OGH 3Ob112/97k

OGH3Ob112/97k26.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Valentin P*****, vertreten durch Mag.Dr.Friedrich Studentschnig, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Josef P*****, vertreten durch Dr.Matthäus Grilc und Dr.Roland Grilc, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Einwendungen gegen den Anspruch, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes vom 6.Oktober 1995, GZ 4 R 411/95-13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Völkermarkt vom 6.Juli 1995, GZ 3 C 221/94z-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 4.058,88 (darin enthalten S 676,48 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der nunmehrige Beklagte brachte gegen den nunmehrigen Kläger am 30.6.1993 zu 2 C 1506/93m des Erstgerichtes eine Besitzstörungsklage ein, weil dieser ihn im ruhigen Besitz von Liegepritschen und des Zuganges zu diesen Liegepritschen gestört habe. Der Besitzstörungskläger habe seit Jahrzehnten auf einem Teil einer Liegenschaft des Besitzstörungsbeklagten am Ufer des T*****sees Liegepritschen aus Brettern und Pfosten aufgestellt, die auf Betonquadern gelagert seien. Am 21.6.1993 habe er feststellen müssen, daß der Besitzstörungsbeklagte alle Liegepritschen samt Rundhölzern und Betonquadern entfernt habe.

Der Besitzstörungsbeklagte wendete ein, es sei ihm mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 3.5.1979, Zl 296/3/79, die landschaftsschutzbehördliche Genehmigung zur Aufschüttung eines Teiles seines Ufergrundstückes 552 erteilt worden. Im Uferbereich sei die Genehmigung nur für eine Teilfläche in der nordöstlichen Ecke des Grundstücks erteilt worden, die sich vom Weg entlang der Nordgrenze in einer Breite von 20 m nach Süden bis zu einer Tiefe von 50 m vom Seeufer entfernt in Richtung Westen erstrecke und von dort aus bis zum Südwestende hangaufwärts reiche. Abgesehen von verschiedenen Auflagen sei von der Landschaftsschutzbehörde angeordnet worden, daß die übrige Grundfläche unverändert erhalten bleiben müsse. Im Bescheid sei ausdrücklich aufgetragen worden, daß allfällige Aufliegeplätze für Liegepritschen aus der übrigen Grundfläche, für welche keine Aufschüttungsbewilligung für Badezwecke erteilt wurde, zu entfernen seien. Er habe die Aufschüttung gemäß der behördlichen Bewilligung vorgenommen und die von der Genehmigung umfaßte Grundfläche für Badezwecke im Rahmen des von ihm betriebenen Strandbades benützt. Am 7.6.1993 habe eine gewerberechtliche Kommissionierung des Bades stattgefunden. Seitens der Behörde sei dem Besitzstörungsbeklagten aufgetragen worden, darauf zu achten, daß keine beschädigten Liegepritschen aufgestellt werden dürfen, weil er als Badebetreiber hiefür hafte. Die vom Besitzstörungskläger aufgestellten Liegepritschen seien in einem äußerst desolaten, gefährlichen Zustand gewesen. Am 18.6.1993 habe der Besitzstörungskläger Liegepritschen auf das Grundstück 552 KG L***** gebracht und sie südlich der beschriebenen Aufschüttungsfläche mitten im Naturschutzgebiet gelagert. Er habe die Pritschen trotz Aufforderung nicht entfernt. In der Folge habe der Besitzstörungskläger die Liegepritschen im behördlich verbotenen Bereich südlich der Aufschüttungsfläche aufgestellt. Aufgrund dieser durch das Aufstellen der Liegepritschen begangenen naturschutzrechtlichen Übertretung sei der Besitzstörungskläger von der Bergwacht bei der zuständigen Behörde angezeigt worden. Der Besitzstörungsbeklagte habe aufgrund der behördlichen Anordnung die Pritschen aus dem naturschutzrechtlich geschützten Bereich entfernt und sie in dem dem Besitzstörungskläger zustehenden Ausmaß von gut sieben laufenden Metern auf der Anschüttungsfläche aufgestellt; die weiteren Pritschen habe er auf seinem Parkplatz-Grundstück gelagert. Am 21.6.1993 habe sich der Besitzstörungskläger nicht im ungestörten ruhigen Besitz der Liegepritschen befunden. Eine Eigenmacht liege dem Besitzstörungsbeklagten nicht zur Last, weil er in Erfüllung der Anordnung der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt gehandelt habe.

