Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie folgendermaßen lauten:
„Die vom Stiftungsvorstand am 26. Februar 2013 vorgenommene Änderung der Stiftungsurkunde der KR L***** P***** Privatstiftung, beurkundet vom öffentlichen Notar MMag. Dr. Hansjörg Brunner mit dem Sitz in Salzburg zu GZ *****, wird gemäß § 33 Abs 2 Satz 3 PSG genehmigt.“
Begründung
Mit Notariatsakt vom 3. Februar 1999 errichteten KR L***** P*****, DI Dr. h.c. F***** P*****, U***** P*****, G***** A***** P*****, Dr. H***** M***** P*****, H***** P*****, M***** W*****, L***** D*****, Mag. L***** D***** K*****, Mag. J***** A*****, Ing. E***** P*****, C***** W***** und S***** P***** die K***** Privatstiftung (im Folgenden „Privatstiftung“ oder „Stiftung“), die am 11. März 1999 im Firmenbuch des Landesgerichts Salzburg eingetragen wurde. Die Stifterinnen KR L***** P***** und L***** D***** sind bereits verstorben.
Die Stiftungsurkunde lautet auszugsweise:
„III. STIFTUNGSZWECK
(1) Der Zweck der Privatstiftung ist die Versorgung und Unterstützung der Begünstigten durch Geld-, Sach- oder sonstige Leistungen.
...
VI. BEGÜNSTIGTE UND LETZTBEGÜNSTIGTE
(1) Der Stiftungsvorstand stellt fest bzw. bestimmt aus dem in Absatz (3) genannten Personenkreis die Begünstigten und Letztbegünstigten. Personen außerhalb dieses Personenkreises können nicht zu Begünstigten oder Letztbegünstigten festgestellt bzw. bestimmt werden.
...
(3) Der Kreis der Personen, aus denen die Begünstigten festzustellen bzw. zu bestimmen sind, ist beschränkt auf
a) eheliche und uneheliche Abkömmlinge von KR L***** P***** (Artikel I. lit. a),
b) Personen, die vor Vollendung ihres 16. Lebensjahres von den in lit. a) genannten Abkömmlingen adoptiert worden sind, und deren Abkömmlinge, sowie ferner auf U***** P*****. U***** P***** kann jedoch nicht zu einer Teilbegünstigten bestimmt oder als Letztbegünstigte festgestellt werden, sofern nicht die Stiftungserklärung in zulässiger Weise gemäß Artikel XX. Abs (3) Satz 4 und Absatz (4) geändert worden ist.
...
XX. ÄNDERUNGSRECHT
(1) Die Stifter behalten sich die Änderung der Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde und Stiftungszusatzurkunde) ausdrücklich vor. In Abweichung von § 3 Abs 2 PSG vereinbaren die Stifter, dass das Änderungsrecht durch den Tod oder Verzicht eines oder mehrerer Stifter nicht erlischt, sondern vielmehr erst mit dem Tod oder Verzicht des letzten Stifters erlischt.
...
(4) Eine Änderung des Kreises der Personen, die als Begünstigte oder Letztbegünstigte festgestellt werden können (Artikel VI.), ist nur in folgendem Umfang zulässig:
a) Es kann vorgesehen werden, dass Zuwendungen auch an andere Personen erfolgen können, wenn diese Zuwendungen ausschließlich zu gemeinnützigen Zwecken erbracht werden.
b) Die Stiftungserklärung darf den Kreis der Begünstigten und Letztbegünstigten nicht weiter fassen als der Gesellschaftsvertrag der P***** GmbH oder allfälliger Nachfolgegesellschaften in der jeweiligen Fassung den Kreis der Personen fasst, die ohne Beschränkung durch Vorkaufs-, Aufgriffs- oder Zustimmungsrecht Gesellschaftsanteile an dieser Gesellschaft oder allfälligen Nachfolgegesellschaften erwerben können.
Demgegenüber braucht die Stiftungserklärung den Kreis der Begünstigten und Letztbegünstigten nicht enger zu fassen als der Gesellschaftsvertrag der P***** GmbH oder allfälliger Nachfolgegesellschaften in der jeweiligen Fassung den Kreis der Personen fasst, die ohne Vorkaufs-, Aufgriffs- oder Zustimmungsrecht Gesellschaftsanteile an diesen Gesellschaften oder allfälligen Nachfolgegesellschaften erwerben können. Die Stiftungsurkunde kann daher in Artikel VI. insoweit geändert werden, als alle Personen aus diesem Kreis auch Begünstigte oder Letztbegünstigte werden können.
Die in Artikel VI. Absatz (3) genannten Personen dürfen jedenfalls Begünstigte werden, unabhängig davon, wer nach dem Gesellschaftsvertrag der P***** GmbH oder allfälliger Nachfolgegesellschaften in der jeweiligen Fassung ohne Beschränkung durch Vorkaufs-, Aufgriffs- oder Zustimmungsrecht Gesellschaftsanteile an dieser Gesellschaft oder allfälligen Nachfolgegesellschaften erwerben kann.
U***** P***** kann zwar Letztbegünstigte werden, eine Übertragung des Geschäftsanteiles an der P***** GmbH oder des Gesellschaftsanteiles an einer allfälligen Nachfolgegesellschaft kann an sie (ganz oder teilweise) aber nicht unter Außerachtlassung der Beschränkung nach § 6.3 des Gesellschaftsvertrages der P***** GmbH oder den entsprechenden Regelungen einer allfälligen Nachfolgegesellschaft erfolgen, sofern nicht eine die genannten Beschränkungen außer Kraft setzende Beschlussfassung nach § 6.8 des Gesellschaftsvertrages der P***** GmbH oder den entsprechenden Regelungen des Gesellschaftsvertrages einer allfälligen Nachfolgegesellschaft ergeht.
