Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Antragsteller sind Fischereiberechtigte in mehreren steiermärkischen Gewässern. Der Kormoran ist eine durch Art 4 (Anhang I) der Vogelschutz-Richtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten) geschützte Vogelart. Das Land Steiermark (im Folgenden Antragsgegner) hat den Kormoran gemäß § 13e Abs 1 Steiermärkisches Naturschutzgesetz (Stmk NSchG) und gemäß § 4 der Verordnung der Landesregierung vom 14. 5. 2007, LGBl Nr 40/2007 (Artenschutzverordnung), durch deren § 7 die Naturschutzverordnung vom 25. 5. 1987, LGBl Nr 52/1987, am 6. 6. 2007 außer Kraft trat, für geschützt erklärt.
Gemäß § 13e Abs 5 Stmk NSchG hat die Landesregierung zur Abwendung erheblicher Schäden an Fischereigebieten und Gewässern (§ 13e Abs 5 Z 3 Stmk NSchG) den Abschuss von Kormoranen jeweils vom 1. 10. bis 31. 3. des Folgejahres (Kormorane halten sich von Oktober bis März in der Steiermark auf) mit den Einschränkungen genehmigt, dass der Abschuss nur im Bereich des Gewässers sowie in einem Bereich von 100 m zum Gewässer zulässig ist und Eingriffe an Schlafplätzen (und in deren Umkreis von 250 m) ebenso verboten sind wie Eingriffe ab einer Stunde vor Sonnenuntergang bis eine Stunde vor Sonnenaufgang; im Bereich von Vogelschutzgebieten ist der Abschuss generell unzulässig.
Die Steirische Landesregierung wies den von den Antragstellern gestellten Antrag auf Festsetzung einer Entschädigung von 1.117.800 EUR sA für den Zeitraum Oktober 2004 bis März 2007 ab.
Daraufhin beantragten die Antragsteller gemäß § 25 Abs 5 Stmk NSchG die Festsetzung der Entschädigung beim Erstgericht.
Die Vorinstanzen wiesen diesen Antrag ab.
Vom verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff sei auch das Fischereirecht als Vermögenswert des Privatrechts erfasst. Nach § 25 Abs 1 Stmk NSchG stehe nur jenen Personen gegenüber dem Land ein Entschädigungsanspruch zu, die durch Auswirkung einer Verordnung oder eines Bescheids nach den §§ 5, 6, 11 und 13a Stmk NSchG gehindert würden, ihr Grundstück oder ihre Anlage auf die Art und in dem Umfang zu nutzen, wie sie es zur Zeit der Einleitung des Verfahrens berechtigt waren, und die dadurch einen erheblichen Vermögensnachteil erlitten. Dem gegenüber habe der Landesgesetzgeber für die in § 13e Stmk NSchG normierte Eigentumsbeschränkung keine Entschädigung vorgesehen. Diese Bestimmung schütze nicht Gebiete, sondern Vogelarten, sodass von vornherein keine gleichartige Eigentumsbeschränkung vorliege. Die gesetzliche Beschränkung der Entschädigungstatbestände in § 25 Abs 1 Stmk NSchG sei auch objektiv als abschließende Ordnung der Entschädigungsfrage anzusehen, sodass die Antragsteller die hier in Rede stehende Eigentumsbeschränkung im Sinne der Sozialgebundenheit des Eigentums entschädigungslos hinzunehmen hätten.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil keine Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG vorlägen.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der außerordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig:
Eigentum im verfassungsrechtlichen Sinn sind alle vermögenswerten Privatrechte. Dazu gehört auch das Fischereirecht (Öhlinger, Verfassungsrecht8 Rz 868 mwN). Ein Eingriff in das Eigentum liegt stets dann vor, wenn ein unter den verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff subsumierbares Recht entzogen oder beschränkt wird. Eigentumseingriffe, die keine Enteignung darstellen, sind „bloße Eigentumsbeschränkungen“. Innerhalb der Eigentumsbeschränkungen ist nach der Gravität der Eingriffswirkung zu differenzieren, und zwar sowohl hinsichtlich der Voraussetzungen, die für ihre Zulässigkeit verlangt werden, als auch im Hinblick auf allenfalls bestehende Entschädigungspflichten (K. Korinek in Handbuch der Grundrechte § 196 Rz 27 ff). Dabei ist der Beurteilungsspielraum für den Eigentumsbeschränkungen verfügenden Gesetzgeber größer als bei der Verfügung von Enteignungen (K. Korinek aaO Rz 33). Verfassungsrechtliche Anforderungen für eine Eigentumsbeschränkung sind ein nachweisliches öffentliches Interesse, das die Beschränkung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigt. Dabei kommt dem Staat ein großer Beurteilungsspielraum zu (Öhlinger aaO Rz 877, 878).
