OGH 5Ob18/13b

OGH5Ob18/13b21.3.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. M***** S*****, 2. F***** A*****, 3. G***** A*****, ebendort, 4. A***** S*****, 5. J***** S*****, ebendort, 6. F***** M*****, 7. M***** M*****, ebendort, 8. P***** S*****, 9. H***** A*****, alle vertreten durch die Rechtsanwälte Müller Schubert & Partner OG in Salzburg, gegen die Antragsgegner 1. V***** G*****, 2. W***** G*****, ebendort, 3. P***** F*****, 4. R***** F*****, ebendort, 5. D***** S*****, 6. M***** M*****, 7. J***** K*****, 8. M***** K*****, ebendort, 9. D***** L*****, 10. G***** M*****, 11. W***** K*****, 12. J***** W*****, ebendort, alle vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen § 52 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 29 WEG, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 21. November 2012, GZ 22 R 348/12y‑24, womit über Rekurs der Antragsteller der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Neumarkt bei Salzburg vom 13. August 2012, GZ 4 Msch 5/11i‑16, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00018.13B.0321.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Verfahrensparteien sind Mit‑ und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 819 GB ***** mit dem darauf errichteten Haus S*****. Dieses Haus besteht aus einem Kellergeschoß und drei darüber liegenden Wohngeschoßen. Das erste Wohngeschoß ist derart angelegt, dass es nur über eine Stiege mit 16 Stufen zu erreichen ist. Das darunterliegende Kellergeschoß ist von der Zufahrtsstraße „S*****“ zu begehen.

Am 24. 10. 2011 kam ein Umlaufbeschluss zustande, in dem 58,32 % der Mit‑ und Wohnungseigentümer für einen nachträglichen Einbau einer Aufzugsanlage mit einer Fahrgeschwindigkeit von bis zu 0,15 m/sec (im Folgenden: „Homelift“) und einer Erhöhung des Beitrags zur Rücklage um 0,60 EUR/m² stimmten.

Der Einbau des Lifts soll im Stiegenhaus erfolgen, wobei die örtlichen Gegebenheiten lediglich die Errichtung eines „Homelifts“ mit einer Innenkabine in der Größe von 1,1 m x 1,1 m zulassen. Das Antriebsaggregat soll in einem Raum im Kellergeschoß untergebracht werden, über dem sich die Wohnung des Erstantragstellers befindet. Das Antriebsaggregat erzeugt Betriebsgeräusche von etwa 61 dB. Der Beschlussfassung lag eine Kalkulation zugrunde, nach der sich die Errichtungskosten auf 136.000 EUR belaufen. Darin sind die Kosten für brandhemmende Wohnungseingangstüren enthalten. Die Finanzierung soll durch ein Althaussanierungsdarlehen im Betrag von 62.000 EUR und durch ein Bankdarlehen in der Höhe von 25.000 EUR erfolgen. Der Restbetrag von 49.000 EUR findet in der Rücklage Deckung. Durch die beschlossene Erhöhung des monatlichen Beitrags zur Rücklage auf gesamt 1,60 EUR/m² soll die Rückführung der Darlehen und die Finanzierung zukünftiger Erhaltungsarbeiten sichergestellt werden. Je nach Größe des Wohnungseigentumsobjekts resultiert aus der Erhöhung des Beitrags zur Rücklage eine monatliche Mehrbelastung von 39,24 EUR bis 54,38 EUR. Die geschätzten Betriebskosten für den Lift betragen 7,19 EUR bis 9,97 EUR pro Eigentumsobjekt und Monat.

Die Antragsteller stimmten gegen die vom Umlaufbeschluss erfasste Maßnahme. Sie beantragen, den Umlaufbeschluss mangels Einstimmigkeit für unwirksam zu erklären, in eventu, diesen aufzuheben. Es handle sich um eine langsam fahrende Aufzugsanlage, die nicht für derartige Gebäude empfohlen werde. Durch den Einbau würde die Wohnsituation beeinträchtigt werden, weil die zu erwartende Lärmentwicklung eine wesentliche Störung für die Miteigentümer bedeute. Die beabsichtigte Maßnahme könne nicht aus der Rücklage finanziert werden, wobei insbesondere unter Berücksichtigung von weiteren Erhaltungs‑ und Instandsetzungsmaßnahmen, die aufgrund des Alters des Gebäudes zu erwarten seien, eine zusätzliche finanzielle Belastung der Eigentümer gegeben sei. Insgesamt läge daher kein eindeutiger Vorteil für alle Wohnungseigentümer vor. Der geplante Lifteinbau ermögliche auch keine barrierefreie Erschließung des Gebäudes.

