OGH 5Ob72/24k

OGH5Ob72/24k4.7.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*GmbH, *, vertreten durch Specht & Partner Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. B*, 2. W*, 3. C*, 4. M*, dieser vertreten durch Dr. Alexander Kaufmann, Rechtsanwalt in Wien, 5. K*, vertreten durch Kuhn Rechtsanwälte GmbH in Wien, 6. H*, 7. Mag. M*, vertreten durch Mag. Katharina Kurz, Rechtsanwältin in Wien, 8. H*, 9. H*, 10. Mag. M*, 11. M*, 12. Mag. Dr. A*, vertreten durch Mag. Boris Knirsch, Mag. Michael Braun, Mag. Christian Fellner, Rechtsanwälte in Wien, 13. A* KG, *, 14. B*, 15. Dipl.‑Ing. N* und 16. Dipl.‑Kffr. L*, beide *, wegen Aufhebung einer Miteigentümergemeinschaft, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der siebentbeklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 18. März 2024, GZ 13 R 270/23f‑80, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00072.24K.0704.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Parteien sind Miteigentümer einer Liegenschaft, auf der sich ein Wohnhaus befindet, das teilweise im Wohnungseigentum und teilweise im schlichten Miteigentum steht („Mischhaus“).

[2] Die Klägerin begehrte, die Miteigentumsgemeinschaft an den noch nicht parifizierten Anteilen der Liegenschaft aufzuheben. Zur Frage der Möglichkeit der Wohnungseigentumsbegründung stellte das Erstgericht die Einholung eines Gutachtens eines Sachverständigen in Aussicht und trug der Klägerin den Erlag eines Kostenvorschusses auf.

[3] Mit Beschluss vom 9. Oktober 2023 bestellte das Erstgericht einen Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Immobilienbewertung (ON 52). Mit Beschluss vom 6. November 2023 wies das Erstgericht den Rekurs des Siebentbeklagten gegen die Bestellung des Sachverständigen zurück (ON 57).

[4] Das Rekursgericht gab (in Punkt I) dem Rekurs des Siebentbeklagten gegen die Zurückweisung des Rekurses nicht Folge und wies (in Punkt II) den „gemäß § 515 ZPO eventualiter gegen den Beschluss vom 9. Oktober 2023, ON 52“ erhobenen Rekurs zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs gegen Punkt I seiner Entscheidung jedenfalls unzulässig und gegen Punkt II mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.

[5] Gegen Punkt II des Beschlusses richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Siebentbeklagten mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass der Beschluss über die Bestellung des Sachverständigen behoben und ausgesprochen werde, dass (wegen angeblicher Säumnis der Klägerin beim Erlag des Kostenvorschusses) „ein ruhensähnlicher Verfahrenszustand eingetreten“ sei.

Rechtliche Beurteilung

[6] Der außerordentliche Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig.

[7] 1.1 Die Zurückweisung des Rekurses gegen einen nicht abgesondert anfechtbaren erstgerichtlichen Beschluss durch die zweite Instanz ist grundsätzlich mit Revisionsrekurs bekämpfbar (4 Ob 73/22x mwN; vgl auch RS0044501 [T18]; RS0044507 [T8]).

[8] 1.2 Der Revisionsrekurs des Siebentbeklagten zeigt jedoch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf.

[9] 2.1 Gemäß § 366 Abs 1 ZPO ist eine abgesonderte Anfechtung eines Beschlusses, mit dem die Ablehnung eines Sachverständigen verworfen wird, nicht zulässig. Diese Bestimmung gilt nach herrschender Auffassung auch für Beschlüsse über die Auswahl und Bestellung des Sachverständigen (vgl RS0040578; Braun in Höllwerth/Ziehensack, ZPO-Praxiskommentar, § 366 ZPO Rz 2; Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO5, § 366 ZPO Rz 1; Schneider in Fasching/Konecny 3 III/1 § 366 ZPO Rz 3; Sloboda in Fasching/Konecny 3 IV/1 § 515 ZPO Rz 20).

[10] 2.2 Die Rechtsmittelbeschränkungen des § 366 Abs 1 und 2 ZPO haben den Zweck, zeitraubende Zwischenstreitigkeiten über die Zulassung von Beweismitteln zu verhindern (RS0040338 [T1, T11]; 3 Ob 212/22f; Schneider in Fasching/Konecny 3 III/1 § 366 Rz 2 mwN).

[11] 2.3 Gemäß § 515 ZPO können in den Fällen, in denen gegen einen Beschluss – wie hier gemäß § 366 Abs 1 ZPO – ein abgesondertes Rechtsmittel versagt ist, die Parteien ihre Beschwerden gegen diesen Beschluss mit dem gegen die nächstfolgende anfechtbare Entscheidung eingebrachten Rechtsmittel zur Geltung bringen. Der Partei bleibt die Möglichkeit offen, erst mit dem Rechtsmittel gegen die Endentscheidung die Überprüfung des nicht abgesondert anfechtbaren Beschlusses zu begehren, und dieses Recht kann sie auch nicht dadurch verlieren, dass sie inzwischen eine vor der Endentscheidung liegende Entscheidung angefochten hat, ohne damit den vorbehaltenen Rekurs zu verbinden (RS0041614).

[12] 3.1 Das Rekursgericht wies in der Begründung seiner Zurückweisungsentscheidung darauf hin, dass der Zweck der genannten Bestimmungen über die nicht abgesonderte Anfechtbarkeit unterlaufen würde, wenn der Beschluss des Erstgerichts über die Zurückweisung des unzulässigen Rekurses gegen die Sachverständigenbestellung als nächstfolgende anfechtbare Entscheidung angesehen würde. Diese Auffassung ist nicht zu beanstanden.

[13] 3.2 Auch mit den vom Revisionsrekurswerber behaupteten Bedenken, die sich seiner Ansicht nach „aus der Prozessökonomie“ oder „aus dem Grundsatz der Kostenwahrheit ergeben“, wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt: Inhaltlich wendet sich das Rechtsmittel wiederum ausschließlich gegen den Beschluss über die Bestellung des Sachverständigen, der – wie erwähnt – gemäß § 366 Abs 1 ZPO nicht abgesondert bekämpft werden kann.

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