OGH 5Ob66/14p

OGH5Ob66/14p20.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin B***** D*****, vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Ing. M***** D*****, 2. Ing. K***** F*****, 3. Dr. G***** K*****, 4. B***** C*****, 5. Ing. P***** D*****, 6. Dipl.‑Ing. R***** K*****, 7. O***** K*****, 8. Ing. A***** E*****, 9. N***** E*****, und 10. Mag. G***** K*****, 1. bis 5. sowie 8. bis 10.‑Antragsgegner vertreten durch Mag. Michael Schubhart, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 3 WEG 2002 iVm § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002, über den Revisionsrekurs der 1. bis 5. sowie 8. bis 10.‑Antragsgegner gegen den Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 30. Dezember 2013, GZ 19 R 24/13k‑211, mit dem infolge Rekurses der 1. bis 5. sowie 8. bis 10.‑Antragsgegner der Endsachbeschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 2. November 2012, GZ 18 Msch 5/06b‑196, mit Maßgabe bestätigt wurde, den

Sachbeschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00066.14P.0520.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Endsachbeschluss des Erstgerichts wie folgt zu lauten hat:

„1. Der Antrag der Antragstellerin, das Gericht möge den Antragsgegnern, in eventu der Eigentümergemeinschaft auftragen, die notwendigen Erhaltungsarbeiten, das ist die flüssigkeitsdichte Herstellung der Oberfläche am Erschließungs‑ und Zugangsweg der Liegenschaft EZ 70, Grundbuch *****, BG Mödling, sowie unter und an der Bodenplatte des Hauses W*****straße 3/3 in ***** durchführen zu lassen sowie bauliche Maßnahmen für die Ableitung, in eventu das Abpumpen der Oberflächenwässer und des Grundwassers zu setzen, wird abgewiesen.

2. Die Antragstellerin ist schuldig, den Antragsgegnern binnen 14 Tagen die mit 18.156,38 EUR (darin 1.330,94 EUR an Umsatzsteuer und 10.070,74 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten zu ersetzen.“

Die Antragstellerin ist weiters schuldig, den Antragsgegnern binnen 14 Tagen die mit 568,24 EUR (darin 70,04 EUR an Umsatzsteuer und 148 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens und die mit 756,29 EUR (darin 87,05 EUR an Umsatzsteuer und 234 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Begründung

Antragstellerin und Antragsgegner sind zu je 1/8 bzw 1/16 Miteigentümer der Liegenschaft EZ 70 GB ***** (*****). Bei den einzelnen Miteigentumsanteilen ist die Zusage der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 24a WEG 1975 angemerkt. In der Natur handelt es sich um acht Doppelhaushälften. Das Haus 3 der Antragstellerin befindet sich unmittelbar angrenzend an Haus 4, welches vom Erstantragsgegner benutzt wird.

Das Haus der Antragstellerin liegt am nördlichen Fuß des sehr flach geneigten Hangs. Im Bereich dieses Hauses befinden sich über dichtem Untergrund abgelagerte, unterschiedlich durchlässige Lockersteinschichten. Das Haus liegt auf gering tragfähigem, durch Hang‑ und Sickerwässer andauernd benetztem Untergrund. Im Bereich der Häuser 3 und 4 liegen Sickerschächte hangaufwärts der Hausgruppe. Die bestehende Situation wird durch diese Einleitung der Dachwässer in die Sickerschächte zusätzlich ungünstig beeinflusst.

In der Bodenplatte sowie in den Wänden des Objekts der Antragstellerin kam es seit einigen Jahren ebenso wie in anderen Objekten der Liegenschaft zu Rissbildungen. Zudem ist die Bodenplatte des Hauses 3 nach oben gewölbt. Die Ursache dafür ist die Bodenplatte, die mit einer Stärke von ca 26 cm ‑ insbesondere aufgrund des nur eingeschränkt tragfähigen Untergrundes ‑ zu gering dimensioniert ist, die Mindeststärke einer Dichtbetonplatte von 30 cm nicht erreicht und über keine ausreichende obere Bewehrung verfügt. Darüber hinaus fehlt die Anschlussbewehrung der Kellerwände.