Die Antragsgegner wendeten ein, keine der im Haus vorhandenen Wohnungen sei ebenerdig zu erreichen, weswegen der Lifteinbau in Anbetracht der gegebenen Altersstruktur für alle Mit‑ und Wohnungseigentümer einen eindeutigen Vorteil bedeute. Die mit der Fremdfinanzierung und den Betriebskosten des Lifts verbundenen finanziellen Mehraufwendungen seien zumutbar. Mit dem Betrieb des Aufzugs sei lediglich eine geringe Geräuschentwicklung verbunden.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Aufhebung des Umlaufbeschlusses mit der „Maßgabe“ ab, dass der Raum, in dem das Antriebsaggregat eingebaut werde, nach oben hin durch eine sach‑ und fachgerechte Schalldämmung zu isolieren sei. In rechtlicher Hinsicht ging es davon aus, die mit dem Einbau des Lifts verbundenen Kosten würden keine übermäßige Beeinträchtigung der Mit‑ und Wohnungseigentümer darstellen. Aufgrund des Umstands, dass selbst zum Erreichen der ersten Wohnebene zumindest 16 Stufen zu überwinden seien, bedeute der Lifteinbau einen eindeutigen Vorteil für alle Mit‑ und Wohnungseigentümer. Dass der Lift nicht zur Gänze aus der Rücklage finanziert werden könne, schade nicht.

Das Rekursgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichts dahin ab, dass es den Umlaufbeschluss aufhob. Die Umsetzung des Mehrheitsbeschlusses bedeute für den Erstantragsteller einen Lärmpegel von 61 dB und stelle damit eine übermäßige Beeinträchtigung dar. Auch sei nicht klar, ob durch die Tilgung der Kreditraten nicht die Finanzierung der in den nächsten Jahren zu erwartenden Erhaltungs‑ und Instandsetzungsarbeiten gefährdet erscheine. Der „Homelift“ entspreche nicht der Aufzüge‑Sicherheitsverordnung 2008 iVm der Ö‑NORM 1600 und könne daher in einem Haus mit vier Geschoßen lediglich als „Provisorium“ angesehen werden. Im Unterschied zum Einbau einer allen Anforderungen und behördlichen Bestimmungen entsprechenden Liftanlage bringe die beschlossene Maßnahme nicht allen Wohnungseigentümern eindeutige Vorteile.

Das Rekursgericht sprach weiters aus, dass der rekursgerichtliche Entscheidungsgegenstand 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Gegen diesen Sachbeschluss richtet sich der (unrichtig als „Zulassungsvorstellung“ bezeichnete und richtigerweise als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandelnde) Revisionsrekurs der Antragsgegner mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Abweisung des Begehrens der Antragsteller; in eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Antragsteller haben von der ihnen freigestellten Möglichkeit Gebrauch gemacht und eine Revisionsrekursbeantwortung erstattet. Sie beantragen, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu, diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts auf einer für eine abschließende rechtliche Beurteilung unvollständigen Feststellungsgrundlage beruht und damit korrekturbedürftig ist. Er ist im Sinn des Eventualantrags auch berechtigt.

1. Eine überraschende Rechtsansicht des Gerichts zweiter Instanz und ein dadurch bewirkter Verstoß gegen § 182a ZPO liegt nur dann vor, wenn die Parteien an die vom Gericht vertretene Rechtsansicht mangels Erörterung nicht dachten oder denken mussten (RIS‑Justiz RS0037300 [T16, T24]). Davon kann entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerber im vorliegenden Fall schon deshalb keine Rede sein, weil sich die Antragsteller bereits im Verfahren erster Instanz auf eine Lärmbeeinträchtigung durch den Betrieb eines einzubauenden Lifts berufen haben und diese Thematik somit bereits Gegenstand des Verfahrens erster Instanz war. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt damit nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2. Über Veränderungen an den allgemeinen Teilen der Liegenschaft, die über die in § 28 WEG geregelten Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung hinausgehen, entscheidet nach § 29 Abs 1 WEG die Mehrheit der Wohnungseigentümer. Einstimmigkeit ist für die Rechtswirksamkeit einer solchen Beschlussfassung nicht gefordert. Das Vorliegen eines wirksamen Mehrheitsbeschlusses haben die Antragsteller nie in Frage gestellt. Auch sonst sprechen sie keine Anfechtungsgründe nach § 24 Abs 6 WEG an und machen damit keine Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses nach dieser Gesetzesstelle geltend. Erörterungen in diesem Zusammenhang sind damit ungeachtet der Formulierung ihres Begehrens entbehrlich.

