OGH 5Ob184/22b

OGH5Ob184/22b24.7.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G* S*, vertreten durch Mag. Gernot Steier, Rechtsanwalt in Neulengbach, gegen die beklagte Partei Stadtgemeinde T*, vertreten durch Dr. Bernd Brunner, Rechtsanwalt in Tulln, wegen Einwilligung in die Förderung bzwAuszahlung einer Förderung von 5.189,12 EUR, über die Revision derbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten vom 23. März 2022, GZ 21 R 238/21i‑21, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Tulln vom 4. Oktober 2021, GZ 2 C 200/21z‑14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00184.22B.0724.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

 

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, in das Förderansuchen des Klägers vom 10. 11. 2020 einzuwilligen und dem Kläger eine Förderung von 32 % der bezahlten Aufschließungsabgabe, sohin 5.189,12 EUR, binnen 14 Tagen zu zahlen, wird abgewiesen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.337,52 EUR (darin 222,92 EUR USt) bestimmten Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens, die mit  1.337,45 EUR (darin 121,41 EUR USt und 609 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 1.263,91 EUR (darin 83,65 EUR USt und 762 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

[1] Der ursprünglich in einem anderen Bezirk wohnende Kläger errichtete auf einem Grundstück im Gemeindegebiet der Beklagten ein Haus. Nach Erteilung der Baubewilligung schrieb die Beklagte ihm mit Bescheid vom 19. 11. 2015 eine Aufschließungsabgabe in der Höhe von 16.216 EUR vor; 40 % dieser Abgabe hatte der Kläger bereits mit Überweisung vom 30. 11. 2011 geleistet, die restlichen 60 % überwies er bei Baubeginn am 19. 11. 2015. Am 28. 5. 2020 zeigte der Kläger die Fertigstellung des Hauses an, seit 13. 8. 2020 hat er dort seinen Hauptwohnsitz.

[2] Die Beklagte hat die Aufschließungs‑ bzw. Ergänzungsabgabe per 1. 7. 2012 um rund 32 % erhöht. Noch im selben Jahr, am 7. 12. 2012, wurde der Verein „pro Tulln“ (in der Folge kurz: Verein) gegründet, um vereinfacht Förderungen der Beklagten „abzuwickeln“. Bei entsprechender Antragstellung und Erfüllung der Fördervoraussetzungen erkannte der Verein – nach Maßgabe der vorhandenen Mittel – eine Förderung in Höhe von 32 % der für das Grundstück bezahlten Aufschließungs‑ und Ergänzungsabgaben zu.

[3] Eine der von der Beklagten festgesetzten Fördervoraussetzungen war ein mehrjähriger Hauptwohnsitz des Förderungswerbers in der Gemeinde der Beklagten. Dieses Hauptwohnsitzkriterium qualifizierte der Oberste Gerichtshof in seiner zu AZ 6 Ob 162/20x ergangenen Entscheidung vom 16. 9. 2020 als gleichheitswidrig. Der Verein fasste daraufhin in der außerordentlichen Generalversammlung am 5. 11. 2020 den Beschluss, keine Förderungen der Aufschließungsabgabe mehr zu vergeben und seine Statuten dahingehend zu ändern.

[4] Am 10. 11. 2020 richtete der Kläger an die Beklagte sowie an den Verein ein schriftliches Ersuchen um Auszahlung eines Förderbetrages in Höhe von 5.189,12 EUR. Der damalige Obmann des Vereins erteilte dem Kläger am 16. 12. 2020 eine Absage. Von der Beklagten erhielt der Kläger keine Antwort.

[5] Am 9. 12. 2020 fasste der Gemeinderat der Beklagten den Beschluss, zwar noch die im Verfahren zu AZ 6 Ob 162/20x beurteilte Förderung von Aufschließungskosten samt Verfahrenskosten zu decken, aber dem Verein darüber hinaus für abgeschlossene Haushaltsjahre keine Förderungen der Aufschließungs‑ bzw. Ergänzungsabgabe mehr zu bewilligen. Der Verein wurde schließlich mit 11. 2. 2021 aufgelöst.

