Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Der Verstorbene war Alleineigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes, dessen Erbhofeigenschaft nicht in Frage steht. Neben seiner Gattin hinterließ er drei Kinder, darunter den 1948 geborenen Sohn Johann T***** und die 1949 geborene Tochter Anna T*****. Beide nehmen die Anerbenstellung in Anspruch. Der Antrag des Sohnes Oswald auf Bestellung zum Anerben wurde im ersten Verfahrensgang rechtskräftig abgewiesen.
Der Senat hat in seiner Entscheidung vom 23. 11. 2000, 6 Ob 254/00x, bereits bindend ausgesprochen, dass beide die Anerbenstellung beanspruchenden Nachkommen eine land- und forstwirtschaftliche Erziehung genossen hätten und auf dem Erbhof aufgewachsen seien. Insofern komme keinem von ihnen der Vorrang zu. Johann, der nach den Feststellungen im ersten Verfahrensgang als Landmaschinenmechaniker ausgebildet und als Werkstättenleiter tätig sei, übe einen Beruf aus, der ihm eine anderweitige Versorgung im Sinn des § 3 Abs 1 Z 3 AnerbenG sichere. Als der Ältere wäre er daher seiner Schwester Anna als Anerbe dann vorzuziehen, wenn diese gleichfalls anderweitig versorgt und auf die Übernahme des Hofes nicht mehr angewiesen sei. Anderweitig versorgt sei ein Miterbe dann, wenn er unabhängig von einer land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung auf die Übernahme des Hofes nicht angewiesen sei, weil sein Lebensunterhalt unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten durch andere auf Dauer erzielbare Einkünfte materiell ausreichend abgesichert sei. Dass ein Einkommen des Miterben aus einer auf Dauer angelegten, nicht landwirtschaftlichen beruflichen Tätigkeit diese Voraussetzungen erfülle, unterliege keinem Zweifel. Der Unterhaltsanspruch einer - wie die Tochter Anna - verheirateten, über kein weiteres Einkommen verfügenden Miterbin gegen ihren Ehegatten könne sie nur dann materiell absichern, wenn sie damit einen zumindest angemessenen Versorgungsgrad erreiche. Dabei könnten der unpfändbare Freibetrag des § 291a EO oder der Richtsatz für die Ausgleichszulage nach den Sozialversicherungsgesetzen als Orientierungshilfe dienen. Ergebe die Berechnung des fiktiven Unterhaltsanspruches der Miterbin einen nahe diesen Kriterien liegenden Versorgungsgrad, reiche dieser Unterhaltsanspruch jedenfalls nicht aus, um ihr eine anderweitige angemessene Versorgung zu gewährleisten.
Da die im ersten Verfahrensgang getroffenen Feststellungen zur Beurteilung der Versorgung der Miterbin Anna nicht ausreichten, wurde dem Erstgericht die Verfahrensergänzung aufgetragen.
Im fortgesetzten Verfahren macht der Sohn Johann nun geltend, er sei arbeitslos und beziehe seit 15. 1. 2001 "Arbeitslosenunterstützung" (Arbeitslosengeld).
