OGH 5Ob96/20h

OGH5Ob96/20h22.12.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin H***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Michael Augustin, Mag. Peter Haslinger, Mag. Thomas Böchzelt, Rechtsanwälte in Leoben, gegen sämtliche übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** als Antragsgegner, darunter 1. U***** G*****, wegen § 52 Abs 1 Z 2 iVm § 16 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 28. April 2020, GZ 1 R 45/20i‑36, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0050OB00096.20H.1222.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Das Erstgericht wies den auf § 16 Abs 2 iVm § 52 Abs 1 Z 2 WEG gestützten Antrag der Antragstellerin auf Ersetzung der Zustimmung zu geplanten Änderungen ihres Wohnungseigentumsobjekts ab. Das Rekursgericht gab dem gegen diesen Sachbeschluss gerichteten Rekurs der Antragstellerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Binnen offener Frist zur Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses erklärte die Antragstellerin, den dem Verfahren zu Grunde liegenden Antrag zurückzuziehen. Das Erstgericht nahm die Zurücknahme des Antrags mit Beschluss zur Kenntnis. Die Erstantragsgegnerin stellte daraufhin – unter Hinweis darauf, dass die Bekanntgabe der Antragszurückziehung keine Rechtswirkungen erzeuge – den Antrag, die Rechtskraft des Sachbeschlusses zu bestätigen.

[2] Das Erstgericht wies den Antrag auf Erteilung einer Rechtskraftbestätigung mit der Begründung ab, der dem Verfahren zu Grunde liegende Antrag sei noch vor Eintritt der Rechtskraft zurückgezogen worden.

[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Erstantragsgegnerin Folge. Es hob den angefochtenen Beschluss ersatzlos auf und bestätigte die Rechtskraft des Sachbeschlusses.

[4] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den Beschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.

[5] Dieses Rechtsmittel ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Die Wirkung der formellen Rechtskraft tritt kraft Gesetzes ein und haftet der Entscheidung als eine Eigenschaft an. Sie kann nicht durch eine mit der Aktenlage unvereinbare unrichtige Rechtskraftbestätigung verändert werden (RIS‑Justiz RS0041308 [T1]; vgl RS0040485).

[7] 2. Für die Aufhebung einer gesetzwidrig oder irrtümlich erteilten Rechtskraftbestätigung, die nicht ohnedies in der Form einer „Vollstreckbarkeitsklausel“ ausgefertigt wird, ist das für die Vollstreckbarkeitsbestätigung angeordnete Verfahren nach § 7 Abs 3 EO analog anzuwenden (4 Ob 90/11f, 2 Ob 232/08v; RS0124932; Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 7 EO Rz 105/1).

[8] 3. Gegen die Bestätigung der Vollstreckbarkeit ist nur der im § 7 Abs 3 EO vorgesehene Rechtsbehelf zulässig; ein Rekurs ist ausgeschlossen (RS0001582 [T1]). Dieser von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz gilt bei der Rechtskraftbestätigung analog. (Auch) die Rechtskraftbestätigung ist demnach nicht der Rechtskraft fähig und nicht mit Rekurs anfechtbar (1 Ob 199/15v, 3 Ob 290/04z, 6 Ob 1514/84; RS0001583 [T1, T4]; Danzl, Geo6 § 150 Anm 2a mwN; Thunhart in Schneider/Verweijen, AußStrG § 42 Rz 4; Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 514 ZPO Rz 25). Diese Unzulässigkeit der Anfechtung mittels eines ordentlichen Rechtsmittels gilt auch dann, wenn – wie hier – die Rechtskraftbestätigung erst vom Rekursgericht aufgrund eines Rekurses gegen eine abweisende Entscheidung des Erstgerichts erteilt wurde. Auch dann steht dagegen nur der Rechtsbehelf nach § 7 Abs 3 EO offen (6 Ob 1514/84; RS0001583).

[9] 4. Der außerordentliche Revisionsrekurs ist daher jedenfalls unzulässig und zurückzuweisen. Darauf, dass die Entscheidung des Rekursgerichts nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG abhängt, weil das Rekursgericht in der Frage des Anspruchsverzichts den ihm bei der Auslegung des Vorbringens und der Sachanträge zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten hat, kommt es nicht mehr an.

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