European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00029.22S.0622.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
I. Die Ruhensbekanntgaben betreffend die zehntbeklagte Partei G* V* und die elftbeklagte Partei R* S* werden zur Kenntnis genommen.
II. Der Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren AZ 18 C 178/20p des Bezirksgerichts Mödling wird abgewiesen.
III. Die Revisionen der zweit- bis fünft-, acht- bis neunt- und zwölft‑ bis neunzehntbeklagten Parteien werden zurückgewiesen.
IV. Die vierzehnt-, fünfzehnt-, achtzehnt‑ und neunzehnbeklagten Parteien sind jeweils schuldig, den klagenden Partei die mit 203,05 EUR (darin enthalten 33,84 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die zweit- bis fünft-, acht-, neunt-, zwölft-, dreizehnt-, sechzehnt- und siebzehntbeklagten Parteien sind jeweils schuldig, den klagenden Parteien die mit 101,52 EUR (darin enthalten 16,92 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Kläger sind Eigentümer von Liegenschaften, auf denen sich ein Baggersee befindet. Diese sind in Parzellen unterteilt, die an die Beklagten bzw deren Rechtsvorgänger vermietet wurden. Die Beklagten bzw ihre Rechtsvorgänger errichteten auf den Parzellen bauliche Objekte, die Superädifikate sind. Die Mietverträge, die ab dem Jahr 1986 abgeschlossen wurden, enthalten unter anderem folgende einheitliche Bestimmungen:
„II.
Das Bestandverhältnis hat am [...] begonnen und wird für die Zeit bis 31. 12. 2015 [...] abgeschlossen.
[...]
XIII.
1. Wenn die Vermieter nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer das Mietobjekt zu neuen Bedingungen weitervermieten wollen, steht dem/den Mieter(n) das Vormietrecht zu, wobei bei der Bemessung des neuen Mietzinses davon auszugehen ist, dass der neue Mieter die Baulichkeiten auf den Mietobjekten dem alten Mieter um den Schätzwert (Abs 3) käuflich abzulösen hat. Der Inhalt des vorgesehenen neuen Mietvertrages ist dem/den bisherigen Mieter(n) von den Vermietern schriftlich bekanntzugeben, wobei der Mieter die Ausübung seines Vormietrechtes binnen 30 Tagen durch Abfertigung eines an die Vermieter gerichteten Einschreibebriefes ausüben kann.
Tritt kein neuer Mietinteressent auf, ist der bisherige Mieter berechtigt, die Verlängerung des Mietverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen jeweils um ein weiteres Jahr zu begehren. Tut er dies nicht, wird also das Mietverhältnis weder von ihm noch einem neuen Mieter im Sinne des Absatzes eins fortgesetzt, fallen die auf dem vertragsgegenständlichen Grundstücksteil stehenden Baulichkeiten entschädigungslos an die Vermieter.
2. Sollten die Vermieter das Mietverhältnis nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer nicht mehr zu analogen Bedingungen mit dem/den Mieter(n) fortsetzen wollen, sind sie verpflichtet, die auf dem Mietobjekt befindlichen Baulichkeiten dem/den Mieter(n) um den vollen Schätzwert (Abs 3) käuflich abzulösen. Das Vormietrecht ist in diesem Fall erloschen, ebenso das nur für die Vertragsdauer geltende Vorkaufsrecht.
3. Der Schätzwert ist zum Stichtag der Schätzung von dem Sachverständigen festzustellen, der an erster Stelle in der betreffenden Branchenliste des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien aufscheint. Die Kosten werden je zur Hälfte getragen.“
[2] In den zu AZ 28 C 133/15m (führendes Verfahren) verbundenen Verfahren des Bezirksgerichts Mödling (Vorverfahren) wurden Feststellungsklagen der hier Beklagten (dort Kläger) gerichtet auf Feststellung, dass zwischen ihnen und den hier Klägern (dort Beklagten) ein unbefristetes Mietverhältnis besteht, das den Kündigungsbestimmungen des MRG unterliegt, erhoben. Diese Klagen wurden rechtskräftig abgewiesen (die gegen die Bestätigung der erstinstanzlichen Klagsabweisung erhobene außerordentliche Revision wurde vom Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 124/20h [unter Hinweis auf die in einem Parallelverfahren 10 Ob 88/18s ergangene Entscheidung] zurückgewiesen).