Eine bestimmte Stelle für die Aufstellung der Pritschen stehe dem Besitzstörungskläger auf dem für Badezwecke bewilligten Teil des Grundstücks nicht zu. Keinesfalls könne eine Besitzstörungsklage dazu dienen, einen gesetzwidrigen Zustand zu sanktionieren oder wiederherzustellen, wie es der Besitzstörungskläger versuche. Es könne nicht angehen, daß der Besitzstörungskläger durch eine Besitzstörungsklage in die Lage versetzt werde, verbotswidrig Liegepritschen im Naturschutzgebiet aufzustellen, für welchen Fall die sofortige Entfernung seitens der zuständigen Behörde angeordnet worden sei.

In der Folge brachte der Besitzstörungsbeklagte weiters vor, die Fläche, auf der der Besitzstörungskläger die streitgegenständlichen Liegepritschen aufgestellt habe, sei Feuchtgebiet und Seefläche. Das Aufstellen von Pritschen habe den Lebensraum von Pflanzen und Tieren in diesem Bereich nachhaltig gefährdet und sei daher nach § 8 Krnt NaturschutzG verboten. Im übrigen stelle das Aufstellen von Liegepritschen eine Maßnahme zur Ausgestaltung einer Anlage zu Badezwecken an einem stehenden Gewässer dar und sei auch nach § 5 Abs 1 lit d Krnt NaturschutzG verboten.

Das Erstgericht sprach mit Endbeschluß vom 2.11.1993, 2 C 1506/93m-6, aus, der Besitzstörungsbeklagte habe den Besitzstörungskläger dadurch, daß er am 21.6.1993 diese Liegepritschen samt Betonquadern entfernt habe, im letzten ruhigen Besitz gestört. Das Landesgericht Klagenfurt als Rekursgericht erkannte den Besitzstörungsbeklagten mit Beschluß vom 11.1.1994, 2 R 662/93-12, ergänzt mit Beschluß vom 16.2.1994, 2 R 662/93-14, weiters schuldig, die Liegepritschen samt Pfosten und Quadern am ursprünglichen (näher bezeichneten) Ort wieder aufzustellen und sich in Hinkunft jeder Störung der vom Erstgericht in seinem Endbeschluß bezeichneten Art zu enthalten.

Der nunmehrige Beklagte führt aufgrund dieses Verbotes zu 3 E 3018/94d des Erstgerichtes Unterlassungsexekution; er brachte in dem am 19.7.1994 eingebrachten Exekutionsantrag vor, der nunmehrige Kläger habe diesem Verbot dadurch zuwidergehandelt, daß er am 13.7.1994 diese Liegepritschen entfernt und den Sohn des Beklagten gewaltsam von diesem Teil der Liegenschaft vertrieben habe.

Die Unterlassungsexekution wurde antragsgemäß bewilligt; weiters wurde über den Kläger eine Geldstrafe von S 5.000 verhängt. Der Beklagte wurde gemäß § 356 EO ermächtigt, den früheren Zustand auf Gefahr und auf Kosten des Klägers wiederherstellen zu lassen, wobei ihm gemäß § 357 EO zur Beseitigung eines allfälligen Widerstands des Klägers und zum Schutz der auszuführenden Arbeit ein Gerichtsvollzieher beigegeben wurde. Am 27.7.1994 wurden die Liegepritschen aufgestellt.

