Spruch:
1. Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
2. Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 982 GB *****, die aus den Grundstücken 1726/8 und 1726/9 besteht. Zur TZ 1840/96 ist die Eröffnung dieser Einlage für die Grundstücke 1726/8 und 1726/9 aus der EZ 67 angemerkt. Alleineigentümer dieser Liegenschaft, die unter anderem aus dem Grundstück 1726/1 besteht, ist Wolfgang H*****. Im A2-Blatt der EZ 67 ist zu TZ 3344/80 und TZ 1944/03 die Grunddienstbarkeit des Gehens und Fahrens an den Grundstücken 1728/1, 1727/1, 1727/2, 1751, 1752/1 und 114/1 ersichtlich gemacht.
Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 491, bestehend unter anderem aus den Grundstücken 1727/1 und 1727/2. Nach dem (in Kopie als Beil ./B vorgelegten) Dienstbarkeitsbestellungsvertrag vom 4. 10. 1980 räumten die damaligen Hälfteeigentümer der EZ 490 (Baufläche 114/1, Grundstücke 1728/1, 1727 und 1752/1) der damaligen Eigentümerin der Liegenschaft EZ 67 („Gut Vorderjausen") und ihren Rechtsnachfolgern im Besitz der Liegenschaft das Recht ein, von den Grundstücken 1959/2 und 1959/1 über das Grundstück 1728/1 (Teilstück „D") über das Grundstück 1727 (Teilstück „E"), über die Baufläche 114/1 (Teilstück „F") und über das Grundstück 1752/1 („Teilstück G") zum Vorderjausengut zu gehen und zu fahren.
Diese Vertragsurkunde nahm Bezug auf den angeschlossenen Vermessungsplan, der die Schaffung eines Zufahrtsweges aus den Parzellen 1726/4 der EZ 67 samt den Teilstücken „D" aus Grundstück 1728/1, Teilstück „E" aus Grundstück 1727, Teilstück „F" aus der Baufläche 114/1 und Teilstück „G" aus Grundstück 1752/1 der Liegenschaft EZ 490 vorgesehen hatte, aber trotz Bestehens des im Plan eingezeichneten Zufahrtsweges in der Natur grundbücherlich nicht durchgeführt worden war.
Mit Kaufvertrag vom 9./13. 12. 1993 (Beil ./A) verkauften Wolfgang H***** aus der EZ 67 den Teil 1 (4.628 m²) aus Grundstück 1726/1 sowie Brunhilde und Hugo K***** ihr Grundstück 1726/8 im Ausmaß von 1.000 m² an die Wohnhausbau GmbH mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten.
Für diese Grundstücke wurde zu TZ 1840/96 die neue EZ 982 mit den neu gebildeten Grundstücken 1726/8 und 1726/9 eröffnet, deren Alleineigentümerin die Antragstellerin ist. Eingetragen wurde das Geh- und Fahrtrecht an Grundstück 1759/1 für Grundstück 1726/8 und 1726/9, nicht aber an den im Servitutsvertrag von Oktober 1980 ebenfalls genannten Grundstücken 1727 und 1728/1.
Das Grundstück 1727 der EZ 490 wurde geteilt in 1727/1 und 1727/2. Diese Teile wurden neben den Grundstücken 1728/1 und 1748 aus der EZ 490 der neu eröffneten EZ 491 zugeschrieben (TZ 1944/03). Die Wegeservitut wurde unter anderem zugunsten der EZ 67 eingetragen, nicht aber zugunsten der 1996 neu eröffneten EZ 982. Das Eigentumsrecht der Antragsgegnerin war aufgrund des Kaufvertrages vom 6. 12. 2000 sowohl an der EZ 490 (TZ 2501/01) als auch an der EZ 491 (TZ 2307/01) eingetragen worden.
Die Antragstellerin begehrte unter Vorlage der bereits erwähnten Urkunden die Bewilligung folgender Eintragungen:
a) in der EZ 982 die Ersichtlichmachung der Dienstbarkeit an den Grundstücken 1727/1 und 1727/2 für die Grundstücke 1726/8 und 1726/9
b) in der EZ 491 bei der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrtrechtes C-LNR 7a die Anmerkung der von der berechtigten Liegenschaft EZ 67 abgeschriebenen weiteren herrschenden Grundstücke 1726/8 und 1726/9. Das Erstgericht bewilligte diesen Antrag.