Dieser Absatz (4) kann nicht geändert werden.
...
(8) Ist eine Änderung nach Absatz (1) und Absatz (2) aus den in § 33 Abs 2 PSG genannten Gründen nicht möglich, kann der Stiftungsvorstand unter Wahrung des Stiftungszweckes Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen.
Darüber hinaus ist der Stiftungsvorstand berechtigt, eine Änderung der Stiftungserklärung vorzunehmen, wenn diese zur Verwirklichung der Ziele und Absichten der Stifter erforderlich ist. Sind Bestimmungen der Stiftungserklärung unwirksam oder stellt sich heraus, dass die Rechtslage anders ist als die Stifter bei Errichtung der Privatstiftung angenommen haben, oder treten Umstände ein, die die Stifter nicht bedacht haben, oder die zu Auswirkungen führen, die die Stifter nicht bedacht haben, ist der Stiftungsvorstand berechtigt, die Stiftungserklärung so zu ändern, wie es dem tatsächlichen oder vermutlichen Willen der Stifter entsprochen hätte. Ein solches Änderungsrecht besteht erst dann, wenn alle in Artikel I. a) bis m) genannten Stifter verstorben sind.
Eine Änderung nach dieser Bestimmung bedarf der Zustimmung des Stiftungsbeirates und der Genehmigung des Gerichtes.“
In der Sitzung des Stiftungsvorstands vom 26. Februar 2013 beschlossen die Vorstandsmitglieder eine Änderung der Stiftungsurkunde, die in ihrem entscheidungswesentlichen Teil wie folgt lautet:
„In Ausübung des Änderungsrechtes gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG ändert der Stiftungsvorstand der K***** Privatstiftung den ersten Unterabsatz von Artikel XX. Absatz (4) lit b) der Stiftungsurkunde, dessen Änderung sich die Stifter nicht vorbehalten haben, dahingehend, dass am Ende folgender Satz angefügt wird:
'Die Stiftungserklärung darf ferner jedenfalls Personen in den Kreis der Begünstigten und Letztbegünstigten aufnehmen, die durch den Gesellschaftsvertrag der P***** GmbH in der jeweiligen Fassung als Begünstigte oder Letztbegünstigte von Privatstiftungen, die an der P***** GmbH unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind, als Begünstigte oder Letztbegünstigte zugelassen werden.'“
Die Privatstiftung ist mit einer Stammeinlage von 1.681.122,02 EUR am Stammkapital der P***** GmbH (im Folgenden „GmbH“) von 16.811.220,25 EUR beteiligt.
Die Stifter beabsichtigten im Jahr 1999 ursprünglich, auch Ehegatten von Stiftern und Ehegatten von Abkömmlingen der Stifter als Begünstigte und Letztbegünstigte zuzulassen. Einzelne Gesellschafter der GmbH, die nicht dem Kreis der Stifter angehörten, standen der Zulassung von Privatstiftungen als Gesellschafter kritisch gegenüber und verlangten daher im Zusammenhang mit dem Abschluss einer gesonderten Vereinbarung hinsichtlich der Anteilsübertragung an die Privatstiftung, dass der Kreis der Begünstigten und Letztbegünstigten nicht weiter gezogen werden dürfe als der Kreis jener Personen, die nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH ohne Beschränkungen Anteile an der GmbH erwerben konnten. Aus diesem Grund mussten die Stifter diese Bedingung in der betreffenden Klausel der Stiftungsurkunde verankern. Die Gesellschafter der GmbH verlangten weiters, dass diese Regelung unabänderlich sei. Die Stifter hielten es bereits bei der Gründung für möglich, dass Ehegatten zu einem späteren Zeitpunkt durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH auch zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen ohne Beschränkung zugelassen werden könnten. Hätten die Stifter bei der Gründung der Privatstiftung vorausgesehen, dass durch eine Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH Privatstiftungen als Gesellschafter und Ehegatten von Abkömmlingen als Begünstigte und Letztbegünstigte solcher Privatstiftungen zugelassen würden, so hätten sie in der betreffenden Klausel der Stiftungsurkunde nicht nur auf eine Zulassung zum unbeschränkten Anteilserwerb, sondern alternativ auch auf eine derartige ausdrückliche Zulassung von Ehegatten als Begünstigte und Letztbegünstigte abgestellt.
2005 wurde der Gesellschaftsvertrag der GmbH ua dahingehend geändert, dass auch Ehegatten von Abkömmlingen von Prof. Dr. Ing. h.c. F***** P***** senior als Begünstigte und Letztbegünstigte solcher an der GmbH beteiligter Privatstiftungen zugelassen wurden.
Am 12. Juli 2013 beantragten sämtliche Mitglieder des Stiftungsvorstands unter Vorlage des am 26. Februar 2013 vom öffentlichen Notar MMag. Dr. Hansjörg Brunner aufgenommenen Protokolls über die an diesem Tag abgehaltene Sitzung des Stiftungsvorstands, einer Erklärung der Stifter und des Umlaufbeschlusses des Stiftungsbeirats die Genehmigung der vom Stiftungsvorstand am 26. Februar 2013 vorgenommenen Änderung der Stiftungsurkunde gemäß § 33 Abs 2 Satz 3 PSG.
