OGH 6Ob2051/96b

OGH6Ob2051/96b12.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Kellner als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Schiemer, Dr. Prückner und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anneliese S*****, Hausfrau, ***** vertreten durch Dr. Hermann Schöpf, Rechtsanwalt in Landeck, wider die beklagte Partei Dr. Josef S*****, Konsulent, ***** vertreten durch Dr. Karlheinz Klee ua Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen Feststellung (Streitwert 93.600 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innbruck als Berufungsgerichtes vom 9. Jänner 1996, GZ 3 R 325/95-21, womit der Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Landeck vom 17. Juli 1995, GZ 2 C 1842/94g-14, Folge gegeben und die Feststellungsklage abgewiesen wurde, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 6.086,40 S (darin 1.014,40 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen vierzehn Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Notariatsakt vom 6.3.1989 übergab die am 29.12.1993 verstorbene Erblasserin dem Beklagten ihre Liegenschaften auf den Todesfall. Im Notariatsakt behielt sie sich Verfügungen (zu Lebzeiten oder letztwillige) hinsichtlich eines Grundstücks vor. Sie hatte schon mit Testament vom 25.4.1977 der Klägerin ein Grundstück vermacht. Der Notariatsakt vom 6.3.1989 wurde am 25.4.1994 verbüchert, der Beklagte ist seither bücherlicher Eigentümer auch des Grundstücks, auf welches die Klägerin als Legatarin Anspruch erhebt. Die Verlassenschaft wurde nach Klageeinbringung aber vor Schluß der Verhandlung erster Instanz (am 6.2.1995) dem Beklagten eingeantwortet. Die Einantwortungsurkunde wurde dem Beklagten am 21.10.1994 zugestellt.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 27.9.1994 beim Erstgericht eingelangten Klage gegenüber dem Beklagten als Erben die Feststellung, daß ihr auf Grund verschiedener Vermächtnisse das in der Klage näher bezeichnete Grundstück zustehe. Das gleichzeitig gestellte Eventualbegehren, der Beklagte sei schuldig, in die lastenfreie Abschreibung dieses Grundstücks, die Eröffnung einer neuen Einlagezahl und in die Einverleibung des Eigentumsrechtes zugunsten der Klägerin einzuwilligen, wurde in der Tagsatzung vom 6.2.1995 zurückgezogen (S 16 zu ON 13). Das der Klägerin vermachte Grundstück sei von der Übergabe der Liegenschaften an den Beklagten ausgenommen worden.

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Aus der letztwilligen Anordnung der Erblasserin vom 30.9.1993 ergebe sich deutlich, daß sie ihr gesamtes Liegenschaftsvermögen dem Beklagten habe zukommen lassen wollen. Die Erblasserin habe sichergehen wollen, daß diese Liegenschaften dem Beklagten zufielen und zwar entweder auf Grund der errichteten Notariatsakte oder auf Grund der sicherheitshalber noch angeordneten letztwilligen Verfügung. Der Beklagte sei auch nicht passiv klagelegitimiert, weil die Liegenschaft noch Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens sei, sodaß das Klagebegehren gegen die Verlassenschaft zu richten gewesen wäre.