[3] Die Kläger begehren die Erlassung von Übergabsaufträgen über die an die Beklagten vermieteten Badeparzellen „geräumt von eigenen Fahrnissen“.
[4] Die Beklagten erhoben gegen die Übergabsaufträge Einwendungen und begehren deren Aufhebung.
[5] Das Erstgericht verwarf die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs wegen Nichtanrufung eines vereinsinternen Schiedsgerichts, erklärte die Übergabsaufträge betreffend die Erst- bis Fünft- und Acht- bis Neunzehntbeklagten für rechtswirksam und verpflichtete diese Beklagten, das jeweilige Bestandobjekt geräumt von eigenen Fahrnissen zu übergeben. Das Begehren gegen die Sechst- und Siebentbeklagte wies es unbekämpft ab.
[6] Das Berufungsgericht hob das angefochtene Urteil betreffend die Erstbeklagte auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; im Übrigen bestätigte es das angefochtene Urteil. Es bejahte die Zulässigkeit des Rechtswegs und war der Ansicht, im Vorverfahren sei bindend geklärt worden, dass die vereinbarten Befristungen zulässig seien. Nach der vertraglichen Vereinbarung bestehe keine Verpflichtung der Vermieter, den Bestandgegenstand neu zu vermieten. Es gebe auch keine Verpflichtung der Vermieter, gleichzeitig mit der Ablehnung der Vertragsverlängerung die Ablöse des Superädifikats anzubieten. Die Bestandverhältnisse hätten daher mit Fristablauf zum 31. 12. 2015 geendet.
[7] Die Revision wurde vom Berufungsgericht zur Frage zugelassen, ob ein vom Mieter errichtetes Superädifikat als nützlicher Aufwand im Sinn des § 1097 ABGB anzusehen sei, sodass bei einer vertraglichen Regelung, die nur die Höhe des Aufwandsersatzes beinhalte, hinsichtlich der Entstehung und der Fälligkeit des Aufwandsersatzes § 1097 ABGB anwendbar sei.
[8] Gegen den bestätigenden Teil dieser Entscheidung richten sich die Revisionen der zweit- bis fünft- und der acht- bis neunzehntbeklagten Parteien je mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[9] Die Kläger beantragen, die Revisionen als unzulässig zurückzuweisen bzw ihnen nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[10] Zu I.: Hinsichtlich des Zehntbeklagten und der Elftbeklagten ist Ruhen des Verfahrens bekanntgegeben worden. Nach § 483 Abs 3 erster Satz ZPO kann das Ruhen des Verfahrens auch noch im Berufungsverfahren vereinbart werden. Diese Bestimmung ist gemäß § 513 ZPO auch auf das Revisionsverfahren anzuwenden (RS0041994 [T3]). Durch die Ruhensvereinbarung entfällt – für die Dauer des Ruhens – eine Sachentscheidung des Obersten Gerichtshofs (RS0041994). Der nachfolgende Teil der Entscheidung bezieht sich daher ausschließlich auf die Beklagten, die eine Revision erhoben haben und deren Verfahren nicht ruht.
[11] Zu II.: In der Revision wurde von den Beklagten ein Antrag auf Unterbrechung des Verfahrens nach § 190 ZPO bis zur Beendigung des beim Bezirksgericht Mödling zu AZ 18 C 178/20p anhängigen Verfahrens auf Feststellung des Bestehens eines aufrechten, unbefristeten Mietverhältnisses gestellt.
