OGH 5Ob195/02s

OGH5Ob195/02s3.12.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers Johannes S*****, vertreten durch Dr. Peter Zdesar & Partner, öffentlicher Notar in Villach, wegen Grundbuchhandlungen ob der EZ ***** KG ***** ua, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichtes Klagenfurt als Rekursgericht vom 13. Juni 2002, AZ 2 R 127/02g, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Villach vom 11. April 2002, TZ 2560/02, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs des Antragstellers wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 18 KG *****. Mit Kaufvertrag vom 1. 2. 1990 verkaufte Andreas Z*****, geboren am 13. 4. 1944 dem Antragsteller die mit seiner Liegenschaft EZ 17 KG ***** realrechtlich verbundenen Miteigentumsanteile zu 1/35-Anteilsrecht am Gemeinschaftsbesitz Agrargemeinschaft ***** I und II EZ 58 KG ***** mit allen Rechten und Pflichten. Mit Übergabsvertrag vom 28. 12. 2000 übergab Andreas Z*****, geboren am 13. 4. 1944 die Liegenschaft EZ 17 KG ***** seinem Sohn Andreas Z*****, geboren 29. 1. 1966.

Am 4. 12. 2001 schloss der Antragsteller mit Andreas Z*****, geboren 29. 1. 1966, dem nunmehrigen Eigentümer der Liegenschaft EZ 17 KG ***** einen "Nachtrag zum Kaufvertrag vom 1. 2. 1990" in dem auszugsweise Folgendes vereinbart wurde:

"Die Vertragsparteien halten einvernehmlich fest, dass anlässlich der Errichtung des Kaufvertrags vom 1. 2. 1990 übersehen wurde, dass Gegenstand des Vertrages auch nachfolgende Rechte waren:

a) Grunddienstbarkeit des Weideauftriebsrechtes für zwei Stück Hornvieh am Grundstück 854 KG ***** (A2 - ON 2)

b) Grunddienstbarkeit der Weide im westlichen Teil des Grundstücks 1045 KG ***** ebenfalls für zwei Stück Hornvieh (A2 - ON 3)

c) Grunddienstbarkeit der Weide an Grundstücken 1045/1 und 1045/9 je KG ***** für zwei Rinder (A2 - ON 6) und

d) Grunddienstbarkeit der Weide an Grundstücken 1045/2, 1045/3, 1045/4, 1045/5, 1045/6, 1045/7 und 1045/8 je KG ***** (A2 - ON 7). Die oben beschriebenen Rechte wurden gleichzeitig mit der Übertragung der Nachbarschaftsanteile an Herrn Johann S***** übertragen und von diesem seither auch tatsächlich ausgeübt."

Dieser Vertrag trägt einen Genehmigungsvermerk nach § 31 SARLG 41/1920 der Agrarbezirksbehörde Villach vom 25. 2. 2002. Der Antragsteller begehrt unter Erstattung des obigen Vorbringens die Ersichtlichmachung der oben ausgeführten Grunddienstbarkeiten im A2 Blatt der ihm gehörigen EZ 18 KG ***** und in der Liegenschaft EZ 17 KG ***** die Ersichtlichmachung, dass diese Rechte auf die EZ 18 KG ***** übertragen wurden.

Das Erstgericht wies den Antrag zur Gänze mit der Begründung ab, dass die erforderliche Zustimmung des Eigentümers des dienenden Gutes fehle. Überdies existiere das Grundstück 1045 nicht mehr. Das dagegen vom Antragsteller angerufene Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs nicht Folge.

Die im vorliegenden Fall gegenständlichen Weide- und Weideauftriebsrechte seien Feldservituten gemäß § 477 ABGB und als solche Grunddienstbarkeiten im Sinn des § 473 ABGB, also mit dem Besitz eines Grundstücks zu dessen vorteilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft. Gemäß § 485 ABGB lasse sich keine Servitut eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen. Das bedeute nach ständiger Rechtsprechung, dass auch Grunddienstbarkeiten, sofern sie nicht ihrer Natur nach an ein bestimmtes Grundstück gebunden seien, nur mit Zustimmung des Verpflichteten auf ein anderes herrschendes Grundstück übertragen werden könnten (SZ 43/55 mwN).

Dass der Antragsteller eine Genehmigung der Agrarbezirksbehörde gemäß § 31 LGBl Nr 41/1920 (kurz ARLG) erwirkt habe, ersetze die fehlende Zustimmung des Servitutsverpflichteten nicht.

Die maßgebliche Bestimmung laute:

"§ 31 ARLG

Zu allen rechtlichen Änderungen an Forst- und Weiderechten, insbesondere zur gänzlichen oder teilweisen Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere, sowie zur Löschung bücherlich eingetragener Forst- und Weiderechte ist auch bei Vorhandensein aller rechtlichen Voraussetzungen die Bewilligung der Landwirtschaftsbehörde erforderlich."