Sie brachten im Wesentlichen vor, ihre Änderungsbefugnis ergäbe sich daraus, dass sich die Stifter insoweit die Änderung der Stiftungserklärung nicht vorbehalten hätten (Art XX. Abs 4 letzter Satz der Stiftungsurkunde). Die Änderung berücksichtige folgende geänderte Umstände:
Die Privatstiftung sei zu dem Zweck gegründet worden, den von KR L***** P***** gehaltenen Geschäftsanteil an der GmbH zu erwerben. Die Stifter, die sämtliche der Familie P***** angehörten, hätten im Gründungsjahr 1999 beabsichtigt, als Begünstigte auch Ehegatten von Stiftern und von Abkömmlingen von Stiftern als Begünstigte und Letztbegünstigte zuzulassen. Dies sei nach der damals geltenden Fassung des Gesellschaftsvertrags der GmbH in der Fassung des Generalversammlungsbeschlusses vom 20. März 1998 jedoch nicht zulässig gewesen. Die Anteilsübertragung sei daher durch eine gesonderte Vereinbarung der Gesellschafter der GmbH („Zulassungsvereinbarung") genehmigt worden. Einzelne Gesellschafter der GmbH, die nicht dem Kreis der Stifter der Privatstiftung angehört hätten, seien der Zulassung von Privatstiftungen als Gesellschafter kritisch gegenübergestanden und hätten deshalb den Abschluss der Zulassungsvereinbarung davon abhängig gemacht, dass der Kreis der Begünstigten und Letztbegünstigten der Privatstiftung nicht weiter gezogen werden dürfe als der Kreis jener Personen, die nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH ohne Beschränkungen Anteile an der GmbH erwerben konnten. Nach § 6.1 des Gesellschaftsvertrags in der Fassung vom 20. März 1998 seien das nur Abkömmlinge von Prof. Dr. Ing. h.c. F***** P***** sen., dessen Tochter KR L***** P***** sei, gewesen. Die von Gesellschaftern der GmbH gewünschte Einschränkung sei in Art XX. Abs 4 lit b der Stiftungsurkunde sichergestellt worden. Da es für möglich gehalten worden sei, dass durch eine spätere Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH auch Ehegatten zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen zugelassen werden könnten, sei in Art XX. Abs 4 lit b der Stiftungsurkunde eine dynamische Verweisung auf den Gesellschaftsvertrag der GmbH („in der jeweiligen Fassung") verankert worden. Von Gesellschaftern der GmbH sei weiters die Unabänderlichkeit der Regelung verlangt worden. Diese hätten sicherstellen wollen, dass die von ihnen gestellte Bedingung dauerhaft erfüllt werde und nicht durch eine Änderung der Stiftungsurkunde nachträglich unterlaufen werden könne.
Der Gesellschaftsvertrag der GmbH sei nach Gründung der Privatstiftung dahin geändert worden, dass in § 6.1a bis § 6.1d auch Privatstiftungen als Gesellschafter der GmbH und auch Ehegatten von Abkömmlingen von Prof. Dr. Ing. h.c. F***** P***** sen. als Begünstigte und Letztbegünstigte solcher Privatstiftungen zugelassen worden seien. Die Ehegatten von Abkömmlingen der KR L***** P*****, der Tochter von Prof. Dr. Ing. h.c. F***** P*****, seien folglich nunmehr als Begünstigte und Letztbegünstigte der Privatstiftung zulässig.
Der Stiftungsvorstand habe mit seinem Beschluss vom 26. Februar 2013 die Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH in Art XX. Abs 4 der Stiftungsurkunde umgesetzt, wodurch nunmehr alle Personen als Begünstigte oder Letztbegünstigte zugelassen werden können, die nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH bei als Gesellschafter beteiligten Privatstiftungen als Begünstigte zugelassen seien.
Die Einbeziehung von Ehegatten in den Begünstigtenkreis entspreche dem in Art III. Abs 1 der Stiftungsurkunde bestimmten Stiftungszweck. Die Einbeziehung von Ehegatten von Abkömmlingen der KR L***** P***** entspreche auch dem tatsächlichen Stifterwillen, denn die Stifter hätten dem damaligen Verlangen von Gesellschaftern der GmbH nur nachgegeben, um den Abschluss der Zulassungsvereinbarung zu erreichen. Die Zulassung von Ehegatten von Abkömmlingen der KR L***** P***** als Begünstigte und Letztbegünstigte entspreche außerdem dem hypothetischen Willen der Stifter. Dies ergäbe sich aus der in Art XX. Abs 4 der Stiftungsurkunde erfolgten dynamischen Verweisung. Die Stifter hätten nicht vorausgesehen, dass die Gesellschafter der GmbH eine Zulassung von Ehegatten als Begünstigte und Letztbegünstigte beteiligter Privatstiftungen nicht über den Umweg ihrer Zulassung als Gesellschafter, sondern direkt in § 6.1a lit b aa des Gesellschaftsvertrags regeln. Hätten die Stifter dies bedacht, hätten sie für diesen Fall eine entsprechende Ergänzung des Art XX. Abs 4 der Stiftungsurkunde gewollt.
