European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E120755
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.
Begründung:
Die Antragsteller begehrten ursprünglich die Festsetzung getrennter Abrechnungseinheiten für Betriebskosten, Wartungs‑ und Reparaturkosten der Außenfassaden für die auf der Liegenschaft errichteten zwei Wohntürme. Die Abweisung dieses Antrags erwuchs mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 18. 11. 2014, 5 Ob 163/14b, in Rechtskraft.
Mit dem am 10. 3. 2017 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz begehrten der Siebentantragsteller und eine ursprünglich auf der Antragsgegnerseite geführte Mit‑ und Wohnungseigentümerin, die am Revisionsrekursverfahren nicht mehr beteiligt ist, gemäß §§ 72 ff AußStrG die Abänderung des Sachbeschlusses, mit dem der Antrag auf Festsetzung von getrennten Abrechnungseinheiten abgewiesen worden war. Für den Fall, dass sie die Frist zur Stellung eines solchen Antrags versäumt hätten, begehrten sie die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das Erstgericht wies den Antrag auf Abänderung des Sachbeschlusses zurück, weil ein solches Begehren den Verfahrensgesetzen fremd sei.
Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rechtsmittel des (hier noch von Relevanz) Siebentantragstellers im Ergebnis nicht Folge. Es bestätigte die Zurückweisung des Antrags, weil ein abstrakt tauglicher Abänderungsgrund nicht einmal behauptet worden sei, und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.
Die Entscheidung des Rekursgerichts wurde dem Siebentantragsteller am 31. 10. 2017 zugestellt. Der Hausanschlag erfolgte am 16. 11. 2017.
Dagegen erhoben der Siebentantragsteller sowie der Sechstantragsteller, der im Verfahren über den Abänderungsantrag erstmals im Revisionsrekursverfahren einschreitet, den elektronisch am 27. 11. 2017 eingebrachten außerordentlichen Revisionsrekurs.
Rechtliche Beurteilung
1.1 Das Rechtsmittel ist hinsichtlich des Siebentantragstellers verspätet.
1.2 Die vierwöchige Rechtsmittelfrist nach § 37 Abs 3 Z 15 und 16 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG) gilt nur für Rechtsmittel gegen einen Sachbeschluss (und für den Revisionsrekurs gegen einen Beschluss, mit dem ein Sachbeschluss iSd § 64 AußStrG aufgehoben wurde); ansonsten stehen nur die 14‑tägigen Fristen nach dem Außerstreitgesetz offen (RIS‑Justiz RS0070443 [T3]; 5 Ob 124/17x).
1.3 Nach § 37 Abs 3 Z 13 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG ergeht nur die Entscheidung „in der Sache“ mit Sachbeschluss. Dabei kommt es auf den Inhalt der Entscheidung an (RIS‑Justiz RS0070443). Die Zurückweisung eines Abänderungsantrags als unzulässig gemäß § 77 Abs 1 AußStrG, weil nicht einmal abstrakt taugliche Abänderungsgründe vorgebracht wurden, erfordert keinen Sachbeschluss, weswegen die Rechtsmittelfrist zur Bekämpfung der Rekursentscheidung 14 Tage und nicht vier Wochen betrug.
1.4 Dem Antragsteller ist auch im Mehrparteienverfahren individuell zuzustellen (T. Klicka in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht3 § 37 MRG Rz 101; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht23 § 37 MRG Rz 41), sodass die 14‑tägige Frist zur Erhebung des außerordentlichen Revisionsrekurses für den Siebentantragsteller mit der Zustellung der Rekursentscheidung an ihn zu laufen begonnen hat. Sein am 27. 11. 2017 eingebrachtes Rechtsmittel ist daher verspätet und aus diesem Grund zurückzuweisen.
2.1 Auch im Verfahren Außerstreitsachen muss ein Rechtsschutzinteresse an der inhaltlichen Behandlung eines Rechtsmittels bestehen. Fehlt ein solches Anfechtungsinteresse (Beschwer) ist ein Rechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0006880; RS0006598).
2.2 Bei der Beschwer unterscheidet man die formelle und die materielle Beschwer (RIS‑Justiz RS0041868). Der Rechtsmittelwerber muss jedenfalls formell beschwert sein (E. Kodek in Rechberger, ZPO4 Vor § 461 Rz 10), die gefällte Entscheidung muss also zum Nachteil des Rechtsmittelwerbers von seinem Antrag abweichen (RIS‑Justiz RS0041868 [T5]; RS0043917; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 45 Rz 50).
2.3 Den Entscheidungen der Vorinstanzen liegt (im Revisionsrekursverfahren noch von Bedeutung) ein Antrag des Siebentantragstellers gemäß §§ 72 ff AußStrG zugrunde. Soweit erkennbar wurde dabei auf den Abänderungsgrund des § 73 Abs 1 Z 6 AußStrG Bezug genommen. Ein solcher Abänderungsgrund kann nach Abs 3 leg cit nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, die neuen Tatsachen‑ und Beweismittel in dem vorangegangenen Verfahren geltend zu machen. Die Behauptungs‑ und Beweislast für das fehlende Verschulden trifft dabei den Antragsteller (5 Ob 131/11t; 1 Ob 57/12g). Das erfordert eine individuelle Prüfung, sodass durch die Zurückweisung eines solchen Antrags, weil ein abstrakt tauglicher Abänderungsgrund nicht einmal behauptet wurde, nur der jeweilige Antragsteller beschwert sein kann.
2.4 Der Sechstantragsteller hat keinen Abänderungsantrag gestellt, sondern sich erstmals im Revisionsrekursverfahren an dem über Antrag des Siebentantragstellers eingeleiteten Verfahren beteiligt. Durch die Zurückweisung des von ihm gar nicht gestellten Antrags auf Abänderung des im Ausgangsverfahren ergangenen Sachbeschlusses ist er daher (formell) auch nicht beschwert. Sein Revisionsrekurs ist mangels Anfechtungsinteresses zurückzuweisen.
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