[6] Der Kläger begehrte, die Beklagte zu verpflichten, in das Förderansuchen des Klägers vom 10. 11. 2020 einzuwilligen und dem Kläger eine Förderung von 32 % der bezahlten Aufschließungsabgabe, sohin 5.189,12 EUR, binnen 14 Tagen zu zahlen.

[7] Das Erstgericht gab der Klage statt.

[8] Die Beklagte sei mit ihrem Förderungsregime im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung tätig geworden, sodass die sich daraus ergebenen Ansprüche im Zivilrechtsweg geltend zu machen seien. Dies gelte auch, wenn – wie hier – selbständige, private Rechtsträger mit der Besorgung der Verwaltungsaufgaben befasst seien.

[9] Die Beklagte habe sich des Vereins als Subventionsmittler bedient, der Verein sei demnach von der öffentlichen Hand mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben betraut worden. Der Verein sei zur Verwaltungsvereinfachung gegründet und zur Gänze von der Beklagten finanziert worden. Die Beklagte habe auch inhaltlich Einfluss auf die Förderrichtlinien genommen. Da das Förderungsregime des Vereins somit der Beklagten zuzurechnen sei, sei diese passivlegitimiert.

[10] Wer immer – kraft Gesetzes, durch Bescheid oder rechtsgeschäftlichen Akt – berufen worden sei, Geld oder geldwerte Leistungen aus Gemeinschaftsmitteln zur Förderung bestimmter Gemeinschaftsinteressen an Einzelrechtsträger zu deren förderungszielgerechten Verwendung zu verteilen, trete mit Beginn des Verteilungsvorgangs gegenüber allen, die nach dem Förderungsziel abstrakt als Empfänger in Betracht kommen, in ein – der Art nach dem vorvertraglichen Schuldverhältnis vergleichbares – gesetzliches Schuldverhältnis. Der konkreten Förderung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung werde dann in der Regel ein Vertrag zugrunde gelegt (Förderungsvertrag). Die in diesem Zusammenhang bestehenden Förderungsrichtlinien regelten die Art der Förderung, deren Voraussetzungen und determinierten in unterschiedlichem Umfang auch den Inhalt der Verträge.

[11] Vor Abschluss des Förderungsvertrags bestehe zwar kein allgemeiner Rechtsanspruch auf die Förderung, jedoch ein vorvertragliches Schuldverhältnis, bei dem die Vergabe unter den Anforderungen des Gleichheitssatzes, insbesondere des Sachlichkeitsgebots stehe. Wie eine Gebietskörperschaft, die sich in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichte, von Gesetzes wegen verpflichtet sei, die Leistung jedermann, der diese Voraussetzungen erfülle, zu erbringen, wenn sie eine solche Leistung in anderen Fällen bereits erbracht habe, sei daher auch die Beklagte verpflichtet, dem Kläger die beantragte Förderung zu gewähren, wenn er sämtliche Leistungsvoraussetzungen erfülle. Der Kläger habe die Förderungsvoraussetzungen gemäß den Förderrichtlinien erfüllt; diesen Förderrichtlinien sei auch keine Frist zur Antragstellung zu entnehmen, daher habe der Kläger auch keine Frist einhalten müssen oder können. Der Kläger habe sein Förderansuchen (erstmals) am 10. 11. 2020 gestellt. Dass der Verein am 5. 11. 2020 beschlossen habe, keine Aufschließungsabgaben mehr zu fördern, habe dem Kläger mangels Publikation nicht bekannt sein können. Entsprechend der Empfangstheorie müsse eine derartige Willenserklärung jedoch in die Sphäre des Adressaten gelangen, um rechtliche Wirkungen hervorzurufen. Der Beschluss des Gemeinderats der Beklagten vom 9. 12. 2020, keine Förderungen mehr zu bewilligen, sei erst nach der Antragstellung des Klägers gefasst worden und habe somit keinen Einfluss auf seinen Anspruch.

