European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00232.22M.0314.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 126 Abs 2 GBG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Verfahrens ist die grundbücherliche Durchführung des auf der Ausübung einer Kaufoption beruhenden (angeblichen) Eigentumserwerbs der Erstantragstellerin an bestimmten Grundstücken einer Liegenschaft und die Eintragung eines Höchstbetragspfandrechts für die Zweitantragstellerin auf diesen Grundstücken.
[2] Das Erstgericht bewilligte die entsprechenden Anträge.
[3] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der bücherlichen Eigentümerin der betroffenen Grundstücke Folge und wies die Anträge ab. Dies – zusammengefasst – mit der Begründung, dass sich die beantragten Grundbuchseintragungen (allein) aus den vorgelegten Urkunden nicht ableiten ließen. Das Erstgericht habe auch kein Verbesserungsverfahren nach § 82a GBG einzuleiten gehabt, weil das Fehlen von Haupturkunden ein nicht verbesserungsfähiger Inhaltsmangel sei.
[4] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs nicht zu.
[5] Der außerordentliche Revisionsrekurs der Erstantragstellerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG auf; dieser ist daher unzulässig und zurückzuweisen. Die Begründung dieses Beschlusses kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 126 Abs 3 GBG; § 71 Abs 3 AußStrG).
Rechtliche Beurteilung
[6] 1. Nach § 87 Abs 1 GBG sind Urkunden, aufgrund deren eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen. Diese Voraussetzung bezieht sich auf Grundbuchsurkunden, die in materieller und formeller Hinsicht die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung enthalten (RIS‑Justiz RS0061070).
[7] Ergeben sich die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung – wie hier – aus mehreren Urkunden zusammen, dann sind alle jeweils Urkunden, aufgrund deren iSd § 87 Abs 1 GBG die betreffende Eintragung erfolgen soll. Diese müssen daher alle gemeinsam im Original vorgelegt werden (jüngst 5 Ob 166/22f; vgl RS0061072; RS0061050; RS0124536).
[8] 2. Als Eintragungsgrundlage für den Eigentumserwerb der Erstantragstellerin legten die Antragsteller eine „Kaufoption vom 14. 8. 1996“, die diesbezügliche Ausübungserklärung und zum Nachweis der Rechtzeitigkeit der Ausübung den „9. Nachtrag zur Kaufoption vom 23. 11. 2018“ vor. Dieser Nachtrag beinhaltet jedoch die Verlängerung einer Kaufoption vom „1996-09-11“. Die Antragsteller haben weder diese Kaufoption vom 11. 9. 1996 und noch eine Urkunde vorgelegt, aus der sich die Ausübung dieser Kaufoption oder die Verlängerung auch der Kaufoption vom 14. 8. 1996 ergibt.
[9] Das Rekursgericht ist daher zu dem nach der Aktenlage zum Zeitpunkt der Entscheidung des Erstgerichts zutreffenden Ergebnis gelangt, dass allein die von den Antragstellern vorgelegten Urkunden iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG keine ausreichende Grundlage für die begehrte Eintragung bilden.
[10] 3. Mit ihrem Revisionsrekurs legt die Erstantragstellerin nun auch die (zweite) Kaufoption vom 11. 9. 1996 vor, auf die sich die schon mit dem Antrag vorgelegte Verlängerungsvereinbarung (9. Nachtrag zur Kaufoption) bezieht. Die Erstantragstellerin erklärt in ihrem Revisionsrekurs das Bestehen zweier inhaltsgleicher Optionen mit unterschiedlichen Daten mit der nachträglichen Korrektur eines Schreibfehlers in der Aufsandungserklärung der ersten Option. Diese beiden Optionen bildeten eine rechtliche Einheit.
[11] Für das Rechtsmittelverfahren in Grundbuchsachen statuiert § 122 Abs 2 GBG abweichend von § 49 AußStrG allerdings ein strenges Neuerungsverbot. Im Rechtsmittel dürfen weder neue Angaben gemacht, noch dürfen ihm – von der Verbesserungsmöglichkeit nach § 82a Abs 2 GBG abgesehen – neue Urkunden beigelegt werden. Maßgeblich für die Entscheidung der Rechtsmittelgerichte ist daher stets die Aktenlage zur Zeit der Entscheidung des Erstgerichts (5 Ob 204/20s; RS0060754).
[12] Die Verbesserungsmöglichkeit nach § 82a Abs 2 GBG bezieht sich seinem Wortlaut nach zwar nur auf den Antrag in erster Instanz. Diese schlägt aber wertungsmäßig auf das Rechtsmittelverfahren und auf Formmängel von Rechtsmitteln durch. In der vorliegenden Konstellation, in der nicht das Erstgericht, das den Antrag bewilligt hatte, sondern erst das Rekursgericht das Fehlen der erforderlichen Urkunde erkannte, ist ein Verbesserungsauftrag zur Behebung dieses Formmangels daher grundsätzlich auch im Rekursverfahren zulässig. Eine mit dem Revisionsrekurs vorgelegte Urkunde könnte daher iSd § 82a Abs 5 GBG berücksichtigt werden (jüngst 5 Ob 166/22f; 5 Ob 65/21a; 5 Ob 217/20b; RS0133593).
[13] Die eine Ausnahme vom Neuerungsverbot bildende Verbesserungsmöglichkeit nach § 82a Abs 2 GBG besteht aber nur für Formgebrechen. Inhaltliche Mängel des Antrags sind nicht verbesserungsfähig. Die Verbesserung durch Vorlage einer fehlenden Urkunde ist daher in der Rechtsmittelinstanz nur dann noch zu berücksichtigen, wenn das Fehlen der Urkunde tatsächlich nur als ein Formmangel anzusehen war. Wenn das Begehren oder der Antragsinhalt widersprüchlich, unklar, unzulässig, unvollständig oder – wie hier – nicht durch die Urkunden gedeckt ist, liegt jedoch ein inhaltlicher Mangel vor (3 Ob 36/12h; Rassi in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 82a GBG Rz 3; Koller/Streller, NZ 2013, 243). Die unterlassene Vorlage der einen von zwei angeblich eine Einheit bildenden Kaufoptionen, die die Bezugnahme auf Kaufoptionen unterschiedlichen Datums in der Verlängerungsvereinbarung und Ausübungserklärung erklären soll, ist daher als – nicht verbesserbarer – Inhaltsmangel zu werten.
[14] Die von der Erstantragstellerin erst mit ihrem Revisionsrekurs vorgelegte Urkunde ist damit nicht eine solche gemäß § 82a Abs 2 GBG, deren Fehlen zum Gegenstand eines Verbesserungsverfahrens in zweiter Instanz gemacht werden hätten können, und kann daher wegen des im Grundbuchverfahren geltenden Neuerungsverbots nicht berücksichtigt werden.
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