Bei einer ordnungsgemäßen Bauausführung eines Dichtbetonkellers, insbesondere mit ausreichender Bewehrung, würde die Fundamentplatte auch bei aufgeweichtem Boden rissfrei bleiben. Die vorhandene Bewehrung könnte aber auch bei einem festeren Untergrund die Schäden nicht verhindern, es sei denn, es wäre ein Felsboden oder ein ähnlich fester Boden vorhanden. Die Bodenverhältnisse sind derart schlecht, dass sie im Gegensatz zu üblichen Bodenverhältnissen eine um das 5 bis 6‑fache verminderte Tragkraft aufweisen.

Aufgrund der unterbewehrten und zu gering dimensionierten Bodenplatte besteht die Gefahr, dass bei erheblichem Anstieg des Grundwassers der Keller des Hauses 3 feucht wird oder sogar unter Wasser steht. Ein konstantes Abpumpen des Grundwassers unterhalb der Bodenplatte wäre kontraproduktiv, weil dadurch Grundwasserströme erzeugt würden, die auf Dauer ein Auswaschen von Feinteilen und ein ungleichmäßiges Lastableiten des Untergrunds zur Folge hätte. Dies würde die Standfestigkeit des Hauses negativ beeinflussen.

Um die Sicherheit der Bodenplatte und eine normative Standsicherheit zu schaffen, wäre etwa der Zugbereich der Oberkante der Bodenplatte zu verstärken. Es bestehen mehrere Möglichkeiten, die bestehenden Mängel im Bereich der Bodenplatte und der Anschlussfugen zu sanieren. Eine Variante wäre, nach dem Abtragen des Fußbodenaufbaus und dem Reinigen der Plattenoberkante bei den Anschlussfugen ein kraftschlüssiges Verfugen mit Epoxidharz vorzunehmen. Die Kosten dieser Sanierung würden netto 76.100 EUR pro Doppelhaushälfte betragen.

Eine weitere Möglichkeit wäre die Anbringung einer Dichtbetonplatte mit einer Stärke von 30 cm, die mit einem Bewehrungsgitter versehen ist. Unter diese Dichtbetonplatte sollte wegen der Dampfdiffusion zusätzlich eine zweilagige Isolierung aufgebracht werden. Diese Sanierungsvariante hätte allerdings eine Verringerung der Raumhöhe des Kellers von 2,36 m um ca 30 cm zur Folge. Zudem besteht die Möglichkeit der Herstellung einer Dichtbetonwand mit einer Stärke von 30 cm, sodass durch die Anbringung einer Dichtbetonplatte sowie den Dichtbetonwänden eine Dichtbetonwanne entsteht. Dies hätte neben der Verringerung der Raumhöhe durch den Einbau einer Dichtbetonplatte auch eine entsprechende Verringerung der Raumfläche des Kellers zur Folge. Die Kosten eines Einbaus einer Dichtbetonwanne samt Sanierung der Risse würden sich auf insgesamt netto 70.067 EUR belaufen.

Eine weitere Variante wäre der Einzug einer weiteren Bodenplatte, die in die tragenden Mauern im Kellerwandaußenbereich eingestemmt wird, samt Sanierung der Risse in den Wänden. Die Kosten dieser Sanierungsvariante würden sich auf etwa 76.000 EUR belaufen.

Im Vergleich zu diesen Sanierungskosten betragen die Kosten eines Dichtbetonkellers in der vorliegenden Größe ohne Erdarbeiten ca 30.000 EUR. Eine ordnungsgemäße Sanierung der gegebenen Mängel erfordert die Sanierung jeweils beider angrenzender Doppelhäuser. Die Sanierung lediglich einer Doppelhaushälfte würde zu keiner Besserung der Situation führen.

Die Durchweichung des Bodens könnte durch Injektionen beseitigt werden, wobei der dafür anfallende Aufwand allerdings unwirtschaftlich hoch wäre, er überstiege die Baukosten der gesamten Anlage etwa um das Doppelte.