[12] Ein Unterbrechungsantrag ist grundsätzlich auch im Revisionsverfahren zulässig (RS0036801; RS0036769 [T1]). Das Erstgericht hat einen gleichlautenden Unterbrechungsantrag mit in das Urteil aufgenommenen Beschluss (unanfechtbar [§ 192 Abs 2 ZPO]) abgewiesen, weil die genannte Feststellungsklage neu eingebracht worden, hingegen die gegenständlichen Verfahren bereits spruchreif seien. Selbst wenn man in dem im Verfahren AZ 18 C 178/20p des Bezirksgerichts Mödling mittlerweile ergangenen erstinstanzlichen (klagsabweisenden) Urteil eine relevante Sachverhaltsänderung erblickte, sodass nicht lediglich eine Wiederholung des vom Erstgericht abgewiesenen Unterbrechungsantrags vorläge (vgl RS0036985 [T1]), wäre der Antrag im konkreten Fall nicht berechtigt:
[13] Nach § 190 Abs 1 ZPO hat das Gericht unter sorgfältiger Berücksichtigung aller Umstände nach freiem Ermessen vor allem unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit zu beurteilen, ob die Unterbrechung des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Erledigung des anderen Verfahrens nach Lage des Falls gerechtfertigt ist (RS0036765).
[14] Die Verhandlung ist, soweit tunlich, ohne Unterbrechung zu Ende zu führen. Durch die Unterbrechung soll insgesamt eine tendenziell verfahrensökonomische Verbesserung der Situation erzielt werden. Eine Unterbrechung ist insbesondere dann gerechtfertigt, wenn die alsbaldige Beendigung des präjudiziellen Verfahrens zu erwarten ist und im zu unterbrechenden Prozess voraussichtlich umfangreiche, mit großem Aufwand verbundene Beweisaufnahmen vermieden werden können (6 Ob 72/18h mwN; RS0036765 [T3]).
[15] Im Vorverfahren, an dem die im vorliegenden Verfahren beklagten Parteien als Kläger und die im vorliegenden Fall klagenden Parteien als Beklagte beteiligt waren, wurden die Klagebegehren, die von den (dort) Klägern oder ihren Rechtsvorgängern abgeschlossenen Bestandverträge seien in unbefristete Mietverhältnisse übergegangen, die den Kündigungsschutzbestimmungen des MRG unterliegen, mit für den vorliegenden Rechtsstreit bindender Wirkung (siehe dazu unten Punkt III.A.3.) abgewiesen. Zur Frage einer jährlichen Verlängerung der Bestandverhältnisse haben die Kläger im vorliegenden Verfahren ein – rechtlich zu beurteilendes, siehe dazu unten Punkt III.A.4., 5. – Vorbringen erstattet. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich und wird im Unterbrechungsantrag auch nicht dargetan, dass die beantragte Unterbrechung zu einer verfahrensökonomischen Verbesserung im vorliegenden Verfahren führen würde. Der Unterbrechungsantrag ist daher mangels Zweckmäßigkeit abzuweisen.
[16] Zu III.: Die Revisionen der zweit- bis fünft-, acht- bis zehnt- und zwölft‑ bis neunzehntbeklagten Parteien sind entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
[17] A) Im denselben Baggersee und gleichlautende Mietverträge betreffenden Verfahren AZ 28 C 207/15v des Bezirksgerichts Mödling wies der Oberste Gerichtshof jüngst ordentliche Revisionen der dortigen Beklagten mangels erheblicher Rechtsfrage zurück (10 Ob 40/21m; vgl auch 9 Ob 72/21k; 5 Ob 189/21m) und führte aus:
„1. Bejahen die Vorinstanzen die Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs ausdrücklich und übereinstimmend, liegt eine den Obersten Gerichtshof bindende Entscheidung nach § 42 Abs 3 JN über die erörterte absolute Prozessvoraussetzung vor (RS0046249 [T1]). Dies gilt auch, wenn die Vorinstanzen übereinstimmend die Zulässigkeit des Rechtswegs für den Anspruch aus einer Streitigkeit aus einem Vereinsverhältnis bejaht haben (vgl RS0046249 [T6]). Die Unzulässigkeit des Rechtswegs kann in einem solchen Fall in dritter Instanz nicht mehr geltend gemacht werden (vgl RS0044536 [T5, T10, T12, T18]).