Der Kläger begehrt mit der am 30.8.1994 eingebrachten Klage, mit Urteil auszusprechen, daß der Anspruch des Beklagten erloschen, in eventu gehemmt sei. Am 14.7.1994 habe in der bei der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt anhängigen Naturschutzsache Zl 1187/5/91 eine Verhandlung an Ort und Stelle stattgefunden, bei der beide Streitteile anwesend gewesen seien. Aufgrund der Ergebnisse der Befundaufnahme habe der Verhandlungsleiter verkündet, daß aufgrund der fachlichen Ausführungen der Sachverständigen eine Verfügung im Sinn des § 57 Krnt NaturschutzG ua gegenüber dem Beklagten als dem Veranlasser des Aufstellens von Liegepritschen zu erlassen sei. Mit Bescheid vom 28.7.1994, Zl 1187/5/91, der beiden Streitteilen zugestellt worden sei, habe die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt verfügt, daß die Pritschenaufstellung im streitgegenständlichen Bereich eingestellt werden müsse. Der Kläger habe gegen den Bescheid kein Rechtsmittel erhoben. Mit Bescheid vom 12.8.1994, Zl 1187/5/91, sei der beklagten Partei aufgetragen worden, den rechtmäßigen Zustand im gegenständlichen südlichen Bereich des Grundstücks 552 der KG L***** wiederherzustellen und zwar durch die Entfernung der in diesem Bereich auf Betonhohlblocksteinen aufgelegten Holzpritschen samt den Hohlblocksteinen. Gegenüber dem Stand zum Schluß der mündlichen Verhandlung im Titelverfahren könne nun unter keinen Umständen mehr daran gezweifelt werden, daß das Aufstellen von Liegepritschen durch den Beklagten, für welches er Gebietsschutz in Anspruch genommen habe, rechtswidrig sei. Die seinerzeit vom Rekursgericht noch als fehlend angenommene, jetzt aber vorliegende behördliche Verfügung mache den in Exekution gezogenen Anspruch des Beklagten jedenfalls unzulässig, dies spätestens seit dem Zeitpunkt, in dem der Beklagte das Verhandlungsergebnis vom 14.7.1994 anläßlich seiner Teilnahme zur Kenntnis genommen habe. Der Beklagte hätte den Exekutionsantrag gar nicht mehr stellen dürfen.

Der Beklagte wendete ein, diese Bescheide seien nicht rechtskräftig, weil über seine Berufung noch nicht entschieden worden sei. Im übrigen sei die Art und Weise der Liegepritschenaufstellung, wie sie der Beklagte ausübe, auf jeden Fall mit den Vorschriften des Krnt NaturschutzG in Übereinstimmung; sein rechtskräftiger Anspruch könne daher nicht erloschen sein. Die Aufstellung der Liegepritschen und der mobilen Quader sei bereits seit 1954 ausdrücklich bewilligt.

Darauf replizierte der Kläger, den Verwaltungsbescheiden und Verfügungen komme, selbst wenn diese nicht rechtskräftig seien, zumindest hemmende Wirkung zu. Bescheide und Verfügungen der Verwaltungsbehörden seien sowohl vom Gericht als auch von den Parteien als Befehl zu beachten. Die Rechtswidrigkeit der Aufstellung von Quadern und Pritschen sei schon aufgrund des Gesetzes gegeben. Eine behördliche Bewilligung für das Aufstellen der Liegepritschen und Quader im betreffenden Bereich existiere nicht.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 13.6.1995 brachte der Kläger vor, das Verbot des Aufstellens von Pritschen ergebe sich auch aus dem rechtskräftigen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15.11.1994, Zl 1892/3/1993.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab; es stelle folgenden Sachverhalt fest:

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 28.7.1994 Zl 1187/5/91, wurde gegenüber dem Beklagten die Einstellung der Liegepritschenaufstellung im südlichen Bereich des Grundstückes 552 der KG L***** verfügt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 12.8.1994 wurde dem Beklagten die Entfernung der Holzpritschen samt Hohlblocksteinen bis Oktober 1994 aufgetragen, ebenso die Entfernung oberflächlich aufgetragenen Sand- und Schottermaterials.

Bei den in den Bescheiden vom 28.7.1994 und 12.8.1994 bezeichneten Flächen und Liegepritschen handelt es sich um die hier klagsgegenständlichen Flächen bzw Liegepritschen.

Der Beklagte hat gegen beide Bescheide fristgerecht Berufung erhoben, die Entscheidungen der Berufungsbehörde liegen noch nicht vor. Die beiden Bescheide sind noch nicht rechtskräftig.

Die vom Beklagten nunmehr für die Liegepritschenaufstellung vorgesehenen bzw verwendeten Liegepritschen und mobilen Quader sind dieselben, wie sie der Beklagte während des Besitzstörungsverfahrens 2 C 1506/93 des Erstgerichtes verwendet hatte.

Mit rechtskräftigem Bescheid vom 15.11.1994, Zl 1892/3/93, erteilte die Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt dem Kläger die Betriebsanlagengenehmigung ua für ein Bad an Oberflächengewässern ua auf dem Grundstück 552 der KG L*****, wobei bezüglich dieses Grundstückes eine Liegewiese mit Holzliegen bewilligt wurde, allerdings in der Nordostecke der Parzelle 552.

