Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Mit Art I § 1 des Bundesgesetzes über die Austro Control Gesellschaft mbH, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr geändert werden BGBl 1993/898 (im folgenden kurz ACG-G), wurde der Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr (BMöWV) ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen eine an die Stelle des Bundesamts für Zivilluftfahrt tretende Gesellschaft mbH zu gründen. Aufgrund dieser Ermächtigung wurde die Gesellschaft mit einem Stammkapital von 100 Mio S gegründet und am 30.Dezember 1993 ins Firmenbuch eingetragen. § 2 ACG-G verpflichtet die Gesellschaft zur Wahrnehmung sämtlicher dem Bundesamt für Zivilluftfahrt im Luftfahrtgesetz (LFG) BGBl 1957/253 und den aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen bisher übertragenen Aufgaben; für diese Aufgaben besteht Betriebspflicht. Die Gesellschaft ist dadurch mit der Wahrnehmung umfangreicher luftfahrtrechtlicher Vollzugsagenden beliehen, im speziellen die Bereiche Flugsicherung (§§ 119 ff LFG), Luftfahrtpersonal (§§ 25 ff LFG) sowie "Luftfahrzeuge und Luftfahrgerät" (§§ 11 ff LFG). Anlaß für diese gesetzlichen Regelungen war der Umstand, das Bundesamt für Zivilluftfahrt im Rahmen einer Gesamtausgliederung aus dem Bundesbudget "auszugliedern". Zur Durchführung der dem Bundesamt für Zivilluftfahrt obliegenden behördlichen Aufgaben wurde die in der österr. Rechtstradition bekannte Form eines beliehenen Unternehmers, ergänzt durch eine entsprechende Aufsichtsführung des BMöWV, gewählt (16 Okt 9/95 = ÖBl 1996, 202). Die Gesellschaft unterliegt der Aufsicht durch den BMöWV (§ 3 ACG-G), ist diesem gegenüber weisungsgebunden (§ 139 LFG) und im Instanzenzug untergeordnet (§ 140 LFG); sie ist ferner kraft Gesetzes ein Luftfahrtunternehmen (§ 1 Abs 2 ACG-G) und unterliegt als solches der Aufsicht des BMöWV als Aufsichtsbehörde iSd § 141 LFG (§ 3 Abs 4 ACG-G). Der BMöWV ist schließlich Vertreter des (nunmehrigen) Alleingesellschafters Bund (§ 3 Abs 1 ACG-G). Nach dem Gesellschaftsvertrag ist die Bestellung eines Aufsichtsrats fakultativ, wobei dieser aus mindestens vier und höchstens sechs von den Gesellschaftern zu wählenden Mitgliedern besteht.
Mit Eingabe vom 18.Juli 1996 gab die durch ihre Geschäftsführer vertretene Gesellschaft dem Erstgericht bekannt, daß nach Wiederwahl der bisherigen Aufsichtsratsmitglieder in der Generalversammlung vom 11. Dezember 1995 ein von der "Gesellschaft" gewähltes, näher genanntes Mitglied sowie ein vom Zentralbetriebsrat entsandtes, näher genanntes Mitglied aus dem Aufsichtsrat ausgeschieden seien. Mit Gesellschafterbeschluß vom 5.Juni 1996 seien anstelle des gewählten Aufsichtsratsmitglieds drei neue, namentlich genannte Mitglieder, darunter auch Mag.Johann Z***** (im folgenden auch nur neues Aufsichtsratsmitglied genannt), in den Aufsichtsrat gewählt und aufgrund der Erweiterung der Kapitalvertreterzahl auf sechs auch drei Arbeitnehmervertreter vom Zentralbetriebsrat in den Aufsichtsrat berufen worden.
