Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Im beim Landesgericht Linz geführten Firmenbuch ist zu FN ***** die S***** GmbH mit dem Sitz in der politischen Gemeinde W***** und der Geschäftsanschrift *****, eingetragen. Einziger Gesellschafter und selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer ist Johann S*****. Seine Stammeinlage von EUR 35.000,‑- ist zur Hälfte geleistet.
In der Generalversammlung vom 21. 9. 2006 beschloss der Alleingesellschafter die Errichtung einer Kommanditgesellschaft mit der Firma S***** GmbH & Co KG mit dem Sitz in der politischen Gemeinde W***** mit der in Gründung befindlichen S*****‑Beteiligung GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin und Johann S***** als Kommanditisten sowie die Übertragung des Vermögens der umzuwandelnden S***** GmbH auf die neu errichtete Kommanditgesellschaft gemäß § 5 UmwG auf Grundlage der Bilanz zum 31. 12. 2005 unter Inanspruchnahme der umgründungssteuerrechtlichen Begünstigungen des Art II UmgrStG. Der Beschlussfassung lag der am selben Tag abgeschlossene Umwandlungsvertrag sowie der ebenfalls am selben Tag abgeschlossene Kommanditgesellschaftsvertrag zugrunde, nach welchem die in Gründung befindliche S*****‑Beteiligung GmbH als Komplementärin ohne Substanzbeteiligung, ohne Gewinn- und Verlustbeteiligung, jedoch mit einem Vorwegbezug als Risikoprämie (Haftungsvergütung) und Johann S***** mit einer Kommanditeinlage (Haft‑ und Pflichteinlage) von EUR 1.000,‑- beteiligt sind.
Mit Anträgen vom 21. 9. 2006 beantragte Johann S***** als alleinvertretungsbefugter Geschäftsführer der S***** GmbH die Eintragung der Auflösung und Löschung der Gesellschaft mbH infolge Umwandlung gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der S***** GmbH & Co KG, weiters als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer und Alleingesellschafter der S*****‑Beteiligung GmbH (in Gründung) als persönlich haftender Gesellschafterin sowie persönlich als Kommanditist der S***** GmbH & Co KG die Eintragung des Nachfolgeunternehmens S***** GmbH & Co KG mit der S*****‑Beteiligung GmbH als persönlich haftender Gesellschafterin und Johann S***** als Kommanditisten mit einer Haft- und Pflichteinlage von EUR 1.000,‑ ‑.
Mit Zwischenerledigung vom 19. 10. 2006 wies das Erstgericht darauf hin, dass die Schlussbilanz der übertragenden Gesellschaft ein negatives Eigenkapital von EUR 409.608,39 aufweise, und forderte den Einschreiter zur Vorlage eines Gutachtens eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters zum positiven Verkehrswert der übertragenden Gesellschaft auf. Dieses Gutachten wurde nicht vorgelegt.
