European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127029
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur die Frage, ob das auf § 12a Abs 3 MRG gestützte Mietzinsanhebungsbegehren der Antragsteller verfristet ist.
Das Erstgericht verneinte dies und stellte den angemessenen Hauptmietzins für das Geschäftslokal der Antragsgegnerin im Haus der Antragsteller zum Stichtag 1. 2. 2008 mit 1.177 EUR netto fest.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteige, und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegner zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
1. Dass der Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile an der Antragsgegnerin durch einen bisher Gesellschaftsfremden, der auch deren Geschäftsführer wurde, den Tatbestand nach § 12a Abs 3 MRG verwirklichte, war im Verfahren nicht strittig. Wie im Licht des Zwecks der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 Satz 2 MRG der konkrete Wortlaut einer in diesem Zusammenhang abgegebenen Erklärung zu verstehen ist, ist typischerweise eine Frage des Einzelfalls, der keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt (5 Ob 101/07x; 5 Ob 157/17z = immolex 2018/12 [Klein]).
2. Nach gesicherter Rechtsprechung ist die Anzeige zwar an keine bestimmte Form gebunden, der Inhalt muss aber klar sein. Sie muss eine Feststellung von Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft – etwa durch Kippen der Mehrheitsverhältnisse – zuverlässig und eindeutig ermöglichen. Eine durch gesellschaftsrechtliche Vorgänge ausgelöste Anzeige muss demnach jedenfalls über das rechtliche Instrument des Machtwechsels, die in dieser Hinsicht getroffenen Maßnahmen, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Zeitpunkt des Rechtsvorgangs Auskunft geben (8 Ob 4/11p; 5 Ob 157/17z). Abzustellen ist auf den objektiven Erklärungswert (allgemein hiezu RIS‑Justiz RS0014160).
3. Eine schriftliche Anzeige der Veräußerung sämtlicher Geschäftsanteile gab es hier nicht, nur die anlässlich eines Besuchs des Zweitantragstellers im Geschäftslokal der Antragsgegnerin erteilte Auskunft, nunmehr führe Z* das Geschäft und * ziehe sich wegen der Kinder aus dem Geschäft zurück. Auf Nachfrage des Zweitantragstellers, ob sich an der Firmensituation etwas geändert hätte, wurde ihm mitgeteilt, die Firma sei unverändert aufrecht. Die Beurteilung der Vorinstanzen, aus dieser Mitteilung seien keine gesicherten Schlussfolgerungen auf eine konkrete Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft ableitbar gewesen, hält sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur im Einzelfall.
4. Die im Zulassungsantrag erwähnte Äußerung des Übernehmers der Geschäftsanteile „ich bin hier nur Chef, Gesellschaft“ findet sich im vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt nicht. Selbst wenn man deren Erwähnung in den Beweiswürdigungsüberlegungen im Sinn einer Feststellung einer Äußerung des Übernehmers der Geschäftsanteile in diese Richtung werten wollte, könnte dies keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründen. Zur Frage allfälliger Vermieterpflichten im Zusammenhang mit einer Anzeige gemäß § 12a Abs 3 MRG nahm der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach Stellung. § 12a Abs 3 MRG normiert ausdrücklich eine Pflicht der vertretungsbefugten Organe der Mietergesellschaft zur Anzeige, dabei handelt es sich um ein Schutzgesetz zugunsten des Vermieters (RS0124474 [T2]; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht I23 § 12a MRG Rz 15). Demgemäß bleibt kein Raum für eine Erkundigungsobliegenheit oder gar Pflicht des Vermieters zur Nachfrage (vgl 5 Ob 101/07z; 5 Ob 157/17z). Davon abgesehen fragte der Zweitantragsteller ohnedies nach, ob sich an der Firmensituation etwas geändert habe. Die Antwort, die Firma sei unverändert aufrecht, war selbst unter Berücksichtigung der mangelnden Deutschkenntnisse des neuen Geschäftsführers nach der sich im Rahmen der Rechtsprechung haltenden Auffassung der Vorinstanzen jedenfalls kein Anlass für den Vermieter, weitere Erkundigungen über allfällige Änderungen in der Gesellschaftsstruktur der Antragsgegnerin einzuholen.
5. Damit war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen, ohne dass dieser Beschluss einer weiteren Begründung bedürfte (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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