Zwei der 13 Stifter sind mittlerweile gestorben. Dem Antrag der Vorstandsmitglieder lagen beglaubigte Erklärungen der übrigen elf Stifter vor, die die Richtigkeit des Antragsvorbringens bestätigen.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Genehmigung dieser Änderung der Stiftungsurkunde gemäß § 33 Abs 2 Satz 3 PSG ab.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Stiftungsvorstandsmitglieder nicht Folge. Es setzte sich ausführlich mit der bestehenden Rechtsprechung und Lehre zur Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG auseinander. Es führte aus, die Stifter hätten bei der Abfassung der Stiftungsurkunde auch an die Möglichkeit einer künftigen Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH gedacht. Die oberstgerichtlichen Entscheidungen 6 Ob 7/04d und 6 Ob 57/13w ließen erkennen, dass die dem Stiftungsvorstand in § 33 Abs 2 PSG eingeräumte Änderungsbefugnis nicht dazu diene, die Stiftungsurkunde in Punkten zu ergänzen, die die Stifter bedenken konnten.
Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs nicht zu, weil es sich an der bestehenden oberstgerichtlichen Rechtsprechung orientiert habe und die Frage, ob die Voraussetzungen für eine Genehmigung nach § 33 Abs 2 PSG vorlägen, nach der Entscheidung 6 Ob 57/13w einzelfallbezogen zu beurteilen sei.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Stiftungsvorstandsmitglieder ist zulässig und berechtigt.
Die Rechtsmittelwerber meinen, die oberstgerichtliche Rechtsprechung zum Erfordernis des Wegfalls der Geschäftsgrundlage als Voraussetzung für eine Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand sei uneinheitlich. Die Änderungsbefugnis des Vorstands setze nach dem Gesetzeswortlaut und den Materialien nicht voraus, dass andernfalls die Stiftung funktionsunfähig sei. Aus der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ergebe sich nicht, dass die Vorhersehbarkeit der „geänderten Verhältnisse“ die Änderungsbefugnis des Vorstands ausschließe.
Rechtliche Beurteilung
Hierzu wurde erwogen:
1. Die Vorstandsmitglieder, die den Revisionsrekurs (im eigenen Namen) erhoben haben, sind im Verfahren zur Genehmigung einer Änderung der Stiftungsurkunde nach § 33 Abs 2 PSG rechtsmittellegitimiert (RIS-Justiz RS0120927).
2. Gesetzliche Grundlagen:
Gemäß § 33 Abs 2 PSG kann die Stiftungserklärung nach Entstehen der Privatstiftung vom Stifter nur geändert werden, wenn er sich Änderungen vorbehalten hat. Ist eine Änderung wegen Wegfalls eines Stifters, mangels Einigkeit bei mehreren Stiftern oder deswegen nicht möglich, weil Änderungen nicht vorbehalten sind, so kann der Stiftungsvorstand unter Wahrung des Stiftungszwecks Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen. Die Änderung bedarf der Genehmigung des Gerichts.
3. Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum PSG (ErläutRV 1132 BlgNR 18. GP 33) führen zur Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands aus:
„In bestimmten Fällen hat der Stiftungsvorstand die Befugnis (und unter Umständen die Pflicht) Änderungen der Stiftungserklärung vorzunehmen. Diese Art der Änderung ist nur für den Fall vorgesehen, dass sonst keine Möglichkeit einer Änderung besteht, und kann nur unter Wahrung des Stiftungszwecks (dieser kann also nicht grundlegend geändert werden) und zur Anpassung an geänderte Verhältnisse erfolgen.
Die Änderung durch den Stiftungsvorstand ist daher nicht bloß deshalb möglich, weil sich die Verhältnisse geändert haben. Die geänderten Verhältnisse müssen für die Privatrechtsstiftung von besonderer Bedeutung sein.
Die Änderung muss sich im Rahmen des Notwendigen halten.“
4. Grundsätzliche Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands bei nur teilweisem Änderungsvorbehalt zugunsten des Stifters oder der Stifter:
4.1. Der Oberste Gerichtshof führte in seiner Entscheidung 6 Ob 7/04d aus, § 33 Abs 2 PSG regle den Fall eines bloß eingeschränkten Abänderungsrechts des Stifters nicht ausdrücklich. Nach dem reinen Gesetzeswortlaut könnte allenfalls auch ein sehr eingeschränktes Änderungsrecht das bloß subsidiäre Änderungsrecht des Stiftungsvorstands ausschließen. Die Notwendigkeit von Änderungen einer Stiftungserklärung zur Wahrung des Stiftungszwecks könnte aber durchaus auch eine Änderungslegitimation des Stiftungsvorstands in dem sachlichen und zeitlichen Bereich begründen, in dem dem Stifter ein Änderungsrecht nicht zustehe. Die Frage, ob ein vorbehaltenes eingeschränktes Änderungsrecht das Änderungsrecht des Stiftungsvorstands ausschließt, musste nicht abschließend beurteilt werden, weil der Revisionsrekurs aus anderen Gründen nicht berechtigt war.
4.2. Arnold, PSG³ (2013) § 33 Rz 56, meint, Änderungen seien durch die Stifter auch dann nicht vorbehalten, wenn infolge inhaltlicher oder zeitlicher Schranken eine Änderung nicht zulässig sei und insoweit der Vorbehalt als solcher nicht wirke.
4.3. Der erkennende Senat billigt die Auffassung von Arnold. Selbst wenn sich also die Stifter das Recht, die Stiftungserklärung zu ändern, für bestimmte Fälle vorbehalten haben und für andere nicht, hat der Vorstand das subsidiäre Änderungsrecht gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG nur insoweit nicht, als die Stifter sich die Änderung vorbehalten haben; soweit das Änderungsrecht aber nicht vorbehalten wurde, besteht das subsidiäre Änderungsrecht des Vorstands gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG.