Die Errichtung einer Drainageleitung um das Haus ist nicht sinnvoll. Ein Abpumpen würde die Gründungssituation des Hauses noch verschlechtern. Eine Verlegung der Sickerschächte ist ebenfalls nicht sinnvoll, zumal bei starken Niederschlägen das Grundwasser der gesamten Umgebung ansteigen und sich der Grundwasserspiegel immer ausgleichen würde. Auch ein Abpumpen des Oberflächenwassers ohne Entfernung des Wassers wäre aufgrund der Untergrundsituation wirkungslos.

Bisher trat noch kein Wasser in den Keller ein. Solange das Grundwasser nicht ansteigt, kommt es aufgrund der bestehenden Mängel der Bodenplatte im Zusammenhalt mit dem Untergrund zu keinem Wassereintritt im Keller. Es kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass das Grundwasser steigt und allenfalls sogar die Bodenplatte erreicht oder über diese hinaus ansteigt. Steigt das Grundwasser, erhöht sich der Druck auf die Bodenplatte und die bestehenden Risse würden sich vergrößern und würden mit Wasser durchsetzt. Die Standfestigkeit des Hauses wäre bis zu einem Anstieg des Grundwassers auf 1 m über dem Kellerfußbodenniveau gegeben. Erst bei einem Anstieg des Grundwassers auf über 1 m über Kellerniveau wäre die Standfestigkeit des Gebäudes gefährdet. Diesfalls würde sich die Bodenplatte weiter aufwölben und die Rissbildung verstärken, sodass die oben angeführten Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Mängel und Schäden nicht mehr ausreichen würden. Die Sanierungskosten würden in diesem Fall den Wert der Liegenschaftsanteile übersteigen. Solange kein Wasser durch die Risse eindringt, macht es keinen Sinn, nur die Risse mit Epoxidharz zu verpressen, zumal es bei entsprechend hohem Grundwasserspiegel erneut zu Rissbildungen kommen würde.

Der Grundwasserspiegel liegt im Bereich der Pottendorfer Linie unweit der Liegenschaft etwa zwischen 2,53 m und 3,20 m unter der Geländeoberkante. Die Schwankungen des Grundwasserspiegels zwischen Ende 2007 und Anfang 2008 im Nahbereich der Liegenschaft an der Pottendorfer Linie lagen unter 0,5 m. Auf der Liegenschaft selbst liegt der Grundwasserspiegel etwa 3,6 m unter der Geländeoberkante. Es steht nicht fest, dass das Grundwasser jemals die Fundamentunterkante des Hauses 3/3 in einer Tiefe von ca 2,25 m unter der Geländeoberkante erreicht hat.

Der Erschließungsweg, der auch unmittelbar am Haus der Antragstellerin vorbeiführt, ist unbefestigt; dies hat aber auf die Rissbildung keinen wesentlichen Einfluss.

Die Rücklage beträgt derzeit etwa 400 EUR. Der Großteil der Miteigentümer müsste allfällige Sanierungskosten über etwa 10.000 EUR pro Kopf fremdfinanzieren. Für einige Miteigentümer sind bereits allfällige darunter liegende Sanierungskosten nur schwer finanzierbar. Bezüglich der Mängel im Zusammenhang mit der mangelhaften Bodenplatte besteht keine Versicherungsdeckung.

Der Verkehrswert des 1/8‑Anteils der Antragstellerin an der Liegenschaft beträgt ohne Berücksichtigung der zu gering dimensionierten Bodenplatte sowie der fehlenden Anschlussbewehrung der Kellerwände und der damit zusammenhängenden Mängel 301.000 EUR. Unter Berücksichtigung dieser Mängel beträgt der Verkehrswert 132.000 EUR. Der Verkehrswert der Gesamtliegenschaft beträgt 2.400.000 EUR ohne Berücksichtigung der Mängel und ‑ ausgehend davon, dass sämtliche Bodenplatten nur etwa 26 cm stark sind und sämtliche Anschlussbewehrungen der Kellerwände fehlen ‑ 1.680.000 EUR.