Das bedeute, dass eine agrarbehördliche Genehmigung nicht die nach dem ABGB notwendige Zustimmung des Eigentümers der dienenden Sache setze.

Nach dem Grundbuchstand stünden die Grundstücke 854, 1045/1-9, auf welche sich die Weide- und Weideauftriebsrechte im vorliegenden Fall bezögen im Eigentum verschiedener Personen, deren Zustimmung zur Übertragung der Grunddienstbarkeit nicht nachgewiesen worden sei. Das dienende Grundstück 1045 existiere im Übrigen nicht mehr. Im Weiteren wies das Rekursgericht darauf hin, dass die im Titel (Ergänzung zum Kaufvertrag) und Grundbuchsantrag genannten Weideauftriebsrechte in ihrem Umfang nicht dem grundbücherlich festgeschriebenen Umfang dieser Dienstbarkeiten entsprächen. Es sei dem Grundbuchsgericht nicht urkundlich nachgewiesen worden, dass die seinerzeit übertragenen 1/35-Anteilsrechte mit dem Weide- bzw Weideauftriebsrecht von jeweils zwei Stück Vieh (Rindern) verbunden seien.

Zutreffend habe daher das Erstgericht das Begehren zur Gänze abgewiesen.

Das Rekursgericht erklärt den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Frage fehle, ob eine rechtsgeschäftliche Übertragung von Weide- und Weideauftriebsrechten die Zustimmung der Eigentümer der belasteten Grundstücke voraussetze.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen im Sinne einer Bewilligung der begehrten Grundbuchseintragungen. Der Revisionsrekurswerber hält daran fest, dass die Bestimmungen des Kärntner ARLG der Bestimmung des § 485 ABGB derogieren und daher die Übertragung eines Weide-Servitutsrechts auf eine andere Liegenschaft nicht der Zustimmung des mit der Servitut belasteten Liegenschaftseigentümers bedürfe, sondern ausschließlich der Zustimmung der Agrarbehörde. Nach § 33 ARLG könnten die Dienstbarkeiten an Weidegründen jedenfalls abgelöst, aberkannt oder geregelt werden. Hiebei mache es keinen Unterschied, auf welchem Rechtstitel diese Dienstbarkeiten beruhten. § 1 Abs 2 ARLG regle, dass Weiderechte auf fremdem Grund nur nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Gesetzes geändert oder aufgehoben werden dürften.

Rechtliche Beurteilung

Der erkennende Senat hat dazu erwogen:

Zunächst ist festzuhalten, dass keine Grunddienstbarkeit ohne Zustimmung des Verpflichteten auf eine andere Person oder ein anderes herrschendes Grundstück übertragen werden kann. Es steht den Beteiligten nur frei, die Servitut aufzuheben und an ihrer Stelle eine andere zu begründen. Ohne Einwilligung kann eine Grunddienstbarkeit als ein der Sache anhaftendes Recht nur zusammen mit dem herrschenden Gut übertragen werden (vgl SZ 43/55; SZ 56/11; RIS-Justiz RS0011721, zuletzt 1 Ob 277/00t). Ohne Zustimmung des Eigentümers der dienenden Liegenschaft kann eine Grunddienstbarkeit vom herrschenden Gut auf einen aus Trennstücken desselben gebildeten neuen Grundbuchskörper übertragen werden. Die Teilung des herrschenden Grundstücks ist beim dienenden Grundstück lediglich ersichtlich zu machen (vgl Dietrich/Tades ABGB35 E 12 zu § 485 ABGB; RIS-Justiz RS0011726). Auch die Abschreibung eines Trennstücks vom herrschenden Gut und Vereinigung mit einer anderen Grundfläche zu einem Grundstück unter anteilsmäßiger Übertragung der Dienstbarkeit ist unter der Voraussetzung der genau bezeichneten räumlichen Begrenzung möglich (vgl aaO E 2 zu § 844 ABGB). § 485 zweiter Satz ABGB bezeichnet ansonsten eine Servitut als unteilbar. Kein sachliches Argument spricht dafür, die Grunddienstbarkeit des Weiderechtes anders zu behandeln, sodass auch hier die Zustimmung des Verpflichteten bei Übertragung der Grunddienstbarkeit auf eine andere Person oder ein anderes herrschendes Grundstück erforderlich ist. Das gilt auch für Weiderechte, die dem Kärntner LGBl Nr 41/1920, wiederverlautbart durch das zweite Kärntner RechtsbereinigungsG LGBl Nr 1/1997 unterliegen. Dieses Gesetz regelt die Vorgangsweise bei Ablösung der Holz-, Forstnutzungs- und Weiderechte auf fremden Grund und Boden und normiert die Regelung solcher Rechte, soweit sie aufrecht erhalten bleiben sollen (vgl zu den Begriffen Regulierung, Ablösung und Sicherung von Servituten: Walter/Mayer2, Grundriss des besonderen Verwaltungsrechts, 276 f).