Da die hier zu prüfende Änderung der Stiftungsurkunde eine Klausel (Art XX. Abs 4) betrifft, zu der sich die Stifter in deren letztem Satz das Änderungsrecht ausdrücklich nicht vorbehalten haben, kommt unter den sonstigen Voraussetzungen die Änderungsmöglichkeit durch den Vorstand gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG in Betracht.
5. Reichweite der Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands:
5.1. Rechtsprechung:
5.1.1. In der Entscheidung 6 Ob 187/03y (= GeS 2004, 240 [Arnold]) sprach der Oberste Gerichtshof aus:
„Demnach darf der Stiftungsvorstand Änderungen 1. nur zur Anpassung an geänderte Verhältnisse und 2. nur unter Wahrung des Stiftungszweckes vornehmen. Diese Möglichkeit ... ist nur in eingeschränktem Maß zulässig. Der im Stiftungszweck dargelegte Stifterwille ist vom Vorstand bei der Wahrnehmung seiner Abänderungsbefugnis jedenfalls zu beachten. Diese Befugnis bildet nach dem Willen des Gesetzgebers den Ausnahmefall. Die Formulierung 'Anpassung an geänderte Verhältnisse' weist darauf hin, dass die 'geänderten' Verhältnisse nicht bereits beim Stiftungsgeschäft vorlagen und ein erkennbarer Stifterwille, der diese Änderungen berücksichtigt, fehlte. Die Interessen des Stifters an der Aufrechterhaltung seines Stifterwillens und Stifterwerkes soll möglichst unbeeinträchtigt bleiben. Es besteht andererseits aber auch ein Interesse an funktionsfähigen und aktiven Stiftungen (...). Es reicht nicht aus, dass sich die Verhältnisse allgemein geändert haben. Die Änderungen müssen vielmehr die Stiftung dergestalt betreffen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lässt oder dass anzunehmen ist, der Stifter hätte unter den geänderten Umständen eine andere Regelung getroffen . Der Vorstand hat auf den hypothetischen Stifterwillen Bedacht zu nehmen. Den Gestaltungsspielraum legt der Stifterwille fest, wobei auch Motive, die für die Errichtung der Stiftung maßgeblich waren, miteinzubeziehen sind (...). Das subsidiäre Gestaltungsrecht des Vorstandes soll verhindern, dass die Stiftung nach Erlöschen der Gestaltungsrechte des Stifters nicht ganz ohne Korrektiv den Veränderungen ausgesetzt ist, die sich im Lauf der Zeit ergeben können. Unzeitgemäßen und funktionsunfähigen Stiftungen soll entgegengewirkt werden. Die Funktionsfähigkeit der Stiftung soll erhalten bleiben (...). Die Änderungsmöglichkeit des Vorstandes stellt eine Art Korrektiv für den Fall dar, dass sonst niemand mehr zu einer Änderung der Stiftungserklärung berechtigt wäre (...). Der Gefahr, dass Stiftungen mangels Anpassungsmöglichkeit aufgelöst werden könnten , soll entgegengewirkt werden (...). Das Änderungsrecht des Vorstandes bedeutet gleichzeitig auch eine Pflicht, denn sein Handeln muss auf die Erfüllung des Stiftungszweckes gerichtet sein. Der Vorstand ist daher verpflichtet, entsprechende Änderungen der Stiftungserklärung vorzunehmen, sobald die Voraussetzungen hiezu vorliegen (...).“
5.1.2. In der Entscheidung 6 Ob 7/04d (= GeS 2004, 343 [Arnold]) führte der Oberste Gerichtshof aus:
„Da die Änderung der Stiftungserklärung unter Wahrung des Stiftungszwecks aufgrund des Stifterauftrags zu erfolgen hat, müssen grundlegend geänderte Verhältnisse im Sinne der Lehre von der Geschäftsgrundlage vorliegen (...). Mit der Anpassung soll dem Stifterwillen entsprochen werden (vgl 6 Ob 187/03v). Wenn er selbst Vorkehrungen getroffen hat, ist ihnen vom Stiftungsvorstand zu entsprechen. … Selbst wenn man aber ein subsidiäres Änderungsrecht des Stiftungsvorstandes auch nach der Auflösung der Privatstiftung bejahte und in den zu wahrenden Stiftungszweck auch die Letztbegünstigtenregelung im Auflösungsfall einbezöge, so müsste jedenfalls die weitere Voraussetzung einer grundlegenden Änderung der Verhältnisse vorliegen, die dazu führte, dass eine vom Stifter angeordnete Letztbegünstigtenregel nicht mehr realisierbar ist (etwa weil ein vom Stifter bestimmter Letztbegünstigter gemäß § 6 PSG seine Existenz verloren hat, aber ein gleichartiger Empfänger existiert), sodass unter Wahrung des Stifterwillens eine Anpassung im Sinne des § 33 Abs 2 PSG erfolgen könnte. ... Dazu führt das Rekursgericht auch zutreffend aus, dass es ja die Stifterin selbst war, die mit ihrem Widerruf der Privatstiftung die neuen Verhältnisse schaffte und dass der Stifterwille nicht durch die Ausübung des bloß subsidiären Änderungsrechts des Stiftungsvorstands unterlaufen werden darf .