Das Erstgericht bestimmte neuerlich die Tochter zur Anerbin. Es stellte ergänzend fest, Anna T***** habe keine über die am elterlichen Hof erfolgte land- und forstwirtschaftliche Erziehung hinausgehende berufliche Ausbildung genossen. Sie habe mit 19 Jahren ihren 1941 geborenen Gatten Herbert T***** geheiratet, dieser sei bis zum 24. Lebensjahr am elterlichen Hof aufgewachsen. Danach sei er beim Finanzamt und dann von 1969 bis zu seiner Pensionierung am 16. 1. 1998 am Bau tätig gewesen. Seine monatliche Pension habe 1999 netto 13.084,70 S und im Jahr 2000 14.123,70 S betragen. Aus Deutschland beziehe er eine weitere "Pension" in Höhe von 200 S monatlich. Der Ehe von Anna und Herbert T***** entstammten vier Kinder, von denen die 1974 geborene Tochter vor dem Abschluss ihres Pharmaziestudiums an der Universität Graz stehe; sie sei ledig und habe bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres ein Stipendium von 4.700 S bezogen. Der Sohn Robert, geboren 1980, besuche die Fachhochschule im dritten Semester und beziehe ein Stipendium von monatlich 5.000 S. Anna T***** sei Pächterin des Erbhofes, ein nennenswerter Reinerlös fließe ihr daraus nicht zu. Sie beziehe aus der Betreuung ihrer Mutter, die seit dem Tod des Erblassers in ihrem Haushalt lebe, kein regelmäßiges Entgelt. Der als Landmaschinenmechaniker ausgebildete Sohn Johann sei seit 1987 als Werkstättenleiter bei einer Firma in N***** tätig gewesen und beziehe seit 15. 1. 2001 Arbeitslosengeld in Höhe von 496 S täglich. Er sei für seine nicht berufstätige Ehegattin sorgepflichtig und habe aus der Errichtung eines Eigenheims erhebliche Rückzahlungsverpflichtungen. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, das Gesetz stelle hinsichtlich des Zeitpunkts, zu dem die Voraussetzungen des § 3 Abs 1 Z 3 AnerbenG gegeben sein müssten, auf den Todeszeitpunkt des Erblassers ab, zu diesem Zeitpunkt sei der Sohn jedenfalls anderweitig versorgt gewesen, nicht jedoch die Tochter.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage des maßgeblichen Zeitpunkts für die Annahme der anderweitigen Versorgung bzw des Einflusses einer Unterbrechung der beruflichen Tätigkeit durch Abeitslosigkeit auf ihre Beurteilung im Sinn des § 14 Abs 1 AußStrG erheblich seien. Das Rekursgericht verneinte die vom Sohn geltend gemachte Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in seiner rechtlichen Beurteilung aus, für die allein noch entscheidungswesentliche Frage der anderweitigen Versorgung sei auch zu berücksichtigen, dass der Sohn seit 15. 1. 2001 ohne Beschäftigung sei und Arbeitslosengeld von 496 S täglich beziehe. Aus dem Gesetzeswortlaut lasse sich nicht ableiten, dass zu dieser Frage auf den Zeitpunkt des Erbanfalls abzustellen sei, sodass nach allgemeinen Grundsätzen alle im Zeitpunkt der zu fällenden Entscheidung vorhandenen Gegebenheiten als maßgebliche Entscheidungsgrundlage heranzuziehen seien. Dies ändere nichts daran, dass der Sohn als versorgt anzusehen sei. Ausschlaggebend sei, dass er eine Berufsausbildung besitze, die ihn grundsätzlich in die Lage versetze, auf Dauer eine nichtlandwirtschaftliche Erwerbstätigkeit auszuüben und daraus Einkünfte zu erzielen, die die ausreichende materielle Absicherung seines Lebensunterhalts und des Unterhalts seiner ihm gegenüber anspruchsberechtigten Gattin gewährleisteten. Er habe nach Abschluss seiner Lehre zunächst in Deutschland als Mechaniker und dann seit 1987 als Werkstättenleiter gearbeitet, also eine auf Dauer angelegte berufliche Tätigkeiten ausgeübt. Es erscheine nicht sachgerecht, nunmehr allein darauf abzustellen, dass er momentan arbeitslos sei. Es sei eine Erfahrungstatsache, dass es immer wieder zu Zeiten von Arbeitslosigkeit kommen könne, was aber nicht dazu führe, dass deswegen die materielle Absicherung der betreffenden Person verneint werden müsste, zumal sie Anspruch auf Arbeitslosengeld und gegebenenfalls auch auf Notstandshilfe habe. Der Sohn sei daher als anderweitig versorgt anzusehen. Nach der vom Erstgericht erhobenen Sachverhaltsgrundlage errechne sich der fiktive monatliche Unterhaltsanspruch der Tochter gegenüber ihrem Gatten mit einem Betrag, der bei weitem nicht an den als Orientierungshilfe dienlichen unpfändbaren freien Betrag des § 291a EO oder den Richtsatz für die Ausgleichszulage nach den Sozialversicherungsgesetzen heranreiche. Die Tochter erreiche daher mit ihrem Unterhaltsanspruch keinen angemessenen Versorgungsgrad und sei daher zur ausreichenden materiellen Absicherung ihres Lebensunterhaltes auf die Übernahme des Erbhofes angewiesen.
