OGH 6Ob53/03t

OGH6Ob53/03t24.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen Johannes T*****, wegen Bestimmung des Übernahmspreises für einen Erbhof, über die außerordentlichen Revisionsrekurse der erblasserischen Söhne 1. Johann T*****, vertreten durch Dr. Helmut Trattnig, Rechtsanwalt in Ferlach, und 2. Oswald T*****, vertreten durch Dr. Edmund Thurn, Rechtsanwalt in Murau, gegen den Beschluss des Landesgerichtes Leoben als Rekursgericht vom 23. Jänner 2003, GZ 3 R 182/02z-109, womit über die Rekurse der erblasserischen Söhne der Beschluss des Bezirksgerichtes Murau vom 11. September 2002, GZ 3 A 127/99y-97, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Der am 13. 8. 1999 verstorbene Erblasser hinterließ einen rund 26 ha (davon 14,22 ha Wald) großen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Erbhofeigenschaft im Revisionsrekursverfahren nicht mehr strittig ist. Drei Kinder stellten jeweils den Antrag, zum Anerben bestellt zu werden. Zur Anerbin wurde rechtskräftig die Tochter des Erblassers bestellt (6 Ob 259/01h).

Das Erstgericht bestimmte nach Einholung der Gutachten zweier Sachverständiger den Übernahmspreis mit 43.000 EUR.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der beiden Söhne des Erblassers teilweise Folge und setzte den Übernahmspreis mit 56.140 EUR fest.

Dagegen richten sich die außerordentlichen Revisionsrekurse der beiden Söhne. Der Sohn Oswald beantragt die Festsetzung eines Übernahmspreises von 150.000 EUR, der Sohn Johann von 181.682,08 EUR.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentlichen Revisionsrekurse sind mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig:

Insoweit der Sohn Johann eine Nichtigkeit oder Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz aus dem Grund releviert, dass ihm das Gehör wegen Nichtverständigung von der Befundaufnahme der Sachverständigen und wegen Nichtzustellung einer Gutachtensergänzung entzogen worden sei, ist der Revisionswerber darauf zu verweisen, dass das Rekursgericht diese Einwendungen behandelt und eine Nichtigkeit oder einen Verfahrensmangel verneint hat. Diese Entscheidung ist auch im außerstreitigen Verfahren nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung bindend. Die relevierten Umstände können nicht zum Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens gemacht werden (RIS-Justiz RS0030748; RS0007232).

Beide Revisionsrekurswerber bekämpfen die vom eingeholten Gutachten abweichende Berechnungsmethode des Rekursgerichtes (als nichtig, rechtsirrig und aktenwidrig). Im Ergebnis ist für sie allerdings aus folgenden Gründen nichts zu gewinnen, ohne dass erhebliche Rechtsfragen zu lösen wären:

Die Sachverständigen haben den Übernahmswert als Mischwert der Ergebnisse nach der sogenannten "Nettopachtzinsmethode" und der "Deckungsbeitragsmethode" ermittelt und sind bei beiden Varianten davon ausgegangen, dass die desolaten Bauverhältnisse des Hofes (Wohnhaus und Stallbereich in einem Gebäude) einen Investitionsbedarf von 3,3 Mio S auslösen, der mit dem Erlös aus dem Abverkauf des lebenden "überdurchschnittlich hohen" Holzvorrates von 8,89 ha gedeckt werden kann. Diese Waldfläche wurde von den Sachverständigen bei der Ermittlung des Ertrages des Hofes ausgeschieden. Das Rekursgericht vertrat demgegenüber die Auffassung, dass die Einnahmen aus der gesamten Waldfläche der Ertragsberechnung zugrunde zu legen seien, weil es auf den unsanierten Gebäudezustand zum Todeszeitpunkt ankomme und eine Verminderung des Übernahmspreises zur Verbesserung des Zustandes zum Nachteil der weichenden Erben führen würde. Die Revisionsrekurswerber führen nun grundsätzlich zutreffend aus, dass bei Richtigkeit der Rechtsansicht des Rekursgerichtes die gesamte Waldfläche nicht nur bei der Ermittlung nach der Pachtzinsmethode, sondern auch nach der Deckungsbeitragsmethode hätte herangezogen werden müssen und berechnen auf dieser Basis den Übernahmspreis neu. Der Einwand führt aber deshalb nicht zum Erfolg, weil die Berechnungsmethode der Sachverständigen, der das Erstgericht folgte, aus folgenden Gründen nicht zu beanstanden ist:

Auszugehen ist von den getroffenen Feststellungen - der Oberste Gerichtshof ist nicht Tatsachen-, sondern Rechtsinstanz -, also davon, dass das Wohn- und Wirtschaftsgebäude wegen Feuchtigkeits- und Putzschäden desolat ist und den angeführten Sanierungsbedarf hat. Von der Sanierung ist nicht nur das Wohngebäude, sondern vor allem auch der Stallbereich betroffen, der für die Milchkuhhaltung, die den Ertrag abwerfen soll, wesentlich ist. Die Sanierung dient damit nicht (nur) einer Verbesserung des Zustandes, sondern ist Voraussetzung für eine nachhaltige Ertragserzielung.

Der Übernahmspreis ist im Anerbenrecht nach billigem Ermessen so zu bestimmen, dass der Übernehmer "wohl bestehen kann" (§ 11 Abs 1 AnerbenG). Der Übernahmspreis darf nicht mit Rücksicht auf einen möglichen Abverkauf von Teilen des Hofes ermittelt werden (RS0050365). Grundsätzlich soll der Anerbe den Übernahmspreis aus den Erträgnissen bezahlen können (6 Ob 181/00m). Hiebreife Holzvorräte gehören zu solchen Erträgnissen (6 Ob 1023/94). Auch wenn es beim Übernahmswert auf den Todeszeitpunkt ankommt, haben ein schon damals bestandener schlechter Erhaltungszustand des Wirtschaftsgebäudes und der dadurch ausgelöste Investitionsbedarf Einfluss auf den Ertragswert (vgl 6 Ob 108/97v), weil naturgemäß bei einem nicht sanierten Hof der erzielbare Pachtzins und damit der Ertragswert niedriger sind als nach einer erfolgten Sanierung. Es wurde schon ausgesprochen, dass ein Erbhof auch dann vorliegen kann, wenn nach objektiven Grundsätzen mit einer kostenintensiven Umstellung auf eine andere Produktionsart ein dem Höferecht entsprechender Ertrag erzielt werden könnte (6 Ob 225/99b). Es liegt auf der Hand, dass die Umstellungskosten aus der Ertragswertberechnung nicht ausgeklammert werden können. Ähnlich verhält es sich bei den hier zu beurteilenden notwendigen Investitionen, die das Rekursgericht nicht unberücksichtigt lassen durfte, wenn es gleichzeitig auf den Ertragswert abstellte, den die Sachverständigen auf der Basis eines sanierten Hofes angenommen haben. Die Revisionsrekurswerber führen zu diesem Thema nichts aus und streben nur eine Ausweitung der vom Rekursgericht vorgenommenen Änderung der Berechnungsgrundlagen zu ihren Gunsten an. Sie zeigen im Übrigen keine erheblichen Rechtsfragen auf. Auf den Verkehrswert des landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich genutzten Erbhofes kommt es nicht an. Entscheidend ist der Ertragswert (6 Ob 181/00m mwN). Die angestrebte weitere Erhöhung des Übernahmspreises stünde mit der zitierten oberstgerichtlichen Judikatur nicht im Einklang.

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