Das von der Antragsgegnerin angerufene Rekursgericht wies das Grundbuchsgesuch ab, weil die begehrten Eintragungen durch die vorgelegten Urkunden nicht begründet seien. Insbesondere fehle die in § 32 Abs 1 lit b GBG geforderte Aufsandungserklärung. Die Vorlage des Dienstbarkeitsbestellungsvertrages nur in Kopie verstoße gegen § 87 Abs 1 GBG. Die in der Entscheidung 5 Ob 35/89 bejahten Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 136 GBG seien hier nicht verwirklicht.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht damit, dass die zitierte höchstgerichtliche Entscheidung zu den Voraussetzungen einer außerbücherlich eingetretenen Änderung der Rechtslage nicht Stellung genommen habe.
Die Antragstellerin beantragt in ihrem Revisionsrekurs die Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn einer Stattgebung des Grundbuchsgesuches, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin war aufgrund der in § 126 Abs 2 letzter Satz GBG geregelten Einseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens in Grundbuchsachen als unzulässig zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0116902 [T3]).
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Nach § 94 Abs 1 GBG hat das Grundbuchsgericht das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen. Das Ansuchen kann nur bewilligt werden, wenn der Urkundeninhalt nicht nur in formeller Beziehung unbedenklich ist, sondern auch in der materiellrechtlichen Frage keine Zweifel aufkommen lässt (RIS-Justiz RS0060878).
Die Rechtsmeinung des Rekursgerichtes, eine konstitutive Eintragung sei mangels Urkundendeckung bzw fehlender Vorlage einer Originalurkunde gemäß § 94 Abs 1 Z 3 und Z 4 GBG abzulehnen, wird im Revisionsrekurs zu Recht nicht mehr in Zweifel gezogen. § 87 Abs 1 GBG hätte diesfalls nämlich verlangt, die Urkunden, auf Grund deren die Eintragung erfolgen soll, im Original vorzulegen (vgl RIS-Justiz RS0061070; vgl RS0061050; Feil, GBG³ § 87 GBG Rz 2). Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch gar keine Grunddienstbarkeit eingeräumt, geschweige denn die für die Verbücherung eines solchen Rechts erforderliche Aufsandungserklärung iSd § 32 Abs 1 lit b GBG abgegeben. Da Grunddienstbarkeiten idR nicht ohne Zustimmung des Verpflichteten auf eine andere Person oder ein anderes herrschendes Grundstück übertragen werden können (1 Ob 36/82 = SZ 56/11; RIS-Justiz RS0011721 [T1]; 1 Ob 277/00t = SZ 74/33; Hofmann im Rummel³ § 485 ABGB Rz 1; Koch in KBB § 485 ABGB Rz 1), könnte das Eintragungsbegehren der Antragstellerin nur dann erfolgreich sein, wenn es die Voraussetzungen einer bloß deklarativen Grundbuchsberichtigung erfüllt.
2. Richtig ist, dass Grunddienstbarkeiten bei Teilung des herrschenden Gutes auch ohne Zustimmung des Verpflichteten vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken gebildeten neuen
Grundbuchskörper übertragen werden (1 Ob 521/52 = SZ 25/202; 6 Ob
320/02f = SZ 2003/5; RIS-Justiz RS0011726; Gamerith in Rummel³ § 844
ABGB Rz 8; Feil, GBG³ § 12 GBG Rz 46; Sailer in KBB § 844 Rz 6). Dieser Übergang der Dienstbarkeit auf das neue herrschende Gut erfolgt nach der Judikatur außerbücherlich (tw krit Hoyer in JBl 1991, 450); die Teilung des herrschenden Grundstücks ist beim herrschenden Grundstück lediglich - ohne konstitutive Wirkung (1 Ob 515/90 mwN = SZ 63/73 = JBl 1991, 445 [Hoyer; Pfersmann]; Feil aaO § 12 Rz 46) - ersichtlich zu machen (5 Ob 48/90; 5 Ob 195/02s = RIS-Justiz RS0011726 [T4] = NZ 2004/566 [Hoyer]). Nicht jede derartige Ersichtlichmachung ist jedoch ein Fall für die Berichtigung des Grundbuches nach § 136 GBG, wie sie hier die Antragstellerin offensichtlich anstrebt.
