OGH 6Ob194/21d

OGH6Ob194/21d18.3.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* Limited (eingetragen zu *) *, Nevis, vertreten durch Grama Schwaighofer Vondrak Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei L* I*, Israel, wegen Herausgabe, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 8. September 2021, GZ 5 R 112/21h‑11, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Juli 2021, GZ 57 Cg 28/21p‑7, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0060OB00194.21D.0318.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses selbst zu tragen.

 

Begründung:

[1] Mit ihrer am 28. 5. 2021 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten Klage begehrt die Klägerin – entsprechend ihrer zulässigen Klagsänderung vom 6. 7. 2021 –, die Beklagte zur Aushändigung näher bezeichneter Dokumente schuldig zu erkennen, in eventu festzustellen, dass sie erst nach Vorlage der angeführten Dokumente verpflichtet sei, das von der Beklagten erbrachte Investment in Höhe von 1.296.199 USD einschließlich der vertraglich zugesicherten Rendite zurückzustellen. Sie brachte vor, sie sei eine Gesellschaft (Limited) mit Sitz in Nevis, einem Gliedstaat des Karibikstaats St. Kitts und Nevis, an der sich institutionelle Investoren im Sinne des Anhangs II der MiFID (Richtlinie 2014/65/EU ) beteiligen könnten. Die Beklagte (laut Klagsangaben eine natürliche Person mit Zustelladresse in Israel) habe mit Vereinbarung vom 11. 10. 2011 1.296.199 USD in einen Fonds der Klägerin investiert und mit Schreiben vom 25. 2. 2018 die Rückzahlung des Investments begehrt. Die Klägerin habe dies abgelehnt und mitgeteilt, für eine Rückführung des Investments sei die Zurverfügungstellung der im Klagebegehren genannten Unterlagen zur Feststellung der Mittelherkunft unerlässlich. Die Klägerin sei aufgrund verschiedener gesetzlicher Bestimmungen zur Einholung dieser Unterlagen verpflichtet. Seit Beginn der Geschäftsbeziehung habe die Klägerin erfolglos versucht, die entsprechenden Nachweise einzuholen.

[2] Zur Zuständigkeit brachte die Klägerin vor, die Beklagte entfalte ihre unternehmerische Tätigkeit, die im Erwerben, Halten und Verwalten diverser Beteiligungen sowie anderer Finanzprodukte liege, weltweit. Die zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung beinhalte eine Rechtswahl zugunsten österreichischen Rechts und eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten österreichischer Gerichte. Ein die handelsgerichtliche Zuständigkeit begründender Tatbestand (§ 51 JN) liege nicht vor. Da die Beklagte in Wien über wesentliches Vermögen verfüge, sei die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien gegeben. Sollte sich dieses für örtlich unzuständig erachten, werde ein Ordinationsantrag gemäß § 28 Abs 1 Z 3 JN gestellt.

[3] Die von der Klägerin mit der Klage vorgelegte Vereinbarung zwischen den Streitteilen vom 11. 10. 2011 lautet auszugsweise wie folgt:

1. Ich/Wir investiere(n) hiermit in die Gesellschaft einen Betrag in Höhe von USD 1.296.199 als Gegenleistung für 1.296.199 Anteile der Gesellschaft (die Investition) gemäß den Bestimmungen und Bedingungen dieser Zeichnungsvereinbarung, den Gründungsurkunden sowie gemäß den Verpflichtungen und Gewährleistungen des Anteilszeichners (welche dieser Vereinbarung als Anlage II angeschlossen sind).

Anlage II

Verpflichtungen und Gewährleistung des Anteilszeichners

Der Anteilszeichner nimmt zustimmend zur Kenntnis, dass diese Zeichnungsvereinbarung und der Antrag österreichischem Recht unterliegen, und unterwirft sich hiermit der nicht ausschließlichen Zuständigkeit der Gerichte der Republik Österreich.

[4] Das Erstgericht wies die Klage a limine mangels internationaler Zuständigkeit zurück. Eine Berufung auf die getroffene Gerichtsstandsvereinbarung scheide aus, weil es sich um eine Streitigkeit aus dem Rechtsverhältnis zwischen einer eingetragenen Kapitalgesellschaft und einem ihrer Mitglieder handle. Sowohl das Ausfolgungs‑ als auch das Feststellungsbegehren hätten ihren Ursprung in der gesellschaftsrechtlichen Beziehung der Streitteile. Für derartige Streitigkeiten aus dem Gesellschaftsverhältnis (§ 51 Abs 1 Z 6 JN) könne die internationale Zuständigkeit gemäß § 104 Abs 4 JN durch Gerichtsstandsvereinbarung aber nicht begründet werden. Sofern die Klägerin die Ausfolgungsverpflichtung der Beklagten nicht aus dem Vertrag herleite, sei die Gerichtsstandsvereinbarung darauf nach dem Wortlaut ohnehin nicht anwendbar. Da sich aus dem Vorbringen in der Klage kein Vermögen der Beklagten in Österreich ergebe, liege auch insoweit kein Anknüpfungspunkt für die internationale Zuständigkeit vor.