Das Änderungsrecht des Stiftungsvorstands und das Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 2 PSG dient auch nicht der Klarstellung zweifelhafter, auslegungsbedürftiger Stiftererklärungen über den Letztbegünstigten (§ 6 PSG) in der Stiftungserklärung oder in einer Stiftungszusatzurkunde: Zweifelhafte Stiftungserklärungen hat der Stiftungsvorstand selbst auszulegen und zu vollziehen. Sie begründen - wie ausgeführt - keine neuen, geänderten Verhältnisse.“
5.1.3. In der Entscheidung 6 Ob 19/06x wurde ausgesprochen, die Genehmigung gemäß § 33 Abs 2 letzter Satz PSG diene der Kontrolle der ordnungsgemäßen Ausübung des Änderungsrechts durch den Stiftungsvorstand. Sie solle den in der Stiftungserklärung zum Ausdruck kommenden Stifterwillen vor nachträglicher, unkontrollierter und leichtfertiger Veränderung und Verfälschung und zugleich die Privatstiftung vor dem Zugriff ihrer eigenen Organe schützen (ähnlich auch 6 Ob 95/07z; 6 Ob 261/09i).
5.1.4. In der Entscheidung 6 Ob 18/07a (= GesRZ 2007, 346 [Arnold]) sprach der Senat aus, der Stiftungsvorstand könne nur in besonderen Fällen und nur mit Genehmigung des Gerichts Änderungen der Stiftungserklärung zur Anpassung an geänderte Verhältnisse vornehmen, um die Funktionsfähigkeit der Stiftung aufrecht zu erhalten.
5.1.5. In der Entscheidung 6 Ob 261/09i führte der erkennende Senat aus, der Widerruf einer Stiftung durch den Stifter gemäß § 34 PSG könne (auch nach dem Tod des Stifters) nicht durch eine Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand gemäß § 33 Abs 2 Satz 2 PSG rückgängig gemacht („unterlaufen“) werden.
5.1.6. In der Entscheidung 6 Ob 57/13w (= ecolex 2013, 1084 [Rizzi]) wurde im Rahmen einer Zurückweisung des Revisionsrekurses die Aussage der Entscheidung 6 Ob 7/04d wiederholt, dass eine Änderung der Stiftungserklärung durch den Vorstand gemäß § 33 Abs 2 PSG erfordere, dass geänderte Verhältnisse im Sinne der Lehre von der Geschäftsgrundlage vorliegen müssten.
5.2. Lehre
5.2.1. Müller, Änderung, Widerruf, Beendigung, Auflösung und Abwicklung der Privatstiftung,in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich (Hrsg), Handbuch zum PSG (1994) 272 f, führt aus, die geänderten Verhältnisse iSd § 33 Abs 2 PSG müssten für die Stiftung von grundlegender Bedeutung sein. Diese Vorschrift werde man als gesetzlich normierten Ausdruck der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage verstehen können. Primäres Ziel der Änderung sei die Anpassung an wesentlich geänderte Verhältnisse unter Wahrung und sorgfältiger Beachtung des Zwecks und des in der Stiftungsurkunde niedergelegten Stifterauftrags. Bevor der Stiftungsvorstand eine Änderung vornehme, habe er in einem ersten Schritt zu prüfen, ob geänderte Verhältnisse von besonderer Bedeutung für die Stiftung vorliegen. In Umsetzung der Grundsätze der Lehre von der Geschäftsgrundlage auf die Stiftungserklärung würden die für die jeweilige Stiftung geschäftstypischen Verhältnisse, die auf den vom Stifter verliehenen Charakter und Wesensart und insbesondere auf Aufgabenbereich und Zweckerfüllung einwirken und im Interesse des Zweckerfüllungsauftrags aus unabweisbaren Gründen geboten erschienen, solche von besonderer Bedeutung für die Privatstiftung sein. Die Formulierung Anpassung an geänderte Verhältnisse impliziere, dass die geänderten Verhältnisse nicht bereits beim Stiftungsgeschäft vorgelegen seien und dass ein erkennbarer Stifterwille, der die geänderten Verhältnisse berücksichtige, fehle. Bejahe der Stiftungsvorstand das Vorliegen geänderter Verhältnisse, die für die Stiftung von besonderer Bedeutung seien, müsse er daher die Stiftungserklärung und ihren Sinngehalt erforschen, um in einem zweiten Schritt festzustellen, ob der Stifterwille auf die vorliegenden geänderten Verhältnisse Bedacht genommen und für ihr Eintreten vorgekehrt habe. Habe der Stifter Vorkehrungen getroffen, müsse der Stiftungsvorstand diese, soweit sie nicht ebenfalls wegen der geänderten Verhältnisse überholt seien, ausführen. Wenn die Stiftungserklärung keine Vorkehrungen enthalte oder diese überholt seien, müsse der Stiftungsvorstand den wahren Stifterwillen erforschen und nach einer Anpassungsmöglichkeit an die geänderten Verhältnisse suchen. Soweit der Stifter noch lebe, werde ihn Stiftungsvorstand und Gericht anzuhören haben.
5.2.2. Berger in Doralt/Nowotny/Kalss, PSG (1995) § 33 Rz 13, führt aus, es reiche nicht aus, dass sich Verhältnisse allgemein geändert haben. Sie müssten vielmehr die Stiftung dergestalt betreffen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lasse oder dass man annehmen könne, dass der Stifter unter den geänderten Umständen jedenfalls eine andere Regelung getroffen hätte. Da ein wirklicher Stifterwille in Bezug auf die geänderten Verhältnisse fehle, habe sich der Vorstand zu fragen, wie die Änderung unter Berücksichtigung des hypothetischen Stifterwillens zu erfolgen hätte.