Schon am 4.Juli 1996 hatte der Österr. Gewerkschaftsbund, Fachgruppe Flugsicherung, das Erstgericht von der bevorstehenden Anmeldung des neuen Aufsichtsratsmitglieds mit dem Hinweis informiert, daß dessen Bestellung gegen gesetzliche Bestimmungen verstoße, weil er Angestellter der Gesellschaft sei. Beigeschlossen war eine Rechtsauskunft der Arbeiterkammer Niederösterreich sowie der zwischen der Gesellschaft und dem Bund geschlossene Arbeitskräfteüberlassungsvertrag vom 1.Jänner 1994 in Ansehung verschiedener Arbeitnehmer der Gesellschaft - einschließlich des neues Aufsichtsratsmitglieds, einem Angestellten der Gesellschaft. In diesem Rahmenvertrag vereinbarten die Gesellschaft und der BMöWV die Überlassung von einzelnen, in einer Beilage gesondert angeführten Arbeitnehmern der Gesellschaft an dieses Bundesministerium (offenbar auf unbestimmte Dauer). Laut Punkt 2. des Vertrags ist jeder Vertragsteil berechtigt, das Überlassungsverhältnis unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mit jedem Monatsende durch Kündigung zu lösen, wobei auch eine einvernehmliche Verkürzung dieser Kündigungsfrist möglich ist. Für die Dauer der Überlassung verpflichtet sich der BMöWV, der Gesellschaft alle aus dem Dienstverhältnis mit den Arbeitnehmern erwachsenden Kosten zu vergüten (Punkt 3). Die Gesellschaft verzichtet für die Dauer des Überlassungsverhältnisses auf die Geltendmachung ihres Weisungsrechts gegenüber dem Arbeitnehmer zugunsten des Weisungsrechts des BMöWV (Punkt 5).
Das Erstgericht forderte die Gesellschaft auf, sich zu der vom Österr. Gewerkschaftsbund aufgezeigten Problematik zu äußern und allenfalls den Antrag auf Eintragung des neues Aufsichtsratsmitglieds zurückzuziehen, weil er sonst abgewiesen werden müßte.
In ihrer Stellungnahme verwies die Gesellschaft zunächst auf ihre besondere Funktion als beliehenes Unternehmen und die Notwendigkeit, im Aufsichtsrat einen Fachmann für Flugsicherungsfragen zu haben. Da aufgrund des Arbeitskräfteüberlassungsvertrags das neue Aufsichtsratsmitglied seine Dienste im "Verkehrsministerium" verrichte, liege die angesprochene Unvereinbarkeit iSd § 30e Abs 1 GmbHG nicht vor, gelte doch diese nur für die Geschäfte der Gesellschaft mbH führende Angestellte. Die Gesellschaft habe für die Dauer der Überlassung auf jegliches Weisungsrecht gegenüber dem neuen Aufsichtsratsmitglied verzichtet, dieses sei den Organen der Gesellschaft gegenüber zur Verschwiegenheit in Ansehung der ihm aus seiner Tätigkeit im BMfWVuK bekannten Tatsachen verpflichtet. Eine für Arbeitnehmer typische Abhängigkeit sei im Fall des neuen Aufsichtsratsmitglieds schon aufgrund seiner besonderen Funktion als Flugsicherungsexperte nicht gegeben, darüber hinaus wäre im Bedarfsfall die gesellschaftsrechtliche mögliche Weisung des (Allein)Gesellschafters an die Geschäftsführer, das neue Aufsichtsratsmitglied nicht zu kündigen, denkbar. Der für das Dienstverhältnis der Gesellschaft mit dem neuen Aufsichtsratsmitglied anzuwendende Kollektivvertrag sehe weiters in Art 10 Abs 3 ein Recht des Betriebsrats vor, gegen eine Kündigung Einspruch zu erheben, wenn sie in den Betriebsverhältnissen nicht begründet sei oder eine soziale Härte für den Bediensteten bedeute. Über einen derartigen Einspruch hätte letztlich die Generalversammlung zu entscheiden. Das neue Aufsichtsratsmitglied sei somit in keiner Weise von den Geschäftsführern der Gesellschaft abhängig.