Das Erstgericht gab dem Feststellungsbegehren statt. Es beurteilte den umfangreich festgestellten Sachverhalt (S 12 bis 20 in ON 14) rechtlich dahin, daß das von der Erblasserin errichtete Testament vom 25.4.1977 samt dem Vermächtnis vom 10.8.1987 weder durch den Schenkungsvertrag auf den Todesfall vom 6.3.1989 noch durch dessen Abänderung und Ergänzung mit Notariatsakt vom 30.9.1993 widerrufen worden seien. Das zugunsten der Klägerin errichtete Vermächtnis sei rechtsgültig. Zur Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens führte das Erstgericht aus, daß eine Feststellungsklage in der Regel zwar dann unzulässig sei, wenn der Kläger seinen Anspruch bereits mit Leistungsklage geltend machen könne. Trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage sei hier das Feststellungsbegehren aber zulässig, weil die Klägerin im Falle des Obsiegens auf Grund einer Bestätigung des Abhandlungsgerichtes nach § 178 AußStrG die Eintragung im Grundbuch erwirken könne.Die Passivlegitimation des Beklagten sei zu bejahen, weil der Nachlaß dem Beklagten am 19.10.1994 eingeantwortet und die Verlassenschaftssache für beendet erklärt worden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies die Feststellungsklage ab. Es treffe zwar zu, daß der Oberste Gerichtshof trotz der Möglichkeit einer Leistungsklage die Zulässigkeit der Legatsfeststellungsklage bejahe, wenn der Kläger im Falle des Obsiegens auf Grund einer Bestätigung des Abhandlungsgerichtes die bücherliche Eintragung erwirken könne. Im vorliegenden Fall sei aber zu berücksichtigen, daß das Verlassenschaftsverfahren bereits beendet und der Beklagte grundbücherlicher Eigentümer der von der Klägerin beanspruchten Parzelle geworden sei. Eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG könne nur während eines offenen Abhandlungsverfahrens und nicht erst nach dessen Beendigung ausgestellt werden. Dies bedeute, daß die Klägerin selbst im Falle ihres Obsiegens mit der Feststellungsklage in Ermangelung einer Amtsbestätigung keine Möglichkeit hätte, eine grundbücherliche Einverleibung des Legatsgrundstückes zu erwirken. Sie wäre darauf angewiesen, eine Leistungsklage zu erheben. Die Feststellungsklage sei daher unzulässig.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Mit ihrer Revision beantragt die Klägerin die Abänderung dahin, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen; hilfsweise wird beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob das Verlassenschaftsgericht nach erfolgter Einantwortung und Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens noch zur Entscheidung über einen Antrag auf Ausstellung einer Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG zuständig ist, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.

Die Klägerin begehrt gegenüber dem beklagten Erben die Feststellung eines Legats. Unstrittig ist, daß die Einantwortung der Verlassenschaft und die Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens vor Schluß der Verhandlung erster Instanz erfolgten. Daß vor diesem Zeitpunkt die Klägerin beim Verlassenschaftsgericht bereits einen Antrag gestellt hätte, eine Amtsbestätigung gemäß § 178 AußStrG zur Verbücherung des Legats auszustellen, wurde nicht behauptet. Mangels jeglicher Parteibehauptungen ist ferner auch davon auszugehen, daß die Rechtskraft der Einantwortung vor dem genannten Zeitpunkt eintrat.

Die Revisionswerberin steht auf dem Standpunkt, daß das Verlassenschaftsgericht auch nach Beendigung des Verlassenschaftsverfahrens, insbesondere also nach der mit der Zustellung der Einantwortungsurkunde wirksam gewordenen Einantwortung oder sogar nach Rechtskraft der Einantwortung in jedem Fall zur Ausstellung von Amtsbestätigungen nach § 178 AußStrG zuständig sei. Die Richtigkeit ihrer Ansicht ergebe sich aus der Bestimmung des § 179 AußStrG über die vom Verlassenschaftsgericht durchzuführende Nachtragsabhandlung. Diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Gemäß § 174 Abs 1 AußStrG ist dem Erben, sobald er sein Erbrecht gehörig ausgewiesen und alle ihm obliegenden Verbindlichkeiten erfüllt hat, die Verlassenschaft einzuantworten und die Verlassenschaftsabhandlung für beendigt zu erklären. Der Oberste Gerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, daß nach rechtswirksamer Einantwortung das Abhandlungsgericht keine fernere Möglichkeit habe, sich mit der Verlassenschaftsangelegenheit des Erblassers zu befassen. Dies bedeute, daß alle Rechtsmittel ausgeschlossen seien, die nur im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung beim Abhandlungsgericht beantragt werden könnten. Die Rechtswirksamkeit der Einantwortung sei mit der Zustellung der Einantwortungsurkunde an den erbserklärten Erben gegeben (EvBl 1970/184 = SZ 43/1 mwN; 1 Ob 507/94). Nach der Beendigung der Verlassenschaftsabhandlung ist grundsätzlich jede Antragstellung beim Verlassenschaftsgericht ausgeschlossen, beispielsweise eine solche auf Feststellung einer Erbhofeigenschaft und Festsetzung eines Übernahmspreises (6 Ob 622/90) oder auf Bewilligung der Nachlaßseparation gemäß § 812 ABGB zugunsten eines Erbschaftsgläubigers oder Legatars (EFSlg 54.155; 1 Ob 507/94 ua). Der Antrag auf Nachlaßabsonderung muß gestellt werden, solange die Abhandlung noch im Gange ist (NZ 1994, 116). Wenn dieser Grundsatz für die Sicherung des Legates gilt, muß er zumindest im Falle der Strittigkeit des Legates umsomehr für die Maßnahme gelten, die dem Legatar die Erfüllung seines Anspruchs verschaffen soll, also die für die Verbücherung der vermachten Liegenschaft erforderliche Amtsbestätigung. Dagegen kann auch nicht die gesetzliche Bestimmung über die Nachtragsabhandlung (§ 179 Abs 1 AußStrG) ins Treffen geführt werden. Diese Bestimmung besagt nichts anderes, als daß das Verlassenschaftsverfahren bei Auffinden vorher nicht bekannten Verlassenschaftsvermögens wieder aufzunehmen ist. Bei Bewilligung der Nachtragsabhandlung wären wegen des wieder laufenden Abhandlungsverfahrens die nach der individuellen Zuständigkeit des Verlassenschaftsgerichtes (§ 105 JN) bei diesem einzubringenden Anträge wieder zulässig. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Wohl hat das Verlassenschaftsgericht auch nach der Einantwortung des Nachlasses gewisse noch zur Abhandlungspflege gehörige Aufgaben zu besorgen, etwa die Durchführung einer Substitutionsabhandlung (§ 26 AußStrG), die amtswegige Verbücherung der Ergebnisse der Verlassenschaftsabhandlung (gemäß § 29 LiegTeilG), die erwähnte Nachtragsabhandlung nach § 179 Abs 1 AußStrG oder schließlich auch die Ausstellung einer Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG, soferne diese in den Ergebnissen des Verlassenschaftsverfahrens Deckung findet. Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG ist zwar von der Zustimmung des Erben unabhängig. Wenn dieser allerdings das Legat ernstlich bestreitet, so können die strittigen Tat- und Rechtsfragen nur im Prozeß geklärt werden (SZ 50/56). Dort ist aber die Einbringung einer Leistungsklage möglich und geboten.

Zutreffend ist auch die Meinung des Berufungsgerichtes über die Unzulässigkeit der erhobenen Feststellungsklage aus dem Grund, daß der Legatsanspruch schon mit einer Leistungsklage durchsetzbar ist. In ständiger Rechtsprechung vertritt der Oberste Gerichtshof die Meinung, daß die Feststellungsklage nur subsidiär zulässig ist. Wenn die Leistungsklage (hier gerichtet auf Zustimmung des Erben zur Verbücherung des Legats) schon möglich ist, fehlt es am erforderlichen Feststellungsinteresse (Rechberger in Rechberger ZPO Rz 11 zu § 228 mwN). Die Feststellungsklage kann im Legatsstreit nur ausnahmsweise trotz der schon möglichen Leistungsklage zulässig sein, wenn der Legatar mit einem positiven Feststellungsurteil beim Verlassenschaftsgericht noch vor Beendigung des Verfahrens eine Amtsbestätigung nach § 178 AußStrG erwirken und das Legat in der Folge verbüchern lassen kann. Wenn aber eine solche Antragstellung beim Verlassenschaftsgericht nicht mehr möglich ist, muß der Legatar die Leistungsklage erheben. Die Revision der Legatarin gegen die Abweisung ihrer Feststellungsklage ist daher nicht berechtigt.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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