5.2.3. Nach Ch. Nowotny in Gassner/Göth/Gröhs/Lang, Privatstiftungen (2000) 135, ist der gesetzliche Rahmen im Zweifel eng zu sehen, sodass nur solche Änderungen bewilligt werden dürften, die ‑ falls sie unterbleiben würden ‑ die Gefahr einer Auflösung der Privatstiftung mit sich brächten.
5.2.4. Diregger/Winner, Fragen der Gestaltungsfreiheit im Privatstiftungsrecht am Beispiel der Änderung nach § 33 Abs 2 PSG, in Doralt/Kalss (Hrsg), Aktuelle Fragen des Privatstiftungsrechts (2001), 105 (125 ff), meinen, die Rechtfertigung der Änderungsbefugnis des Vorstands ergebe sich aus der Sicherung der Funktionsfähigkeit der Stiftung. Diese Befugnis diene damit der Gewährleistung der dauerhaften Verfolgung des Stiftungszwecks.
5.2.5. Arnold in GeS 2004, 242 (Anm zu 6 Ob 187/03y) vertritt die Ansicht, die „geänderten Verhältnisse“, an die die Stiftungserklärung angepasst werden solle, müssten die Privatstiftung dergestalt betreffen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lasse. Von geänderten Verhältnissen sei allerdings nur dann auszugehen, wenn diese nicht bereits beim Stiftungsgeschäft vorgelegen seien. Wenn allfällige Motive zur Errichtung der Privatstiftung nicht in der Stiftungserklärung umgesetzt worden seien, sei es auch dem Stiftungsvorstand verwehrt, nachträglich derartigen (vermeintlichen) Motiven durch Änderung der Stiftungserklärung zum Durchbruch zu verhelfen (was auch daran scheitern würde, dass es sich eben um keine geänderten Verhältnisse handle). Nur dann, wenn sich aus der Stiftungserklärung keine Anhaltspunkte für eine konkrete Umsetzung ergäben, könne auf den hypothetischen Stifterwillen zurückgegriffen werden. Beim Stifterwillen handle es sich um kein dynamisches (laufenden Änderungen unterliegendes) System. Die Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands sei vom Gesetzgeber subsidiär zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der Privatstiftung eingerichtet worden, nicht aber als Ersatz einer fehlenden Änderungsbefugnis des Stifters. Ändere der Stifter daher seinen „Stifterwillen“, könne er diesem (im Bereich der Änderung der Stiftungserklärung) nur insoweit zum Durchbruch verhelfen, als er die Stiftungserklärung (allenfalls auch unmittelbar den Stiftungszweck) selbst (bei Aufnahme eines entsprechenden Änderungsvorbehalts) ändere. Eine bloße Willensänderung des Stifters (ohne entsprechenden Niederschlag in der Stiftungserklärung) sei aber nicht geeignet, eine Verpflichtung (oder auch Berechtigung) des Stiftungsvorstands zur Änderung zu begründen.
5.2.6. Arnold inGeS 2004, 343 (Anm zu 6 Ob 7/04d) meint, § 33 Abs 2 PSG fordere weder eine Gefährdung des Gemeinwohls noch eine Unmöglichkeit der Erfüllung des Stiftungszwecks, sondern „lediglich“ eine Änderung der Verhältnisse. Nicht jede Änderung der Verhältnisse, die der Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit entgegenstünde, müsse auch eine solche iSd Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage sein. Die Definition, die der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 187/03y verwendet habe, sei präziser. In dieser Entscheidung habe das Höchstgericht ausgesprochen, dass die Änderungen die Stiftung dergestalt betreffen müssen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lasse.
5.2.7. Arnold, PSG3 (2013) § 33 Rz 28, 55 ‑ 63, führt aus, Ziel der Änderungsbefugnis des Vorstands sei, die Funktionsfähigkeit der Privatstiftung aufrechtzuerhalten. Der Gefahr, dass eine Privatstiftung mangels Anpassungsmöglichkeit aufgelöst werden müsste, solle entgegengewirkt werden. Der Stiftungszweck könne durch den Stiftungsvorstand nicht nur nicht grundlegend, sondern weitestgehend überhaupt nicht geändert werden. Die geänderten Verhältnisse müssten für die Privatstiftung von besonderer Bedeutung sein. Es müsse sich allerdings nicht um grundlegend geänderte Verhältnisse im Sinn der Lehre von der Geschäftsgrundlage handeln. Es reiche allerdings nicht aus, dass sich die Verhältnisse allgemein geändert hätten. Die Änderungen müssten vielmehr die Stiftung dergestalt betreffen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lasse und dass anzunehmen sei, der Stifter hätte unter den geänderten Umständen eine andere Regelung getroffen.
5.2.8. Csoklich, Folgen der OGH-Entscheidung zum Begünstigteneinfluss beim aufsichtsratsgleichen Beirat, PSR 2010, 4 (12), vertritt die Ansicht, das subsidiäre Änderungsrecht des Vorstands werde restriktiv ausgelegt und etwa nur dann angenommen, wenn sich die Verhältnisse im Sinn der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage grundlegend geändert hätten. Danach sei eine Änderung durch den Stiftungsvorstand nur als ultima ratio und nur bei so grundlegend geänderten Verhältnissen zulässig, dass sonst die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht möglich sei und der Stifter die Änderung auch so gewünscht hätte: Diese restriktive Ansicht sei mit Recht von Arnold kritisiert worden. Auch der Oberste Gerichtshof selbst gehe teilweise mit diesen von ihm restriktiv formulierten Grundsätzen dann recht freizügig um, wie etwa bei einer ‑ ausschließlich im Interesse des Stifters gelegenen ‑ Firmenänderung (6 Ob 187/03y). Richtigerweise sei wohl davon auszugehen, dass eine Änderung der Stiftungsurkunde durch den Vorstand stets dann möglich sein müsse, wenn sich durch nach Stiftungserrichtung eingetretene Änderungen der rechtlichen und/oder tatsächlichen Verhältnisse die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht verwirklichen lasse und anzunehmen sei, dass der Stifter unter den geänderten Umständen eine andere Regelung getroffen hätte.