Dieser Stellungnahme war der angesprochene Kollektivvertrag vom 1. Dezember 1967, abgeschlossen zwischen dem (damaligen) BM für Verkehr und verstaatlichte Unternehmungen (als Vertreter des Bundes) und dem österr. Gewerkschaftsbund angeschlossen. Die maßgebliche Kündigungsbestimmung in diesem Kollektivvertrag lautet:
(1) Für die Kündigung gelten die diesbezüglichen Bestimmungen des Angestelltengesetzes. Der Dienstgeber kann das Dienstverhältnis nur mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres durch vorgängige Kündigung lösen. ...
(3) Der Betriebsrat hat das Recht, gegen eine Kündigung Einspruch zu erheben, wenn sie in den Betriebsverhältnissen nicht begründet ist oder eine soziale Härte für den Bediensteten bedeutet. Über den Einspruch ist die Stellungnahme einer aus Vertretern der Austro Control GmbH und des Betriebsrates gleichmäßig zusammengesetzten Kommission einzuholen. Aufgrund dieser Stellungnahme entscheidet über die Kündigung die Generalversammlung.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung von Mag.Johann Z***** als Aufsichtsratsmitglied der Gesellschaft ab. Die Unvereinbarkeitsbestimmung des hier anzuwendenden § 30e GmbHG beziehe sich nicht nur auf die Geschäfte führende Angestellte, sondern auf alle Arbeitnehmer der Gesellschaft, ohne Rücksicht darauf, welche Funktion sie für die Gesellschaft auszuüben haben. Die Abhängigkeit des neuen Aufsichtsratsmitglieds von der Gesellschaft werde durch den im Arbeitskräfteüberlassungsvertrag geregelten Weisungsverzicht nicht beseitigt, weil der Vertrag jederzeit gemäß § 20 AngG von der Gesellschaft kündbar und auflösbar sei.
Die zweite Instanz bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts und erachtete den ordentlichen Revisionsrekurs als zulässig. In rechtlicher Hinsicht vertrat es neben der Anwendung des § 30e GmbHG im wesentlichen die Auffassung, zwar sei aufgrund des Weisungsverzichts die Abhängigkeit des neuen Aufsichtsratsmitglieds während der Dauer des Arbeitskräfteüberlassungsvertrags vermindert, jedoch könne dieser Vertrag sowohl von der Gesellschaft als auch vom Bund als Alleingesellschafter jederzeit unter Einhaltung einer sechsmonatigen oder einvernehmlich verkürzten Kündigungsfrist, somit auch während der aufrechten Aufsichtsrats-Mitgliedschaft des neuen Aufsichtsratmitglieds, gekündigt werden. Eine derartige Beendigung würde auch das bei längerfristigen Arbeitskräfteüberlassungsverträgen in der Regel auf den Entleiherbetrieb übergegangene Kündigungsrecht der Gesellschaft (und damit der zu kontrollierenden Geschäftsführer) sofort wieder aufleben lassen. Der aufgrund des Kollektivvertrags zustehende erweiterte Kündigungsschutz könne die Gefahr einer Abhängigkeit nicht beseitigen. Dem Akteninhalt sei weder eine generelle Weisung der (Allein)Gesellschafterin an die Geschäftsführung, das neue Aufsichtsratsmitglied keinesfalls zu kündigen, zu entnehmen, noch sei die Behauptung nachvollziehbar, eine allfällige Kündigung des neuen Aufsichtsratsmitglieds könnte "wohl kaum in den Betriebsverhältnissen begründet sein" und würde für ihn "unzweifelhaft eine soziale Härte bedeuten". Nur in diesen Fällen bestünde die Einspruchsmöglichkeit des Betriebsrats, was letztlich zu einer Entscheidung der Generalversammlung über die Berechtigung der Kündigung führen könnte. Darüber hinaus sehe auch das ArbVG in § 105 Einspruchs- bzw Anfechtungsmöglichkeiten von Kündigungen wegen sozialer Härte vor, ohne daß deshalb die den Grund für die Unvereinbarkeitsbestimmung des § 30e GmbHG bildende Abhängigkeit zu verneinen wäre. Warum die Kündigung eines bestimmten Arbeitnehmers nicht in den betrieblichen Verhältnissen begründet sein könne, werde von der Gesellschaft nicht näher begründet. Davon abgesehen sei schon die Möglichkeit einer Kündigung durch die Geschäftsführer eine abhängigkeitsbegründende Unannehmlichkeit, möge auch über die Berechtigung der Kündigung letztlich ein anderes Gesellschaftsorgan entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin rügt, es fehlten im angefochtenen Beschluß Erwägungen in Ansehung der verfahrensrechtlichen Konsequenzen, die wie hier ein zweiseitiges Verfahren zur Folge hätten. Damit wird freilich übersehen, daß dem Österr. Gewerkschaftsbund zwar kein allgemeines Antragsrecht im Firmenbuchverfahren, wohl aber das Recht zusteht, Anregungen an das Firmenbuchgericht heranzutragen, ohne daß es deshalb zu einem zweiseitigen Verfahren käme.
