European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00132.18G.0831.000
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Das Berufungsgericht ließ die Revision mit der Begründung zu, es fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob ein Kreditinstitut, welches den Kunden bei Abschluss eines Fremdwährungskredits in Schweizer Franken über das Wechselkursrisiko aufgeklärt hat, nach Einführung der Kursstützung durch die Schweizerische Nationalbank neuerlich über das mit dem Wegfall dieser Kursstützung verbundene Risiko aufklären muss.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
1.1. Inhalt und Umfang der Beratungspflicht des Anlageberaters oder einer Bank – auch bei Abschluss oder Änderung eines Fremdwährungskredits – sind vom Anlagemodell und von der Person des Kunden abhängig. Ausgehend vom konkreten Anlageziel und der konkreten Risikovorstellung des Kunden sind die typischen Risiken der in Aussicht genommenen Anlage darzustellen. Zudem muss über die Auswirkung des Risikogehalts des Finanzprodukts auf das verfolgte Anlageziel aufgeklärt werden (8 Ob 109/17p mwN; vgl allgemein RIS‑Justiz RS0026135).
1.2. Bei einem Fremdwährungskredit ist über das Zinsrisiko und das Währungs‑ bzw Wechselkursrisiko, das sich auf die Kreditsumme auswirken kann, sowie allenfalls über das mit einem Tilgungsträger verbundene Risiko aufzuklären (RIS‑Justiz RS0108074 [T21, T22]). Im Einzelfall kann es ausreichen, den (Privat‑)Kunden darüber aufzuklären, dass sich der Rückzahlungsbetrag im selben Verhältnis erhöhen oder vermindern wird, indem sich der Wechselkurs zwischen den Währungen verändert (7 Ob 48/17k; 8 Ob 60/15d). Die konkrete Ausgestaltung der Beratungspflichten hängt insgesamt entscheidend von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0029601 [T9]).
2.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass eine Änderung der Währungspolitik der Schweizerischen Nationalbank nicht vorhersehbar war und eine Aufklärungspflicht der Banken über diese Möglichkeit verneint (7 Ob 28/17v; 5 Ob 47/18z). Damit wurde implizit auch eine besondere Pflicht zur Aufklärung über das „Stützungsrisiko“ abgelehnt. Diese Entscheidungen ergingen zur Beratung bei einer Stop‑Loss‑Order, also zu einer Beratungssituation unmittelbar über das Kursrisiko und mögliche Gegenmaßnahmen. Daraus ist abzuleiten, dass die drohende Verwirklichung dieses Risikos nicht gegenüber den sonstigen kursbildenden Faktoren derart wesentlich war, dass über die bloße Möglichkeit eines Wegfalls der Stützung aufgeklärt hätte werden müssen. Diese Überlegung lässt sich aber auf die vorliegende Konstellation übertragen.
2.2. War aber selbst anlässlich einer konkreten Beratung über eine Stop‑Loss‑Order keine Verpflichtung gegeben, gesondert über mögliche zukünftige Änderungen der Politik der Schweizerischen Nationalbank aufzuklären, so kann eine derartige Belehrung auch nicht Gegenstand einer spontanen nachträglichen Aufklärungspflicht bilden. Damit kommt es im vorliegenden Fall aber auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen allenfalls eine nachträgliche spontane Belehrungspflicht zu bejahen wäre, nicht an (vgl RIS‑Justiz RS0102059).
2.3. Im vorliegenden Fall wurde den Klägern sowohl bei Abschluss des Vertrags (Umschuldung) als auch zu einem Zeitpunkt, als der Kurs des CHF bereits gestützt wurde, mitgeteilt, dass der Kurs steigen, aber auch fallen könnte. Damit musste den Klägern – die die Stützung kannten – aber auch klar sein, dass die Kursstüzungsmaßnahmen der Schweizerischen Nationalbank nicht vorbehaltlos die Stabilität des Kurses garantieren konnten. Nach der vom Erstgericht im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffenen (dislozierten) Feststellung wurden die Kläger zudem auch darüber aufgeklärt, dass der Kurs selbst für Spezialisten nicht vorhersehbar war. Wenn die Vorinstanzen vor diesem Hintergrund eine Pflicht zur weiteren Belehrung der Kläger über die möglichen Ursachen für einen zukünftigen Kurssturz (Änderung der Geldpolitik der Schweizerischen Nationalbank) ablehnten, ist darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken.
2.4. Zudem ist zu beachten, dass die Kläger den Vertrag bereits vor der Stützung des Kurses durch die Schweizerische Nationalbank abgeschlossen haben. Durch den Wegfall der Stützung wurde somit erst wieder der Zustand und die Risikolage bei Vertragsabschluss – wenn auch sehr plötzlich – hergestellt.
2.5. Die in der Revision zitierten FMA‑Mindeststandards geben im Kern nur die schon von der Rechtsprechung anerkannten Beratungspflichten wieder. Die Aufnahme eines Fremdwährungskredits unterliegt nicht dem WAG 2007 (7 Ob 48/17k mwN). Das WAG 2018 ist auf die hier strittigen Beratungsvorgänge noch nicht anzuwenden.
3. Zusammenfassend bringt die Revision somit keine Rechtsfragen der von § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision nicht hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979).
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