OGH 5Ob3/22k

OGH5Ob3/22k14.7.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Gemeinde F*, 2. P* GmbH, *, 3. M* B*, alle vertreten durch Mag. Stefan Weiskopf, Dr. Rainer Kappacher, Dr. Michael Kössler, Rechtsanwälte in Landeck, wegen Eintragung einer Dienstbarkeit ob EZ * KG *, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 5. November 2021, AZ 53 R 116/21d, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Landeck vom 19. August 2021, TZ 2527/2021, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00003.22K.0714.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

[1] Die Antragsteller begehrten die Einverleibung der von ihnen vereinbarten Dienstbarkeit der Unterlassung der Nutzung der Liegenschaft als Freizeitwohnsitz. Die zu verbüchernde Dienstbarkeitsvereinbarung lautet auszugsweise:

„Die Eigentümerin und die Gesellschaft haben sich verpflichtet, das Gst-Nr. 2581/1 in EZ * entsprechend der Widmung [Bauland - Gemischtes Wohngebiet gem. § 38 (2) TROG] und des erlassenen Bebauungsplanes [...] ausschließlich als Appartementbetrieb samt Betreiber- und Personalwohnungen, sowie Restaurant zu nutzen und insbesondere keine Freizeitwohnsitze zu schaffen. Zur Sicherstellung dieses vereinbarten Zweckes räumt [die Drittantragstellerin] als Alleineigentümerin des Gst‑Nr. 2581/1 in EZ *, für sich und ihre Rechtsnachfolger im Eigentum an diesem Grundstück und mit ausdrücklicher Zustimmung der Gesellschaft der Gemeinde F* die grundbücherlich sicherzustellende Dienstbarkeit der Unterlassung der Nutzung als Freizeitwohnsitz mit der folgenden Maßgabe ein:

a) der jeweilige Eigentümer des Gst-Nr. 2581/1 in EZ * (= Dienstbarkeitsbelasteter) ist gegenüber der Gemeinde F* (= Dienstbarkeitsberechtigte) verpflichtet, die entsprechend der Widmung [Bauland - Gemischtes Wohngebiet gem. § 38 (2) TROG] und des erlassenen Bebauungsplanes [...] auf dieser Liegenschaft errichteten bzw. künftig zu errichtenden Baulichkeiten, nicht als Freizeitwohnsitze im Sinne der Legaldefinition des § 13 TROG 2016 idgF. zu nutzen bzw. nutzen zu lassen; [...]“

[2] Das Erstgericht wies den Grundbuchsantrag ab.

[3] Die vereinbarte Unterlassungspflicht beziehe sich nicht auf das Grundstück selbst, sondern auf dessen Nutzung in bestimmter Form. Aus diesem Anlass solle der Gemeinde eine entsprechende persönliche Dienstbarkeit eingeräumt werden, was die Judikatur als Indiz für die Vereinbarung des – unzulässigen – Verbots einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit werte. Auch die Absicherung der Pflichten der Antragsteller durch Vertragsstrafen weise in diese Richtung. Bei Rechten und Pflichten, welche sich aus dem Verwaltungsverfahren ergeben, hätten auch dort die entsprechenden Sanktionen bei allfälliger Missachtung zu erfolgen. Eine parallele Absicherung der Verpflichtung durch Verbücherung im Grundbuch habe mangels entsprechender Bestimmungen in den bezüglichen Verwaltungsgesetzen zu unterbleiben.

[4] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge.

[5] Eine einverleibungsfähige Grunddienstbarkeit bestehe nur dann, wenn sich die Duldung oder Unterlassung, zu der der Eigentümer der belasteten Liegenschaft verpflichtet sei, auf die Nutzung des belasteten Grundstücks selbst beziehe. Grunddienstbarkeiten müssten das Eigentum am dienenden Grundstück beschränken und das am herrschenden Gut bestehende Eigentum erweitern oder fördern. Fehle auch nur eine dieser beiden Eigenschaften, seien die Voraussetzungen einer Grunddienstbarkeit nicht gegeben.