6. Folgerungen:
Der erkennende Senat hat ‑ auch im Licht der dargestellten Lehrmeinungen ‑ die Frage der Reichweite der Änderungsbefugnis des Stiftungsvorstands und der Genehmigung durch das Gericht gemäß § 33 Abs 2 PSG erneut geprüft und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:
6.1. Der Stiftungsvorstand darf Änderungen nur zur Anpassung an geänderte Verhältnisse und nur unter Wahrung des Stiftungszwecks vornehmen.
6.2. Der im Stiftungszweck dargelegte Stifterwille ist vom Vorstand bei der Wahrnehmung seiner Abänderungsbefugnis jedenfalls zu beachten. Die „geänderten Verhältnisse“ dürfen nicht bereits beim Stiftungsgeschäft vorgelegen sein. Ein erkennbarer Stifterwille, der diese Änderungen berücksichtigt, muss bei Errichtung der Stiftungserklärung gefehlt haben. Der Stifterwille darf nicht durch die Ausübung des Änderungsrechts des Stiftungsvorstands unterlaufen werden. Es ist auf den (hypothetischen) Stifterwillen im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungserklärung abzustellen. Beim Stifterwillen handelt es sich somit nicht um ein dynamisches (laufenden Änderungen unterliegendes) System.
6.3. Der Stifterwille ist aus der Stiftungserklärung durch Auslegung derselben zu ermitteln. Dabei sind die für die Satzungen juristischer Personen entwickelten Auslegungskriterien auch für Stiftungen anzuwenden (RIS‑Justiz RS0108891 [T5]). Derartige korporative Regelungen sind nach deren Wortlaut und Zweck in ihrem systematischen Zusammenhang objektiv (normativ) auszulegen (RIS‑Justiz RS0108891 [T4, T21]; RS0118046).
6.4. Es reicht nicht aus, dass sich die Verhältnisse allgemein geändert haben. Die Änderungen müssen vielmehr die Stiftung dergestalt betreffen, dass sich die Umsetzung des Stifterwillens nach der ursprünglichen Stiftungserklärung vernünftigerweise nicht mehr verwirklichen lässt oder dass anzunehmen ist, der Stifter hätte unter den geänderten Umständen eine andere Regelung getroffen. Der Vorstand hat auf den hypothetischen Stifterwillen Bedacht zu nehmen.
6.5. Fälle, die „geänderte Verhältnisse“ im Sinn des § 33 Abs 2 PSG darstellen können, sind etwa, wenn die Funktionsfähigkeit der Stiftung gefährdet ist, wenn ohne Änderung der Stiftungserklärung die Stiftung aufgelöst werden müsste (außer die Auflösung entspricht dem aus der Stiftungserklärung ersichtlichen Stifterwillen), oder wenn ‑ etwa durch oberstgerichtliche Rechtsprechung ‑ nachträglich bekannt wird, dass einzelne Klauseln der Stiftungserklärung gesetzwidrig sind.
6.6. Das Erfordernis, dass die geänderten Verhältnisse solche im Sinne der Lehre vom Wegfall der Geschäftsgrundlage sein müssen, wird nicht aufrechterhalten. Dieses Erfordernis lässt sich nämlich weder aus dem Gesetz noch aus den Materialien ableiten.
6.7. Das Änderungsrecht des Stiftungsvorstands und das Genehmigungsverfahren nach § 33 Abs 2 PSG dienen nicht der Klarstellung zweifelhafter, auslegungsbedürftiger Stiftungserklärungen.
6.8. Die gerichtliche Genehmigung gemäß § 33 Abs 2 letzter Satz PSG dient der Kontrolle der ordnungsgemäßen Ausübung des Änderungsrechts durch den Stiftungsvorstand. Sie soll den in der Stiftungserklärung zum Ausdruck kommenden Stifterwillen vor nachträglicher, unkontrollierter und leichtfertiger Veränderung und Verfälschung und zugleich die Privatstiftung vor dem Zugriff ihrer eigenen Organe schützen.
7. Ergebnis im vorliegenden Fall:
Wendet man die unter Punkt 6. dargelegten Kriterien im vorliegenden Fall an, so liegen die Voraussetzungen für eine Genehmigung der Änderung der Stiftungsurkunde vor: Die konkrete Änderung des Gesellschaftsvertrags der GmbH im Jahr 2005 stellt für die Privatstiftung „geänderte Verhältnisse“ dar, wurde doch die Stiftungserklärung eng auf die damalige Fassung des Gesellschaftsvertrags abgestimmt. Durch die Neufassung des Gesellschaftsvertrags hat nunmehr eine wesentliche Änderung der gesellschaftsrechtlichen Rahmenbedingungen stattgefunden. Die Stifter hätten bei Voraussicht dieser Änderung des Gesellschaftsvertrags im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungsurkunde für diesen Fall durch Aufnahme der Klausel, wie sie durch die Änderung des Vorstands in die Stiftungsurkunde eingefügt werden soll, vorgesorgt.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)