Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Parteien wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
§ 1330 Abs 1 ABGB schützt die Ehre der (natürlichen oder juristischen) Person, § 1330 Abs 2 ABGB ihren wirtschaftlichen Ruf. Ehre und wirtschaftlicher Ruf sind absolute Rechte (MR 1993, 221 - No Problem Orchester mwN); deren Schutz ist umfassend und nicht bloß auf die strafgesetzlichen Tatbestände beschränkt. Eine Ehrenbeleidigung nach bürgerlichem Recht ist vielmehr schon jedes der Ehre eines anderen nahetretende Verhalten, ohne daß es darauf ankommt, ob im konkreten Fall auch eine strafrechtliche Ahndungsmöglichkeit besteht (ecolex 1992, 233 mwN; ÖBl 1992, 140 - Politiker als Schnupfer; MR 1993, 57 - Katastrophenbudget; ÖBl 1992, 213 - Untersuchungsausschuß Magdalen; ÖBl 1993, 84 - Jubelbroschüre uva). Abgesehen davon, kann es aber gar nicht zweifelhaft sein, daß sowohl der Vorwurf, nur der offenbar mit einer Büffelhaut ausgestattete Kläger denke nicht daran, sich nach den weltweit in allen Demokratien eingehaltenen Moralbegriffen zu richten, denenzufolge man sein Rechtsanwaltbüro aufgeben muß, wenn man in eine Regierung eintrete, als auch der zwar in das Kleid einer bloßen Verdächtigung gehüllte, aber dennoch unter § 1330 ABGB fallende (Reischauer in Rummel, ABGB2 Rz 14 zu § 1330; Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht 58; SZ 25/169; SZ 27/298; MR 1992, 205 - Disziplinaranzeige; ÖBl 1992, 278 - Riedel-Gläser; 4 Ob 1073, 1074/92; 4 Ob 134/94) Vorwurf, der Kläger sei als Vorsitzender des Justizausschusses an der Entstehung von Gesetzen beteiligt gewesen, die seinen Mandanten Vorteile brächten, geeignet seien, ihn in der öffentlichen Meinung herabzusetzen. Solche Vorwürfe sind jedenfalls (auch) Ehrenbeleidigungen im Sinne des § 1330 Abs 1 ABGB, verletzen sie doch die Personenwürde des Klägers, indem sie diesen nicht nur in die Nähe eines kriminellen Amtsmißbrauches rücken, sondern ihm auch unterstellen, daß er sich über die weltweit gültigen demokratischen Moralbegriffe durch Weiterführung seines Rechtsanwaltsbüros trotz Übernahme einer staatspolitischen Funktion hinwegsetze.
Bei Beurteilung der Frage, ob "Tatsachen" verbreitet werden, kommt es nach der ständigen Rechtsprechung auf den Gesamtzusammenhang und den damit vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung(en) an; das Verständnis des unbefangenen Durchschnittslesers oder -hörers, nicht aber der subjektive Wille des Erklärenden ist maßgebend. Das gleiche gilt für den Sinngehalt (Bedeutungsinhalt) der Äußerung(en) (so schon die im Provisorialverfahren ergangene Entscheidung des OGH 4 Ob 1120/93 [ON 12] mwN; 6 Ob 17/94; 6 OB 21/94; 4 Ob 134/94).
Ist aber die kreditschädigende Tatsachenbehauptung - wie hier - zugleich eine Ehrenbeleidigung, dann hatte der betroffene Kläger nur die Tatsachenverbreitung zu beweisen; die Beweislast für die Richtigkeit traf die Beklagten (stRSp: ÖBl 1993, 163 - Kelomat-Druckkochtopf mwN; MR 1994, 111 = ÖBl 1994, 82 - Nazijournalismus; 6 Ob 21/94; 4 Ob 134/94). Der Beweis der Wahrheit ihrer Mitteilung ist aber den Beklagten nicht gelungen; es ist daher von ihrer Unrichtigkeit auszugehen.
Daß aber eine Herabsetzung durch unwahre Tatsachenbehauptungen, auch wenn sie im Zuge eines (politischen) Meinungsstreites begangen wird, das Maß einer zulässigen (politischen) Kritik überschreitet und auch im Wege einer umfassenden Interessenabwägung oder mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gerechtfertigt werden kann, hat der OGH bereits wiederholt ausgesprochen (NRSp 1992/199; ÖBl 1993, 84 - Jubelbroschüre; MR 1993, 14 - Spitzelakt; zuletzt etwa 4 Ob 40/93; 6 Ob 17/94; 6 Ob 21/94, 4 Ob 134/94).
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