[12] Die öffentliche Hand stehe auch bei nicht hoheitlichen Subventionsvergaben unter den weitgehenden Anforderungen des Gleichheitssatzes. Dieser bestehe in einem Diskriminierungsverbot und gebiete, gleiche Sachverhalte gleich zu behandeln. Bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen sei die Subvention zu gewähren, wobei nur sachliche, im Subventionszweck gelegene Gründe ein Abweichen im Einzelfall, das heißt die Ablehnung des Anspruchs, rechtfertigten. Im Fall der willkürlichen Verweigerung der Subvention stehe dem Benachteiligten ein direkter Leistungsanspruch zu.

[13] Die Beklagte habe zwar eine Mittelbeschränkung des Budgets zur Deckung des klägerischen Förderungsansuchens im Rahmen der Sachlichkeit zu berücksichtigen. Der von der Beklagten erhobene Einwand der fehlenden Deckung sei im vorliegenden Fall jedoch als willkürlich zu qualifizieren. In der Gemeinderatssitzung vom 9. 12. 2020 sei schließlich noch eine Förderung von Aufschließungsabgaben beschlossen worden, daher sei davon auszugehen, dass im Zeitpunkt des Förderansuchens des Klägers die Ressourcen der Beklagten noch nicht ausgeschöpft gewesen seien.

[14] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.

[15] In der Entscheidung 6 Ob 162/20x habe der Oberste Gerichtshof zu den auch hier maßgeblichen Förderungsrichtlinien ausgeführt, dass die Beklagte auf den Verein als Subventionsmittler zur Umsetzung eines Förderungsregimes nach ihren Vorstellungen zurückgreife. Schon daraus ergebe sich, dass der dort beklagte Verein bei seiner Fördertätigkeit der Fiskalgeltung der Grundrechte unterworfen sei.

[16] Unter Subventionsmittlern verstehe die Judikatur eine mit der Vergabe von Förderungen betraute juristische Person. Die Frage, zwischen wem ein Förderungsvertrag zustande komme, sei dabei nach den allgemeinen Auslegungsregeln der §§ 914 f ABGB zu beurteilen. Subventionsmittler könnten sowohl im eigenen Namen als auch im Namen von Gebietskörperschaften, aus deren Mitteln die betreffende Förderung finanziert werde, auftreten. Hier sei der Verein Förderstelle und gewähre die Förderungen auch im eigenen Namen. Ein allfälliger Förderungsvertrag wäre daher zwischen dem Verein und dem Kläger zustande gekommen. Aus Anlass der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 162/20x habe der Verein jedoch die Entscheidung getroffen, keine Förderungen mehr zu bewilligen und nach dem Ansuchen des Klägers habe sich der Verein überdies aufgelöst. Der Gemeinderat habe ferner beschlossen, keine Förderungen für bereits abgeschlossene Haushaltsjahre mehr zu bewilligen. Wenngleich der Verein die Förderungen im eigenen Namen abgewickelt habe, habe er ausschließlich öffentliche Aufgaben besorgt, mit denen er von der Beklagten betraut gewesen sei. Die Beklagte, die diese Förderungen im Ergebnis wirtschaftlich zu tragen habe, könne sich ihrer finanziellen Verpflichtung nicht dadurch entledigen, dass der Verein, der bloß zur Abwicklung dieser Aufgaben gegründet worden sei, schlichtweg aufgelöst werde. Damit würde nämlich das Ergebnis der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 162/20x umgangen. Aufgrund der offenkundigen Umgehungsabsicht bestehe seit der Auflösung des Vereines ein direkter Anspruch gegenüber der ohnehin wirtschaftlich dahinter stehenden Gemeinde. Der Einwand der mangelnden Passivlegitimation gehe daher ins Leere.

[17] Der Oberste Gerichtshof habe zu 6 Ob 162/20x ohne Zweifel ausgesprochen, dass einem Förderungswerber, der sämtliche Voraussetzungen erfülle, ein Anspruch auf die Gewährung der Förderung zustehe. Das entsprechende Förderansuchen sei auch nicht fristgebunden.