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Rekursgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der anderweitigen Versorgung von Miterben maßgeblich sei, ist im vorliegenden Fall ohne Bedeutung, weil selbst die Berücksichtigung der im Zeitpunkt der Entscheidung erster Instanz vorliegenden Arbeitslosigkeit des Sohnes die Annahme einer anderweitigen Versorgung nicht ausschließt. Der Senat hat bereits in der oben genannten Entscheidung 6 Ob 254/00x ausgesprochen, dass ein Miterbe dann anderweitig versorgt ist, wenn er unabhängig von einer land- und forstwirtschaftlichen Ausbildung auf die Übernahme des Hofes nicht angewiesen ist, weil sein Lebensunterhalt (unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten) durch andere auf Dauer erzielbare Einkünfte materiell ausreichend abgesichert ist und dass ein Einkommen des Miterben aus einer auf Dauer angelegten, nicht landwirtschaftlichen beruflichen Tätigkeit diese Voraussetzungen erfülle. Ob dies auch dann noch der Fall ist, wenn die langjährige berufliche Tätigkeit durch Verlust des Arbeitsplatzes unterbrochen wird, richtet sich nach den Umständen des konkreten Einzelfalles, denen keine über diesen hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Auffassung des Rekursgerichtes, wonach der Sohn Johann durch seine Berufsausbildung grundsätzlich in der Lage sei, auf Dauer eine nichtlandwirtschaftliche Berufstätigkeit auszuüben und dadurch Einkünfte zu erzielen, die einer materiellen Absicherung seines Lebensunterhaltes (und des Lebensunterhaltes der ihm gegenüber anspruchsberechtigten Gattin) gewährleiste und die Arbeitslosigkeit nicht zwangsläufig dazu führe, dass seine materielle Absicherung verneint werden müsste, zumal er Anspruch auf Arbeitslosengeld habe, ist nicht zu beanstanden. Die Tatsache der Arbeitslosigkeit rechtfertigt nicht ohne weiteres auch die Annahme, der Sohn könnte seinen Lebensunterhalt durch andere als landwirtschaftliche Einkünfte nicht mehr ausreichend absichern. Umstände, die ihm die Wiederaufnahme einer seiner Ausbildung entsprechenden beruflichen Tätigkeit erschweren oder unmöglich machen könnten, hat er im Verfahren erster Instanz nicht geltend gemacht.
Im Übrigen verbleibt ihm aus dem Arbeitslosengeld auch unter Berücksichtigung seiner Sorgepflicht für die Ehegattin selbst dann ein den Unterhaltsanspruch der Miterbin gegen ihren Ehegatten übersteigender Betrag, wenn das der Mutter ausbezahlte Pflegegeld als Einkommen der Miterbin berücksichtigt würde.
Das Rekursgericht hat in Einklang mit der Vorentscheidung 6 Ob 254/00x eine anderweitige Versorgung der Tochter Anna verneint und diese zur Anerbin bestimmt. Seiner Auffassung liegt keine Fehlbeurteilung zu Grunde, die im Interesse der Rechtssicherheit korrigiert werden müsste. Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ist nicht zu beantworten.
Eine Behandlung der erneut geltend gemachten - vom Rekursgericht bereits verneinten - Nichtigkeit und Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz ist dem Obersten Gerichtshof ebenso verwehrt wie die Überprüfung der von den Vorinstanzen vorgenommenen Beweiswürdigung.
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