3.1 Liegt ein Mehrheitsbeschluss gemäß § 29 Abs 1 WEG vor, kann jeder der Überstimmten dagegen binnen drei Monaten das Gericht anrufen. Der Mehrheitsbeschluss ist aufzuheben, wenn die Veränderung den Antragsteller übermäßig beeinträchtigt (§ 29 Abs 2 Z 1 WEG). Für die übermäßige Beeinträchtigung ist der überstimmte Miteigentümer behauptungs‑ und beweispflichtig (5 Ob 157/02b; 5 Ob 264/07w immolex 2008, 116/52 [ Prader ] = wobl 2008, 227/73 [ Call ]).

3.2 Beschlussgegenstand ist der Einbau eines „Homelifts“ unter Berücksichtigung eines geschätzten Gesamtkostenrahmens und der teilweisen Fremdfinanzierung der für die Errichtung des Lifts erforderlichen Mittel. Details der Ausführung waren nicht Gegenstand der Beschlussfassung. Die vom Erstgericht in den Spruch seiner abweisenden Entscheidung aufgenommene „Maßgabe“, dass bestimmte Lärmschutzmaßnahmen zu treffen seien, findet damit im Gesetz keine Deckung, worauf das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat. Dass sich das Erstgericht veranlasst sah, diese „Maßgabe“ in den Spruch seiner Entscheidung aufzunehmen, legt aber die Vermutung nahe, dass es von der Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Erstantragstellers durch den Betrieb des Lifts ausging. Ob das tatsächlich der Fall ist, und ob damit eine übermäßige Beeinträchtigung des Erstantragstellers iSd § 29 Abs 2 Z 1 WEG verbunden ist, wie das Rekursgericht annahm, lässt sich aber noch nicht beurteilen.

3.3 Das Erstgericht stellte in diesem Zusammenhang fest, dass das Antriebsaggregat des Lifts, das im Betrieb einen Lärmpegel von etwa 61 dB erzeugt, in einem Kellerraum untergebracht werden soll, der direkt unter der Wohnung des Erstantragstellers liegt. Das Aggregat befindet sich demnach in einem geschlossenen Raum, sodass nicht ohne weiteres unterstellt werden kann, das Betriebsgeräusch von ca 61 dB könne einem allenfalls innerhalb der Wohnräumlichkeiten des Erstantragstellers wahrnehmbaren Geräuschpegel gleichgesetzt werden. Eine solche Annahme lässt sich auch mit der weiteren Feststellung, wonach „der Aufzug im Stiegenhaus keinerlei Geräusche“ entwickle, nicht in Einklang bringen. Die vom Rekursgericht unterstellte Prämisse, dass das Betriebsgeräusch des Antriebsaggregats mit der Geräuschentwicklung in der Wohnung des Erstantragstellers gleichzusetzen sei, findet damit in den Feststellungen keine ausreichende Deckung.

3.4 Die Antragsteller haben im Verfahren erster Instanz zwar ein Vorbringen dahingehend erstattet, dass mit dem Betrieb des Lifts eine Lärmbeeinträchtigung verbunden wäre, jedoch unterblieb eine Erörterung, ob mit diesem Vorbringen auch die Behauptung umfasst sein sollte, dass der Erstantragsteller durch die betriebsbedingte Geräuschentwicklung in seiner darüber liegenden Wohnung übermäßig beeinträchtigt werde. Entsprechend der die Antragsteller treffenden Behauptungs‑ und Beweispflicht wird ihnen im fortgesetzten Verfahren daher Gelegenheit zu geben sein, ihr Vorbringen zu konkretisieren und ein entsprechendes Beweisanbot zu stellen. Bereits jetzt kann jedoch festgehalten werden, dass für die Beurteilung, ob die vom Rekursgericht angenommene übermäßige Beeinträchtigung vorliegt, auf einen ordnungsgemäßen Einbau des Antriebs abzustellen ist. Sollte dessen ungeachtet eine Geräuschübertragung nicht ausgeschlossen werden können, ist die vom Erstgericht bereits angedachte Möglichkeit der Schallisolierung zu prüfen, weil eine übermäßige Beeinträchtigung des Erstantragstellers nur dann angenommen werden können wird, wenn einer solchen Lärmimmission nicht oder nur mit unverhältnismäßig großem Aufwand begegnet werden könnte.