[6] Unregelmäßige Dienstbarkeiten, bei der der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit nicht der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks, sondern eine natürliche oder juristische Person sei, seien rechtlich wie eine Grunddienstbarkeit zu behandeln. Es müsse daher das Utilitätserfordernis erfüllt sein. Dabei gelte auch bei unregelmäßigen persönlichen Dienstbarkeiten der Grundsatz, dass nur die völlige Zwecklosigkeit das Entstehen einer privaten Dienstbarkeit verhindern könne.

[7] Die von den Antragstellern getroffene Vereinbarung solle die Umsetzung von Zielen der örtlichen Raumplanung sichern und die Nutzung des Grundstücks zur Begründung von Freizeitwohnsitzen verhindern. Zweck und Bedeutung der raumordnungsrechtlichen Vorschriften sei es, den nur einmal vorhandenen Grund und Boden optimal für die verschiedenen Bedürfnisse und Zielsetzungen zu nutzen. Dementsprechend formuliere § 1 TROG, dass die Raumordnung die bestmögliche Nutzung und Sicherung des Lebensraums im Interesse des Gemeinwohls zum Ziel habe. Die Bestimmung des § 33 Abs 2 TROG ermögliche es der Gemeinde, zum Zweck der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung und gegebenenfalls auch der Festlegungen übergeordneter Planungsinstrumente Verträge mit Grundeigentümern abzuschließen.

[8] Da an das Utilitätserfordernis kein strenger Maßstab anzulegen sei, könnte der Nutzen der einzutragenden Servitut zu Gunsten der Gemeinde grundsätzlich aus diesen Bedürfnissen der Raumordnung abgeleitet werden. Hier liege das öffentliche Interesse in der Vermeidung von Zweitwohnsitzen und über längere Zeit unbewohnter Gebäude. Ein Verbot einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit sei aber als nicht verbücherbar beurteilt worden, weil dieses Verbot keine ausreichende Beziehung zum dienenden Grundstück aufweise.

[9] Zu 5 Ob 198/12x habe sich der Oberste Gerichtshof mit der Frage der Verbücherbarkeit der Verpflichtung zur Unterlassung der Errichtung eines Freizeitwohnsitzes als Reallast auseinandergesetzt und ausgesprochen, dass eine solche Vereinbarung keine für die Reallast geforderte positive Leistungspflicht der Grundeigentümer formuliere. Abschließend habe der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung aber ganz allgemein (in einem obiter dictum) festgehalten, dass die von den Antragstellern übernommene Verpflichtung damit kein der Einverleibung zugängliches dingliches Recht sei. Dieser Aussage schließe sich der Rekurssenat an.

[10] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil es zur vertraglichen Begründung von Dienstbarkeiten zur Absicherung von Zielen der örtlichen Raumplanung (Vertragsraumordnung) keine Judikatur des Obersten Gerichtshofs gebe. Es sei insbesondere klärungsbedürftig, ob im Sinn der Entscheidung 5 Ob 198/12x die Unterlassung der Errichtung eines Freizeitwohnsitzes grundsätzlich nicht verbücherbar sei oder ob das nur für Reallasten gelte.

[11] Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der ordentliche Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen abzuändern und die beantragte Einverleibung der Dienstbarkeit zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. In der Entscheidung 5 Ob 198/12x, auf die das Rekursgericht die Abweisung des Antrags letztlich stützt, beschäftigte sich der Fachsenat mit der Frage, ob eine zugunsten einer Gemeinde getroffene Verwendungsvereinbarung als Reallast verbücherbar ist. Die Parteien hatten eine als „Reallast“ bezeichnete Vereinbarung geschlossen, nach der die Eigentümer des dienenden Grundstücks verpflichtet waren, die „zu errichtenden Bauwerke entweder gewerblich oder zur Begründung von Hauptwohnsitzen zu verwenden oder verwenden zu lassen“. Parallel wurde vereinbart, dass die Bauwerke keinesfalls als Zweitwohnsitz dienen dürften. Der Fachsenat lehnte die Einverleibung der Reallast ab, weil der Grundeigentümer damit keine für die Reallast geforderte positive Leistung zu erbringen hatte, beschäftigte sich in dieser Entscheidung aber nur mit dieser reallastspezifischen Frage und nicht allgemein mit der Verbücherbarkeit von Freizeitwohnsitzverboten. Mit dem das Ergebnis zusammenfassenden Satz, dass die von den Antragstellern übernommene Verpflichtung damit „kein der Einverleibung zugängliches dingliches Recht iSd § 9 GBG“ sei, traf er daher – entgegen dem Verständnis des Rekursgerichts – keine Aussage zur Verbücherbarkeit von Freizeitwohnsitzverboten in der Form einer Dienstbarkeit.