Die hier zu beurteilende Gesellschaft ist kraft Gesetzes (ACG-G) eine Gesellschaft mbH. Art I § 1 letzter Satz des ACG-G sieht die Geltung des GmbHG für den Fall vor, daß dieses Gesetz (ACG-G) keine abweichenden Vorschriften enthält. Weder Art I des ACG-G noch der Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft enthält eine Ausnahmebestimmung zu § 30e GmbHG oder eine sonstige, auf die Bestellung von Angestellten der Gesellschaft zu Aufsichtsräten Bezug nehmende Regelung. Auch die Materialien (RV 1247 BlgNR XVIII.GP, 10 ff; Bericht des Verkehrsausschusses 1354 BlgNR XVIII.GP, 1 ff) enthalten dazu nichts. Der daher auch auf den vorliegenden Fall anzuwendende § 30e GmbHG wurde durch Art I Z 21 GmbHG-Novelle 1980 BGBl 1980/320 in den Rechtsbestand eingeführt und lautet:
"(1) Die Aufsichtsratsmitglieder können nicht zugleich Geschäftsführer oder dauernd Vertreter von Geschäftsführern sein. Sie können auch nicht als Angestellte die Geschäfte der Gesellschaft führen.
(2) Nur für einen im voraus begrenzten Zeitraum können durch Gesellschafterbeschluß einzelne Aufsichtsratsmitglieder zu Vertretern von behinderten Geschäftsführern bestellt werden. In dieser Zeit dürfen sie keine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglieder ausüben. ... "
Diese Bestimmung, deren von der zweiten Instanz unterstellte, nichtamtliche Überschrift "Unvereinbarkeit mit Tätigkeit als Geschäftsführer" nur die von Bydlinski treffend in seiner Ausgabe österr. Gesetze gewählte Überschrift ist, entspricht wörtlich der des § 90 AktG. Nach den Materialien (Bericht des Justizausschusses 421 BlgNR XV.GP, 2) wurden in den neuen Bestimmungen der §§ 30, 30a bis 30l und 31 GmbHG die aktienrechtlichen Vorschriften für den Aufsichtsrat in das GmbH-Recht eingegliedert, wobei auf die besondere Struktur der Gesellschaften mbH entsprechend Bedacht genommen werde.
