European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124378
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Das Erstgericht wies den Antrag des Vaters auf Einräumung eines Kontaktrechts zu seinem Sohn ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs des Vaters zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Die Vorinstanzen haben ihre abweisende Entscheidung auf § 108 AußStrG gestützt. Danach ist der Antrag auf Regelung der persönlichen Kontakte ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen, wenn ein Minderjähriger, der das 14. Lebensjahr bereits vollendet hat, ausdrücklich die Ausübung der persönlichen Kontakte ablehnt und eine Belehrung über die Rechtslage und darüber, dass die Anbahnung oder Aufrechterhaltung des Kontakts mit beiden Elternteilen grundsätzlich seinem Wohl entspricht, sowie der Versuch einer gütlichen Einigung erfolglos bleibt. Die dort vorgesehene Belehrung des Minderjährigen und der Versuch einer gütlichen Einigung sind Verfahrensvorschriften, die gezielt der Wahrung des Kindeswohls dienen und deren Einhaltung ausdrücklich gesetzliche Voraussetzung dafür ist, den Antrag auf Kontaktrechtsregelung ohne weitere inhaltliche Prüfung abzuweisen und von der Fortsetzung der Durchsetzung abzusehen (5 Ob 242/15x; 5 Ob 94/16h). Dass diese Voraussetzungen anlässlich der Befragung des zu diesem Zeitpunkt bereits 14 Jahre alten Minderjährigen durch den Pflegschaftsrichter vorlagen, zieht der Revisionsrekurswerber nicht in Zweifel. Demnach war eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der jeglichen Kontakt derzeit ablehnenden Äußerung seines Sohnes (so insbesondere der von diesem gebotenen Begründung für diese Ablehnung) nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht geboten.
2. Der Vater meint, die Frage, ob für die Nichterteilung eines Kontaktrechts die Einholung eines Sachverständigengutachtens trotz seines Antrags entfallen könne, sei erheblich im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG. Den darin angeblich liegenden Mangel des Verfahrens erster Instanz hat das Rekursgericht verneint, grundsätzlich kann dieser Mangel daher auch keinen Revisionsrekursgrund bilden (RIS‑Justiz RS0050037). Dieser Grundsatz ist im Pflegschaftsverfahren dann nicht anzuwenden, wenn die Interessen des Kindeswohls das erfordern (RIS‑Justiz RS0050037 [T1, T4]), was im Regelfall im Obsorge‑ und Kontaktrechtsverfahren Bedeutung hat (RIS‑Justiz RS0050037 [T8]). Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier aber schon deshalb nicht vor, weil der Vater im Verfahren erster Instanz nicht behauptete, die unmissverständliche Ablehnung des Kontakts durch seinen Sohn entspreche nicht dessen wahren Willen, und demgemäß auch die Einholung eines neuerlichen psychologischen Sachverständigengutachtens nicht zu diesem Beweisthema beantragte, sondern zu den seiner Meinung nach mittlerweile geänderten Umständen (Antrag vom 27. 4. 2018, ON 248). Auch im Revisionsrekurs meint der Vater nur, in einem längeren vertrauensvollen Gespräch mit einer Gutachterin wäre der tatsächliche Wille seines Sohnes leichter zu ergründen gewesen, behauptet aber nicht, dass dieser entgegen der mehrfach vor unterschiedlichen Personen und Institutionen (Pflegschaftsrichter, Sozialarbeitern seiner Wohngemeinschaft und Vertretern des Kinder‑ und Jugendhilfeträgers) geäußerten Ablehnung von Kontakten mit dem Vater in Wahrheit die von diesem beantragten Kontakte ebenfalls anstreben würde. Dass die Vorinstanzen auch ohne Sachverständigengutachten von der Ernsthaftigkeit des vom bereits 14‑Jährigen geäußerten Willens ausgingen, bedarf daher keiner Korrektur im Einzelfall. Ein Eingehen auf die im Revisionsrekurs zitierten Entscheidungen 9 Ob 20/17g und 6 Ob 86/15b, die sich nicht bzw nicht ausschließlich auf § 108 AußStrG stützten und für die hier zu beurteilenden Fragen daher nicht einschlägig sind, erübrigt sich somit; erwähnt sei allerdings, dass der Oberste Gerichtshof zu 6 Ob 86/15b (iFamZ 2015/169 [Thoma-Twaroch] darauf hinwies, dass im Hinblick auf das Beweisaufnahmeermessen im Außerstreitverfahren kein genereller Grundsatz dahin besteht, dass das Pflegschaftsgericht im Verfahren über die Festsetzung des Kontaktrechts stets einen Sachverständigen beizuziehen hätte.
3. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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