[13] Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

[14] 1.1. Die – gemäß § 9 GBG einverleibungsfähige – Dienstbarkeit ist das dingliche Recht der beschränkten Nutzung einer fremden Sache. Der Eigentümer der belasteten Sache ist verpflichtet, „in Rücksicht seiner Sache“ etwas zu unterlassen, wozu er an sich befugt wäre, oder etwas zu dulden, was er sonst untersagen dürfte (§ 472 ABGB; 5 Ob 59/18i; 5 Ob 151/17t mwN).

[15] 1.2. Eine Grunddienstbarkeit besteht nur dann, wenn sich die Duldung oder Unterlassung, zu der der Eigentümer der belasteten Liegenschaft verpflichtet ist, auf die Nutzung des belasteten Grundstücks selbst bezieht. Duldung „in Rücksicht seiner Sache“ erfordert also stets eine unmittelbare Beziehung zur Nutzung der belasteten Sache (5 Ob 59/18i; 5 Ob 151/17t mwN; RIS‑Justiz RS0011510 [T2, T4]). Deshalb kann etwa das Verbot einer wirtschaftlichen Tätigkeit, für die das Grundstück bloß zufälliger Standort ist, nicht verbüchert werden (5 Ob 83/09f mwN; RS0011510 [T6]).

[16] 1.3. Eine Grunddienstbarkeit muss außerdem der vorteilhafteren oder bequemeren Benützung des herrschenden Grundstücks dienen (§ 473 ABGB; RS0011597 [T1]; RS0011582). Auch das Erfordernis der Nützlichkeit oder Bequemlichkeit bezieht sich immer auf das Grundstück selbst, nicht auf persönliche Vorteile seines Eigentümers (RS0011593 [T1]). Entscheidend für die Einordnung als Dienstbarkeit sind also nur liegenschaftsbezogene Utilitätserwägungen(5 Ob 130/10v). Bei deren Beurteilung ist freilich kein strenger Maßstab anzuwenden (RS0011593). Nur völlige Zwecklosigkeit verhindert das Entstehen einer Dienstbarkeit oder vernichtet diese (9 Ob 32/21b mwN).

[17] 1.4. Grunddienstbarkeiten müssen demnach das Eigentum am dienenden Grundstück beschränken und das am herrschenden Gut bestehende Eigentum erweitern oder fördern. Fehlt auch nur eine dieser beiden Eigenschaften, sind die Voraussetzungen einer Grunddienstbarkeit nicht gegeben (RS0011546).

[18] 2.1. Ist der Berechtigte einer Grunddienstbarkeit nicht der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks, sondern eine natürliche oder juristische Person, liegt eine unregelmäßige Servitut vor (§ 479 ABGB). Unregelmäßige Servituten sind rechtlich wie eine Grunddienstbarkeit zu behandeln, weshalb etwa das Utilitätserfordernis des § 473 ABGB erfüllt sein muss (5 Ob 59/18i mwN). Es gilt auch bei persönlichen Dienstbarkeiten der Grundsatz, dass nur völlige Zwecklosigkeit dem Rechtsbestand einer Dienstbarkeit entgegen stünde (RS0011541). Ein Vorteil, wie er für die Bestellung einer Grunddienstbarkeit charakteristisch und essentiell ist, steht im Fall einer irregulären Servitut einem persönlich Berechtigten unabhängig vom Eigentum am herrschenden Grundstück zu. Bei Bestellung zugunsten einer Gebietskörperschaft profitiert die Allgemeinheit von diesem Vorteil. Daraus lässt sich aber nicht ableiten, dass jeder rein wirtschaftliche Zweck die Begründung einer unregelmäßigen Grunddienstbarkeit in Form einer Unterlassungsverpflichtung rechtfertigt (5 Ob 59/18i [Unterlassung der Errichtung von Baulichkeiten zur Sicherung einer Aufzahlungsverpflichtung des Käufers]).