[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Der in § 51 Abs 1 Z 6 JN verwendete Begriff der „Handelsgesellschaft“ sei (insbesondere seit dem HaRÄG)im Sinn einer unternehmerisch tätigen Gesellschaft zu verstehen. Der Zuständigkeitstatbestand des § 51 Abs 1 Z 6 JN finde bereits nach seinem Wortlaut auch auf ausländische Gesellschaften Anwendung. Dass die Klägerin unternehmerisch tätig sei, stelle sie selbst auch nicht in Abrede, sodass sie bereits insofern als Handelsgesellschaft im Sinn dieser Bestimmung zu qualifizieren sei; die Vergleichbarkeit der Rechtsform sei gegenständlich daher irrelevant. Mangels internationaler Zuständigkeit Österreichs komme auch eine Ordination nicht in Betracht.

[6] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Qualifikation nichteuropäischer Gesellschaften als Handelsgesellschaften gemäß § 51 Abs 1 Z 6 JN fehle.

Rechtliche Beurteilung

[7] Der Revisionsrekurs der Klägerin ist aus dem von Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

[8] Sie bringt vor, ihr Geschäftsmodell entspreche nicht dem einer Kapitalgesellschaft, an der sich Investoren zwecks Direktinvestitionen beteiligen könnten. Es gehe vielmehr darum, dass institutionelle Investoren und professionelle Kunden „im Sinne des Anhangs II der MiFID (Richtlinie 2014/65/EU )“ über die Klägerin Investitionen in verschiedenen Fonds tätigen könnten. Damit sei die Klägerin aber nicht „Handelsgesellschaft“, an der sich „Gesellschafter“ beteiligten, sondern arbeite nach Art eines „Brokers“ im Bereich der Vermittlung von Investitionsmöglichkeiten an professionelle Kunden. Wer einer „Handelsgesellschaft“ einen Geldbetrag zur fruchtbringenden Veranlagung übergeben habe, ohne dadurch Mitgliedschaftsrechte (wie zB Mitsprache, Kontrolle, Bucheinsicht) erlangt zu haben, müsse nicht davon ausgehen, „Mitglied einer Handelsgesellschaft“ zu werden. Der unrichtigen Annahme des Rekursgerichts, die Klägerin sei eine Unternehmerin kraft unternehmerischer Tätigkeit, liege offenbar § 267 ZPO zugrunde, was jedoch mangels Gegenvorbringens nicht in Betracht komme. Diese Annahme verstoße auch gegen das Verbot von Überraschungsentscheidungen. Im Fall der Einräumung des rechtlichen Gehörs hätte die Klägerin zu der ihr fehlenden, für die Annahme des Unternehmensbegriffs aber notwendigen „Organisation“ etwas vorbringen können.

Hierzu wurde erwogen:

[9] 1. Die gerügten Verfahrensmängel liegen – jedenfalls im Ergebnis – nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 iVm § 528a ZPO).

[10] 2. Gemäß § 51 Abs 1 Z 6 JN gehören bei einem Streitwert von über 15.000 EUR ua Streitigkeiten aus dem Rechtsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Handelsgesellschaft oder zwischen dieser und ihren Mitgliedern vor die selbständigen Handelsgerichte.

[11] Gemäß § 92b JN können die im § 51 Abs 1 Z 6 JN genannten Streitigkeiten, mit Ausnahme von Klagen gegen Dritte, bei dem Gericht des Ortes angebracht werden, in dem die Gesellschaft ihren Sitz hat.

[12] Gemäß § 104 Abs 4 JN kann in Rechtssachen (ua) nach § 92b JN die inländische Gerichtsbarkeit nach § 104 Abs 1 (ausdrückliche Vereinbarung) oder Abs 3 (rügelose Einlassung durch den Beklagten) JN nicht begründet werden.

[13] 3. Das Vorliegen der internationalen Zuständigkeit ist grundsätzlich nur nach innerstaatlichem (Verfahrens-)Recht zu beurteilen (RS0046261). Obgleich die Beurteilung der Vergleichbarkeit von Handelsgesellschaften notwendig die Berücksichtigung fremden Rechts voraussetzt, hat (auch) die Beurteilung, ob ein Unternehmer kraft betriebenen Unternehmens vorliegt, nach innerstaatlichem Recht, konkret anhand der in § 1 Abs 2 UGB (§ 1 Abs 2 KSchG) manifestierten Kriterien zu erfolgen (ebenso offenbar Simotta in Fasching/Konecny 3 § 51 JN Rz 12 ff, 34/1); eine abweichende Beurteilung könnte ansonsten dem Zweck der prozessökonomischen Bündelung gleichartiger Prozesse bei der Kausalgerichtsbarkeit im Wege stehen.