3. Voraussetzung für eine Grundbuchsberichtigung auf Antrag nach § 136 GBG ist die mangelnde Übereinstimmung des Grundbuches mit der wirklichen Rechtslage. Sie kommt dann zur Anwendung, wenn nachträglich eine Rechtsänderung außerbücherlich eingetreten, grundbücherlich aber noch nicht durchgeführt worden ist, die begehrte Eintragung also nur deklarative Bedeutung hat. Zweck des Berichtigungsverfahrens ist die erleichterte Nachführung des Grundbuchsstandes an die wahre Rechtslage (RIS-Justiz RS0060992; RS0079847; RS0061010). Als Grundlage der Eintragung genügt im Fall des § 136 GBG der „Nachweis der Unrichtigkeit"; er tritt an die Stelle der sonst (§§ 31 ff GBG) geforderten urkundlichen Unterlagen. Dieser Nachweis ist dann erbracht, wenn die Unrichtigkeit offenkundig oder durch öffentliche Urkunden nachgewiesen ist (RIS-Justiz RS0061010; vgl RS0060992; Feil aaO § 136 Rz 1).
4. Im gegenständlichen Fall sind nicht alle Zweifel ausgeräumt, ob die begehrte Eintragung nur dazu dient, den Grundbuchstand mit der tatsächlichen Rechtslage in Einklang zu bringen.
4.1. Die Folgen der Teilung des herrschenden Gutes für Grunddienstbarkeiten sind in § 844 Satz 4und 5 ABGB geregelt, während sich die Bestimmungen des § 485 Satz 2 ABGB iVm § 847 ABGB mit der Teilung des dienenden Grundstückes befasst. Nach § 844 Satz 4 ABGB stehen die Grunddienstbarkeiten den Eigentümern der Teile der geteilten herrschenden Liegenschaft zu (RIS-Justiz RS0013870). Nach Satz 5 der zitierten Bestimmung erlöschen aber schon ursprünglich nur zugunsten bestimmter Teile des herrschenden Gutes bestehende Grunddienstbarkeiten, wenn andere Teilstücke von diesem abgeschrieben werden, hinsichtlich dieser Teile (RIS-Justiz RS0013870; RS0013868; 5 Ob 35/89 = RpflSlgG 2219; Gamerith aaO Rz 8; Sailer aaO § 845 Rz 8).
Die reale Begrenzung der Dienstbarkeit muss zwar nach § 12 Abs 2 GBG genau bezeichnet werden, um grundbuchsrechtlich wirksam zu werden (RIS-Justiz RS0013867; 5 Ob 69/03p). Ein dingliches Recht kann aber nur in dem Umfang entstehen, als es durch den Titel gedeckt ist (§ 480 ABGB). Geht der Wortlaut einer Eintragung umfänglich über das zwischen den Parteien Vereinbarte hinaus, so wird das Sachenrecht trotz des bücherlichen Wortlautes nur im vereinbarten Umfang begründet. Die bücherliche Eintragung allein ist nicht in der Lage, dem Servitutsberechtigten ein (erweitertes) Sachenrecht zu verschaffen (Welser, Vertragsauslegung, Gutglaubenserwerb und Freiheitsersitzung bei der Wegeservitut, JBl 1983, 4 ff). Hier war die räumliche Begrenzung der Wegeservitut aus der dem Servitutsbestellungsvertrag beiliegenden Vermessungsurkunde in Verbindung mit dem Vertragstext eindeutig festgelegt. Daraus ergibt sich zusammen mit der im Vertragstext dokumentierten Absicht der Parteien, dass die Wegeservitut weder der gesamten, aus mehreren Grundstücken bestehenden, herrschenden Liegenschaft EZ 67 zustehen noch sich auf die jeweiligen, im Vertrag genannten Grundstücke der dienenden Liegenschaft in ihrem gesamten Ausmaß erstrecken sollte. Der Verlauf des gegenständlichen Weges hat sich außerdem seit dem Jahr 1980 geändert, wie aus dem Auszug aus der digitalen Katastralmappe vom 13. 9. 2006 (TZ 2538/06) und aus der Plankopie hervorgeht, welche dem am 5. 11. 2004 geschlossenen Nachtrag zum Kaufvertrag vom 9./13. 12. 1993 (Beil ./C) angeschlossen war. Die daraus resultierenden Zweifel über das aufrechte Bestehen und das Ausmaß des Rechtes einer Wegedienstbarkeit stehen einer Eintragung im Wege des vereinfachten Berichtigungsverfahrens entgegen.