[18] Es sei zwar richtig, dass gegen einen Schadenersatzanspruch wegen diskriminierender Förderungsvergabe grundsätzlich eingewendet werden könne, dass die Subventionsmittel erschöpft seien. Ein derartiges, substanziiertes Vorbringen habe die Beklagte aber weder im erst- noch im zweitinstanzlichen Verfahren erstattet. Im erstinstanzlichen Verfahren habe die Beklagte lediglich vorgebracht, dass der Verein zur Finanzierung der Förderungen auf entsprechende finanzielle Mittel angewiesen sei, die nicht mehr zur Verfügung stünden. Sämtliche Budgetmittel für die Förderung von Aufschließungsabgaben wären zwischenzeitig erschöpft, weil der Rechnungsabschluss für das Jahr 2016 im März 2017 vom Gemeinderat genehmigt worden sei. Offenkundig vertrete die Beklagte also die Ansicht, die Gewährung der Förderung scheitere daran, dass das Rechnungsjahr 2016 durch den Rechnungsabschluss abgeschlossen worden sei. Diese Ansicht sei aber schon deswegen verfehlt, weil nach den Förderungsvoraussetzungen ein ordnungsgemäß fertiggestelltes Bauvorhaben Voraussetzung für die Gewährung einer Förderung sei. Bezahlte ein Förderungswerber daher im Jahr 2016 eine Aufschließungsabgabe, werde es ihm erst Jahre später möglich sein, die Förderung zu beantragen. Auch in der Berufung bringe die Beklagte bloß vor, es könne aus dem Budgetjahr (2016) keine Auszahlung mehr vorgenommen werden, wenn ein Budgetjahr durch Genehmigung des Rechnungsabschlusses in Form eines Gemeinderatsbeschlusses abgeschlossen sei. Die Beklagte habe im erstinstanzlichen Verfahren also gerade nicht vorgebracht, dass die hier zu beurteilende Förderung in der Höhe von (bloß) 5.189,12 EUR in einem konkret dafür vorgesehenen Budget nicht vorhanden wäre, sondern habe die mangelnden Budgetmittel mit dem Abschluss des Rechnungsjahres begründet. Dass die Auszahlung der konkreten Fördersumme aus den dafür vorgesehenen Mitteln nicht bewerkstelligt werden könnte, wäre aber Voraussetzung dafür, dass dieser Einwand überhaupt schlagend werden könnte. Die Berufung auf ein mangelndes Budget sei nämlich nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn das dafür ausdrücklich vorgesehene Budget für die Förderung von Aufschließungsabgaben bereits erschöpft wäre. Dies habe die Beklagte aber eben nicht vorgebracht.

[19] Das Argument, der Verein habe noch vor dem Antrag des Klägers seine Förderungsrichtlinien abgeändert, sei nicht zielführend, weil dies im Ergebnis dazu führe, dass es dem Gutdünken eines öffentlichen Förderungsgebers obläge, unliebsame Förderungswerber durch die nachträgliche Abänderung der Förderungsrichtlinien zu benachteiligen. Auf die Publikation des Beschlusses des Vereins komme es dabei nicht an. Der für die Gemeinde tätige Verein habe in Absprache mit der Gemeinde eine Förderung unter bestimmten Voraussetzungen festgelegt. Um dem Gleichheitsgrundsatz zu entsprechen, müsse all jenen Personen, die die Förderungsvoraussetzungen erfüllen, eine Förderung gewährt werden. Die Höhe der möglichen Förderungsbeträge sei für die Gemeinde auch vorhersehbar, weil ihr selbstverständlich bekannt sei, in welcher Höhe Aufschließungsabgaben lukriert worden seien. Es stehe der Gemeinde zwar frei, pro futuro auszusprechen, dass keine weiteren Förderungen mehr erteilt werden. Es sei aber eine Ungleichbehandlung, wenn die Gemeinde zu einem völlig willkürlichen Zeitpunkt beschließe, dass Personen, die die Förderungsvoraussetzungen erfüllten, von nun an quasi rückwirkend nicht mehr berechtigt seien, diese zu erhalten.

[20] Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil Rechtsprechung zu der Frage fehle, ob in Fällen, in denen Förderungen durch einen Subventionsmittler im eigenen Namen abgewickelt werden, die dahinterstehende Gebietskörperschaft direkt in Anspruch genommen werden könne.