[14] 4. Dass die Beklagte ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen oder jeweiligen Aufenthalt in Österreich hätte, hat die Klägerin nicht behauptet, sodass zunächst die inländische Gerichtsbarkeit gemäß § 27a Abs 1 JN nicht mit dem allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten (§§ 65 bis 67 JN) begründet werden kann. Die Berufung auf den Gerichtsstand des Vermögens gemäß § 99 JN hat die Klägerin schon im Rekurs und jetzt auch im Revisionsrekurs fallen gelassen, sodass darauf nicht mehr einzugehen ist. Somit kommt nur mehr die behauptete Gerichtsstandsvereinbarung in Betracht, die aber wegen § 104 Abs 4 JN als Grundlage für die inländische Gerichtsbarkeit ausscheidet, wenn der geltend gemachte Anspruch unter § 51 Abs 1 Z 6 JN fällt.

[15] 5.  Im Hinblick darauf, dass bereits vor dem HaRÄG auch die minderkaufmännisch (§ 4 Abs 1 HGB) tätigen Gesellschaften von § 51 Abs 1 Z 6 JN umfasst waren, ist nach heute herrschender Ansicht als „Handelsgesellschaft“ iSd § 51 Abs 1 Z 6 JN eine Gesellschaft zu verstehen, die entweder Unternehmerin kraft Rechtsform (§ 2 UGB) oder Unternehmerin kraft betriebenen Unternehmens ist (6 Ob 65/01d; 7 Ob 159/04i; Simottain Fasching/Konecny 3 § 51 JN, Rz 96; Pesendorfer in Höllwerth/Ziehensack [Hrsg],ZPO – Taschenkommentar [2019] § 51 JN Rz 15 f). Dass § 51 Abs 1 Z 6 JN nicht eng zu verstehen ist, zeigt auch der Umstand, dass sogar Gelegenheitsgesellschaften („zwischen den Teilnehmern einer Vereinigung zu einzelnen unternehmensbezogenen Geschäften für gemeinschaftliche Rechnung“) erfasst werden (vgl 6 Ob 65/01d).

[16] 6. Das Rekursgericht führte aus, die Klägerin habe ihre unternehmerische Tätigkeit nie in Abrede gestellt. Dem Klagsvorbringen kann aber ein solches Zugeständnis nicht entnommen werden. Eine Erörterung unterblieb naturgemäßaufgrund der a limine erfolgten Zurückweisung. Auch im Verbesserungsauftrag wurde die Klägerin nicht mit dieser Annahme konfrontiert. Dennoch erweist sich die rekursgerichtliche Annahme einer unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin aus folgenden Erwägungen im Ergebnis als berechtigt.

[17] 6.1. Die Klägerin brachte vor, sie sei eine Gesellschaft, „an der sich institutionelle Investoren sowie Professionelle Kunden iS des Anhangs II der MiFID (Richtlinie 2014/65/EU ) beteiligen können“. Sie bezeichnete sich auch als „Finanzintermediär“ im Zusammenhang mit den Pflichten nach dem Finanzmarkt-Geldwäschegesetz (FM‑GwG; gemeint ist offenbar die Eigenschaft als Finanzinstitut iSd § 2 Z 2 lit c FM‑GwG).

[18] 6.2. Die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 über Märkte für Finanzinstrumente sowie zur Änderung der Richtlinien 2002/92/EG und 2011/61/EU , ABl L 2014/173, 349 („MiFID II“) fokussiert den persönlichen Anwendungsbereich auf sogenannte Wertpapierfirmen, die an „Kunden“ oder – wie die Klägerin vorbringt – an „professionelle Kunden“ iSd Anhangs II MiFID II Wertpapierdienstleistungen oder Nebendienstleistungen erbringen (vgl Art 4 Abs 1 Z 9 und 10 MiFID II). Eine Wertpapierfirma bezeichnet dabei primär jede juristische Person, die im Rahmen ihrer üblichen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gewerbsmäßig eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen für Dritte erbringt und/oder eine oder mehrere Anlagetätigkeiten ausübt (Art 4 Abs 1 Z 1 MiFID II; vgl auch §§ 1 Z 1, 3 WAG 2018).

[19] Dass mit „Gewerbsmäßigkeit“ in diesem Zusammenhang eine unternehmerische Tätigkeit gemeint ist, zeigt die systematische Auslegung mit dem folgenden Satz, wonach die Mitgliedstaaten unter gewissen Voraussetzungen „als Wertpapierfirma auch Unternehmen, die keine juristischen Personen sind, definieren“. Umgekehrt sollen etwa bloß gelegentlich erbrachte Wertpapierdienstleistungen vom Anwendungsbereich ausgenommen werden (vgl Art 2 Abs 1 lit c, ErwGr 30 MiFID II).

