European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2010:E94325
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Im gegenständlichen Verfahren zur Überprüfung der Betriebskostenvorschreibungen der Jahre 2005 und 2006 haben die Vorinstanzen festgestellt, dass ‑ soweit im Revisionsrekursverfahren noch gegenständlich -Versicherungsprämien für Sturmschäden und Glasbruch zu Unrecht auf die Mieter des Hauses überwälzt wurden, weil die qualifizierte mehrheitliche Zustimmung von Mietern iSd § 21 Abs 1 Z 6 MRG zum Abschluss der betreffenden Versicherungsverträge, hier Glasbruch‑ und Sturmschadenversicherung, nicht vorliege. Zwar sei mit einer Mehrheit der Mieter eine Vereinbarung in Formularvordrucken getroffen worden, dass sie dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses gegen Glasbruch‑, Sturmschäden etc zustimmten bzw bestehenden Vereinbarungen beitreten, doch sei diese Vereinbarung zufolge § 6 Abs 3 KSchG unwirksam. Das habe der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 241/06g in einer sogenannten „Klauselentscheidung“ bereits erkannt, sodass eine solche Vereinbarung ohne weitere Aufklärung des Mieters intransparent iSd § 6 Abs 3 KSchG und damit unwirksam sei.
Die entsprechenden Versicherungsprämien dürften daher nicht als Betriebskosten auf die Mieter überwälzt werden.
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Antragsgegnerin geltend, dass es sich im gegenständlichen Fall um einen „individuellen Mietersachverhalt“ handle, während die Entscheidung 1 Ob 241/06g in einem Verbandsklageverfahren ergangen sei.
Im Weiteren zieht sie die Beurteilung der Intransparenz der Klausel entgegen der zitierten Entscheidung in Zweifel und meint, dass im Anwendungsbereich des MRG nicht zusätzlich hilfsweise noch das KSchG anzuwenden sei, es liege daher die erforderliche Mietermehrheit für die entsprechenden Versicherungsverträge vor.
Rechtliche Beurteilung
Dem ist Folgendes kurz (§ 71 Abs 3 AußStrG) zu entgegnen:
Zufolge § 6 Abs 3 KSchG ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das damit geforderte Transparenzgebot verlangt nicht nur formale Verständlichkeit im Sinn von Lesbarkeit, sondern auch, dass Inhalt und Tragweite für den Verbraucher durchschaubar sind, dass dem Kunden die wirtschaftliche Tragweite der Bestimmung oder die Tatsache, dass ihm künftig entstehende Kosten aufgebürdet worden werden, nicht verschleiert wird (vgl RIS‑Justiz RS0115217; RS0115219; RS0122169). Zu der auch hier in Frage stehenden Vereinbarung, wonach Mieter dem Abschluss, der Erneuerung oder der Änderung von Verträgen über die angemessene Versicherung des Hauses gegen Glasbruch und Sturmschäden zustimmen bzw bestehenden Vereinbarungen beitreten, hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 1 Ob 241/06g (= wobl 2007/76 [Würth] = Zak 2007/384, 217 [Lovrek in Zak 2007, 203 ff]) erkannt, dass sie trotz ihrer Orientierung am Wortlaut des § 21 Abs 1 Z 6 MRG dem Transparenzgebot des § 6 Abs 3 KSchG vor allem deshalb widerspreche, weil nicht darüber aufgeklärt werde, was für den Durchschnittsverbraucher auch nicht durchschaubar sei, dass sich dadurch eine erhöhte Betriebskostenbelastung ergebe. Werde nämlich eine solche Zustimmung nicht erteilt, sei es gesetzlich nicht zulässig, entsprechende Versicherungsprämien auf die Mieter als Betriebskosten zu überwälzen. Zum selben Ergebnis gelangte der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung 6 Ob 81/09v (= immolex 2010/35; RIS‑Justiz RS0122134).
Weil es der gegenständlichen Klausel jedenfalls zur Gänze an einer (individuellen) Aufklärung oder Information über die Tragweite der Zustimmung fehlt, ist für das gegenständliche Verfahren ohne Belang, wie konkret erteilte Informationen ausgestaltet sein müssten, um eine Unwirksamkeit iSd § 6 Abs 3 KSchG zu vermeiden. Die Beantwortung abstrakter Rechtsfragen ist nicht Aufgabe des Obersten Gerichtshofs (vgl RIS‑Justiz RS0111271 [insb T2]).
Die Anwendbarkeit des KSchG auch im Anwendungsbereich des MRG ist schon aufgrund der Klauselentscheidungen 1 Ob 241/06g, 7 Ob 78/06f (= JBl 2007, 181 = wobl 2007/26) und 6 Ob 81/09v hinreichend geklärt (vgl RIS‑Justiz RS0121431; RS0122134; RS0115219 [T5; T13; T27]).
Nach dem Wortlaut des § 6 Abs 3 KSchG sind unklare und unverständliche Vertragsbestimmungen unwirksam. Eine geltungserhaltende Reduktion einer solchen Klausel findet damit auch im Individualprozess nicht statt (7 Ob 179/03d = SZ 2003/91; 10 Ob 67/06k = ÖBA 2008, 131/1459; RIS‑Justiz RS0122168).
Die Unternehmereigenschaft der Antragsgegnerin als Vermieterin (vgl RIS‑Justiz RS0065394; RS0065317) blieb unbestritten.
Im Übrigen hat sich der Oberste Gerichtshof bei der Frage, ob ein außerordentliches Rechtsmittel einer weiteren Behandlung unterzogen oder verworfen werden soll, auf jene Gründe zu beschränken, die in der Zulassungsbeschwerde angeführt wurden. Andere mögliche Rechtsfehler sind, selbst wenn diesen erhebliche Bedeutung zukommen könnte, nicht zu untersuchen (vgl RIS‑Justiz RS0043644 [T3]). Im Rahmen ihrer Rechtsmittelausführungen zeigt die Antragsgegnerin keine solche erhebliche Rechtsfrage auf (vgl RIS‑Justiz RS0043644 [T3; T7]).
Ihr außerordentlicher Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.
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