Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 892,03 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 148,67 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht hat über Antrag des Beklagten nach § 508 Abs 1 ZPO seinen ursprünglichen Ausspruch dahin abgeändert, dass die ordentliche Revision doch nach § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil mittlerweile ein baubehördlicher Bescheid vom 11. 10. 2010 ergangen sei, der die Entfernung jenes Mauerteils untersage, der dem Beklagten urteilsmäßig aufgetragen worden sei.
Der Beklagte habe bereits im erstinstanzlichen Verfahren seiner Verpflichtung zur Beseitigung einer eigenmächtigen baulichen Veränderung an allgemeinen Teilen der Liegenschaft, die in das Eigentumsrecht der anderen Wohnungseigentümer eingreife und diese von der Benützung allgemeiner Teile ausschließe, entgegengehalten, dass einer solchen Beseitigungsverpflichtung feuer- und baupolizeiliche Vorschriften entgegenstünden. Beide Vorinstanzen hätten diesen Einwand mit dem Hinweis auf das absolut wirkende Eigentumsrecht abgelehnt. Zudem sei davon ausgegangen worden, dass trotz Entfernung des Mauerteils ein feuer- und baupolizeilich zulässiger Zustand hergestellt werden könne. Zu einem vergleichbaren Sachverhalt liege noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.
Rechtliche Beurteilung
Entgegen diesen Ausführungen erweist sich die Revision des Beklagten als nicht zulässig, was zufolge § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO wie folgt kurz zu begründen ist:
1.) Der baubehördliche und in der Revision erstmals vorgelegte Untersagungsbescheid, MA 37/19 -***** 10-39434-1/2010, erging am 11. 10. 2010, somit eineinhalb Monate nach der Berufungsentscheidung vom 31. 8. 2010. Die erstmals in der Revision im Zusammenhang mit der Behauptung der rechtlichen Unmöglichkeit der Leistung vorgebrachte Tatsache des gegen den Leistungspflichtigen ergangenen Verbots durch den bezogenen Bescheid der Baubehörde stellt zuallererst ein novum productum dar, mit dem gegen das Neuerungsverbot verstoßen wird. Neue Tatsachen, die entstanden sind, nachdem bereits das Neuerungsverbot galt und die den materiellen Anspruch aufheben oder hemmen, können allenfalls mit Oppositionsklage geltend gemacht werden (2 Ob 574/95 = EvBl 1996/60).
2.) Selbst wenn man mit dem Revisionswerber davon ausgeht, dass seinem Vorbringen das Neuerungsverbot des § 504 Abs 2 ZPO nicht entgegen steht, weil er bereits im erstinstanzlichen Verfahren die baurechtliche Unzulässigkeit des Mauerabbruchs, somit die für das Verbot maßgebliche Tatsache behauptete (vgl Klagebeantwortung ON 3, insb P 2.4; RIS-Justiz RS0016473), worauf er den Vorwurf eines Stoffsammlungsmangels gründet, ist für ihn dadurch nichts gewonnen. Eine rechtliche Unmöglichkeit, die dann vorliegt, wenn der Schuldner selbst Adressat des behördlichen Verbots ist (vgl RIS-Justiz RS0109498; RS0107692), bestünde grundsätzlich erst mit Rechtskraft des Verwaltungsbescheids (RIS-Justiz RS0036981). Im vorliegenden Fall wurde die Rechtskraft des Bescheids weder behauptet noch ergibt sie sich aus der vorliegenden Urkunde (3 Ob 131/05y). Für Verwaltungsbescheide, die wie hier in einem Verfahren nach dem AVG ergangen sind, ist § 64 AVG maßgeblich, nach dessen Abs 1 rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung haben. Aus der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittelverfahrens folgt, dass der Eintritt der durch die Rechtsordnung an einen Bescheid geknüpften Rechtswirkungen hinausgeschoben wird, was zugleich bedeutet, dass der Bescheid nicht nur nicht vollstreckbar sondern auch seine Verbindlichkeit hinausgeschoben wird (3 Ob 112/97k = SZ 70/51; Hengstschläger/Leeb, AVG § 64 Rz 9 ff). Es kann und muss daher in diesem Zusammenhang auf das Zustandekommen des Bescheids der Verwaltungsbehörde unter Umgehung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer des Hauses nicht eingegangen werden (vgl 3 Ob 5/03m).
3.) Gegen einen Wohnungseigentümer, der eigenmächtig Änderungen an allgemeinen Teilen der Liegenschaft vornimmt, kann nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung auch jeder einzelne Wohnungseigentümer mit Unterlassungs- bzw Beseitigungsklage nach § 523 ABGB im streitigen Rechtsweg vorgehen (5 Ob 25/90 = Wobl 1991/53 [Call]; 5 Ob 25/08z = ecolex 2008/366 [Friedl]; 5 Ob 241/09s = wobl 2010/18 mwN).
Entgegen den Ausführungen der Revision hat das Berufungsgericht den Beseitigungsanspruch hinsichtlich des vom Beklagten auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft errichteten Mauerteils selbständig geprüft und diesen weder aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich noch aus der Vorentscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 305/98h (wobl 2000/126) abgeleitet. Vom Streitrichter ist in einem solchen Fall die Genehmigungsbedürftigkeit der Änderung (nach § 16 Abs 2 WEG) und die eigenmächtige Rechtsanmaßung als Vorfrage über die Berechtigung des Unterlassungs- oder Wiederherstellungsbegehrens, nicht aber die Genehmigungsfähigkeit zu prüfen (vgl RIS-Justiz RS0083156 [T20]; zuletzt 5 Ob 229/09a; RS0012112 ua). Soweit die Revision mit einer Unmöglichkeit der Leistung des Beklagten wegen eines dadurch bewirkten Verstoßes gegen baurechtliche Vorschriften argumentiert, ist ihr entgegenzuhalten, dass eine solche Unmöglichkeit nur angenommen werden darf, wenn der Leistung ein dauerndes und nicht nur vorübergehendes Hindernis entgegensteht (RIS-Justiz RS0112887 [T7]). Zweifel über die Unmöglichkeit gehen jedenfalls zu Lasten des Schuldners (RIS-Justiz RS0109497).
Weshalb Vorschriften der Wiener Bauordnung über die Mindestbreite von Türen oder Durchgängen ein dauerndes und damit unüberwindliches rechtliches Hindernis für die Erfüllung des Beseitigungsanspruchs darstellen sollen, ist - die Einhaltung der im baurechtlichen Verwaltungsverfahren vorgesehenen Schritte und insbesondere die Beteiligung der übrigen Mit- und Wohnungseigentümer an einem solchen verwaltungsbehördlichen Verfahren vorausgesetzt - nicht nachvollziehbar. Schließlich ist es Sache der Mit- und Wohnungseigentümer im Zuge eines solchen Abbruchs einen baurechtlich gesetzmäßigen Zustand herzustellen, der etwa darin bestehen kann, einen den gesetzlichen Vorschriften entsprechenden Zugang zur Dachbodenstiege zu errichten (vgl dazu 5 Ob 229/09a).
Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO war daher die Revision des Beklagten zurückzuweisen. Dies bedarf gemäß § 510 Abs 3 letzter Satz ZPO keiner weitergehenden Begründung.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)