Das Erstgericht wies daraufhin mit zwei Beschlüssen die Anträge 1. auf Eintragung der Auflösung und Löschung der S***** GmbH infolge Umwandlung gemäß § 5 UmwG und 2. auf Eintragung der Nachfolgegesellschaft S***** GmbH & Co KG ab. Zusammenfassend vertrat das Erstgericht die Auffassung, bei der errichtenden Umwandlung müsse ebenso wie bei Verschmelzungen und Einbringungen das Vermögen der übertragenden Gesellschaft einen positiven Verkehrswert aufweisen. Außerdem stelle es eine (mittelbare) verbotene Einlagenrückgewähr dar, wenn die neue GmbH, an der derselbe Gesellschafter beteiligt sei, im Ergebnis die Schulden der alten überschuldeten GmbH übernehme.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidungen. Dabei ließ es die Frage, ob das übertragende Vermögen einen positiven Verkehrswert aufweisen müsse, dahingestellt. Die Unzulässigkeit der Umwandlung ergebe sich im vorliegenden Fall schon daraus, dass die Höhe der Kommanditeinlage niedriger sei als die Beteiligung des Kommanditisten an der übertragenden Gesellschaft. Zwar enthalte § 5 Abs 1 UmwG idF Art 4 Z 4 ÜbRÄG 2006 nicht mehr die Wendung, dass die Gesellschafter „im gleichen Ausmaß" an der errichteten Gesellschaft beteiligt sein müssten. Die Äußerung der Materialien, in Zukunft sollten sich die Beteiligungsquoten ändern können, beziehe sich jedoch nur auf die Quote, nicht auf die Höhe der Einlagen. Insoweit sei jedoch die bisherige Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0109701) weiter anwendbar.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zu § 5 Abs 1 UmwG idF des ÜbRÄG vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht zutreffend angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Nach herrschender Rechtsprechung (AnwBl 1998, 288; 6 Ob 27/99k; 6 Ob 317/00m; 6 Ob 174/97z = SZ 70/189; vgl auch G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 22) hat das Firmenbuchgericht im Rahmen der ihm obliegenden materiellen Prüfpflicht auch die Einhaltung der Kapitalerhaltungsvorschriften zu prüfen.
2. Zunächst ist darauf zu verweisen, dass die im Revisionsrekurs anklingende Vorstellung, ein Umgründungsvorgang müsse zwingend zur Verbesserung der Situation der Gläubiger führen, nicht zutrifft. Dies ergibt sich schon aus dem auch im Umwandlungsrecht anwendbaren (§ 5 Abs 5 iVm § 2 Abs 3 UmwG) § 226 AktG, der nach einer (zulässigerweise) durchgeführten Umwandlung den Gläubigern im Fall einer Verschlechterung ihrer Position durch die Umwandlung Sicherstellungsansprüche einräumt. Ginge der Gesetzgeber davon aus, dass die Umwandlung stets zu einer Verbesserung der Situation der Gläubiger führt, wäre dieser Verweis des § 5 Abs 5 UmwG überflüssig (vgl Reich‑Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG [2004] 315).
3.1. Das Erstgericht hat die Umwandlung als unzulässig angesehen, weil die übertragende Gesellschaft ein negatives Eigenkapital aufweist. Zur Begründung dieser Auffassung berief sich das Erstgericht auf mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zur downstream‑Verschmelzung und zur Einbringung. Der Oberste Gerichtshof hat zwar darin, dass durch die Verschmelzung bislang gebundenes Kapital in freies Kapital umgewandelt und dadurch ausschüttbar wird, eine Gefährdung der Gläubigerinteressen erblickt (6 Ob 4/99b). Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch weder um eine Verschmelzung noch um einen verschmelzungsähnlichen Vorgang (verschmelzende Umwandlung).
3.2. Weder nach dem Gesetz noch in der Lehre noch in der Rechtsprechung gibt es einen allgemeinen Grundsatz im handelsrechtlichen Umgründungsrecht, dass überschuldete Gesellschaften nicht übertragen oder eingebracht werden könnten (OLG Wien GesRZ 2004, 201). Sowohl das handelsrechtliche Verschmelzungsrecht (§§ 219 ff AktG) als auch das handelsrechtliche Umwandlungsrecht (UmwG) enthalten zahlreiche und detaillierte Regelungen formeller und materieller Natur, wie und unter welchen Voraussetzungen die betreffende Umgründung durchgeführt werden kann. Weder für die Verschmelzung noch für die Umwandlung statuiert das Gesetz aber, dass die übertragende Gesellschaft einen positiven Wert haben müsse. Dies ist lediglich im Spaltungsrecht in § 3 Abs 4 SpaltG für die Spaltung zur Neugründung vorgesehen. Wenn der Gesetzgeber, der das gesamte handelsrechtliche Umgründungsrecht mit dem EU‑GesRÄG 1996, BGBl 1996/304, umfassend neu geregelt hat, bei Verschmelzung und Umwandlung keine Pflicht statuiert hat, dass die übertragende Gesellschaft einen positiven Wert haben müsse, im Spaltungsrecht jedoch schon, spricht dies eher für einen Umkehrschluss, dass im Verschmelzungs- und Umwandlungsrecht ein derartiges Erfordernis eben nicht besteht (vgl G. Nowotny, ecolex 2000, 116 ff; gegen eine Analogie im Umgründungsrecht auch Koppensteiner, wbl 1999, 333 [335]).