4.1 Nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG bildet es einen (weiteren) Aufhebungsgrund, wenn die Kosten der Veränderung nicht aus der Rücklage gedeckt werden können. Dieser Aufhebungsgrund kommt nach § 29 Abs 3 WEG jedoch dann nicht zum Tragen, wenn entweder der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen wird, was hier ganz offensichtlich nicht der Fall ist, oder wenn es sich um eine Veränderung handelt, die auch unter Berücksichtigung der fehlenden Kostendeckung in der Rücklage allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht. Bei der Beurteilung, ob die Veränderung einen eindeutigen Vorteil begründet, ist grundsätzlich eine objektive Betrachtungsweise geboten (vgl 5 Ob 264/07w wobl 2007, 227/73 [ Call ] mwN).

4.2 Der Gesetzgeber des WEG 2002 hat in Abkehr von der bis dahin geltenden Regelung die Berücksichtigung der fehlenden Kostendeckung in der Rücklage und damit die aus der Finanzierung resultierende wirtschaftliche Belastung mit der Vorteilsprüfung verknüpft. Dazu hat der erkennende Senat in der Entscheidung 5 Ob 210/10h (immolex 2011, 345/113 [ Prader ] = wobl 2012, 425/138) klargestellt, dass die zu § 14 WEG 1975 ergangene Rechtsprechung (vgl dazu RIS‑Justiz RS0112139), die die finanzielle Belastung in den Hintergrund treten ließ, wenn eine Verbesserung allen Miteigentümern zum Vorteil gereichte und zum Teil den Nachweis der wirtschaftlichen Bedrängnis des Widersprechenden verlangte, nicht fortzuschreiben ist. Zu prüfen ist daher, ob trotz fehlender Kostendeckung in der Rücklage ein Vorteil aller bejaht werden kann. Das bedeutet aber nicht, dass schon jede aus der fehlenden Deckung in der Rücklage resultierende Mehrbelastung der Annahme eines eindeutigen Vorteils aller entgegensteht. Gefordert ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtungsweise, in die sowohl die finanzielle Belastung aus der Finanzierung des nicht durch die Rücklage gedeckten Teils der Errichtungskosten als auch der objektive Nutzen, den der Einbau eines Lifts in ein Wohnhaus mit sich bringt, einfließen.

4.3.1 Das Rekursgericht verneinte den eindeutigen Vorteil iSd § 29 Abs 3 WEG mit dem Hinweis darauf, dass der Einbau eines „Homelifts“ ein „Provisorium“ darstelle, weil er aufgrund seiner Innenmaße nicht der Aufzüge‑Sicherheitsverordnung 2008 (ASV 2008), BGBl II 2008/274, auf die das Salzburger Bautechnikgesetz, LGBl 1976/75, verweise, iVm der Ö‑NORM B1600 entspreche. Vom Anwendungsbereich der ASV 2008 sind „Hebezeuge“ mit einer Fahrgeschwindigkeit von nicht mehr als 0,15 m/s aber ausdrücklich ausgenommen (§ 1 Abs 3 ASV 2008), sodass sich allein aus dem Hinweis auf die ASV 2008 noch keineswegs ableiten lässt, dass der Einbau eines „Homelifts“ nicht allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereichen würde. Richtig ist jedoch, dass die gegenständliche Hebeanlage im Vergleich zu einem Aufzug im Sinn der Aufzüge‑Sicherheitsverordnung keine gleichwertige barrierefreie Erschließung der Wohnebenen darstellt. Nach den Feststellungen ist die Anlage nicht behindertengerecht, wenngleich damit ein Rollstuhl transportiert werden kann. Der Einbau eines „Homelifts“ bedeutet damit gegenüber einem vollwertigen Aufzug objektiv keinen eindeutigen Vorteil. Eine daraus abgeleitete Aufhebung des Umlaufbeschlusses setzt jedoch voraus, dass die Errichtung eines vollwertigen Aufzugs überhaupt möglich ist, was nach den Sachverhaltsfeststellungen noch nicht mit der erforderlichen Sicherheit beantwortet werden kann.