Mit der Verordnung der Kärnter Landesregierung vom 3.2.1970, Zl Nat-17/1/1970 wurden der T*****see und seine Umgebung zum Landschaftsschutzgebiet erklärt. Die Parzelle 552 der KG L***** befindet sich am Westufer des T*****sees.

Durch das Aufstellen von Liegepritschen des Beklagten wird bewirkt, daß von Juni bis September unter den Liegepritschen die beschattete Vegetation der dort befindlichen Feuchtfläche durch den Lichtmangel irreparabel beschädigt und verändert wird, die Bereiche unter den Bodenstützen der Pritschen werden vollkommen zerstört. Diese Umweltwirkungen der Liegepritschen sind bereits im Sommer 1993 gegeben gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, eine erfolgreiche Oppositionsklage setze voraus, daß der Kläger Einwendungen erhebe, die auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind (§ 35 Abs 1 EO).

Hier kämen dafür nachträglich eingetretene Umstände in Frage, die einem Zuwiderhandeln des Klägers gegen den Endbeschluß die Eigenmacht nehmen würden. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 15.11.1994 könne keine anspruchsaufhebende Wirkung haben, weil bloße behördliche Bewilligungen oder Genehmigungen keinem behördlichen Auftrag gleichkommen. Vielmehr müßte nunmehr ein gesetzlicher oder behördlicher Auftrag vorliegen, der einem Einschreiten des Klägers die Eigenmacht nehmen kann. Was nun die naturschutzrechtlichen Belange betreffe, so sei maßgeblich, daß eine erfolgreiche Oppositionsklage Tatsachen voraussetzt, aus denen sich ergibt, daß die Umstände, welche die Einwendungen begründen, erst nach Entstehung des Exekutionstitels eingetreten sind. Auf naturschutzrechtliche Belange und somit insbesondere auf einen gesetzlichen Auftrag könne sich der Kläger somit nicht berufen, als die Umweltwirkungen der Liegepritschen bereits im Sommer 1993 gegeben gewesen seien; hiebei handle es sich somit nicht um einen erst nach dem Titelverfahren entstandenen Umstand. Die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 28.7.1994 und vom 12.8.1994 seien noch nicht rechtskräftig. Eine Bindungswirkung für das Gericht ergebe sich daher aus diesen Bescheiden nicht. Ein Erlöschen des Anspruchs des Beklagten aus dem Titelverfahren könne daher mit diesen Bescheiden nicht verbunden sein. Andererseits richteten sich diese Bescheide auch nicht an den Kläger, sondern an den Beklagten. Es werde somit nicht dem Kläger die Einhaltung der Verpflichtungen aus dem Titel unmöglich gemacht.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen von der im § 502 Abs 1 ZPO genannten Bedeutung nicht zulässig sei; in rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, grundsätzlich sei darauf zu verweisen, daß der dem Beklagten zur Verfügung stehende Exekutionstitel aus einem Besitzstörungsverfahren stamme. Bereits im Titelverfahren seien daher alle Einwendungen des Klägers über das Recht zum Besitz ausgeschlossen gewesen (§ 457 ZPO). Schon aus diesem Grund stelle sich die Frage, ob Rechte, die aus dem Verwaltungsverfahren resultieren, im vorliegenden Fall überhaupt zu berücksichtigen sind. Das Vorliegen einer das Gericht bindenden Entscheidung einer Verwaltungsbehörde würde eher bedeuten, daß das Rechtsschutzinteresse des Beklagten fraglich wäre. Um allerdings darüber entscheiden zu können, müßte ein solcher Verwaltungsbescheid, um eine Bindung des Gerichtes zur Folge zu haben, rechtskräftig und vollstreckbar sein. Dies treffe jedoch auf die beiden vom Kläger zur Begründung seines Anspruchs herangezogenen Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Völkermarkt vom 28.7.1994 und 12.8.1994, die noch nicht rechtskräftig seien, nicht zu. Auch die vom Kläger behauptete Unmöglichkeit der Durchsetzung des Exekutionstitels liege nicht vor. Beide vom Kläger herangezogenen Verwaltungsbescheide richteten sich gegen den Beklagten, und nicht gegen den Kläger als Verpflichtetem im Exekutionsverfahren. Der Kläger könnte die Leistung durch Unterlassung seiner gegen den Endbeschluß verstoßenden Handlungen jederzeit erbringen. Die vom Kläger behauptete Äußerung des Verhandlungsleiters am 14.7.1994, es sei nach dem Ergebnis der Befundaufnahme eine Verfügung im Sinne des § 57 Krnt NaturschutzG zu erlassen, könne niemals eine Aufhebung oder Hemmung des der Exekution zugrundeliegenden Anspruchs zur Folge haben. Alle erst später im erstinstanzlichen Verfahren oder erst in der Berufung geltend gemachten weiteren Oppositionsgründe verstießen gegen die Eventualmaxime und seien daher nicht zu berücksichtigen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Der Unterlassungsanspruch, gegen den der Verpflichtete und nunmehrige Kläger Einwendungen gemäß § 35 EO erhebt, resultiert auf einem im Besitzstörungsverfahren ergangenen Endbeschluß. Dieser Exekutionstitel beruht auf der Feststellung, daß der Kläger den Beklagten durch Entfernung von Liegepritschen und Betonquadern in seinem ruhigen Besitz gestört habe. Der Verpflichtete stützt die Oppositionsklage auf Bescheide, die nach der den Exekutionstitel bildenden gerichtlichen Entscheidung ergangen sind.