3.3. Bei der Verschmelzung hat der Oberste Gerichtshof lediglich für die downstream‑Verschmelzung die Ansicht vertreten, die übertragende Gesellschaft müsse unter Abzug des Beteiligungsansatzes der aufnehmenden Tochtergesellschaft einen positiven Wert haben (6 Ob 4/99b). Ob dies auch bei anderen Arten der Konzernverschmelzung, etwa der Verschmelzung upstream oder der Schwesternverschmelzung zu gelten habe, ließ der Oberste Gerichtshof demgegenüber ausdrücklich offen (6 Ob 70/03d).
3.4. In der neueren Lehre wird im Verschmelzungsrecht etwa eine upstream‑Verschmelzung (Verschmelzung der übertragenden Tochtergesellschaft mit der übernehmenden Muttergesellschaft) auch dann für zulässig erachtet, wenn die übertragende Tochtergesellschaft real (nicht nur buchmäßig) überschuldet ist, sofern die verschmolzene Gesellschaft nicht überschuldet bzw in der Lage ist, sämtliche Gläubiger beider Gesellschafter sicherzustellen (§ 226 AktG) oder zu befriedigen (vgl Kalss, Verschmelzung - Spaltung - Umwandlung, § 223 AktG Rz 10 und § 224 AktG Rz 9; Koppensteiner, GmbHG2 § 96 Rz 6; Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, UmgrStG [2000] § 1 Rz 28a; Hügel, Umgründungsbilanzen Rz 264; G. Nowotny, ecolex 2000, 116 [117]; M. Fellner, NZ 2000, 225 [229]; Saurer, AnwBl 2001, 78 f; Maria Doralt, Management Buyout [2001] 233; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG4 [2002] § 224 Rz 8 bis 10). Aus der Tatsache als solcher, dass die Gesellschaft nach der Bilanz buchmäßig überschuldet ist, kann daher eine Unzulässigkeit der Umwandlung nicht zwingend abgeleitet werden (vgl in diesem Sinne bereits OLG Wien GesRZ 2004, 201).
3.5. Auch das Steuerrecht fordert nur bei Einbringung, Zusammenschluss und Realteilung (§ 12 Abs 1, § 23 Abs 1 und § 27 Abs 1 UmgrStG) einen positiven Verkehrswert des übertragenen Vermögens, nicht aber bei Verschmelzung, Umwandlung und Spaltung. Es gibt daher auch im Steuerrecht keinen allgemeinen Grundsatz, dass überschuldete Gesellschaften nicht übertragen werden könnten. Abgesehen davon sind nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vom Firmenbuchgericht die Bestimmungen des Umgründungssteuergesetzes nicht zu prüfen (6 Ob 70/03d; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 26 mwN).
3.6. Schließlich ist auch darauf zu verweisen, dass die bilanzmäßige Überschuldung noch keineswegs eine Überschuldung im Sinne des Insolvenzrechtes bedeutet (vgl § 225 Abs 1 zweiter Satz, UGB). Zudem kann gerade die Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft das Mittel sein, um eine drohende Insolvenz wegen Überschuldung abzuwenden. Einerseits könnte wegen der hinzutretenden persönlichen Haftung der Gesellschafter die Überschuldung wegfallen, welchem Gesichtspunkt in der vorliegenden Konstellation freilich nur untergeordnete Bedeutung zukommt; andererseits stellt für Personengesellschaften, bei denen ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, Überschuldung nach § 67 Abs 1 KO keinen Insolvenztatbestand dar.