Nach ständiger Rechtsprechung kann der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenkliche Eigentumsbeschränkungen verfügen, sofern er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums berührt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist (RIS-Justiz RS0118711, RS0038544).
§ 365 ABGB steht nicht im Verfassungsrang; Enteignungen ohne Entschädigung sind daher nach ständiger Rechtsprechung nicht jedenfalls verfassungswidrig (RIS-Justiz RS0010823). Dies gilt umso mehr für bloße Eigentumsbeschränkungen. Als wesentliche Parameter für die Beurteilung einer allfälligen verfassungsrechtlichen Vorgabe für die Festlegung einer Entschädigungspflicht werden die Dauer und die Intensität der Einschränkung im Hinblick auf die bisherige Nutzung, der Vermögensverlust, die Vorhersehbarkeit, das bloße Erfassen einzelner oder kleiner Gruppen und die Frage einer prinzipiellen Änderung oder weitgehenden Reduzierung der mit dem Eigentum verbundenen Ausübungsbefugnisse angesehen (Korinek in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht Art 5 StGG Rz 50 ff; 8 Ob 35/09v). Erst ab einer bestimmten konkreten Eingriffsintensität und hervorgehobenen Betroffenheit („Sonderopfertheorie“) besteht auch eine verfassungsrechtliche Verpflichtung für den einfachen Gesetzgeber zur Festlegung einer Entschädigungspflicht (8 Ob 35/09v).
In § 25 Stmk NSchG erfolgt eine taxative Aufzählung der Fälle, in denen ein Entschädigungsanspruch besteht. Dabei ist § 13e Stmk NSchG nicht angeführt. Der Grund für diese Differenzierung liegt - wie bereits das Rekursgericht zutreffend erkannt hat - darin, dass es sich bei § 13e Stmk NSchG nicht um die Unterschutzstellung ganzer Gebiete, sondern einzelner Vogelarten handelt. Die gesetzlichen Einschränkungen sind nicht intentional gegen Fischereiberechtigte gerichtet, sondern treffen jeden Grundeigentümer bzw Pächter in gleicher Weise (vgl 5 Ob 30/08k; RIS-Justiz RS0053461). Dass der Gesetzgeber eine pauschalierte Regelung treffen kann und dabei auch Härtefälle in Kauf nehmen kann, ist allgemein anerkannt (Öhlinger aaO Rz 769). Die Revisionsrekurswerber räumen selbst ein, dass nicht nur den Fischereiberechtigten durch die Unterschutzstellung der Kormorane Schäden erwachsen, sondern auch anderen Personen, wie zB einer erheblichen Anzahl von Teichwirten oder Eigentümern von Grundstücken, auf denen die geschützte Vogelart nistet. Die behaupteten Schäden korrelieren derart lose mit der geschützten Rechtsposition des Fischens, dass aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken dagegen bestehen, wenn in einer derartigen Konstellation keine Entschädigungspflicht vorgesehen ist. Im Übrigen hängt nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen eines von verfassungswegen entschädigungspflichtigen „Sonderopfers“ stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab (7 Ob 303/04s). Mit ihrer Auffassung, dass die anzuwendende landesrechtliche Rechtslage die Antragsteller nicht stärker belastet als im Allgemeinen andere Personen, haben die Vorinstanzen den ihnen hier zukommenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten. Hierbei ist insbesondere auch auf die Möglichkeit der Erlangung von Ausnahmebewilligungen nach § 13e Abs 5 Stmk NSchG hinzuweisen.
Der Hinweis darauf, dass andere Landesgesetze in vergleichbaren Fällen eine Entschädigungspflicht vorsehen, geht im Hinblick darauf, dass die Unterschiedlichkeit der Landesgesetzgebung über die Verfassungskonformität eines Landesgesetzes bzw eines Auslegungsergebnisses nichts aussagt (2 Ob 52/99g) und das bundesstaatliche Prinzip die Anwendung des Gleichheitssatzes auf das Verhältnis der Regelungen verschiedener Landesgesetzgeber zueinander ausschließt (vgl VfSlg 13.235), ins Leere.
Damit erweisen sich aber die verfassungsrechtlichen Bedenken der Revisionsrekurswerber gegen die anzuwendende Rechtslage nach dem Stmk NSchG als nicht berechtigt. Da der Oberste Gerichtshof die von den Revisionsrekurswerbern geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilt, liegt auch keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung iSd § 62 Abs 1 AußStrG vor (RIS-Justiz RS0116943), sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.
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