§ 1 des Kärntner LGBl Nr 41/1920 lautet:

1. Die Holz-, Forstnutzungs- und Weiderechte auf fremdem Grunde sind grundsätzlich abzulösen. Ist die Ablösung nicht zulässig, so tritt an ihre Stelle die Regelung und, falls diese bereits ... stattgefunden hat, die Neuregelung.

2. Die im ersten Absatz bezeichneten Nutzungsrechte können nur nach den Bestimmungen dieses Gesetzes geändert oder aufgehoben werden. Nötigenfalls sind Vorkehrungen zu ihrer Sicherung zu treffen. Es folgen nun Regelungen über die Ablösung, Regelung und Neuregelung.

§ 7 leg cit lautet:

Die Grundlage für die Ablösung, Regelung und die Neuregelung bildet das durch Übereinkunft, Urkunden oder sonstige Beweismittel festgestellte Ausmaß der Nutzungsrechte und der allfälligen Gegenleistungen ...

§ 8 lautet

Nichtausübung der Rechte bildet keinen Erlöschungsgrund. Von berechtigten Gute abgetrennte, für dessen Bewirtschaftung unentbehrliche, für das Gut dem sie zugewachsen sind jedoch entbehrliche Rechte, sind über Verlangen mit dem Besitze, von dem sie abgetrennt wurden, wieder zu vereinigen. Ist die Abtrennung gegen Entgelt erfolgt, so hat der Besitzer des früher berechtigten Gutes einen entsprechenden, von der Agrarbehörde festzusetzenden Rückkaufpreis zu bezahlen.

Unter dem Titel "Sicherung der geregelten Nutzungsrechte" (V. Abschnitt) lautet § 31 wie folgt:

Zu allen rechtlichen Änderungen an Forst- und Weiderechten, insbesondere zur gänzlichen oder teilweisen Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere, sowie zur Löschung bücherlich eingetragener Forst- und Weiderechte ist auch beim Vorhandensein aller rechtlichen Voraussetzungen die Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich.

Zusammenfassend ergibt sich daraus, dass eine Bewilligung der Agrarbehörde nach § 31 KLGBl Nr 41/1920 erforderlich ist, eine solche wurde mit dem Grundbuchsgesuch auch vorgelegt.

Mit einer solchen Bewilligung einer rechtsgeschäftlichen Übertragung durch die Agrarbehörde soll aber im Wesentlichen dem Ziel des bezeichneten Landesgesetzes, der endgültigen Bereinigung der Grundlasten (vgl dazu EvBl 1982/82 mwN) entsprochen werden. Eingriffe in privatrechtliche Belange kommen überhaupt nur dort in Betracht, wo dies ausdrücklich angeordnet ist. Für privatrechtliche Verfügungen über die entsprechenden Servitutsrechte sind daher, was im Übrigen auch ausdrücklich § 31 zu entnehmen ist, die privatrechtlichen Voraussetzungen einzuhalten ("auch bei Vorhandensein aller rechtlichen Voraussetzungen ist die Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich").

Davon unterscheidet sich diese landesgesetzliche Regelung etwa von den in TFLG normierten gebundenen Anteilsrechten, die ihre Definition nach öffentlichen Rechte sind, weil sie ihren Titel, Bestand und die Modalitäten der Ausübungen im öffentlichen Recht gesichert haben. Dort kann privatrechtlich über Anteilsrechte nur in dem Rahmen verfügt werden, den das öffentliche Recht gibt. Die betreffenden Sondervorschriften über die Begründung und Übertragung von Rechten weichen derart grundlegend von den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts über die Servituten ab, dass die Regeln auch nicht dem Sinn nach angewendet werden können, weshalb die Genehmigung des (öffentlich-rechtlich) verpflichteten Servitutsbelasteten für eine Übertragung nicht als erforderlich angesehen wird (vgl 5 Ob 78/99b; RIS-Justiz RS0011727).

Die hier anzuwendende Bestimmung, die vom Vorhandensein aller rechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung der Servitut von einer berechtigten Liegenschaft auf eine andere ausgeht, derogiert hingegen § 485 ABGB nicht. Die gesetzlichen Voraussetzungen sind einzuhalten. Das umfasst auch die Zustimmung des Verpflichteten zur Übertragung.

Der Vollständigkeit halber sei noch angemerkt, dass die agrarbehördliche Genehmigung nach ständiger Rechtsprechung auch einer Rechtskraftbestätigung bedarf (vgl NZ 1987, 48; zuletzt 5 Ob 2107/96f; 5 Ob 78/99b ua).

Im Übrigen sei noch auf die zutreffend vom Rekursgericht getätigten Ausführungen zur urkundlich nicht nachgewiesenen Teilbarkeit der Servitut sowie der unrichtigen Bezeichnung eines Grundstücks hingewiesen.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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