In Deutschland entspricht zwar § 105 dAktG 1965 im wesentlichen § 90 AktG 1937, nur wurde bereits 1952 mit dem Betriebsverfassungsgesetz Abs 1 leg.cit. auf leitende Angestellte beschränkt (vgl dazu BGH NJW 1975, 1617) und ist nun der Rechtssicherheit halber nicht mehr von leitenden Angestellten, sondern schärfer von Prokuristen oder zum gesamten Geschäftsbereich ermächtigten Handlungsbevollmächtigten die Rede (Mertens in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz2, § 105 Rz 1 mwN). In Österreich wird dagegen § 30e Abs 1 GmbHG - einschließlich des hier maßgeblichen zweiten Satzes - von der herrschenden, zu billigenden Auffassung (SZ 33/95 = HS 351/90; Reich-Rohrwig, GmbH-Recht I2 Rz 4/58 FN 7; Gellis/Feil, Kommentar zum GmbH-Gesetz3 § 30e Rz 2; Wünsch, Kommentar zum GmbHG, § 30e Rz 9; Kastner, Grundriß des Gesellschaftsrechts5, 244; vgl auch Strasser in Schiemer/Jabornegg/Strasser, AktG3 § 86 Rz 12; Schiemer, AktG2 § 90 Anm 3.1) erweiternd dahin interpretiert, daß die Unvereinbarkeit nicht nur für "geschäftsführende" Angestellte, sondern für alle Arbeitnehmer gilt, mögen diese leitende Angestellte, Angestellte und Arbeiter der Gesellschaft sein; ob die Regelung auch auf arbeitnehmerähnliche Personen bezogen werden kann (vgl dazu Strasser aaO § 86 Rz 12), muß hier nicht entschieden werden. Sinn dieser Unvereinbarkeitsregelung ist die strikte Trennung zwischen Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgan (Unzulässigkeit des "Board-Systems"), weil Geschäftsführung und Vertretung einerseits sowie deren Kontrolle anderseits nicht in einer Hand vereint sein dürfen (6 Ob 27/94 = SZ 67/233 = EvBl 1995/113 = GesRZ 1995, 126 = ecolex 1995, 262 zum vergleichbaren § 24 Abs 1 GenG) und kein Organmitglied sich selbst überwachen soll; sonst würde doch der Aufsichtsrat seine eigene Verwaltung kontrollieren und sich die Verantwortlichkeit der delegierten Mitglieder vermischen (SZ 33/95; Koppensteiner, GmbHG § 30e Rz 1 unter Hinweis auf Brox, Ficker-FS [1967] 98 f; Reich-Rohrwig aaO Rz 4/59 mwN in FN 11 unter Hinweis auf die Materialien). Zusätzlich zu diesen Erwägungen können Angestellte - abgesehen von den gemäß § 110 Abs 3 ArbVG zu entsendenden Arbeitnehmervertretern (Strasser aaO § 90 Rz 20) - auch deshalb nicht Mitglied des Aufsichtsrats sein, weil sie der Geschäftsführung gegebenenfalls weisungsgebunden und in persönlicher Abhängigkeit von den Geschäftsführern für die Gesellschaft tätig sind und eben diese bei der Erfüllung ihre Geschäftsführungsaufgaben kontrollieren sollen (Gellis/Feil aaO § 30e Rz 2; Strasser aaO § 86 Rz 12 zum AktG). Diese zumindest mögliche Abhängigkeit trifft auch auf das neue Aufsichtsratsmitglied zu. Die arbeitsrechtlichen Erörterungen der zweiten Instanz werden im Rechtsmittel gar nicht in Zweifel gezogen. Insoweit kann es mit dem Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts sein Bewenden haben (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Da die Funktion des Aufsichtsrats in aller Regel formal als die eines Überwachungsorgans gesehen wird, dem auch verschiedene organisatorische Aufgaben zukommen, müssen die einzelnen Aufsichtsratsmitglieder sachlich dieser Aufgabe gewachsen sein. Objektiv wird daher von ihnen zu erwarten sein, daß sie ihre Tätigkeit selbständig, unabhängig, unter persönlichem Einsatz, mit größter Sorgfalt, entsprechender Moral und frei von sachwidrigen Beschränkungen oder - hier bedeutsamen - Interessenkollisionen ausführen (Straube, Zur Qualifikation von Aufsichtsratsmitgliedern in GesRZ 1981, 150 ff, 152). Zu den formellen Qualifikationsvoraussetzungen, denen objektiv die Person eines Aufsichtsratsmitglieds entsprechen muß, zählt - unter anderem - auch das Fehlen eines gesetzlichen Bestellungsverbots. Regelungszweck des Bestellungsverbots des § 30e Abs 1 GmbHG ist nicht nur die Verhinderung einer Abhängigkeit des die Kontrolle ausübenden Organs, wobei jede bloße Möglichkeit einer Abhängigkeit ausreicht, sondern nach Auffassung des erkennenden Senats darüber hinaus sogar jeder Anschein einer solchen Abhängigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds, schon um jeden möglichen Schaden von der Gesellschaft abzuwenden.