Auch nach Saurer, AnwBl 2001, 78 f, können gewichtige Gründe für die Aufnahme einer nicht nur buchmäßig überschuldeten Gesellschaft sprechen.
3.7. Im vorliegenden Fall muss die Frage, ob ein negatives Eigenkapital der errichtenden Umwandlung entgegensteht, jedoch nicht abschließend geklärt werden, weil sich - wie zu zeigen sein wird - die Unzulässigkeit der Umwandlung bereits aus einer anderen Erwägung ergibt.
4.1. § 5 Abs 1 UmwG in der bis zum 19. 5. 2006 geltenden Fassung lautete wie folgt:
„Die Hauptversammlung (Generalversammlung) einer Kapitalgesellschaft kann die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft und zugleich die Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf die offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft beschließen. An diesen Personengesellschaften müssen Personen, deren Anteilsrechte zumindest neun Zehntel des Grundkapitals (Stammkapitals) der Kapitalgesellschaft umfassen, wieder im gleichen Ausmaß als Gesellschafter beteiligt sein."
4.2. Zu dieser Bestimmung judizierte der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass die sich an der errichteten Kommanditgesellschaft beteiligenden Gesellschafter Kommanditeinlagen übernehmen müssten, die dem Ausmaß ihrer Stammeinlagen in der übertragenden Gesellschaft mit beschränkter Haftung entsprächen. Es müsse nicht nur das Verhältnis der Beteiligung (die Beteiligungsquote bzw der Prozentsatz), sondern auch die (absolute) Höhe der Einlagen gleich bleiben. Dies ergebe sich aus der Bestimmung, dass die Gesellschafter „im gleichen Ausmaß" an der errichteten Personengesellschaft beteiligt sein müssten (6 Ob 335/97a; 7 Ob 38/98h; 6 Ob 27/99k; 6 Ob 317/00m).
4.3. Diese Rechtsprechung wurde in der Literatur kritisiert. Szep wandte in seiner Entscheidungsanmerkung (ecolex 1998, 560 f) ein, der Oberste Gerichtshof lasse bei seinen Gläubigerschutzüberlegungen die im Umwandlungsrecht ohnehin vorgesehenen Gläubigerschutzbestimmungen der §§ 226 ff AktG außer Betracht. Auch aus dem Rechnungslegungsgesetz sei das Erfordernis eines gleich hohen Kommanditkapitals nicht abzuleiten.
4.4. Auch Ch. Nowotny (Kapitalerhaltung bei Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft, RdW 1998, 384 f) vertrat die Auffassung, der Oberste Gerichtshof habe die seit dem EU‑GesRÄG für die Umwandlung analog anzuwendenden Gläubigerschutzbestimmungen des § 226 AktG ebenso wenig berücksichtigt wie den von der Komplementärin als Arbeitsgesellschafterin beigestellten Haftungsfonds.
4.5. Trotz dieser Kritik hielt der Oberste Gerichtshof in seiner ausführlich begründeten Entscheidung 6 Ob 27/99k an dieser Rechtsprechung fest. Auch in einer weiteren Entscheidung (6 Ob 317/00m) schrieb der Oberste Gerichtshof diese Judikatur fort.
4.6. In der Folge vertrat Artmann (Das „Ausmaß" der Kommanditeinlage bei errichtender Umwandlung, GesRZ 1999, 26) die Auffassung, den Gesetzesmaterialien sei nicht zu entnehmen, dass die Kommanditeinlagen in der Nachfolgegesellschaft den bisherigen Stammeinlagen entsprechen müssten. Bei der Personengesellschaft sei die Bindung des Kapitals insgesamt viel schwächer ausgestaltet als bei Kapitalgesellschaften. Der Schutz der Gläubiger werde bei einer OHG oder „echten" KG ausschließlich durch die persönliche Haftung der Gesellschafter gewährleistet; für zwingende Kapitalerhaltungsvorschriften habe der Gesetzgeber keine Notwendigkeit gesehen. Bei einer GmbH & Co KG im engeren Sinn greife überdies die Ausschüttungsbeschränkung der §§ 82 f GmbHG. Ähnliche Kritik äußerte auch Schummer (in Helbich/Wiesner/Bruckner, Handbuch Art II Rz 106 ff).