Die Antragstellerin begehrte wie aus dem Spruch ersichtlich mit der Begründung, dass der Erschließungsweg flüssigkeitsdicht herzustellen und die Niederschlagswässer geregelt abzuleiten seien, um die immer weiter fortschreitende Unterschwemmung der Bodenplatte des Objekts und weitere Rissbildungen zu verhindern. Der Sachverständige habe eine Änderung des Grundwasserspiegels und einen dann nicht mehr sanierbaren Totalschaden nicht ausschließen können. Ausgehend vom Gesamtwert der Liegenschaft seien Sanierungskosten von rund 76.000 EUR vertretbar. Erschließungsweg und Bodenplatte des Hauses seien allgemeine Teile der Liegenschaft, die in die Erhaltungspflicht sämtlicher Miteigentümer fielen.

Die Antragsgegner beantragten Antragsabweisung. Der Zufahrtsweg sei nicht Ursache der angeblichen Unterspülung der Bodenplatte. Eine 100%-ige Sanierung sei ohne Entfernung der Häuser nicht möglich. Die Mängel seien wirtschaftlich nicht sanierbar. Die von der Antragstellerin begehrten Arbeiten seien nicht Erhaltungs‑, sondern Verbesserungsarbeiten, die nicht von der Allgemeinheit zu tragen seien.

Das Erstgericht trug mit seinem Endsachbeschluss den Antragsgegnern ‑ auf der Grundlage des eingangs zusammengefassten Sachverhalts ‑ auf, „die notwendigen Erhaltungsarbeiten im Bereich der Bodenplatte, insbesondere die flüssigkeitsdichte Herstellung und Verstärkung der Bodenplatte des Doppelhauses Werkstraße … durchführen zu lassen“. Ein Mehrbegehren dahin, „die flüssigkeitsdichte Herstellung der Oberfläche am Erschließungs‑ und Zugangsweg der Liegenschaft ... sowie unter der Bodenplatte durchführen zu lassen sowie die baulichen Maßnahmen für die Ableitung, in eventu das Abpumpen der Oberflächenwässer und des Grundwassers zu setzen“, wies das Erstgericht ‑ unbekämpft ‑ ab. Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass die Gefährdung der Bodenkonstruktion eines Wohnungseigentumsobjekts immer als ernster Schaden des Hauses anzusehen sei. Da ein Anstieg des Grundwassers im Bereich der Liegenschaft nicht ausgeschlossen werden könne und ein solcher Anstieg eine Aufwölbung der bestehenden Bodenplatte sowie eine Vergrößerung der bestehenden Risse zur Folge hätte, sei von einem ernsten Schaden der Doppelhaushälfte der Antragstellerin auszugehen. Die Sanierungskosten von etwa 70.000 bis 76.100 EUR für eine Doppelhaushälfte seien den Miteigentümern ausgehend vom Wert der Doppelhaushälfte von 301.000 EUR ohne und von 132.000 EUR unter Berücksichtigung der mangelhaften Bodenplatte sowie angesichts der möglichen Folgen der Nichtsanierung bei Anstieg des Grundwassers jedenfalls wirtschaftlich zumutbar.

Das Rekursgericht gab den Rekursen der eingangs genannten Antragsgegner nicht Folge und bestätigte die Entscheidung des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass diese in ihrem stattgebenden Teil wie folgt zu lauten hatte:

„Die notwendigen Erhaltungsarbeiten im Bereich der Bodenplatte des Doppelhauses … insbesondere deren flüssigkeitsdichte Herstellung und Verstärkung sind von der Eigentümergemeinschaft binnen eines Jahres ab Rechtskraft dieses Sachbeschlusses durchzuführen.“