4.2. Nach § 443 Satz 1 ABGB werden mit dem Eigentum unbeweglicher Sachen auch die darauf haftenden bücherlich angemerkten Lasten übertragen. Die unterlassene Einsicht in das öffentliche Grundbuch fällt nach Satz 2 leg. cit. grundsätzlich dem Erwerber zur Last. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages bzw der darauf beruhenden Eintragung des Eigentumsrechtes der Antragsgegnerin an der dienenden Liegenschaft (damals EZ 490) war in deren Lastenblatt die gegenständliche Servitut nicht zugunsten der Grundstücke der Antragstellerin eingetragen. Das Verzeichnis der gelöschten
Eintragungen steht dem Hauptbuch zwar rechtlich gleich (1 Ob 515/90 =
RIS-Justiz RS0077189 = SZ 63/73 = JBl 1991, 446 [Hoyer und Pfersmann,
JBl 1991, 450]; RIS-Justiz RS0060888), weshalb ein Teil der Judikatur einen gutgläubigen lastenfreien Erwerb ausschließt, wenn die zugunsten eines abgeschriebenen Grundstückes bestandene Last aus dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen zweifelsfrei erkennbar war (5 Ob 35/89; 1 Ob 515/90; aA 3 Ob 601/89 = SZ 63/35 = JBl 1991, 441; dazu Hoyer aaO, der Überlegungen zum Gutglaubensschutz schon wegen der Zugehörigkeit des Verzeichnisses der gelöschten Eintragungen zum Hauptbuch im Hinblick auf § 443 ABGB für nicht erforderlich hält). Hier liegt jedoch insofern ein besonderer Fall vor, als sich aus dem Verzeichnis der gelöschten Eintragungen ob der herrschenden Liegenschaft EZ 67 zwar die Abschreibung der Grundstücke 1726/8 und 1726/9 zur EZ 982 ersehen lässt, nicht aber ohne jeden Zweifel die Abtrennung der beiden Grundstücke von der Parzelle 1726. Lässt sich die Belastung aber nicht zweifelsfrei aus dem Grundbuch ersehen, handelt es sich um eine strittige Frage des Gutglaubensschutzes, die mit den Mitteln des Grundbuchsverfahrens nicht geklärt werden kann. Zusätzlich könnte die begehrte Grundbuchsberichtigung in bücherliche Rechte der Antragsgegnerin eingreifen. Als sie die dienende Liegenschaft im Jahr 2001 erwarb, war im Grundbuch nur die EZ 67 als herrschend ausgewiesen, in deren Bestand die Grundstücke 1726/8 und 1726/9 nicht aufschienen. Selbst wenn man davon ausgeht, § 443 ABGB lasse die Befreiung von einer bücherlich eingetragenen Last gar nicht zu, könnte die begehrte Grundbuchsberichtigung in die bücherliche Rechtsposition der Antragsgegnerin eingreifen, weil sich die Zugehörigkeit der nunmehrigen Grundstücke 1726/8 und 1726/9 zum Gutsbestand der EZ 67 bei Verbücherung der Wegedienstbarkeit aus dem nur bis 6. 10. 1986 zurückreichenden Verzeichnis der gelöschten Eintragungen nicht völlig zweifelsfrei belegen lässt. Dazu kommt, dass hinsichtlich der genannten Grundstücke Aufforderungsverfahren zur lastenfreien Abschreibung mit nicht eindeutig nachvollziehbarem Ausgang abhängig waren und etwa in 1726/8 eine Teilfläche eines anderen Grundstücks einbezogen wurde, das zum Gutsbestand einer unbelasteten Liegenschaft (EZ 804) gehörte.
5. Eine Berichtigung des Grundbuches nach § 136 GBG kommt aus diesen Erwägungen nicht in Betracht.
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