Die Möglichkeit, eine Oppositionsklage auf eine Entscheidung einer Verwaltungsbehörde zu stützen, wurde vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung SZ 22/139 grundsätzlich bejaht. Ein nach Schluß der Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz ergangener Verwaltungsbescheid stellt weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel iSd § 530 Abs 1 Z 7 ZPO dar (so schon ZBl 1937/393); eine Wiederaufnahmsklage ist daher nicht möglich, sondern im konkreten Fall, in dem eine Exekution noch nicht eingeleitet worden war, nur eine Feststellungsklage, sonst auch eine Oppositionsklage.

Auch Heller/Berger/Stix 377 f lehren, daß ein Verwaltungsbescheid eine Klage nach § 35 EO oder eine Feststellungsklage rechtfertigen könne.

In weiteren Entscheidungen sprach der Oberste Gerichtshof aus, daß der Exekutionstitel durch eine Klage nach § 35 EO bekämpft werden kann, wenn er sich auf einen Verwaltungsbescheid gründete, der nach Schluß der Verhandlung erster Instanz aufgehoben worden ist (RdW 1989, 160; SpR 45 neu = SZ 29/27; ebenso Heller/Berger/Stix 378 mwN).

In der Entscheidung MietSlg 22.675 wurde vom Obersten Gerichtshof eine Oppositionsklage gegen eine auf Grund eines gerichtlichen Räumungstitels bewilligte Räumungsexekution, wenn der dem gerichtlichen Räumungstitel zugrunde liegende baubehördliche Räumungs- und Demolierungstitel aufgehoben wird, für zulässig erachtet.

In der Entscheidung SZ 31/94 bejahte der Oberste Gerichtshof die Möglichkeit der Aufschiebung der Exekution nach § 353 EO bei einer Versagung der erforderlichen Genehmigung durch die Verwaltungsbehörde. Im Oppositionsprozeß sei zu klären, ob die Bescheide in Rechtskraft erwachsen oder doch so weit wirksam sind, daß sie die Ansprüche der betreibenden Partei aufheben oder hemmen. Bescheide der Verwaltungsbehörden seien von den Verpflichteten und von den Gerichten zu beachten, auch wenn sie gerichtlichen Urteilen widersprechen; soweit sie in die Rechte der betreibenden Parteien eingreifen, müßten sie von diesen im in der Verfassung vorgesehenen Weg bekämpft werden.

In der Entscheidung RdW 1989, 160 ließ es der Oberste Gerichtshof - als nicht entscheidungswesentlich - ausdrücklich dahingestellt, ob auch dann ein Oppositionsgrund vorliege, wenn erst nach Erlassung des Exekutionstitels der Bescheid einer Verwaltungsbehörde ergeht, an den die Gerichte gebunden gewesen wären und der zu einer anderen Entscheidung hätte führen können, wenn er bei Erlassung des Exekutionstitels schon vorgelegen wäre. Der Bescheid einer Verwaltungsbehörde könne für Gerichte nur bindend sein, soweit beide denselben Sachverhalt rechtlich beurteilt haben; dies treffe hier jedoch nicht zu.