[19] 2.2. Als unregelmäßige Dienstbarkeit anerkannte die Rechtsprechung etwa die Einräumung von Wegerechten (RS0011562 [T3, T4, T5]) oder Schiabfahrten (RS0011562 [T2]; RS0011524) zugunsten einer Gemeinde, welche die Nutzung der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Dabei handelt es sich dem Inhalt nach um Duldungsverpflichtungen des Eigentümers der belasteten Liegenschaft (5 Ob 59/18i).

[20] 2.3. In die – hier interessierende – Kategorie einer Unterlassungsverpflichtung fällt der Verzicht auf eine bestimmte bauliche Ausgestaltung einer Liegenschaft. Ein solcher Verzicht kann grundsätzlich als (unregelmäßige) Grunddienstbarkeit bestellt werden, weil es sich dabei um eine Einschränkung der Nutzung der Liegenschaft selbst handelt (5 Ob 59/18i; 5 Ob 87/91; RS0011565; vgl auch RS0011562 [„Cottage-Servitut“]). Nicht als verbücherungsfähige (irreguläre) Dienstbarkeit anerkanntwurden hingegen der Verzicht auf die Begründung von Wohnungseigentum (5 Ob 87/91), die Einschränkung des Rechts zur Vermietung (5 Ob 291/00f) und das Verbot einer bestimmten wirtschaftlichen Tätigkeit (5 Ob 62/10v).

[21] 3.1. Nach § 33 Abs 2 Tiroler Raumordnungsgesetz 2016 (TROG 2016) kann die Gemeinde als Träger von Privatrechten zum Zweck der Verwirklichung der Ziele der örtlichen Raumordnung, insbesondere jenes nach § 27 Abs 2 lit d TROG 2016 (Vorsorge für die bestimmungsgemäße Verwendung des Baulandes und der bestehenden Bausubstanz, insbesondere zur Deckung des Grundbedarfs an Wohnraum und an Flächen für Zwecke der Wirtschaft zu angemessenen Preisen), Verträge mit Grundeigentümern abschließen. Die Einhaltung solcher Verträge ist gemäß § 33 Abs 4 TROG 2016 auf geeignete Weise sicherzustellen. Zu diesem Zweck kann zwar, soweit dies zivilrechtlich zulässig ist, unter anderem auch eine dingliche Absicherung dieser Rechte vereinbart werden; um aber eine Verdinglichung von Verpflichtungen beliebigen Inhalts mit Mitteln der Vertragsraumordnung zu vermeiden, ist zur Beurteilung, ob eine solche Vereinbarung zulässig ein verbücherbares Recht begründet, auf die in Rechtsprechung und Lehre allgemein anerkannten Grundsätze zurückzugreifen (5 Ob 62/20h [Reallast]).

[22] 3.2. Mit einem zivilrechtlichen Vertrag zwischen einem Grundeigentümer und einer Gebietskörperschaft können demnach zwar grundsätzlich auch Dienstbarkeiten begründet werden, welche den Eigentümer des dienenden Gutes im öffentlichen Interesse zu bestimmten Duldungen oder Unterlassungen verpflichten. Die zivilrechtliche Gestaltung solcher Rechtsverhältnisse ist aber ausschließlich nach zivilrechtlichen Bestimmungen zu beurteilen (Merth/Spath in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5 § 472 ABGB Rz 4; Kleewein, Anmerkung zu 5 Ob 198/12x, JBl 2013, 237).

[23] 3.3. Öffentliche Interessen allein können die Eintragung einer inhaltsähnlichen Personalservitut zugunsten einer Gemeinde nicht rechtfertigen (Jelinek, Anmerkung zu 5 Ob 198/12x, EvBl 2013/65). Daraus, dass § 33 Abs 2 TROG 2016 die Gemeinde ausdrücklich ermächtigt, zivilrechtliche Verträge zur Verwirklichung der Raumordnungsziele zu schließen, ist für den gegenteiligen Standpunkt der Antragsteller nichts zu gewinnen. An den Voraussetzungen des § 472 ABGB für die Annahme einer Dienstbarkeit, insbesondere die Notwendigkeit eines ausreichend starken Bezugs zur belasteten Sache, kann die auch bloß generelle Ermächtigung des Tiroler Gesetzgebers zum Einsatz zivilrechtlicher Mittel schon aus kompetenzrechtlichen Gründen nichts ändern.