4.7. Auch Koppensteiner (GmbHG2 Anh § 101 Rz 25) äußerte Zweifel an der Notwendigkeit der Festsetzung der Kommanditeinlagen in Höhe der bisherigen Stammeinlage. An anderer Stelle (Verschmelzung und Vermögensbindung, wbl 1999, 333 ff) vertrat jedoch Koppensteiner, dass die Vorschriften der §§ 226 ff AktG über den Gläubigerschutz im Verschmelzungsrecht keine abschließende Regelung darstellten.
4.8. Auch nach Harrer (Haftungsprobleme bei der Umwandlung einer GmbH in eine KG, wbl 2001, 342 ff) stellt das umwandlungsgesetzliche Instrumentarium des Gläubigerschutzes keine abschließende Regelung dar. Die Umwandlung von der GmbH in eine KG stelle haftungsrechtlich einen Systemwechsel dar. Die gesetzlichen Gläubigerschutzregeln ließen Schutzdefizite entstehen. Die analoge Anwendung der Regeln über die Kapitalherabsetzung komme als Lösungsmöglichkeit nicht in Betracht. Allerdings gelte das GmbH‑rechtliche Auszahlungsverbot zur Sicherung des Haftungsfonds so lange weiter, bis der letzte Altgläubiger befriedigt sei. Auszahlungen und Entnahmen könnten daher so lange nicht erfolgen, als Forderungen von Altgläubigern nicht befriedigt sind.
4.9. Umlauft (Haftungsprobleme bei Umwandlung einer GmbH in eine KG, ecolex 2002, 177 ff) stimmte der Judikatur insofern zu, als die umwandlungsrechtlichen Regelungen des Gläubigerschutzes nicht abschließend seien. Dem Gesetzgeber seien allerdings die unterschiedlichen Haftungsregeln im Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht bekannt gewesen, weshalb er die Unterschiede bewusst in Kauf genommen habe. Den Nachfolgegesellschaftern sei es überlassen, zu entscheiden, ob sie in der Nachfolgegesellschaft persönlich haftende Gesellschafter oder Kommanditisten werden. Nur in letzterem Fall komme es auf die Festsetzung der Haftsumme an, wobei diese für die Kommanditisten ihrem Anteil am Stammkapital entsprechen müsse. Verluste und Verlustvorträge dürften aber vom Stammkapital nicht in Abzug gebracht werden, sondern würden für die Kommanditisten anteilig weiter gelten. Kommanditisten dürften Gewinne erst dann haftungsfrei (vgl § 172 Abs 4 Satz 2 HGB) entnehmen, wenn die so übergangenen anteiligen Verluste wieder aufgefüllt seien.
4.10. In der ausführlichsten bisher vorliegenden Untersuchung stimmte Reich‑Rohrwig (Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG [2004] 314 ff) dem Ergebnis der Rechtsprechung zu. Die verschmelzungsrechtlichen Gläubigerschutzvorschriften könnten nicht als abschließende Regelung des Gläubigerschutzes aufgefasst werden. Die historische Entwicklung des Verschmelzungsrechts bei AG und GmbH sowie jene der Rechnungslegungsvorschriften habe bewirkt, dass bei Einführung gesetzlicher Neuregelungen und Novellen unbeabsichtigte Gesetzeslücken verblieben seien, die eine Bresche in den bei Kapitalgesellschaften sonst mit hohem Stellenwert ausgestatteten Gläubigerschutz schlagen würden. Es könne nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber den Gläubigerschutz im Kapitalgesellschaftsrecht in das Belieben der Gesellschafter stellen wolle, weshalb bei mehreren Auslegungsmöglichkeiten jener der Vorzug gebühre, der dem Gedanken des Gläubigerschutzes besser Rechnung trage, ohne die Ziele der Reform des Umwandlungsrechts, die getrennte Verwaltung des Vermögens der umgewandelten Kapitalgesellschaft und ihres Nachfolgegesellschafters („Vermögensseparation") zu beseitigen, zu gefährden.
Der historische Gesetzgeber habe die Gefahr der Umwandlung für die Kapitalerhaltung nicht erkannt. Dies bestärke das Auslegungsergebnis der Judikatur. Im Sinne einer Gesamtanalogie zu den Vorschriften über den Gläubigerschutz bei Kapitalgesellschaften und deren Fortwirkung müsse man zu diesem Ergebnis auch dann gelangen, wenn der Gesetzeswortlaut diese Interpretation nicht unmittelbar stützen würde. In der Folge erörtert Reich‑Rohrwig (aaO 316) auch die Frage, ob die Kommanditeinlagen niedriger festgesetzt werden dürfen, als es den bisherigen Aktien- oder Stammeinlagen in der Kapitalgesellschaft entspricht, wenn und soweit im Zeitpunkt der Umwandlung Einlagen noch ausständig sind. Diese Frage ist nach Reich‑Rohrwig „eindeutig zu verneinen" (aaO 316).
Auch wenn Gesellschafter im Hinblick auf die bei der Kapitalgesellschaft eingetretenen Bilanzverluste ihre Kommanditeinlagen in der Nachfolgegesellschaft gering halten wollten, sei eine Saldierung der Bilanzverluste mit dem Nennkapital der Kapitalgesellschaft nicht zulässig. Vielmehr müsse vor der errichtenden Umwandlung noch in der Kapitalgesellschaft eine förmliche vereinfachte Kapitalherabsetzung (§§ 182 ff AktG, §§ 59 f GmbHG) erfolgen. Dies begründet Reich‑Rohrwig (aaO 323) einerseits mit dem Gesetzeswortlaut, der auf das „Ausmaß" der Beteiligung am Grundkapital abstellt und andererseits damit, dass die förmliche Durchführung der vereinfachten Kapitalherabsetzung für die Gläubiger Signalwirkung habe und zudem eine Gewinnausschüttungsbeschränkung für die nächsten Jahre bewirke, die dann auch in der umgewandelten Gesellschaft konsequenterweise weiter gelten müsse.
5.1. An der Rechtslage ist mittlerweile jedoch insoweit eine Änderung eingetreten, als § 5 UmwG durch Art 4 Z 4 des Übernahmerechts‑Änderungsgesetzes 2006 (ÜbRÄG 2006) novelliert wurde. Demnach lautet der weiters durch Art IX Z 4 HaRÄG geänderte § 5 Abs 1 UmwG nunmehr wie folgt:
„Die Hauptversammlung (Generalversammlung) einer Kapitalgesellschaft kann die Errichtung einer offenen Gesellschaft oder einer Kommanditgesellschaft und zugleich die Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf die offene Gesellschaft oder Kommanditgesellschaft beschließen.
An dieser Personengesellschaft müssen Personen, deren Anteilsrechte zumindest neun Zehntel des Grundkapitals (Stammkapitals) der Kapitalgesellschaft umfassen, beteiligt sein; die übrigen Gesellschafter haben einen Anspruch auf Abfindung. Neue Gesellschafter dürfen höchstens im Umfang von einem Zehntel der Anteilsrechte am Grundkapital (Stammkapital) hinzutreten."
In Hinblick auf diese Gesetzesänderung sieht sich der Oberste Gerichtshof zu einer neuerlichen Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfrage veranlasst.
5.2. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1334 BlgNR 22. GP 24) führen hiezu Folgendes aus:
„Abs 1 vorletzter Satz stellt klar, dass die Personengesellschaft auch bloß mit einem Gesellschafter (oder auch dem Alleingesellschafter) der Kapitalgesellschafter [richtig: „Kapitalgesellschaft"] gegründet werden darf, wobei freilich mindestens ein weiterer Gesellschafter hinzutreten muss.
Künftig sollen sich die Beteiligungsquoten im Zug der Umwandlung ändern können. Die Übernahme einer Kommanditeinlage in gleicher Höhe wie die Stammeinlage in der GmbH ist daher nicht mehr erforderlich; dem Gläubigerschutz dient vor allem § 226 AktG."
5.3. Der Justizausschuss führte zu dieser Bestimmung - soweit im vorliegenden Fall von Relevanz - Folgendes aus (1382 BlgNR 22. GP 2):
„Abs 1 wird gegenüber dem geltenden Recht insofern liberaler gestaltet, als das Erfordernis der Beteiligung der bisherigen Gesellschafter an der zu errichtenden Personengesellschaft „im gleichen Ausmaß" entfällt. In Summe müssen bisherige Gesellschafter allerdings in Zukunft zumindest mit 90 % an der Personengesellschaft beteiligt sein, weil ein Hinzutreten neuer Gesellschafter weiterhin höchstens im Ausmaß von 10 % zulässig sein soll. Mit dem Wegfall der Beschränkung soll erreicht werden, dass die bisherigen Gesellschafter die Minderheitsanteile des oder der ausscheidenden Gesellschafter in beliebiger Weise ganz oder teilweise selbst übernehmen oder neue Gesellschafter zulassen können. Dadurch wird die Übertragung der Anteile der ausgeschlossenen Minderheit auf den Hauptgesellschafter beziehungsweise die gemeinsam beschlussfassenden Gesellschafter - allenfalls auch nicht proportional - ermöglicht. Im Einklang mit der bisherigen Rechtslage ist eine weitergehende Anteilsverschiebung im Zuge einer errichtenden Umwandlung unzulässig."
6. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich zunächst - entgegen den Materialien (ErlRV ÜbRÄG 1334 BlgNR 22. GP 24) - nicht ausdrücklich, dass die Personengesellschaft auch bloß mit einem Gesellschafter (bzw dem Alleingesellschafter) der Kapitalgesellschaft gegründet werden darf. Dies entspricht allerdings dem in den Gesetzesmaterialien zweifelsfrei zum Ausdruck kommenden Willen des historischen Gesetzgebers. Demnach verfolgte die Änderung des § 5 Abs 1 vorletzter Satz UmwG gerade den Zweck, klar zu stellen, dass die Personengesellschaft auch bloß mit einem Gesellschafter der Kapitalgesellschaft gegründet werden dürfe, wobei freilich mindestens ein weiterer Gesellschafter hinzutreten müsse.
Dieses Ergebnis entspricht auch der bisherigen Praxis und der im Schrifttum vertretenen Auffassung. Die Lehre stimmt darin überein, dass auch eine Einpersonen‑Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft umgewandelt werden kann (Schummer Art II Umwandlung‑Handelsrecht in Helbich/Wiesner/Bruckner, Umgründungen Rz 106 ff; Fida, Errichtende Umwandlung einer Einpersonen‑Kapitalgesellschaft, GeS 2005, 319).
7.1. Auf Grund der dargelegten Änderung des Gesetzeswortlauts des § 5 UmwG ist das in der bisherigen Judikatur im Vordergrund stehende Wortlautargument („Ausmaß der Beteiligung") weggefallen. Dies ändert aber nichts an der unveränderten Gültigkeit der schon die seinerzeitige Judikaturlinie tragenden teleologischen Überlegungen, die in der Folge von Reich‑Rohrwig vertieft und verdeutlicht wurden. Hier ist nochmals darauf zu verweisen, dass Reich‑Rohrwig (Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG, 316) bereits zur Rechtslage vor dem ÜbRÄG 2006 vertrat, dass man im Sinne einer Gesamtanalogie zu den Vorschriften über den Gläubigerschutz bei Kapitalgesellschaften und deren Fortwirkung zu diesem Ergebnis auch dann gelange, wenn der Gesetzeswortlaut diese Interpretation nicht unmittelbar stützen würde.