[21] Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung. Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.

[22] Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu dieser nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[23] Die Revision ist zulässig und berechtigt.

[24] 1.1. Die sogenannte „Fiskalgeltung der Grundrechte“ für Gebietskörperschaften ist allgemein anerkannt. Darunter versteht man, dass der Staat und die anderen Gebietskörperschaften auch dann an die Grundrechte und daher auch an das aus dem Gleichheitsgrundsatz (Art 2 StGG; Art 7 Abs 1 B‑VG) abzuleitende Sachlichkeitsgebot (RIS‑Justiz RS0058455; RS0053981) gebunden sind, wenn sie nicht hoheitlich, sondern in der Rechtsform des Privatrechts handeln. Im Umfang der (unmittelbaren) Grundrechtsbindung ist daher die im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung (Art 17 B‑VG) tätige öffentliche Hand in ihrer Privatautonomie beschränkt (6 Ob 162/20x; RS0038110).

[25] 1.2. Der Grundrechtsbindung via Fiskalgeltung unterliegen nach der Rechtsprechung nicht nur die Gebietskörperschaften selbst, sondern auch privatrechtlich agierende Körperschaften und Unternehmen öffentlichen Rechts. Darüber hinaus sind auch selbstständige Rechtsträger, die mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben betraut sind, unmittelbar an die Grundrechte gebunden, selbst wenn sie diese Aufgaben in privatrechtsförmiger Weise besorgen; der Staat soll sich nämlich nicht der Grundrechtsbindung entziehen können, indem er Handlungs‑ und Rechtsformen des Privatrechts wählt (6 Ob 162/20x).

[26] 1.3. Der Aspekt des Tätigwerdens im Gemeinschaftsinteresse auf Veranlassung der öffentlichen Hand und der daraus folgende funktionelle Zusammenhang zum Staat fällt gerade in jenen Fällen besonders ins Gewicht, in denen der Staat sich zur Verteilung öffentlicher Fördergelder eines privaten Rechtsträgers als „Subventionsmittler“ bedient (6 Ob 162/20x). In diesem Sinn hat der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass, wer immer – kraft Gesetzes, durch Bescheid oder rechtsgeschäftlichen Akt – berufen wurde, Geld oder geldwerte Leistungen aus Gemeinschaftsmitteln zur Förderung bestimmter Gemeinschaftsanliegen an Einzelrechtsträger zu deren förderungszielgerechten Verwendung zu verteilen, mit Beginn des Verteilungsvorganges gegenüber allen, die nach dem vorgegebenen Förderungsziel abstrakt als Empfänger in Betracht zu ziehen wären, in ein – der Art nach dem vorvertraglichen Schuldverhältnis vergleichbares – gesetzliches Schuldverhältnis tritt; dieses wird nach der Herkunft der Mittel und der im Gemeinschaftsinteresse gelegenen Zielsetzung durch ein Diskriminierungsverbot im Sinn des Gleichbehandlungsgrundsatzes bestimmt (6 Ob 162/20x; RS0102013).

[27] Diese Bindung an den Gleichheitsgrundsatz bei privatrechtlicher Subventionsvergabe zwingt den mit der Verteilung betrauten Rechtsträger nicht nur dazu, die Subvention ohne unsachliche Differenzierung, also grundsätzlich bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen zu gewähren; auch die Festlegung des Förderungszwecks selbst und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien muss dem Sachlichkeitsgebot entsprechen (6 Ob 162/20x; 3 Ob 83/18d). Aus einem etwaigen Verstoß der Förderungsrichtlinien gegen den Gleichheitsgrundsatz folgt ein direkter (Geld-)Leistungsanspruch des Förderungswerbers gegen den Förderungsgeber (6 Ob 162/20x; 3 Ob 83/18d; RS0018989 [T2]; RS0038110 [T3]).