Als Wurzel verschiedener Fragen erweist sich der Streit, ob es nicht nur bei der Aktiengesellschaft und bei der Genossenschaft, sondern auch bei der Gesellschaft mbH neben den anfechtbaren auch absolut nichtige Beschlüsse gibt, die zu ihrer Unwirksamkeit keiner Anfechtung bedürfen (vgl dazu Kastner/Doralt/Nowotny aaO 420 ff; Gellis/Feil aaO § 41 Rz 3 mwN). Im besonderen gilt dies für § 90 AktG und der hier relevanten § 30e GmbHG. In der Entscheidung HS 2104 wurde in Beantwortung der Rechtsfrage, ob die Witwe eines Angestellten-Aufsichtsrats die im Dienstvertrag zugesicherte Pension beanspruchen könne oder ob durch die Annahme des Mandats der Dienstvertrag erloschen sei, für die Dauer der Aufsichtsrats-Mandatsausübung ein bloßes Ruhen angenommen, weil dem Aufsichtsratsmitglied nur die gleichzeitige Betätigung in abhängiger Stellung verboten sei. In der Entscheidung SZ 33/95 wurde die zweitinstanzliche Aufhebung eines klagestattgebenden Urteils bestätigt, weil weitere Erhebungen zur Klagelegitimation des Nichtigkeitsklägers erforderlich waren. Für den Fall einer endgültigen Bejahung der Klagelegitimation wurde die Auffassung vertreten, die gesetzwidrige Bestellung von Angestellten zu Aufsichtsräten führe nur zur Anfechtbarkeit nach § 197 AktG, nicht aber zur Nichtigkeit des Beschlusses nach § 195 AktG; denn die Unvereinbarkeitsvorschriften des § 90 Abs 1 AktG dienten nicht vorwiegend oder gar ausschließlich dem Schutz der Gesellschaftsgläubiger oder öffentlicher Interessen, sondern nur dem Schutz von Aktionärsinteressen. Beide Entscheidungen ergingen vor Inkrafttreten des Art I des Bundesgesetzes BGBl 1991/10 (FBG) und setzten sich mit register- bzw jetzt firmenbuchrechtlichen Fragen nicht auseinander. Die Lehre sieht in § 90 Abs 1 AktG eine Vorschrift zum Schutz öffentlicher Interessen (Kastner in GesRZ 1981, 16) und folgert daraus überwiegend die Unwirksamkeit der Bestellung iS einer absoluten Unfähigkeit zur Organmitgliedschaft und nicht bloß iS eines zufolge verbotswidrigen Bestellungsbeschlusses anfechtbaren Bestellungshindernisses (Straube aaO 152; Schiemer, AktG2 § 86 Anm
4.1 und § 90 Anm 2.1; Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österr. Gesellschaftsrechts5, 244 mit dem Argument, weil es beim gesetzlichen Bestellungsverbot auf den Tätigkeitsbeginn des Organs und nicht auf den Gesellschafterbeschluß ankomme und daher die Nichtigkeit des angefochtenen Beschlusses teils überschießend, teils ihre Wirkung verfehlend wäre). Diese Auffassung wird von der Lehre auch zu § 30e GmbHG vertreten (für alle Reich-Rohrwig aaO Rz 4/84 und 4/87 mwN in FN 49). Die zweite Instanz ist dieser Lehre unter Ablehnung der Entscheidung SZ 33/95 gefolgt und dagegen wendet sich der Hauptanfechtungspunkt des Revisionsrekurses der Gesellschaft. Die Richtigkeit dieser Lehrmeinung muß indes hier nicht erörtert werden.
