European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2011:E97667
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1. Das Rekursgericht muss nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs auch bei Vorliegen eines (ausdrücklichen) Antrags einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Rekursverhandlung diese nicht zwingend vornehmen. Die Beurteilung der Notwendigkeit einer mündlichen Rekursverhandlung fällt allein in das pflichtgemäße Ermessen des Rekursgerichts (RIS‑Justiz RS0120357). Der im außerordentlichen Revisionsrekurs erhobene Vorwurf, „es entspreche der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung“, dass die Nichtabhaltung einer beantragten mündlichen Rekursverhandlung Nichtigkeit der Entscheidung des Rekursgerichts begründe, ist daher unzutreffend.
2. Es entspricht ebenfalls der ständigen Rechtsprechung, dass ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz keinen Revisionsrekursgrund bilden kann (RIS‑Justiz RS0050037).
3. Die Revisionsrekurswerber bestreiten nicht, dass für die Frage der Widmung eines Wohnungseigentumsobjekts auf die privatrechtliche Einigung der Wohnungseigentümer (in der Regel im Wohnungseigentumsvertrag) abzustellen ist (RIS‑Justiz RS0120725; 5 Ob 106/06h, wobl 2006/147 [Call] = immolex 2006/128 [Maier-Hülle]).
3.1 Es steht fest, dass die nun von den Antragstellern erworbenen Miteigentumsanteile, mit denen Wohnungseigentum verbunden ist, von Beginn an als Büroräume gewidmet waren und auch als Büroräume verwendet wurden. Die im Revisionsrekurs aufgestellte Behauptung, dass keine „spezifische“ Widmung vereinbart gewesen sei, sondern (gemeint offenbar: sämtliche) Wohnungseigentumsobjekte der Liegenschaft je nach Belieben der jeweiligen Wohnungseigentümer als Wohnungen, Büroräume oder Geschäftsräume hätten verwendet werden können, steht mit den Feststellungen in Widerspruch, aus denen sich die vereinbarte Widmung der antragsgegenständlichen Objekte für Bürozwecke ergibt. Bereits aus der Wohungseigentumsbescheinigung vom 28. 6. 1955 ‑ worauf das Rekursgericht zutreffend verwies ‑ ist abzuleiten, dass ausdrücklich zwischen „Büroräumen“, „Geschäftslokalen“, „Wohnungen“, „Wohnungen und Büro“ sowie „Wohnung und Ordination“ unterschieden wurde.
3.2 Damit sind die Vorinstanzen aber auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Widmungsänderung (hier: von Büro auf Frühstückspension) nur nach Maßgabe des § 16 Abs 2 WEG möglich ist (5 Ob 241/09s, wobl 2010/18 mwN). Die Änderung muss daher einerseits gemäß § 16 Abs 2 Z 2 WEG der Übung des Verkehrs oder einem wichtigen Interesse des betreffenden Wohnungseigentümers entsprechen und darf überdies iSd § 16 Abs 2 Z 1 WEG ua keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer zur Folge haben.
3.3 Bei der nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls (RIS-Justiz RS0083309) vorzunehmenden Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Miteigentümer vorliegt, steht dem Rekursgericht ein Wertungs‑ und Ermessensspielraum zu (RIS-Justiz RS0109643 [T10]). Solange dieser nicht überschritten wird, liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor (5 Ob 180/08v mwN).
3.4 Die Auffassung des Rekursgerichts, dass mit der Umwidmung der Büroräume in eine Frühstückspension eine wesentliche Interessenbeeinträchtigung der Antragsgegnerin verbunden ist, liegt innerhalb dieses Ermessensspielraums. Selbst unter Zugrundelegung, dass die Bürowidmung auch Parteienverkehr zulässt und es generell bei einem achtstöckigen Gebäude mit 36 Wohnungen unvermeidbar ist, dass auch hausfremde Personen Zugang in das Stiegenhaus haben, ist eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Rekursgerichts nicht zu erkennen: Zwischen einem an Werktagen zu Bürozeiten stattfindenden Parteienverkehr und der Nutzung eines Objekts für Zwecke einer Frühstückspension mit 20 Pensionszimmern besteht ein erheblicher Unterschied.
3.5 Auf den erstmals im Revisionsrekurs erhobenen Schikaneeinwand ist schon wegen des im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ausnahmslos geltenden Neuerungsverbots nicht einzugehen (RIS‑Justiz RS0070485 [T2]).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)