[24] 4.1. Ob ein vereinbartes Recht die Anforderungen an ein verbücherungsfähiges Recht erfüllt, ist als Frage der Auslegung des konkreten Vertrags eine Einzelfallbeurteilung. Das gilt insbesondere für die Frage, ob der Inhalt eines konkret vereinbarten Rechts ausreichenden Bezug zur dienenden Liegenschaft hat (5 Ob 167/19y; 5 Ob 62/10v).

[25] 4.2. Nach den allgemeinen Leitlinien der Rechtsprechung muss sich die Duldung oder Unterlassung, zu der der Eigentümer der belasteten Liegenschaft verpflichtet ist, unmittelbar auf die Nutzung des Grundstücks, nicht bloß auf eine wirtschaftliche Tätigkeit des Eigentümers beziehen. Dienstbarkeiten, die nur die obligatorische Verfügungüber die Liegenschaft betreffen, wie zB ein Vermietungsverbot, ein Verbot der Begründung von Wohnungseigentum oder Wettbewerbsverbote, sind nicht einverleibungsfähig (vgl Bittner in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, ABGB3 [Klang] § 472 ABGB Rz 4). Entscheidend für die Einstufung als Dienstbarkeit ist, dass nicht die rechtsgeschäftliche Verfügungsmöglichkeit über die Liegenschaft, sondern die Nutzung der Liegenschaft selbst eingeschränkt wird. (Kleewein, Anmerkung zu 5 Ob 198/12x, JBl 2013, 237 [238]).

[26] 4.3. Ausgehend davon erfüllt (auch) das hier im Rahmen einer Vertragsraumordnung als Dienstbarkeit vereinbarte Verbot der Verwendung der Liegenschaft als Freizeitwohnsitz das Erfordernis des unmittelbaren Liegenschaftsbezugs nicht. Eine vergleichbare Vereinbarung war bereits Gegenstand der Entscheidung 5 Ob 167/19y. Der Fachsenat hatte die Frage der Verbücherungsfähigkeit dort zwar nicht abschließend zu beurteilen, weil die Vorinstanzen die fragliche Vereinbarung – nicht korrekturbedürftig – als zu unbestimmt formuliert angesehen hatten. Der Fachsenat hobaber Indizien hervor, die den ausreichenden Bezug des konkret vereinbarten Rechts zur dienenden Liegenschaft zweifelhaft sein lassen und daher gegen die Qualifikation einer Vereinbarung als Dienstbarkeit sprechen: Es sind dies der Umstand, dass sich die fragliche Unterlassungspflicht nicht auf das Grundstück selbst, sondern auf dessen Nutzung in bestimmter Form bezieht, es sich um eine persönliche Dienstbarkeit für eine Gemeinde handelt und die Einhaltung der Verpflichtung zusätzlich durch Vertragsstrafen abgesichert wurde. Auch die hier zu beurteilende Verwendungsvereinbarung sieht solche Vertragsstrafen vor, sodass hier alle diese Indizien vorliegen. Zusammengefasst weist die strittige Vereinbarung damit keinen ausreichend starken Bezug zum dienenden Grundstück auf.

[27] 5. Der hier vereinbarten Verpflichtungzur Unterlassung der Nutzung der Liegenschaft als Freizeitwohnsitz fehlen somit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal und eine charakteristische Eigenschaft für eine Grunddienstbarkeit. Die Schaffung vom Gesetz nicht vorgesehener dinglicher Rechte und ihre Einordnung als Dienstbarkeit ist unzulässig. Derartige Rechte sind keine Dienstbarkeiten und aufgrund des geschlossenen Katalogs der dinglichen Rechte nicht verbücherungsfähig (5 Ob 151/17t).

[28] Der Revisionsrekurs ist damit nicht berechtigt.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte