Spruch:
Die Revision und der darin enthaltene Rekurs werden zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beklagten die mit 6.086,40 S (darin enthalten 1.014,40 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
In der Zeit vom 6. bis 11. 9. 1999 führte ein Bludenzer Künstler gemeinsam mit Studenten der Meisterklasse der Höheren Graphischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt Wien ein multimediales Projekt unterhalb eines Wasserfalles im Gemeindegebiet von I***** durch, bei dem ein Gemeindearbeiter mit Transportdiensten aushalf und ein Teil der Studenten in der gemeindeeigenen Turnhalle untergebracht war. Der Kläger ist Bürgermeister von I*****. Im Lokalteil der Tageszeitung "V*****" vom 27. 9. 1999 wurde ein Leserbrief des Beklagten veröffentlicht, der die Behauptung enthielt, der Kläger pflege mit Gemeindesteuern und öffentlichen Geldern heidnische Bräuche zu finanzieren und mit Pauken und Trompeten zu praktizieren.
Der Kläger begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, 1. diese als unwahr und ehrenrührig bezeichnete Behauptung zu widerrufen und 2. ihn zu ermächtigen, den Widerruf auf Kosten des Beklagten im Leserbriefteil der Zeitung "V*****" in näher bezeichneter Form zu veröffentlichen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es handle sich um ein Werturteil mit wahrem Tatsachenkern.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die strittige Äußerung sei eine unwahre und im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB ehrenrührige Tatsachenbehauptung, die über eine sachliche Kritik hinausgehe und mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gerechtfertigt werden könne.
Der Beklagte bekämpfte dieses Urteil mit Berufung. In seiner Berufungsbeantwortung führte der Kläger aus, dass eine Ermächtigung zur Veröffentlichung des Widerrufs auch bei einer auf § 1330 Abs 2 ABGB gestützten Klage zulässig sei. Sollte das Berufungsgericht diese Ansicht nicht teilen, werde Punkt 2. des Klagebegehrens dahin modifiziert, dass der Beklagte schuldig sei, den Widerruf (in näher bezeichneter Form) im Leserbriefteil der Zeitung "V*****" zu veröffentlichen.
Das Berufungsgericht wies in seinem in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluss diese Modifizierung als unzulässig zurück und änderte das Ersturteil im Sinn einer Klageabweisung ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 52.000 S, nicht jedoch 260.000 S übersteige und dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Der Kläger habe durch seine Modifizierung in Wahrheit eine Klageänderung vorgenommen, die nur bis zum Schluss der Verhandlung erster Instanz zulässig sei. Für Ansprüche nach § 1330 ABGB bestehe zwar ein Anspruch auf Widerruf und dessen Veröffentlichung, nicht jedoch auf Ermächtigung zur Veröffentlichung des Widerrufs. Das Widerrufsbegehren selbst lasse nicht erkennen, wem gegenüber der Widerruf abzugeben sei.
Seinen Unzulässigkeitsausspruch änderte das Berufungsgericht auf Antrag des Klägers gemäß § 508 ZPO dahin ab, dass die Revision für zulässig erklärt werde, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage vorliege, ob bei einem verfehlten Begehren auf Ermächtigung der Veröffentlichung des Widerrufs eine richterliche Anleitungspflicht bestehe, dass lediglich der öffentliche Widerruf gegenüber den Lesern eines bestimmten Publikationsorganes in Betracht komme.
Die Revision des Klägers ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch mangels erheblicher Rechtsfrage unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschluss des Berufungsgerichtes, die Modifizierung des Klagebegehrens sei unzulässig, ist gemäß § 519 Abs 1 ZPO unanfechtbar. Im vorliegenden Fall liegt die Modifizierung des Klagebegehrens in Wahrheit darin, dass erstmals im Berufungsverfahren ein Eventualbegehren (nämlich für den Fall, dass Punkt 2. des in der Klage formulierten Begehrens abzuweisen wäre) erhoben wurde. Die Modifizierung des Klagebegehrens stellt daher eine Klageänderung im Sinn einer Erweiterung desselben dar. In einem solchen Fall wird bei Nichtzulassung der Klageänderung der Rechtsschutz grundsätzlich nicht abschließend verweigert, weil es dem Kläger unbenommen ist, den hilfsweise erhobenen Anspruch, um den die Klage erweitert werden sollte, in einer neuen Klage geltend zu machen. Der Ausnahmefall des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO (Zurückweisung der Klage ohne Sachentscheidung) liegt daher nicht vor (vgl 4 Ob 510/96 = JBl 1997, 186). Insoweit ist der Rekurs des Klägers jedenfalls unzulässig.