Das Rekursgericht vertrat rechtlich die Meinung, dass der Oberste Gerichtshof im Fall von Setzungsschäden, nach denen die Standfestigkeit und Tragfähigkeit des Gebäudes nicht mehr gewährleistet gewesen seien und die Gesamtsanierungskosten über 1,6 Mio EUR betragen hätten (5 Ob 26/07w), argumentiert habe, die dringend notwendige Wiederherstellung des beschädigten Gebäudes könne dann, wenn die „wirtschaftliche Wiederherstellbarkeit“ zu bejahen sei, als Erhaltungsmaßnahme verstanden werden. Im Entscheidungszeitpunkt habe der Abstand zwischen der Fundamentunterkante des Hauses der Antragstellerin und dem Grundwasserspiegel ca 1,35 m betragen. Zwischen Ende 2007 und Anfang 2008 habe die Schwankung des Grundwasserspiegels weniger als 0,5 m betragen. Steige das Grundwasser ca 1 m über Kellerfußbodenniveau, so sei auch die Standfestigkeit des Hauses gefährdet; die Sanierungsmaßnahmen würden dann nicht mehr ausreichen und das Haus wäre ein wirtschaftlicher Totalschaden. Das Ansteigen des Grundwassers bis zur Bodenplatte oder über diese hinaus könne „nicht ausgeschlossen werden“. Feststellungen, wie groß die Wahrscheinlichkeit eines entsprechenden Anstiegs des Grundwassers und ob für die Lebensdauer des Hauses damit zu rechnen sei, dass das Grundwasser eine kritische Höhe erreiche, fehlten. Es sei also ‑ bei Feststehen des Umstands, dass der Grundwasserspiegel schwanke ‑ unklar, ob mit einer derart hohen Schwankungsbreite des Grundwassers zu rechnen sei, dass während der Lebensdauer des Hauses ein Übersteigen der Bodenplatte eintreten werde oder sogar ein die Standsicherheit gefährdendes Übersteigen von 1 m. Die vorliegenden Feststellungen reichten jedoch aus, um die Berechtigung des Anspruchs der Antragstellerin zu bejahen. Diesen zufolge sei die Bodenplatte des Objekts der Klägerin mangelhaft und insofern schadensgeneigt, dass ein ‑ nach den Feststellungen mögliches ‑ Ansteigen des Grundwasser-spiegels zu einer massiven Beschädigung bis zu einem wirtschaftlichen Totalverlust des Hauses führen könne. Dazu komme, dass die Höhe der zwar beträchtlichen Sanierungskosten immer noch geringer sei als der Betrag, um den der Verkehrswert des Hauses bzw der Liegenschaft auf Grund des Mangels gemindert sei. Zusammengefasst sei die Sanierung der Bodenplatte somit notwendig und zweckmäßig, unter die ordentliche Verwaltung zu subsumieren und unterliege der Instandhaltungspflicht nach §§ 28 Abs 1 Z 1 iVm 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil ‑ soweit überblickbar ‑ keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob das Gericht zur Beantwortung der Frage nach der Erhaltungspflicht nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 den Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts ernster Schäden prüfen müsse oder ob dessen bloße Möglichkeit bereits hinreiche, um die Erhaltungspflicht auszulösen.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der eingangs genannten Antragsgegner, mit dem diese die Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens, dass der bekämpfte Beschluss mit sich selbst in Widerspruch stehe sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen und dessen Abänderung im Sinne der Abweisung des Sachantrags der Antragstellerin begehren; hilfsweise stellen die Rechtsmittelwerber auch einen Aufhebungsantrag.

Die Antragstellerin erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag, dem Revisionsrekurs der Antragsgegner nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der genannten Antragsgegner ist zulässig und berechtigt, weil das Rekursgericht die Voraussetzungen des Minderheitsrechts nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 verkannt hat.

1. Die Vorinstanzen sind zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass hier zufolge § 37 Abs 5 WEG 2002 (bereits) die § 28 Abs 1 Z 1, § 30 Abs 1 Z 1 und § 52 Abs 1 Z 3 WEG 2002 anzuwenden sind.

2. Zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung der Liegenschaft gehört gemäß § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 die ordnungsgemäße Erhaltung der allgemeinen Teile der Liegenschaft im Sinne des § 3 MRG, einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgehen, und der Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt. Gemäß § 30 Abs 1 Z 1 WEG 2002 kann jeder Wohnungseigentümer die Entscheidung des Gerichts darüber verlangen, dass Arbeiten im Sinne des § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 binnen einer angemessenen Frist durchgeführt werden.

3. Die Kelleraußenwände und die Bodenplatte des Hauses zählen zu den allgemeinen Teilen der Liegenschaft (5 Ob 247/12b immolex 2013/79 [Ruckenbauer]); insofern ist § 28 Abs 1 Z 1 WEG 2002 einschlägig. Klarzustellen ist allerdings, dass das Begehren der Antragstellerin inhaltlich nicht darauf gerichtet ist, an allgemeinen Teilen bislang aufgetretene Risse oberflächlich zu sanieren. Die Antragstellerin strebt vielmehr die grundwasserdichte Ausführung ihres Kellers an.