2. Soweit die Beklagtenmonieren, dass das Berufungsgericht zu Unrecht einen Verstoß des Erstgerichts gegen Art 6 EMRK verneint habe, machen sie inhaltlich eine Nichtigkeit bzw Mangelhaftigkeit des erstgerichtlichen Verfahrens geltend. Die Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung kann aber nicht erfolgreich mit Revision bekämpft werden. Dies gilt auch dann, wenn sie nur in den Entscheidungsgründen erfolgt (RS0042917 ua).
Soweit ihre Ausführungen zur Nichtigkeit über das in der Berufung Vorgetragene hinausgehen, gilt, dass eine angebliche Nichtigkeit des Ersturteils, die in der Berufung nicht gerügt wurde, mit Revision nicht mehr geltend gemacht werden kann (RS0042925 [T3] ua).
Auch eine Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, die in der Berufung zwar geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber verneint wurde, kann in der Revision nicht mehr erfolgreich gerügt werden (RS0042963). Nur wenn das Berufungsgericht infolge unrichtiger Anwendung verfahrensrechtlicher Vorschriften eine Erledigung der Mängelrüge unterlassen hat, liegt ein Mangel des Berufungsverfahrens selbst vor. Das wird aber von den Beklagten nicht behauptet.
Angebliche Verfahrensmängel, eine unrichtige Beweiswürdigung oder eine unrichtige rechtliche Beurteilung im Vorverfahren waren im Rahmen des dortigen Rechtsmittelverfahrens geltend zu machen. Dassim Vorverfahren dem Standpunkt der Beklagten nicht gefolgt wurde, stellt für sich allein jedenfalls keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren dar.
Die in den Revisionen behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht hat sich mit den in der Berufung geltend gemachten sekundären Feststellungsmängeln befasst und dargelegt, aufgrund welcher rechtlicher Überlegungen es die begehrten ergänzenden Feststellungen als nicht erforderlich erachtete. Mit diesen Erwägungen des Berufungsurteils setzen sich die Revisionen jedoch nicht auseinander.
3. Die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Entscheidung ist dann gegeben, wenn der als Hauptfrage rechtskräftig entschiedene Anspruch eine Vorfrage für den Anspruch im zweiten Prozess bildet (RS0127052 [T1]; vgl auch RS0041251 ua). Das Ausmaß der Bindungswirkung wird zwar nur durch den Urteilsspruch bestimmt, doch sind die Entscheidungsgründe zur Auslegung und Individualisierung des rechtskräftig entschiedenen Anspruchs heranzuziehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Rechtskraftwirkung eines abweisenden Urteils festgestellt werden soll (RS0041331).
Als Ergebnis des Vorverfahrens steht rechtskräftig fest, dass die Bestandverhältnisse der Beklagten unabhängig davon, ob sie dem MRG unterliegen oder nicht, nicht unzulässig befristet sind, mit anderen Worten von den Parteien des Vertrags eine durchsetzbare Befristung vereinbart wurde. Soweit daher die Vorinstanzen davon ausgegangen sind, dass das Vorbringen einzelner Beklagter zum Fehlen von Voraussetzungen einer zulässigen Befristung (etwa Schriftlichkeit) aufgrund der Bindungswirkung der Vorentscheidung nicht beachtlichist, ist dies nicht zu beanstanden.
4. Zur Auslegung von Punkt XIII. der Verträge stellt sich nicht die Frage der unrichtigen Annahme einer Bindungswirkung, sondern der Vertretbarkeit einer von den Vorinstanzen – wenn auch in inhaltlicher Übereinstimmung mit den Ausführungen des Obersten Gerichtshofs im Vorverfahren – vorgenommenen Vertragsauslegung.
Nach § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen zunächst vom Wortlaut des schriftlichen Vertragstextes oder vom Wortsinn der mündlichen Vertragserklärungen auszugehen, aber nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der Wille der Parteien zu erforschen. Wird kein – vom Vertragstext oder Wortsinn abweichender oder diesen präzisierender oder ergänzender – übereinstimmender Parteiwille behauptet oder festgestellt, so ist für die Auslegung der objektive Erklärungswert des Vertragstextes bzw der Erklärungen mit Rücksicht auf den Geschäftszweck maßgebend. Der Vertrag ist so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht (vgl RS0017915 [T8]; RS0017797 ua).
Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt und den verwendeten Begriffen der richtige Inhalt beigemessen wurde, stellt nur dann eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung dar, wenn wegen wesentlicher Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RS0042936 [T5]; vgl auch RS0042776; RS0044358). Das ist hier nicht der Fall.
Die Vorinstanzen verstandenPunkt XIII. des Bestandvertrags dahingehend, dass dem Vermieter freistehe, nach Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer eine Verlängerung des Mietvertrags abzulehnen. Tue er dies, habe er die auf dem Mietobjekt befindlichen Baulichkeiten um den vollen Schätzwert käuflich abzulösen. Dabei gingen sie – wie der Oberste Gerichtshof in der Vorentscheidung – davon aus, dass 'zu analogen Bedingungen' als 'zu den bisherigen Bedingungen' zu verstehen ist. Diese Auslegung, gegen die die Beklagten keine überzeugenden Argumente vorbringen, ist nicht korrekturbedürftig.
Die Auffassung der Beklagten, dass ein 'Widerspruchsrecht' des Vermieters nur zulässig sei, wenn er überhaupt keine weitere Vermietung beabsichtigt, lässt sich mit der Bezugnahme auf 'analoge Bedingungen' schon deshalb nicht vereinbaren, weil dann Voraussetzung für die Ablehnung einer Verlängerung wäre, dass der Vermieter überhaupt nicht, zu welchen Bedingungen auch immer, vermieten möchte.
Richtig ist zwar, dass das ebenfalls vereinbarte Vormietrecht durch die Auslegung der Vorinstanzen eine gewisse Entwertung erfährt. Allerdings übergehen die Beklagten, dass im Vertrag das Erlöschen des Vormietrechts für den Fall, dass der Vermieter den Vertrag nicht fortsetzt, sogar ausdrücklich vorgesehen ist. Zugleich wird aber der Vermieter verpflichtet, die Baulichkeit um den vollen Schätzwert käuflich abzulösen. Die Parteien haben daher für diesen Fall eine ihnen adäquat erscheinende Abgeltung vorgesehen.
Entgegen den Revisionen ist auch aus der Vorentscheidung keine andere Auslegung abzuleiten, wurde in dieser doch ausdrücklich davon ausgegangen, dass weder eine Verpflichtung des Vermieters besteht, den Bestandgegenstand neu zu vermieten, noch den Mietern eine Vertragsverlängerung zu bisherigen Konditionen anzubieten.
5. Unstrittig haben die Mieter eine Verlängerung um ein Jahr zu den bisherigen Bedingungen begehrt. Aus ihrem eigenen Vorbringen ergibt sich aber weiters, dass jedenfalls im Herbst und im Winter 2015 Verhandlungen über neue Mietverträge geführt wurden, wobei die Kläger nicht zu den gleichen Bedingungen weiter vermieten wollen.
Damit können sich die Beklagten aber nicht auf ein Vertrauen darauf berufen, dass die Kläger eine Verlängerung um ein Jahr zu denselben Bedingungen akzeptieren würden. Es kann damit dahingestellt bleiben, ob die Kläger dem Verlängerungsbegehren ausdrücklich zustimmen hätten müssen oder ob eine, wie die Beklagten meinen, 'zeitnahe Ablehnung' hätte erfolgen müssen.
6. Soweit in den Revisionen eine stillschweigende Erneuerung der Bestandverträge gemäß §§ 1114 f ABGB, § 569 ZPO behauptet wird, hat bereits das Berufungsgericht auf die Ausführungen zu 10 Ob 88/18s (Punkt 3.10.) hingewiesen, wonach eine solche ausscheidet, wenn – wie hier – im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang vor Eintritt des Endtermins Übergabeverfahren eingeleitet wurden.