Grundlage der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes ist daher ausschließlich das in erster Instanz, nicht aber das in der Berufungsbeantwortung (hilfsweise) gestellte Klagebebegehren. Da eine "Verbesserung" der Klage im Sinn des in der Berufungsbeantwortung formulierten Veröffentlichungsbegehrens auf Grund der unanfechtbaren Entscheidung des Berufungsgerichtes, eine solche Umformulierung sei unzulässig, nicht in Betracht kommt, stellt sich im vorliegenden Fall die vom Berufungsgericht in seinem Beschluss auf Zulässigerklärung der Revision bezeichnete Rechtsfrage, ob zur Verbesserung eines derart verfehlten Veröffentlichungsbegehrens anzuleiten ist, gar nicht mehr.
Beim Widerrufsanspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB handelt es sich um einen Schadenersatzanspruch, der den Täter zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes durch Beseitigung des rufschädigenden schlechten Bildes über den Verletzten verpflichtet. Der Täter hat seine unwahren Tatsachenmitteilungen als unwahr zu widerrufen (RIS-Justiz RS0107663). Der Widerruf hat als subjektive Erklärung desjenigen zu geschehen, der sie abzugeben hat (RIS-Justiz RS0004729). Ein Anspruch auf Veröffentlichung des über eine Klage nach § 1330 ABGB ergehenden Urteiles besteht nicht (4 Ob 18/92 = ÖBl 1992, 45 mwN). Die Frage der Art der Exekutionsführung, insbesondere deren Zulässigkeit nach § 353 EO (vgl RIS-Justiz RS0004729) ist von der Frage des Widerrufsanspruches selbst und des Anspruches auf Veröffentlichung der Widerrufserklärung zu trennen und stellt sich im vorliegenden Verfahren, das zur Titelschaffung dient, nicht. Die Abweisung des Urteilsveröffentlichungsbegehrens entspricht daher der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, gegen die die Revision nichts Überzeugendes vorzubringen vermag.
Nach ständiger Rechtsprechung hat der Kläger bei sonstiger zur Klageabweisung führenden Unbestimmtheit des Begehrens anzugeben, wem gegenüber der Widerruf zu erklären sei (RIS-Justiz RS0031897). Das - verfehlte - Begehren auf Urteilsveröffentlichung lässt nicht zwingend den Rückschluss darauf zu, dass der Kläger die Abgabe der Widerrufserklärung selbst (Punkt 1. des Klagebegehrens) gegenüber der Öffentlichkeit bzw den Lesern der in Punkt 2. bezeichneten Zeitung begehrt. Der Kläger führt im Gegenteil noch in seiner Revision aus, dass ihm auch noch nach Verfahrensabschluss vorbehalten bleiben solle, ob der Widerruf gegenüber der Öffentlichkeit oder nur gegenüber einem eingeschränkten Personenkreis - um eine neuerliche unerwünschte und unter Umständen für ihn nachteilige Aktualisierung der Angelegenheit zu vermeiden - zu erklären sei, könne sich doch die Situation ergeben, dass sich eine Veröffentlichung des Widerrufs in den "V*****" gegen die legitimen Interessen des Klägers richte. Schon auf Grund dieser Ausführungen kommt die Einräumung einer Möglichkeit zur Verbesserung durch die Einfügung in Punkt 1. des Begehrens, wem gegenüber der Widerruf zu erklären sei, nicht in Betracht. Der vorliegende Sachverhalt ist daher auch nicht mit jenem Sachverhalt zu vergleichen, der der vom Kläger zitierten Entscheidung vom 20. 5. 1999, 6 Ob 14/99y, zu Grunde lag, wurde dort doch bereits in der Klage ausdrücklich der öffentliche Widerruf begehrt und lediglich das Publikationsorgan erst im Berufungsverfahren entsprechend konkret bezeichnet.
Die Abweisung des nach rechtskräftiger Zurückweisung der Modifizierung des Klagebegehrens verbleibenden Klageanspruches entspricht daher insgesamt der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl insbesondere 4 Ob 18/92), sodass die Revision mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen ist.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Die Revisionsbeantwortung ist infolge ihrer zutreffenden Ausführungen zur Unzulässigkeit der Revision als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig zu honorieren.
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