European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0060OB00144.24F.1106.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Rechtsstreits ist, ob sich die Höhe der von den Beklagten zu leistenden, vertraglich vereinbarten „Ablösesumme“ für ein Superädifikat an einem Baggersee nach einem eingeholten Schiedsgutachten zu richten hat oder ob dafür der vom Kläger darüber hinaus begehrte, um 18.525,60 EUR höhere Betrag zu zahlen ist.
[2] Die Vorinstanzen verpflichteten – soweit im Revisionsverfahren relevant – die Beklagten zur Zahlung von 41.500 EUR (und damit in Höhe des vom Schiedsgutachter festgesetzten Betrags) Zug um Zug gegen Unterfertigung einer grundbuchsfähigen Urkunde. Das Zahlungsmehrbegehren des Klägers wiesen sie ab.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision ist mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig:
[4] 1. Fragen der Vertragsauslegung sind stets solche des Einzelfalls (vgl RS0044298; RS0042936; RS0112106 [T1]). Sie können daher nur dann eine erhebliche Rechtsfrage begründen, wenn das Berufungsgericht von den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen abgewichen und zu einem unvertretbaren Auslegungsergebnis gelangt ist (vgl RS0042776; RS0042936; vgl RS0042555 [T1]). Dies ist hier – entgegen den Behauptungen des Klägers – nicht der Fall:
[5] 2. Der Vorwurf, es weiche die angefochtene Entscheidung deshalb von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ab, weil das Berufungsgericht bei der Beurteilung des Vertragsinhalts nicht auf den Zeitpunkt „der Vertragserrichtung bzw des Vertragsabschlusses“ abgestellt habe, wie dies etwa nach der zu 9 Ob 62/04i ergangenen Entscheidung zu erfolgen habe, bleibt unverständlich. Ganz eindeutig war in jener Entscheidung mit „Vertragsschluss“ der Zeitpunkt gemeint, in dem die damaligen Vertragsteile ihren Vertrag (einen Kreditvertrag) abgeschlossen, offenkundig gemeint im Sinne von unterfertigt, hatten. Diesen Zeitpunkt haben die Vorinstanzen – völlig unzweifelhaft – auch hier herangezogen. Der vom Kläger schon im Berufungsverfahren vertretene – vom Berufungsgericht aber ohne Fehlbeurteilung verworfene – Standpunkt, es sei der im Oktober 1997 vom Kläger (zuerst und dann erst von der Gegenseite) unterfertigte Vertrag (mit Beginn des Bestandverhältnisses mit Oktober 1997) „im Jahr 1986 errichtet“ worden, weil er „auf einer Vorlage aus dem Jahr 1986“ „beruhte“ und deshalb auf Basis der damaligen Rechtslage zu beurteilen sei, ist weder zu teilen noch der vom Kläger zitierten Rechtsprechung zu entnehmen. Darin, dass die Vorinstanzen diesen Vertrag vor dem Hintergrund der im Jahr 1997 geltenden Rechtslage auslegten und den damals abgegebenen Erklärungen der Parteien nicht unterstellen, sie seien im Sinne einer längst veralteten Rechtslage zu verstehen gewesen, liegt gerade keine Fehlbeurteilung.
[6] 3.1. Sowohl bei Bemängelung der Auslegung des im Vertrag verwendeten Begriffs „voller Schätzwert“ für die auch von der Revision unbezweifelt als Superädifikat(e) beurteilten, auf dem Mietobjekt befindlichen Baulichkeiten als auch anlässlich ihrer Behauptung, es fehle Rechtsprechung dazu, wann eine Wertabweichung bei einem Schiedsgutachten zu „offenkundiger Unrichtigkeit“ führe, und ebenso bei ihrer Berufung auf laesio enormis übergeht die Revision die Ausgangssituation eines Eigentümers eines Superädifikats völlig:
[7] Das Eigentum daran bleibt zwar von der Beendigung oder dem Wegfall des Grundbenützungsverhältnisses an sich unberührt, und es steht das Bauwerk auch weiterhin im Eigentum seines bisherigen Eigentümers. Allerdings müsste dieser es auf Verlangen des Grund-eigentümers grundsätzlich beseitigen, sofern er es nicht aufgrund einer besonderen Abrede auf den Grundeigentümer zu übertragen hat (vgl RS0009887). Ohne eine solche anderweitige Vereinbarung (vgl zum Heimfall etwa 3 Ob 87/10f und 3 Ob 76/86, wonach eine Vereinbarung eines entschädigungslosen Heimfalls für Jagdhütten und ähnliche Bauwerke nicht ungewöhnlich ist) wäre der Kläger verpflichtet gewesen, das Superädifikat auf Verlangen der Beklagten bei Vertragsende abzubauen und zu entfernen (RS0009887 [T4]; 8 Ob 141/22a [Rz 39]). An dieser Ausgangslage sind die Interessen der Streitteile bei Abschluss des Vertrags zu messen.