4.3.2 Das Erstgericht hat festgestellt, dass die Installierung eines „normalen Aufzugs“ nach der ASV 2008 nur schwer möglich wäre. Damit steht im Einklang, dass der Einbau einer „herkömmlichen Aufzugsanlage“ bereits bei der Eigentümerversammlung vom 16. 11. 2010 Gegenstand einer Beschlussfassung war, jedoch keine Mehrheit fand. Deren Kosten beliefen sich nach den Feststellungen auf etwa 150.000 EUR. Aufgrund der weiteren Feststellung, dass es nicht möglich sei, „anstelle des hier in Rede stehenden Lifts ein Liftmodell nach der Aufzugsverordnung einzubauen“, bleibt unklar, ob ein Aufzug iSd ASV 2008 iVm der ÖNORM B1600 zwar nicht im Stiegenaufgang, aber an anderer Stelle des Hauses errichtet werden könnte, oder der Einbau eines solchen Aufzugs grundsätzlich ausgeschlossen ist. Sofern die Bezeichnung des „Homelifts“ durch das Rekursgericht als „Provisorium“ daher darauf abzielt, dass der Einbau eines vollwertigen Aufzugs grundsätzlich möglich ist, wenn auch an anderer Stelle, bedarf es ergänzender Feststellungen, die eine entsprechende Beurteilung erlauben.

4.3.3 Letztlich lassen die Ausführungen des Rekursgerichts zur Tatsachen‑ und Beweisrüge der Antragsteller anklingen, dass auch über die Einstiegsstelle im Keller kein barrierefreies Erreichen des Lifts möglich ist. Den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich dazu bislang lediglich entnehmen, dass das Kellergeschoß von der Zufahrtsstraße „S*****“ ebenerdig zu erreichen sei. Es liegt auf der Hand, dass ein eindeutiger Vorteil für alle Wohnungseigentümer iSd § 29 Abs 3 WEG bei objektiver Betrachtung nur dann bejaht werden kann, wenn durch den Einbau eines „Homelifts“ der mehrheitlich gewünschte barrierefreie Zugang auch tatsächlich erreicht werden kann. Daher bedarf es auch hier zur abschließenden Beurteilung entsprechender Feststellungen. Gegebenenfalls wird auch abzuklären sein, mit welchem finanziellen Aufwand ein mögliches Hindernis bis zur Lifteinstiegsstelle überwunden werden kann.

5. Erst nach Abklärung aller dieser Fragen ist eine verlässliche Beurteilung möglich, ob der Einbau eines „Homelifts“ bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht. Soweit das Rekursgericht in diesem Zusammenhang die Finanzierung künftiger Erhaltungsarbeiten als gefährdet ansah, ging es erkennbar von falschen Prämissen aus, indem es entgegen den Feststellungen des Erstgerichts „in den nächsten Jahren“ anfallende Kosten für einen anstehenden Fenstertausch in der Höhe von 300.000 EUR heranzog. Tatsächlich belaufen sich die nach der für das Haus erstellten Vorschau anstehenden Kosten für Ausbesserungs‑, Instandhaltungs‑ und Sanierungsarbeiten auf 2.200 EUR im laufenden Jahr und auf ca 70.000 EUR im Jahr 2020, wobei diese Ausgaben nach den Feststellungen des Erstgerichts ebenso wie die für die Rückführung der Raten erforderlichen Mittel aus der erhöhten Rücklage abgedeckt werden können. Für sich genommen bedeutet die Erhöhung der Rücklage auch nicht eine solche finanzielle Belastung, dass bei gebotener wirtschaftlicher Betrachtungsweise die Annahme eines eindeutigen Vorteils für alle Wohnungseigentümer gehindert wäre, weil derzeit keine der Wohnebenen barrierefrei erreicht werden kann. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren daher herausstellen, dass der Einbau eines Aufzugs iSd ASV 2008 iVm der ÖNORM B1600 nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln bewerkstelligt werden kann, verbliebe nach derzeitigem Verfahrensstand nur der Einbau eines „Homelifts“ als Möglichkeit, einen barrierefreien Zugang der Eigentumsobjekte zu erreichen. Unter dieser Prämisse bedeutet der Einbau einer solchen Aufstiegshilfe eine erleichterte Zugangsmöglichkeit für alle Bewohner des Hauses. Eine solche Erleichterung gewinnt naturgemäß mit fortschreitendem Alter der Bewohner an Bedeutung und führt letztlich zweifellos auch zu einer Werterhöhung aller Wohnungseigentumsobjekte.

6. Damit zeigt sich insgesamt, dass das Anfechtungsbegehren der Antragsteller noch nicht abschließend beurteilt werden kann, weswegen die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben sind und dem Erstgericht eine Fortsetzung des Verfahrens aufzutragen ist.

7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG iVm § 52 Abs 2 WEG.

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