OGH 6Ob58/07h

OGH6Ob58/07h25.5.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler und Univ. Doz. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****, vertreten durch Dr. Philipp E. Lettowsky, Rechtsanwalt in Salzburg, als Verfahrenshelfer, gegen die beklagte Partei S***** AG, ***** vertreten durch Dr. Johannes Honsig-Erlenburg, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Rechnungslegung und Belegeinsicht (Gesamtstreitwert 4.500 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom 23. November 2006, GZ 53 R 386/06f-58, womit das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom 19. Juli 2006, GZ 16 C 501/03m-50, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 399,74 EUR (darin 66,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Revision ist - entgegen dem, den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts - nicht zulässig:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung schafft Art XLII Abs 1 EGZPO keinen eigenen Anspruch auf Rechnungslegung, sondern setzt eine materiellrechtliche (bürgerlich-rechtliche) Verpflichtung voraus. Eine derartige Verpflichtung kann aus privatrechtlichen Vereinbarungen abgeleitet werden, wenn ein Vertragsteil in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang des Vermögens im Ungewissen und der andere unschwer in der Lage ist, Auskunft zu erteilen und die Auskunftserteilung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zumutbar ist. Diesen Grundsatz wendet die Rechtsprechung auch auf Kreditverhältnisse an (SZ 69/260 mwN); eine Bank ist dem Kunden demnach jederzeit zur Auskunft über den Stand der Konten und der Einzelheiten der Geschäftsbeziehung verpflichtet (SZ 69/119; 1 Ob 239/05m = ÖBA 2007, 70).

2. Die Begründetheit des Auskunftsanspruchs ist unter Bedachtnahme auf das geltend gemachte materielle Aufklärungsrecht jeweils im Einzelfall zu ermitteln (Konecny in Fasching/Konecny II/1² Art XLII EGZPO Rz 4; 1 Ob 239/05m = ÖBA 2007, 70). Zu prüfen ist, ob und inwieweit die Beklagte noch Aufklärung schuldet, insbesondere ob ein Abrechnungsanspruch allenfalls durch eine Vereinbarung aufgehoben und dadurch das privatrechtliche Interesse beseitigt wurde. Eine derartige Beseitigung des privatrechtlichen Interesses an der Rechnungslegung hat der Oberste Gerichtshof im Fall eines das Rechtsverhältnis zwischen den damaligen Streitteilen bereinigenden Generalvergleichs angenommen (1 Ob 239/05m = ÖBA 2007, 70).

3. Ist die zur Rechnungslegung Verpflichtete zwar seinerzeit ihrer Pflicht durch Übermittlung von Kontoauszügen und Eingangsbelegen nachgekommen, macht aber der Kreditkunde glaubhaft, dass er diese Unterlagen wegen Verlusts nicht mehr in seinem Besitz hat, so hat ihm die Bank im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren erneut Mitteilung über die betreffenden Kontobewegungen zu machen (stRsp 1 Ob 630/89 = ecolex 1990, 18; RIS-Justiz RS0019401).

4. Die Entscheidung des Berufungsgerichts steht mit dieser Rechtsprechung in Einklang. Die Klägerin begehrt Rechnungslegung über die Entwicklung der aushaftenden Kreditverbindlichkeit aus zwei Kreditverträgen. Dass sie bereits ausreichend Kenntnis der Kontobewegungen hatte oder diese leicht anderweitig hätte in Erfahrung bringen können, ist aus den Sachverhaltsannahmen der Vorinstanzen nicht abzuleiten, zumal nicht feststeht, dass sie darüber aufgeklärt wurde, wie sich die Forderung der Beklagten zusammensetzt und in welcher Höhe Zinsen in der im Konkurs angemeldeten Forderung der Beklagten bereits berücksichtigt und demnach festgestellt wurden. Die Prüfung der Forderung durch den Masseverwalter und deren Feststellung im Konkurs erfasste nur die tatsächlich angemeldete Forderung. Sie beinhaltete nach den Feststellungen der Vorinstanzen nur die „sichergestellten" Zinsen. Auf die Geltendmachung weiterer (nicht „sichergestellter") Zinsen hat die Beklagte nach dem festgestellten Schriftwechsel nicht verzichtet. Sie fordert die sich nach Abzug der Quote ergebende Restschuld samt nicht näher aufgeschlüsselter Zinsen. Die Beurteilung ihrer Zinsenforderung erfordert eine vorangehende Rechnungslegung. Diese ist auch deshalb erforderlich, weil sich auf dem (weitergeführten) Konto bei der Beklagten auch noch weitere Kontobewegungen, wie Belastungen durch die Geltendmachung von Honorarnoten des für die Beklagte einschreitenden Anwalts ergaben.

5. Der Rechnungslegungspflicht steht im vorliegenden Fall auch nicht entgegen, dass die im Konkurs angemeldete Forderung der Beklagten nicht bestritten und rechtskräftig festgestellt wurde. Die Bereinigungswirkung der Forderungsfeststellung (§ 60 Abs 2 KO; Konecny in Konecny/Schubert Insolvenzrecht § 109 KO Rz 2 f) vermag nach dem hier zu beurteilenden Sachverhalt das privatrechtliche Interesse der Klägerin an der Rechnungslegung schon deshalb nicht zu beseitigen, weil dieser Titel (anders als der zu 1 Ob 239/05m abgeschlossene Generalvergleich) nicht die gesamte Forderung der Beklagten erfasste. Die Beklagte macht nämlich über die schon in der festgestellten Forderung enthaltenen Zinsen eine weitere Zinsenforderung geltend, deren Höhe ohne Rechnungslegung nicht abgeschätzt werden kann.

6. Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe ihrer Rechnungslegungspflicht durch Vorlage von Kontoblättern im Verfahren nicht Genüge getan, weil nicht feststehe, dass der Klägerin die diesbezüglichen Kontobewegungen zur Verfügung gestellt wurden und sie Belegeinsicht erhalten habe, verwirklicht keine auffallende Fehlbeurteilung.

Die Revision war mangels erheblicher Rechtsfragen zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen, ihre Rechtsmittelbeantwortung diente somit der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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