European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00179.24W.1114.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Spruch:
Der Akt wird an das Rekursgericht zurückgestellt.
Begründung:
[1] Die Streitteile sind Mit‑ und Wohnungseigentümer einer Liegenschaft.
[2] Das Erstgericht wies das Hauptbegehren auf Feststellung, dass die gelegentliche touristische Vermietung der Eigentumswohnung der Antragstellerin keiner Widmungsänderung bedürfe, ebenso ab wie das Eventualbegehren, für die gelegentliche touristische Vermietung dieser Eigentumswohnung „die Widmungsänderung zu erteilen“.
[3] Das Rekursgericht hob aus Anlass des dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurses den erstinstanzlichen Sachbeschluss und das ihm vorangegangene außerstreitige Verfahren ab Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftsatzes als nichtig auf und trug dem Erstgericht gemäß § 40a JN die Einleitung des gesetzlichen Verfahrens über den als Klage zu wertenden Antrag auf. Diese Entscheidung enthält weder einen Bewertungs‑ noch einen Zulassungsausspruch.
[4] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, „die angefochtenen Beschlüsse erster und zweiter Instanz aufzuheben und dem Rekursgericht die Entscheidung in der Sache aufzutragen“.
[5] Die Erstantragsgegnerin und die übrigen Mit‑ und Wohnungseigentümer haben sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.
[6] Das Erstgericht legte das Rechtsmittel als ordentlichen Revisionsrekurs dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
[7] Dieser ist derzeit nicht zur Entscheidung darüber berufen.
[8] 1.1. Die Wahl der Verfahrensart durch die verfahrenseinleitende Partei (hier: des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens) bestimmt die anzuwendenden Rechtsmittelvorschriften (RS0046238 [T2]; RS0046245 [T4, T9]). Die Zulässigkeit des Rechtsmittels der Antragstellerin ist hier daher nach den Bestimmungen des AußStrG und des WEG zu beurteilen.
[9] 1.2. Die Anfechtbarkeit aller im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschlüsse des Rekursgerichts regelt § 62 AußStrG; Revisionsrekurse im Sinn dieser Bestimmung sind daher nicht nur Rechtsmittel gegen Sachentscheidungen des Rekursgerichts, sondern auch Rechtsmittel etwa gegen Beschlüsse, die auf Zurückweisung eines Rekurses lauten (RS0120565), oder gegen Beschlüsse des Rekursgerichts, mit denen ein Antrag oder ein Rekurs ohne Sachentscheidung aus formalen Gründen zurückgewiesen wird (10 Ob 15/07i). Auch gegen den Beschluss des Rekursgerichts auf Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichts, Nichtigerklärung des Verfahrens und Überweisung der Sache vom außerstreitigen in das streitige Verfahren ist der Revisionsrekurs daher nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zulässig (5 Ob 39/22d mwN). Nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RS0120974 [T14, T15]) besteht nämlich keine § 519 Abs 1 Z 1 ZPO vergleichbare Regelung, wonach der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ohne Rücksicht auf das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage und die Höhe des Streitwerts zulässig ist, wenn die Klage in zweiter Instanz ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen wurde im AußStrG nicht.
[10] 1.3. Im allgemeinen Außerstreitverfahren ist der Revisionsrekurs aber – außer im Fall der Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG – unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur ist, an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 62 Abs 3 AußStrG). Dies gilt auch für verfahrensrechtliche Entscheidungen (10 Ob 15/07i; 5 Ob 39/22d).
[11] 1.4. Da sich die Anfechtbarkeit von Entscheidungen nach § 40a JN nach der vom Verfahrenseinleitenden gewählten Verfahrensart richtet, ist hier auch auf die Besonderheiten des wohnrechtlichen Außerstreitverfahrens nach § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG Bedacht zu nehmen. Demnach gelten für die Zulässigkeit des Revisionsrekurses die §§ 62 bis 64 AußStrG mit der Maßgabe, dass die Entscheidungsgegenstände rein vermögensrechtlicher Natur sind und dass die gemäß §§ 59 Abs 2, 62 Abs 3 und 5 und § 63 Abs 1 AußStrG maßgebliche Wertgrenze 10.000 EUR beträgt. Das Rekursgericht hat daher in diesen Angelegenheiten den Wert des nicht ausschließlich in einem Geldbetrag bestehenden Entscheidungsgegenstands innerhalb des ihm zur Verfügung stehenden Ermessensspielraums zu bewerten (vgl 5 Ob 157/21f).
[12] 2.1. Die Zulässigkeit und weitere Behandlung des Revisionsrekurses der Antragstellerin hängt daher zunächst von dem vom Rekursgericht nachzuholenden Bewertungs‑ und Zulassungsausspruchs ab. Um diese Aussprüche wird das Rekursgericht seine Entscheidung zu ergänzen haben. Eine solche Ergänzung könnte nur in Ausnahmefällen unterbleiben, wenn sie bloßer Formalismus wäre, weil das Rechtsmittel nach dem Nachtrag des Bewertungsausspruchs ohnedies zurückzuweisen ist (5 Ob 166/19a; 5 Ob 157/21f). Davon kann hier keine Rede sein, wurde es doch innerhalb der für den Beschluss des Rekursgerichts, der kein Sachbeschluss war, offenstehenden 14‑tägigen Frist (vgl RS0043993 [T2]; RS0070443 [T3]; RS0070434 [T2]) erhoben. Auch hatte die Revisionsrekurswerberin mangels Zulassungsausspruchs bisher keinen Anlass zum Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage Ausführungen zu tätigen, die vom Senat geprüft werden könnten.
[13] 2.2. Die Nachholung eines Bewertungs‑ und Zulassungsausspruchs durch das Rekursgericht ist daher jedenfalls erforderlich.
[14] 3. Der Akt war aus diesen Gründen an das Rekursgericht zurückzustellen.
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