[8] 3.2. Der von der Revision als Vergleichswert herangezogene (und gar nicht festgestellte) höhere „Verkehrswert“ (des Superädifikats) nimmt auf einen Verkauf an einen Dritten inklusive eines Lagezuschlags und Aufschließungskosten (siehe dazu aber auch Pkt 5.) Bezug. Es wird in dieser Betrachtung die Verkaufsmöglichkeit von der Frage des Vorliegens einer Nutzungsbefugnis für das Grundstück (dem die Lage zuzurechnen ist) losgelöst und die Veräußerungsmöglichkeit als frei gegeben fingiert. Eine Möglichkeit, das Objekt unabhängig von einem Benutzungsrecht frei am Markt zu verkaufen, bestand aber nicht. Schon das Berufungsgericht hat ohne Fehlbeurteilung darauf hingewiesen, dass ausgehend von der getroffenen Vereinbarung und vor dem Hintergrund, dass der Erwerb des Superädifikats und des Mietrechts für einen Dritten eine wirtschaftliche Einheit darstellen werden, die Argumentation zu laesio enormis ins Leere geht.
[9] 3.3. In der Beurteilung beider Vorinstanzen, es sei sachgerecht, den Begriff des vollen Schätzwerts im Vertrag so zu verstehen, dass dem Mieter (der ansonsten das Superädifikat entfernen müsste) nur jener Aufwand ersetzt werden solle, der ihm durch die Bauführung entstand, abzüglich eines Abschlags aufgrund der Abnutzung, weil der Vermieter um diesen Sachwert ansonsten (wenn der Mieter das Objekt, ohne es beseitigen zu müssen, zurücklassen darf) bereichert wäre, liegt kein unvertretbares Auslegungsergebnis.
[10] 4. Auch eine Fehlbeurteilung anlässlich der Verneinung eines den Beklagten vorgeworfenen „sittenwidrigen Verhaltens“ kann die Revision nicht verständlich machen.
[11] Weder haben die Beklagten den Schiedsgutachter „alleine ausgewählt“, zumal sich dessen Bestellung aus der nicht korrekturbedürftigen ergänzenden Auslegung des Vertrags ergab, noch lässt sich aus dem festgestellten Sachverhalt ableiten, dass der Gutachter „massiv dem Einfluss der Auftraggeber und Unternehmer unterlag und zu deren Gunsten eindeutig ein Gutachten zu einem viel geringeren Preis erstattet hätte“. Entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt, führt sie die Rechtsrüge nicht gesetzmäßig aus (RS0043312; RS0043603), sodass auf die daran geknüpften Erwägungen nicht einzugehen ist.
[12] 5. Es steht vielmehr fest, dass die Bewertung dieses Sachverständigen nach den Vorgaben des Liegenschaftsbewertungsgesetzes erarbeitet wurde und in seinem Aufbau und seiner Methodik dem Stand der Wissenschaft entspricht. Einseitige (im Sinne von benachteiligende) Auftragserteilung liegt auch nicht darin, dass sich dieser Sachverständige auftragsgemäß weder mit außerhalb der Teilparzelle liegenden, von den Mietern mitfinanzierten baulichen Infrastruktureinrichtungen befasste (Parkplätze oder Zufahrtswege) noch von den Rechtsvorgängern der Beklagten in den 1960er Jahren an die Gemeinde entrichteten Aufschließungskosten für außerhalb der Liegenschaft befindliche bauliche Infrastruktur berücksichtigte, weil sich die Abgeltung vertragsgemäß auf die „auf dem Mietobjekt befindlichen Baulichkeiten“ zu beschränken hatte.
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