7.2. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage beziehen sich ebenso wie der Bericht des Justizausschusses lediglich auf die Beteiligungsquote, nicht auf die Beteiligungshöhe. Demnach sollten künftig Anteilsverschiebungen zulässig sein. In Ermangelung jeglicher Erwähnung der absoluten Höhe der Einlagen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber auch insoweit eine Änderung der bislang geltenden Rechtslage anstrebte, zumal in den Gesetzesmaterialien auf die eingangs zitierte Judikatur nicht Bezug genommen wird. Der Verweis der Materialien auf die Bestimmung des § 226 AktG lässt auch keinen Rückschluss darauf zu, dass der Gesetzgeber bei der Novellierung des § 5 UmwG an die absolute Höhe der Einlagen dachte, weil eine Regelung zum Gläubigerschutz in Anbetracht möglicher Bonitätsunterschiede zwischen den Gesellschaftern auch bei einer bloßen Anteilsverschiebung mit gleichbleibender Summe der Einlagen sinnvoll sein kann.
7.3. Auch ist aus der Aussage in den Materialien, wonach dem Gläubigerschutz „vor allem § 226 AktG" dienen solle, nicht mit der erforderlichen Deutlichkeit ableitbar, dass sich der Gesetzgeber die in Teilen der Lehre angestellten Überlegungen zu eigen macht, § 226 AktG (iVm § 5 Abs 5 UmwG) regle den Gläubigerschutz im Umwandlungsrecht abschließend. Dies muss umso mehr gelten, als - wie ausgeführt - auch zahlreiche Stimmen der Lehre § 226 AktG im vorliegenden Zusammenhang gerade nicht für eine abschließende Regelung halten. Die Formulierung, dass „vor allem" § 226 AktG dem Gläubigerschutz diene (1334 BlgNR 22. GP 24), spricht sogar eher dafür, dass der Gesetzgeber das Kapitalerhaltungsrecht im Übrigen unangetastet lassen wollte.
7.4. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher nach neuerlicher Prüfung der Rechtslage der im Vorigen wiedergegebenen Auffassung Reich‑Rohrwigs ausdrücklich an. Auch nach § 5 UmwG idF ÜbRÄG 2006 muss bei der errichtenden Umwandlung die Höhe der übernommenen Einlagen der Höhe des Stammkapitals entsprechen. Dabei steht es allerdings ‑ entgegen der missverständlichen Formulierung in 6 Ob 335/97a = SZ 71/42 den Gesellschaftern frei, ob sie sich als Kommanditist oder Komplementär beteiligen (vgl Reich‑Rohrwig, Grundsatzfragen der Kapitalerhaltung bei der AG, GmbH sowie GmbH & Co KG, 315 FN 1465).
8. Weil sich die Unzulässigkeit der angestrebten Umwandlung bereits aus den dargelegten Erwägungen ergibt, bedurfte es keines Eingehens auf die Frage des Schicksals nicht einbezahlter Stammeinlagen bei einer Verschmelzung (dazu Stern, GmbH‑Verschmelzung und nicht voll eingezahlte Geschäftsanteile, RdW 1998, 178; Szep in Jabornegg/Strasser, AktG4 § 225a Rz 33; Kalss, Verschmelzung ‑ Spaltung - Umwandlung, § 99 GmbHG Rz 19) und bei Umwandlungen. Auch auf die von der Literatur weiters eingehend erörterte Anwendbarkeit von Gewinnausschüttungsbeschränkungen auf die vorliegende Konstellation (vgl Reich‑Rohrwig aaO 317 ff) ist im vorliegenden Fall nicht einzugehen. Dem bei Umwandlung unter Errichtung einer GmbH & Co KG im engsten Sinn erforderlichen Gläubigerschutz ist vielmehr bereits im Eintragungsverfahren Rechnung zu tragen.
9. Damit erweist sich aber der Beschluss des Rekursgerichtes als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen war.
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