Die in § 1114 ABGB und § 569 ZPO umschriebenen Vorgangsweisen haben die Wirkung einer schlüssigen Willensübereinstimmung über die Vertragsverlängerung (RS0020836). Diese gesetzlich umschriebenen Verhaltensweisen liegen hier aber nicht vor, weil es die Vermieter nicht mit einer Weiterbenützung des Bestandgegenstands durch die Bestandnehmer nach Ablauf der Bestanddauer bewenden ließen, sondern wenige Tage vor deren Ablauf die Erlassung von Übergabeaufträgen beantragten.
Die Beklagten behaupten eine Willensübereinstimmung über eine Verlängerung der Bestandverträge, nicht die Verjährung von klageweise geltend gemachten Ansprüchen, die nach § 1497 ABGB zu beurteilen wäre. Der vorliegende Fall entspricht daher der Norm, die die Beklagten angewendet wissen wollen (§ 1497 ABGB), schon nach deren klaren Wortlaut nicht, sodass die vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang erblickte Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung nicht vorliegt (vgl RS0042656 [T20]).
7. Ob Rechtsmissbrauch vorliegt, ist ebenfalls eine nach den Umständen des Einzelfalls zu klärende Rechtsfrage (RS0110900).
Die Beurteilung der Vorinstanzen, das Verhalten der Vermieter, mangels Einigung über den Inhalt eines neuen Mietvertrags den wirksam vereinbarten Endtermin durchsetzen zu wollen, sei nicht als schikanös anzusehen, ist nicht korrekturbedürftig.
8. Es entspricht der Rechtsprechung zu § 1097 ABGB, dass der Ersatz von getätigten nützlichen Aufwendungen in der Regel erst begehrt werden kann, wenn das Bestandverhältnis bereits beendet ist, da erst dann feststeht, ob die vom Mieter getätigten Aufwendungen überhaupt noch wirksam und daher dem Bestandgeber zum klaren und überwiegenden Vorteil gereichen (RS0019892). Auch zu § 16 KlGG wird judiziert, dass erst im Zeitpunkt der Rückstellung des Kleingartens beurteilt werden könne, welche Aufwendungen für die kleingärtnerische Nutzung notwendig und nützlich seien, weshalb der Aufwandersatzanspruch vorher nicht fällig sei (1 Ob 536/91 ua).
Es kann dahingestellt bleiben, ob § 1097 ABGB im vorliegenden Fall anwendbar ist. Die Auslegung des Berufungsgerichts, dass die zur Fälligkeit des Ersatzes für nützliche Aufwendungen zu § 1097 ABGB vertretene Wertung auch im vorliegenden Fall zum Tragen kommt, hält sich jedenfalls im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraums. Wie schon das Berufungsgericht dargelegt hat, folgt aus der vereinbarten verpflichtenden Schätzung für den Fall, dass keine anderweitige Einigung erzielt wird, dass eine Fälligkeit erst nach Rückstellung eintreten kann, da erst dann beurteilt werden kann, welche Werte auf den Vermieter übertragen werden. Käme es zu Verzögerungen der Rückstellung wäre der Vermieter sonst an ein lange zurückliegendes Ablöseanbot gebunden, obwohl der Wert des Superädifikats der Schätzung nicht mehr entspricht.
Davon ausgehend waren die Kläger aber weder verpflichtet, gleichzeitig mit der Forderung auf Rückstellung der Liegenschaften einen konkreten Ablösebetrag anzubieten, noch ist die Räumungsverpflichtung nur Zug um Zug gegen Zahlung oder Sicherstellung des Schätzwerts auszusprechen.
9. Wenn auch ein Überbau teilweise rechtlich wie eine bewegliche Sache zu behandeln ist, ist er keine 'wegschaffbare' bewegliche Sache im Sinn des § 349 Abs 1 EO (3 Ob 176/08s ua). Die Entfernung eines Überbaues kann nur nach Erwirkung eines entsprechenden Exekutionstitels mit einer Exekution nach § 353 EO durchgesetzt werden (RS0004398; 4 Ob 51/15a). Der Auftrag zur Räumung der Liegenschaft umfasst daher schon aus rechtlichen Gründen nicht das Superädifikat, das nach der vertraglichen Vereinbarung auf der Liegenschaft verbleiben kann. Insoweit ist der Exekutionstitel entgegen der Revision nicht zu weit gefasst.