[28] 2.1. In diesem (Revisions‑)Verfahren ist nicht (mehr) strittig, dass die Beklagte auf den Verein als „Subventionsmittler“ zur Umsetzung eines Förderungsregimes nach ihren Vorstellungen zurückgriff, der Verein damit von der öffentlichen Hand mit der Besorgung öffentlicher Aufgaben betraut worden war und daher bei seiner Fördertätigkeit der Fiskalgeltung der Grundrechte unterworfen war (vgl 6 Ob 162/20x [Pkt 3.1.]).

[29] 2.2. Der Kläger macht eine Verletzung des die Beklagte bindenden Gleichheitsgrundsatzes und des daraus abgeleiteten Sachlichkeitsgebots geltend, weil diese die Vergabe von Förderungen der Aufschließungsabgabe eingestellt habe. Er erhebt damit nach dem maßgeblichen Inhalt der Klage einen privatrechtlichen Anspruch, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (RS0045718 [T13]; RS0045584 [T16]; RS0049747). Die Subventionsvergabe durch Gebietskörperschaften ist auch dann privatrechtlicher Natur und die absolute Prozessvoraussetzung der Zulässigkeit des ordentlichen Rechtswegs auch dann gegeben, wenn die Förderung (so wie hier) mit einer Abgabenschuld im Zusammenhang steht und deren Auswirkung auf die Vermögenssphäre des Abgabepflichtigen ganz oder teilweise neutralisiert (vgl 6 Ob 563/92; 6 Ob 162/20x; VwGH 89/17/0023; VwGH 2008/15/0299).

[30] 2.3. Zur Beurteilung der materiellen Berechtigung dieses Anspruchs ist die Frage zu klären, ob der Entschluss der Beklagten bzw ihres Subventionsmittlers, in Zukunft, und zwar auch in Bezug auf zu diesem Zeitpunkt bereits geleistete Aufschließungsabgaben keine Förderungen mehr zu vergeben, den sie bindenden Gleichheitsgrundsatz und das daraus abgeleitete Sachlichkeitsgebot verletzt.

[31] 3.1. Förderungen im Sinn von Subventionen sind vermögenswerte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln, die ein Verwaltungsträger oder eine andere mit der Vergabe solcher Mitteln betraute Institution einem Privatrechtssubjekt zukommen lässt, wobei sich der Subventionsempfänger zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen subventionsgerechten Verhalten verpflichtet (RS0018996; RS0018992).

[32] Auf die Gewährung einer Subvention besteht im allgemeinen kein Rechtsanspruch. Wenn aber eine Subvention mittels Bescheid oder durch Abschluss eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts zuerkannt wurde, so entsteht ein Rechtsanspruch, der im Falle eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts im Rechtsweg durchgesetzt werden kann (RS0018989).

[33] Die öffentliche Hand steht – wie bereits ausgeführt – auch bei privatrechtlicher Tätigkeit und gerade bei Subventionsvergaben unter den Anforderungen des Gleichheitsgrundsatzes, weshalb die Festlegung des Förderungszwecks und die nach dieser Zielsetzung erfolgte Eingrenzung des Berechtigtenkreises in den Förderungsrichtlinien dem Sachlichkeitsgebot entsprechen muss (RS0038110 [T17]). Die Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes ist unabdingbar und auch im Fall der privatrechtlichen Ausgestaltung des Verteilungsvorgangs zum Schutz der Leistungsempfänger einer privatautonomen Regelung zu deren Nachteil entzogen (RS0038110 [T3]).

[34] Allgemein wird angenommen, dass vor Abschluss des Förderungsvertrages zwar kein allgemeiner Rechtsanspruch auf die Förderung, jedoch ein vorvertragliches Schuldverhältnis besteht, bei dem die Vergabe unter den Anforderungen des Gleichheitssatzes, insbesondere also des Sachlichkeitsgebots steht; geht es dabei doch um die Förderung von Gemeinschaftsanliegen, bei der der vergebenden Stelle eine Monopolstellung zukommt (RS0102013 [T2]). Hat sich eine Gebietskörperschaft in einem Selbstbindungsgesetz zur Leistung unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, so ist sie von Gesetzes wegen verpflichtet, diese Leistung jedermann, der diese Voraussetzungen erfüllt, zu erbringen, wenn sie eine solche Leistung in anderen Einzelfällen bereits erbrachte. Auf eine solche Leistung besteht daher insoweit ein klagbarer Anspruch (RS0018989 [T2]; RS0117458). Werden daher Subventionen bei Vorliegen bestimmter typischer Voraussetzungen gewährt, darf davon nur aus besonderen, sachlichen, am Förderungszweck orientierten Gründen abgegangen werden. Die bloße Berufung auf die in den Förderungsrichtlinien festgehaltene Tatsache, dass kein Rechtsanspruch auf Förderung bestehe, genügt dazu nicht (RS0038110 [T8]).

