OGH 5Ob157/17z

OGH5Ob157/17z26.9.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann, die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin P* Gesellschaft mbH, *, vertreten durch Reidlinger Schatzmann Rechtsanwälte GmbH, Wien, gegen die Antragsgegnerin W* AG, *, vertreten durch Nistelberger & Parz Rechtsanwälte OG, Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 iVm § 12a MRG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 7. Juni 2017, GZ 39 R 308/16g‑14, mit dem der Teilsachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. August 2016, GZ 47 Msch 15/15d‑10 (47 Msch 16/15a, 47 Msch 17/15y), bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E119481

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

Mit seinem Teilsachbeschluss wies das Erstgericht die in den verbundenen Rechtssachen gleichlautend gestellten Anträge, es werde festgestellt, dass auf § 12a MRG gestützte Begehren der Antragsgegnerin auf Mietzinsanhebung der Antragsgegnerin unzulässig seien, ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Das Schreiben vom 29. 1. 2013 habe keinen zuverlässigen Schluss erlaubt, dass eine gesellschaftsrechtlich relevante Veränderung im Sinne der Rechtsprechung zu § 12a Abs 3 MRG stattgefunden habe, weswegen es die Präklusivfrist des § 12a Abs 2 MRG nicht ausgelöst habe und Rechte der Antragsgegnerin nach Abs 2 dieser Bestimmung nicht verfristet seien.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragsgegnerin, der keine Rechtsfragen von der Erheblichkeit gemäß § 62 Abs 1 AußStrG anspricht.

1. Von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen (dazu RIS-Justiz RS0030748 [T6; T14]) abgesehen, können auch im Außerstreitverfahren vom Rekursgericht verneinte Verfahrensmängel erster Instanz im Revisionsrekurs nicht nochmals geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0050037; RS0030748). Das Rekursgericht hat den behaupteten Verfahrensmangel erster Instanz, weil eine Zeugin nicht einvernommen worden war, nach inhaltlicher Prüfung verneint. Dieser Umstand kann daher unter dem Revisionsrekursgrund des § 66 Abs 1 Z 2 AußStrG nicht mehr releviert werden.

2. Im Verfahren war nicht strittig, dass die außer Streit gestellten gesellschaftrechtlichen Vorgänge auf Seiten der Mieterin den Tatbestand nach § 12a Abs 3 MRG verwirklichten (dazu RIS‑Justiz RS0111296; RS0108983 ua; Würth/Zingher/Kovanyi, Miet‑ und Wohnrecht I²³ § 12a MRG Rz 18). Wie aber im Lichte des Zwecks der Anzeigepflicht nach § 12a Abs 3 Satz 2 MRG der konkrete Wortlaut einer gegebenenfalls als Anzeige gedachten Mitteilung zu verstehen ist, stellt typischerweise eine Frage des Einzelfalls dar, der keine darüber hinausgehende richtungsweisende Bedeutung zukommt (5 Ob 101/07z; 5 Ob 222/12a).

3. Die Anzeige ist zwar an keine bestimmte Form gebunden, ihr Inhalt muss aber klar sein (Würth/Zingher/Kovanyi I²³ § 12a MRG Rz 15). Sie muss nach § 12a Abs 3 Satz 2 MRG eine Feststellung von Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Gesellschaft, etwa durch Kippen der Mehrheitsverhältnisse, zuverlässig und eindeutig ermöglichen. Eine solche durch entsprechende gesellschaftsrechtliche Vorgänge ausgelöste Anzeige muss demnach jedenfalls über das rechtliche Instrument des Machtwechsels, die in dieser Hinsicht getroffenen Maßnahmen, die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Gesellschaft und den Zeitpunkt des Rechtsvorgangs Auskunft geben (8 Ob 4/11p). Maßgeblich ist dabei der objektive Erklärungswert (dazu allgemein RIS-Justiz RS0014160; vgl auch Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 12 MRG Rz 87).

4. In ihrem Schreiben vom 29. 1. 2013 hat die Antragstellerin zwar auf die aus den Medien bekannte gesellschaftsrechtliche Veränderungen bei der Holding AG Bezug genommen, aber abschließend ausdrücklich festgehalten, dass „bei der [...] GmbH in Österreich keine Änderung der Gesellschaftsverhältnisse eingetreten ist“. Die Beurteilung der Vorinstanzen, dass diese Mitteilung keine gesicherten Schlussfolgerungen auf konkrete Änderungen der rechtlichen und wirtschaftlichen Einflussmöglichkeiten in der Mietergesellschaft ableiten ließ, ist damit jedenfalls vertretbar. Ein Widerspruch zur Entscheidung 5 Ob 222/12a, wie die Revisionsrekurswerberin meint, kann schon deshalb nicht erkannt werden, weil sich der dort beurteilte Sachverhalt mit der komplexen Firmenstruktur, wie sie den Außerstreitstellungen zugrunde liegt, nicht vergleichen lässt.

5. § 12a Abs 3 MRG normiert ausdrücklich eine Pflicht der vertretungsbefugten Organe der Mietergesellschaft zur Anzeige. Dabei handelt es sich um ein Schutzgesetz zugunsten des Vermieters (RIS-Justiz RS0124474; Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 15). Schon ausgehend davon bleibt kein Raum für eine Erkundungsobliegenheit oder gar Pflicht des Vermieters zur Nachfrage, wie die Antragstellerin meint, sodass sie auch mit ihrem Hinweis auf § 1304 ABGB keine erhebliche Rechtsfrage gemäß § 62 Abs 1 AußStrG anspricht.

6. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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