Im hier zu beurteilenden Fall ist die Auswirkung von nach Erlassung des Exekutionstitels ergangenen Verwaltungsbescheiden auf den Unterlassungsanspruch zu beurteilen. Beide Bescheide schreiben nur dem Beklagten ein in Hinkunft zu respektierendes Verhalten vor (Unterlassung der Aufstellung von Liegepritschen und Entfernung bereits aufgestellter). Eine rechtliche Unmöglichkeit für den Kläger im Sinne des § 1447 ABGB, in Zukunft ein bestimmtes Verhalten zu unterlassen, wäre damit noch nicht gegeben, weil eine solche nur dann vorliegt, wenn der Schuldner Adressat des behördlichen Verbotes ist (Reischauer in Rummel**2, Rz 3 zu § 920 ABGB). Im vorliegenden Fall hat aber der Beklagte seine Ansprüche aus seinem Besitz abgeleitet. Würden die beiden Verwaltungsbescheide vollstreckbar werden, wäre durch die rechtliche Unmöglichkeit, den Besitz auszuüben, dieser gemäß § 351 ABGB erloschen (Spielbüchler in Rummel**2, Rz 5 zu § 351 ABGB), sodaß den Kläger keine weiteren aus dem Besitz des Beklagten ableitbaren Unterlassungspflichten treffen könnten. Eine die rechtliche Unmöglichkeit bewirkende Bindung kann aber nur solchen Bescheiden zuerkannt werden, die gegen den Verpflichteten vollstreckbar sind. Dies ist grundsätzlich erst mit Rechtskraft des Verwaltungsbescheides der Fall. Für Verwaltungsbescheide, die in einem Verfahren nach dem AVG ergangen sind (Art II Abs 2 A 1 EGVG), ist § 64 AVG maßgeblich, nach dessen Abs 1 rechtzeitig eingebrachte Berufungen aufschiebende Wirkung haben. Nach § 64 Abs 2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Ein solcher Ausspruch ist tunlichst schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen. Aus der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsmittelverfahrens folgt, daß der Eintritt der durch die Rechtsordnung an einen Bescheid geknüpften Rechtswirkungen hinausgeschoben wird (ZfVB 1996/2/756; VwSlg 6192/A; VfSlg 7150). Das bedeutet, daß der Bescheid nicht nur nicht vollstreckbar ist (Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5 521), sondern daß auch die Verbindlichkeit der Norm hinausgeschoben wird (Ringhofer I 605).

Im vorliegenden Fall liegen rechtskräftige Bescheide, die den Besitz des Beklagten beendet hätten, nicht vor. Schon aus diesem Grund ist das Hauptbegehren nicht berechtigt.

Aus der Entscheidung SZ 31/94, auf die der Kläger hinweist, läßt sich für seine Meinung, auch ein nicht rechtskräftiger Bescheid hemme seine Unterlassungsverpflichtung, nichts gewinnen; mit dieser Entscheidung wurde zwar die Aufschiebung der Exekution nach § 353 EO bei einem noch nicht rechtskräftigen Verwaltungsbescheid bewilligt; erst im Prozeß werde zu klären sein, ob der dort vorliegende Enteignungsbescheid den Anspruch auf Entfernung hemme.

Auch Fasching LB**2 Rz 95 stützt nicht die Meinung des Klägers, auch ein nicht vollstreckbarer Bescheid stelle einen Oppositiongrund dar. Fasching vertritt vielmehr aaO Rz 96 die von der herrschenden Rechtsprechung (JBl 1980, 320; SZ 51/64 uva) abweichende Ansicht, daß eine Bindung der Gerichte an verwaltungsbehördliche Entscheidungen grundsätzlich abzulehnen sei.

Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, das Begehren auf Aufstellung von Liegepritschen in einem Feuchtbiotop verstoße gegen das Krnt NaturschutzG, handelt es sich schon deshalb um keinen Oppositionsgrund, weil dieses Gesetz in den hier relevanten Teilen nach Erlassung des Exekutionstitels nicht geändert wurde. Diese vom Titelgericht verneinte Frage kann im Exekutionsverfahren nicht neuerlich geprüft werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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