[35] 3.2. Der Gleichheitsgrundsatz verbietet es nicht, von einem einmal gewählten Ordnungsprinzip abzugehen, sofern nur die betreffende Regelung in sich sachlich begründbar ist (RS0053981 [T4]; RS0053509 [T3]). Nach 3 Ob 83/18d liegt etwa in der Erschöpfung der Subventionsmittel ein sachlich gerechtfertigter Grund für die Verweigerung einer Förderung. Der Subventionsvergabe durch Gebietskörperschaften liege ein Deckungsvorbehalt stillschweigend zugrunde, zumal deren Organe bei der Vollziehung (stets) an die Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit gebunden seien. Es begründe dabei auch keine Diskriminierung, dabei im Ergebnis auf den Zeitpunkt des Einlangens (berechtigter) Anträge abzustellen (3 Ob 83/18d = RS0132165).

[36] Diese Erwägungenlassen sich auch auf den Entschluss des für dieBeklagte als Subventionsmittler agierenden Vereins, ab Beschlussfassung und Änderung der Statuten generell keine Förderungen mehr zu vergeben, übertragen.

[37] Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kommt dem Gesetzgeber bei der Gewährung von Förderung ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum zu. Dieser umfasst insbesondere auch die Frage, ob der Gesetzgeber von der Möglichkeit der Gewährung einer Förderung überhaupt Gebrauch macht (VfGH G 62/2017 [ua] mwN). Die Grundsatzentscheidung, eine Förderung gänzlich nicht mehr zu gewähren, beinhaltet keine unsachliche Benachteiligung oder Begünstigung einzelner Förderungswerber gegenüber anderen, betrifft sie doch alle zuvor abstrakt Bezugsberechtigten gleichermaßen, sodass mangels Differenzierung das Wesen des Gleichheitsgrundsatzes nicht berührt wird.

[38] Der Einstellung der Förderungsvergabe basiert hier zudem auf sachlichen, am ursprünglichen Förderungszweck orientierten Gründen, ist doch – abgesehen von dem Verfehlen des mit der Förderung beabsichtigten Lenkungseffekts – auch das Argument der Beklagten, die im Jahr 2012 beschlossene Erhöhung der Aufschließungs‑ und Ergänzungsabgaben wäre wirtschaftlich sinnlos, wenn zugleich allen oder zumindest der überwiegenden Mehrheit der Abgabenschuldner eine Förderung zu gewähren wäre, nicht von der Hand zu weisen.

[39] Der Entschluss des Förderungsgebers, in Reaktion auf die Entscheidung 6 Ob 162/20x, die eine solche Erweiterung des Kreises der abstrakt Anspruchsberechtigten zur Folge hatte, in Zukunft gar keine Förderungen mehr zu gewähren, ist daher sachlich nachvollziehbar und vom rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Förderungsgebers umfasst.

[40] 3.3. Wie in dem zu 3 Ob 83/18d entschiedenen Fall der Verweigerung einer Förderung zufolge Erschöpfung der Subventionsmittel begründet es auch hier keine unsachliche Diskriminierung, für die Einstellung der Förderung – im Ergebnis – auf den Zeitpunkt des Einlangens (berechtigter) Anträge abzustellen und damit auch vergangene Sachverhalte zu erfassen.

