeigneten Sache ist mangels Verkehrswerts der gemeine Wert nach den Herstellungskosten und der Vornahme eines Abzugs für Abnützung zu ermitteln. Diese in einem Schadenersatzprozeß zur Bestimmung des § 1332 ABGB geäußerte Ansicht (SZ 56/54) vertrittt der Oberste Gerichtshof auch in den Streitfällen zwischen Vormietern und Nachmietern über die Zulässigkeit von Ablösevereinbarungen (§ 27 Abs.1 Z 1 MRG, früher § 17 Abs.1 lit.a MG). Unzulässig ist eine Vermögensvermehrung des weichenden Mieters ohne gleichwertige Gegenleistung. Es ist der gemeine Wert nach § 305 ABGB der vom Nachmieter abzulösenden Investitionen und Einrichtungsgegenstände maßgebend. Die Wertermittlung hat nach dem Zeitwert, ausgehend vom Wiederbeschaffungswert zu erfolgen. An den neuen Mieter überlassene Einrichtungsgegenstände sind nach den Neuherstellungskosten unter Abwertung wegen Alters, Zustands und noch zu erwartender Nutzungsdauer zum Zeitpunkt der Überlassung des Mietgegenstandes an den neuen Mieter zu bewerten (Würth in Rummel ABGB II2 Rz 6 zu § 27 MRG mwN; MietSlg 41.305; WoBl 1990/61). Diese zur Zulässigkeit von Ablösen nach § 27 MRG gültigen Bewertungsgrundsätze sind nach Ansicht des erkennenden Senats wegen des aufgezeigten Fehlens eines allgemeinen Markts auch bei Einwendungen wegen Verkürzung über die Hälfte des gemeinen Werts nach § 934 ABGB anzuwenden. Dies gilt im vorliegenden Fall entgegen der Auffassung des Beklagten für alle von ihm gekauften Einrichtungsgegenstände. Dafür, ob die Voraussetzungen des § 934 ABGB vorliegen, war er behauptungs- und beweispflichtig. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes aufgrund des Sachverständigengutachtens (ON 10) kann kein Zweifel daran bestehen, daß der überwiegende Teil der übergebenen Möbel aus Einrichtungsgegenständen besteht, die den individuellen Wohnverhältnissen angepaßt sind. Es wäre Sache des Beklagten gewesen, im Verfahren erster Instanz ein Vorbringen dahin zu erstatten, daß bei einigen (und bei welchen) Möbeln mangels jeglichen Bezugs zu den individuellen Wohnverhältnissen statt des Wiederbeschaffungswertes der am allgemeinen Möbelmarkt erzielbare Marktpreis maßgeblich wäre. Wegen Fehlens derartiger Behauptungen ist vom festgestellten Wiederbeschaffungswert von S 97.528,-- auszugehen und demgemäß der Einwand der Verkürzung nach § 934 ABGB nicht berechtigt. Im fortgesetzten Verfahren wird daher darüber nicht mehr zu verhandeln sein.
Bei der Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils hat es deshalb zu verbleiben, weil das Berufungsgericht (für den Fall der Nichtberechtigung des Verkürzungseinwandes) dem Erstgericht die Behandlung der Irrtumseinrede des Beklagten, insbesondere zur behaupteten Irreführung über das Material der Einbauschrankwand auftrug und dazu die nicht durchgeführte Einvernahme der Parteien für nötig erachtete.
Der Rekurs des Beklagten ist aus den dargelegten Gründen im Ergebnis insoweit berechtigt, als er sich gegen die dem Erstgericht überbundene Rechtsansicht des Rekursgerichtes zum festzustellenden Markt von "Nachmietern" wendet. Mit Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluß kann auch allein dessen Begründung angefochten werden (SZ 55/133; Kodek in Rechberger ZPO Rz 5 zu § 519).
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
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