Richtig ist, dass mit der Räumung das Eigentumsrecht am Superädifikat noch nicht auf die Kläger übergeht. Aus der Vereinbarung eines sogenannten 'Heimfallrechts' folgt die Verpflichtung des Eigentümers des Superädifikats zur Übergabe des Superädifikats an den Grundeigentümer, dieser hat Anspruch auf Räumung des Superädifikats sowie auf Übergabe des geräumten Objekts. Darüber hinaus trifft den Eigentümer des Superädifikats die Pflicht zur Mitwirkung an der den Eigentumserwerb dokumentierenden Urkundenhinterlegung (vgl 1 Ob 14/06z mwN).
Dass die Eigentumsübertragung am Superädifikat nicht mit der Räumung zusammenfällt, hindert die Erlassung des Übergabsauftrags nicht. Das Eigentum an einem Superädifikat allein verschafft kein dingliches oder obligatorisches Recht zur Benützung einer Liegenschaft. Dass den auf der Liegenschaft befindlichen Bauten Superädifikatscharakter zukommt, kann nicht erfolgreich dem auf Beendigung des Grundbenutzungsverhältnisses gegründeten Anspruch auf Räumung der Liegenschaft entgegengehalten werden (vgl 7 Ob 224/13m).
Die in den Revisionen zitierte Entscheidung 9 Ob 508/95 ist nicht einschlägig, weil dort nicht geklärt war, welche Vereinbarungen die Parteien zur Errichtung und Benutzung bzw Belassung des Superädifikats getroffen hatten.
Die Beklagten können daher nicht mit Erfolg geltend machen, dass durch eine Räumung der Liegenschaft ihr Nutzungsrecht am Superädifikat beeinträchtigt wird.
10. Soweit in den Revisionen Besonderheiten hinsichtlich der Vertragsverhältnisse einzelner Beklagter behauptet werden, die nicht berücksichtigt worden seien, ist darauf zu verweisen, dass diese Beklagten nicht (mehr) Parteien des Revisionsverfahrens sind, weshalb auf diese Ausführungen nicht weiter einzugehen ist.“
[18] B) Diese Erwägungen sind auch im vorliegenden Fall maßgeblich. Die hier erhobenen Revisionen sind mit jenen, über die zu 10 Ob 40/21m entschieden wurde, nahezu wortgleich und geben keinen Anlass, von dieser Entscheidung abzugehen.
[19] Die von der Viert- und Fünftbeklagten neuerlich geltend gemachte Nichtigkeit wegen Vorliegens des Prozesshindernisses der Streitanhängigkeit bzw der Klagsrückziehung unter Anspruchsverzicht (vgl RS0039721) im Hinblick auf das Verfahren 18 C 214/15z des Bezirksgerichts Mödling, die bereits vom Berufungsgericht geprüft und verneint wurde, kann im Verfahren dritter Instanz nicht mehr aufgegriffen werden (stRsp, s bloß 6 Ob 157/16 f).
[20] C) Insgesamt gelingt es den Beklagten somit nicht, Bedenken gegen die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuzeigen. Die Revisionen sind daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
[21] Zu IV.: Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 41, 50 ZPO. In elf verbundenen Verfahren mit einem Streitwert von je 2.000 EUR wurde Revision erhoben. Die Bemessungsgrundlage beträgt somit 22.000 EUR. In den Verfahren mit nur einem Beklagten hat daher jeder Beklagte1/11, in den Verfahren mit zwei Beklagten hat jeder Beklagte 1/22 der Kosten der Revisionsbeantwortung der Kläger zu tragen. Die Kostenentscheidung umfasst allerdings nur die neun Verfahren, in denen eine Entscheidung ergangen ist, das Verfahren gegen den Zehntbeklagten und die Elftbeklagte ruht.
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