4. Jede Erhaltung setzt eine Reparaturbedürftigkeit, Schadensgeneigtheit oder Funktionseinschränkung voraus (RIS‑Justiz RS0116998 [T3]; RS0069944 [T8]). Wesentliches Kriterium für die Durchsetzbarkeit der von einem Wohnungseigentümer nach § 30 Abs 1 Z 1 WEG begehrten Erhaltungsmaßnahme ist überdies deren Dringlichkeit (vgl etwa zur Einsturzgefahr 5 Ob 26/07w wobl 2007/115 [Call]), ebenso ist auf wirtschaftliche Aspekte wie den Kostenaufwand und die Finanzierbarkeit der Erhaltungsmaßnahme Bedacht zu nehmen (RIS‑Justiz RS0123169 [T1]; 5 Ob 199/10s wobl 2011/138; 5 Ob 123/10i wobl 2011/56 [Etzersdorfer] = immolex 2011/18 [Prader]; Etzersdorfer in Illedits/Reich‑Rohrwig, Wohnrecht, § 30 WEG Rz 5). Sämtliche genannten Kriterien sprechen beim hier vorliegenden Sachverhalt gegen die von der Antragstellerin begehrten Maßnahmen.

5. Aus den wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichts folgt nämlich, dass

1. die bislang ermittelten Schwankungen des Grundwasserspiegels unter 0,5 m lagen;

2. Schwankungen des Grundwasserspiegels unter 0,5 m zu keinem Wassereintritt im Keller führen;

3. den Schwankungen des Grundwasserspiegels von unter 0,5 m ein Abstand des Grundwasserspiegels zur Fundamentunterkante des Hauses von ca 1,35 m gegenüber steht;

4. erst „bei erheblichem Anstieg des Grundwassers“ der Keller des Hauses feucht wird oder sogar unter Wasser steht;

5. erst bei einem Anstieg des Grundwassers auf über 1 m über Kellerniveau (= Anstieg um 2,35 m vom derzeitigen Niveau) die Standfestigkeit des Gebäudes gefährdet wäre;

6. erst bei einem Anstieg des Grundwassers auf über 1 m über Kellerniveau (= Anstieg um 2,35 m vom derzeitigen Niveau) die Sanierungsmaßnahmen zur Beseitigung der Mängel und Schäden nicht mehr ausreichen würden;

7. dass ein erheblicher Anstieg des Grundwassers während der Lebensdauer des Hauses, insbesondere bis zum Übersteigen der Bodenplatte um 1 m, nicht als wahrscheinlich festgestellt wurde;

8. dass (lediglich) „nicht ausgeschlossen werden (kann), dass das Grundwasser steigt und allenfalls sogar die Bodenplatte erreicht oder über diese hinaus ansteigt.

6. Insgesamt sind derzeit also erhebliche Schwankungen des Grundwasserspiegels, insbesondere in näherer Zukunft und in einem bedenklichen Ausmaß, nicht als absehbar festgestellt. Es besteht daher momentan kein dringender Handlungsbedarf, der finanziell sehr aufwändige Baumaßnahmen rechtfertigt, die von der Eigentümergemeinschaft und den Miteigentümern nicht leicht finanziert werden können. Dass eine sehr nachteilige Grundwasserentwicklung aus derzeitiger Sicht ‑ wie für viele künftige Entwicklungen geradezu typisch ‑ nur nicht definitiv ausgeschlossen werden kann, reicht allein für das Sanierungsbegehren der Antragstellerin nicht aus. In Stattgebung des Revisionsrekurses ist deren Sachantrag daher abzuweisen.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002). Die Reduktion der zuerkannten gegenüber den verzeichneten Verfahrenskosten resultiert aus einer geringeren Bemessungsgrundlage (richtig: 2.500 EUR), einem je nach Anzahl der vertretenen bzw im Rechtsmittelverfahren noch eingeschrittenen Antragsgegner reduzierten Streitgenossenzuschlag (40 % und teilweise 35 %) und teilweise rücküberwiesenen Kostenerlägen.

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