Der Oberste Gerichtshof hat zur firmenbuchrechtlichen Behandlung einer dem Bestellungsverbot des § 30e Abs 1 zweiter Satz GmbHG widersprechenden Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds (§ 30b Abs 1 GmbHG) durch Beschluß der Gesellschafter sowie deren Anmeldung zum Firmenbuch durch die Geschäftsführer (§ 30f Abs 1 GmbHG; zur geschichtlichen Entwicklung vgl Reich-Rohrwig aaO Rz 4/167) bisher nicht Stellung genommen. Welche firmenbuchrechtliche Folgen ein Verstoß gegen die genannte Bestimmung hat, sagt das Gesetz nicht. Burgstaller (in Jabornegg, HGB § 15 FBG Rz 7 mwN) vertritt dazu die Auffassung, die absolute Nichtigkeit sollte auch vom Buchgericht wahrgenommen werden; das habe der Oberste Gerichtshof (GesRZ 1992, 284; implicite wohl auch GesRZ 1995, 189) nun grundsätzlich auch für die Gesellschaft mbH anerkannt. Nach Auffassung des erkennenden Senats hat indes das Firmenbuchgericht auch das Eintragungsbegehren nach § 30f GmbHG im Rahmen seiner formellen und materiellen
Prüfungspflicht (§ 15 FBG iVm § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG; 6 Ob 1023/95 =
ecolex 1996, 173 = WBl 1996, 165 ua, zuletzt 6 Ob 39/97x; RIS-Justiz
RS0014295; vgl auch Reich-Rohrwig aaO Rz 1/683; Schenk in Straube2 § 8 HGB Rz 14; Schlegelberger, HGB5 § 8 Rz 20 ff) unabhängig von der Frage nach dem Vorliegen der absoluten Nichtigkeit des zugrunde liegenden Gesellschafterbeschlusses in materiellrechtlicher Hinsicht dahin zu prüfen, ob zwingende Bestimmungen des GmbHG verletzt wurden. Die gegen öffentliches Interesse verstoßende Verletzung zwingender Bestimmungen des GmbHG in einem Gesellschafterbeschluß - hier: § 30e Abs 1 zweiter Satz iVm § 30b GmbHG - kann das Firmenbuchgericht im Rahmen seiner materiellen Prüfungspflicht zum Inhalt der Abweisung eines Eintragungsgesuches machen. § 30e Abs 1 GmbHG ist, wie die Rechtsmittelwerberin selbst zugesteht, zwingend (Koppensteiner aaO § 30 GmbHG Rz 1; Gellis/Feil aaO § 30e Rz 1; Wünsch aaO § 30e Rz 16 mwN; Reich-Rohrwig aaO Rz 4/59; vgl zum AktG ZBl 1916/173, HS 2104); es kann daher weder durch die Satzung noch durch den übereinstimmenden Willen aller Organe und Gesellschafter sowie der wahlberechtigten Arbeitnehmer Abweichendes bestimmt werden. Das Bestehen eines öffentlichen Interesses daran, daß die innergesellschaftlichen Kontrollmechanismen von Gesellschaften mbH - gerade, wenn sie wie hier nur einen Gesellschafter haben, von dem (bzw seinem Vertreter; § 3 Abs 1 ACG-G) die Willensbildung beim Verstoß gegen zwingendes Recht ausgeht - wirksam sind und nicht zu Zweifeln Anlaß geben dürfen, ist evident. Schon deshalb haben die Vorinstanzen zu Recht die begehrte Eintragung des neuen Aufsichtsratsmitglieds wegen Verletzung der zwingenden Unvereinbarkeitsbestimmung des § 30e Abs 1 zweiter Satz GmbHG abgelehnt. Ob durch die Wahl eines Arbeitnehmers zum Mitglied des Aufsichtsrats Ruhen des Dienstverhältnisses (so HS 2104) oder Unwirksamkeit der Wahl bei weiter aufrechtem Dienstverhältnis eintritt, muß hier nicht entschieden werden.
Die zutreffende zweitinstanzliche Entscheidung ist zu bestätigen.
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