[20] 6.3. Den Klagsangaben einschließlich der vorgelegten Vereinbarung kann entnommen werden, dass es sich bei der Klägerin um eine juristische Person handelt, die gewerbsmäßig Wertpapierdienstleistungen für „professionelle“ Kunden in einem großen Umfang erbringt. Damit übt sie eine auf Dauer angelegte selbständige wirtschaftliche Tätigkeit aus. Die darüber hinaus für den Betrieb eines Unternehmens nach § 1 Abs 2 UGB geforderte Organisation stellt nach herrschender Meinung einen Typusbegriff dar und kann bereits bei einem einigermaßen planmäßigen und dauerhaften Tätigwerden angenommen werden, wobei im Zweifel insbesondere auf die Anstellung Dritter abgestellt wird (Straube/Ratka/Jost in Straube/Ratka/Rauter [Hrsg], UGB I4 [2019] Rz 76 f; vgl auch Suesserott/U. Torggler in U. Torggler [Hrsg], UGB3 [2013] § 1 Rz 13 f). Dabei sind hier nicht nur der Umfang des Anteils der Beklagten, die Verwendung eines standardisierten Anteilseignerformulars (Beilage ./A) und die Sammlung der klagsgegenständlichen Unterlagen aufgrund der Stellung der Klägerin als „Finanzintermediärin“ iSd FM‑GwG zu werten, sondern auch die Anstellung eines eigenen Investmentmanagers (Beilage ./A, Seite 8).

[21] 6.4. Sowohl nach dem autonomen (richtlinienrechtlichen) als auch nach dem nationalen Unternehmensbegriff nach § 1 Abs 2 UGB kann somit anhand der Klagsangaben kein Zweifel daran bestehen, dass die Klägerin ein Unternehmen betreibt. Nach den unter 5. dargestellten Kriterien ist die Klägerin daher eine unter § 51 Abs 1 Z 6 JN fallende Handelsgesellschaft, ohne dass es auf einen Vergleich zwischen der Rechtsform der „Limited“ nach dem Recht des Staates des Sitzes der Klägerin und einer vergleichbaren österreichischen Gesellschaftstype ankäme.

[22] 7. Entgegen ihrem Vorbringen ist aber auch das Vorliegen einer Streitigkeit zwischen einer Handelsgesellschaft und ihren Mitgliedern zu bejahen: Dies ergibt sich aus der oben zitierten Passage der der Klage beigefügten Urkunde über den Anteilserwerb der Beklagten an der Klägerin. Dort ist die Rede vom „Investieren in die Gesellschaft“ („invest in the company“), wofür der „Anteilszeichner“ („Subscriber“) „Anteile der Gesellschaft“ („participative shares“) erwirbt. Damit wird eindeutig die Mitgliedschaft an der Gesellschaft angesprochen. Mit der vorliegenden Klage der Gesellschaft gegen die Beklagte auf Ausfolgung von Urkunden, die nach dem Klagsvorbringen mit dem Investment der Beklagten in die Klägerin zusammenhängen, liegt daher eine Streitigkeit einer Handelsgesellschaft mit einem Mitglied vor. Daran ändert auch nichts, dass ein solcher Streit in der (demonstrativen) Aufzählung von Simotta (in Fasching/Konecny 3, § 51 JN Rz 97) nicht erwähnt wird.

[23] Die Berücksichtigung dieser der Klage beigelegten Urkunde wird durch § 41 Abs 2 JN ermöglicht, wonach bei Prüfung der Zuständigkeit insofern eine Bindung an die Klagsangaben nicht besteht, als deren Unrichtigkeit dem Gericht schon bekannt ist. Diese Unrichtigkeit kann sich – wie hier – auch aus beiliegenden Urkunden ergeben (vgl 6 Ob 127/98i; 4 Nc 32/03y). Überdies steht nach oberstgerichtlicher Rechtsprechung dem Gericht nach § 42 Abs 1 JN bei der Prüfung der inländischen Gerichtsbarkeit und der internationalen Zuständigkeit trotz des Inkrafttretens des § 27a JN auch eine materielle Prüfungsbefugnis zu (6 Ob 190/05t; zust Scheuer in Fasching/Konecny 3 § 41 JN Rz 13;  Mayr in Rechberger,ZPO3 § 41 JN Rz 7).

[24] 8. Die Vorinstanzen haben daher zutreffend die Klage mangels internationaler Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen, weshalb dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben war.

[25] 9. Die Kostenentscheidung gründet auf §§ 40, 50 ZPO.

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