[41] Das Berufungsgericht begründet seine gegenteilige Ansicht mit der angeblichen Umgehung des Ergebnisses der Entscheidung 6 Ob 162/20x. Gegenstand dieser Entscheidung ist freilich ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen der klagenden Förderungswerberin und dem Verein als Subventionsmittler, der zum Zeitpunkt des Förderantrags der dortigen Klägerin bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen Subventionen gewährte. Dass all jenen Personen, die an sich diese Förderungsvoraussetzungen erfüllt haben, auch dann zwingend eine Förderung gewährt werden müsste, wenn sie dies vor der generellen Einstellung der Förderungsvergabe gar nicht beantragt haben, ist der Entscheidung daher entgegen dem Verständnis des Berufungsgerichts nicht zu entnehmen.

[42] Die Einstellung der Förderung für die in diesem Sinn vergangenen Sachverhalte ist auch aus dem Blickwinkel der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs zum „Eingriff in bestehende Rechte“ nicht zu beanstanden. Dieser vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass das bloße Vertrauen auf den unveränderten Fortbestand der gegebenen Rechtslage als solches keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz genießt. Vielmehr bleibt es dem Gesetzgeber auf Grund des ihm zukommenden rechtspolitischen Gestaltungsspielraums unbenommen, die Rechtslage auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Gesetzliche Vorschriften können allerdings mit dem Gleichheitsgrundsatz in Konflikt geraten, wenn und insoweit sie die im Vertrauen auf eine bestimmte Rechtslage handelnden Rechtsunterworfenen nachträglich belasten. Es verstößt nicht jede rückwirkende und nachteilige Änderung der Rechtslage gegen den Vertrauensschutz; eine Gleichheitswidrigkeit liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes aber immer dann vor, wenn die Normunterworfenen durch einen Eingriff von erheblichem Gewicht in einem berechtigten Vertrauen auf die Rechtslage enttäuscht wurden, ohne dass besondere Umstände eine solche Rückwirkung verlangt hätten, etwa um andere Gleichheitswidrigkeiten zu vermeiden (VfGH G 55/2017 mwN). Solche einen Vertrauensschutz begründenden Umstände liegen in Bezug auf die hier zu beurteilende Förderung des Klägers nicht vor. Auf seine Anspruchsberechtigung zufolge Erfüllung der Fördervoraussetzungen konnte dieser vor der Entscheidung 6 Ob 162/20x nicht vertrauen, zudem ist der Eingriff durch den Förderungsverlust insofern nicht von erheblichem Gewicht, als der Kläger seine Aufwendungen – zumindest in einer Durchschnittsbetrachtung nicht in Erwartung der Förderung – getätigt hat.

[43] 4.1. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die gänzliche, unterschiedslose Einstellung der Förderung in Reaktion auf die Entscheidung 6 Ob 162/20x und das Abstellen auf den Zeitpunkt der Antragstellung innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Fördergebers lag und sachlich gerechtfertigt war. Die mit dieser Entscheidung einhergehende Erweiterung des Kreises der abstrakt Anspruchsberechtigten hätte nicht nur einen beträchtlichen Anstieg des ursprünglich vorhersehbaren Ausmaßes der erforderlichen Förderungsmittel mit sich gebracht, diese Erweiterung konterkariert auch den beabsichtigten Lenkungseffekt der Förderung.

[44] Mangels eines Verstoßes des Förderungsregimes gegen den Gleichheitsgrundsatz besteht der vom Kläger geltend gemachte (Geld‑)Leistungsanspruch des Klägers gegen den (früheren) Förderungsgeber nicht zu Recht. Die Frage, ob ein haftungsrechtlicher Durchgriff auf die Gemeinde, die sich eines Vereins als Subventionsmittler bedient, generell oder zufolge der Auflösung des Vereins zulässig wäre, kann daher dahingestellt bleiben.

[45] 4.2. Der Revision der Beklagten ist somit Folge zu geben und das angefochtene Urteil im Sinn der Klageabweisung abzuändern.

[46] Aufgrund der Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen war auch die Kostenentscheidung für das erst-  und zweitinstanzliche Verfahren neu zu fassen. Diese Entscheidung sowie die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Die berechtigten Einwendungen des Klägers gegen das Kostenverzeichnis der Beklagten für das erstinstanzliche Verfahren wurden berücksichtigt; im Revisionsverfahren gebührt nur der einfache Einheitssatz.

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