European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00172.22P.1020.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wirdzurückgewiesen.
Begründung:
[1] Nachdem das Erstgericht (nach einem Verbesserungsversuch) einen ersten Antrag abgewiesen hatte, weil die Rechtskraft der Entscheidung im Enteignungsverfahren im Zeitpunkt der (ersten) Antragstellung vom 4. 2. 2022 noch nicht bestätigt gewesen war, gab es dem unter (neuerlicher) Vorlage der Rechtskraftbestätigung vom 16. 2. 2022 wiederholten Antrag vom 9. 3. 2022 statt und bewilligte die begehrte Einverleibung der Dienstbarkeit einer elektrischen Leitung sowie die Löschung der Anmerkung der Einleitung eines Enteignungsverfahrens.
[2] Die Einschreiter sind die Eigentümer der mit der Dienstbarkeit belasteten Liegenschaft. Das Rekursgericht gab ihrem gegen die Entscheidung des Erstgerichts, soweit es die Einverleibung der Dienstbarkeit bewilligte, erhobenen Rechtsmittel nicht Folge. Es sei den Grundbuchsgerichten verwehrt, die von einer Verwaltungsbehörde in ihrem Zuständigkeitsbereich ausgestellte Rechtskraftbestätigung zu überprüfen. Das gelte ungeachtet der von den Einschreitern geäußerten Zweifel am Inhalt der Rechtsmittelbelehrung. Die rechtskräftige Abweisung des ersten Gesuchs sei damit begründet worden, dass im Zeitpunkt der Antragstellung die erforderliche Rechtskraftbestätigung (noch nicht) ausgestellt gewesen sei, und stehe der neuerlichen Antragstellung nicht entgegen. Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil „die Fragen der Bindung an die Rechtskraftbestätigung des Landesverwaltungsgerichts und allfälliger Hindernisse einer missverständlichen Rechtsmittelbelehrung für die Grundbuchseintragung die Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG erfüllten“.
Rechtliche Beurteilung
[3] Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist (§ 71 Abs 1 AußStrG), nicht zulässig. Das ist kurz zu begründen:
[4] 1. Genehmigungen von Verwaltungsbehörden, die Voraussetzung einer bücherlichen Eintragung sind, müssen mit der Bestätigung der Rechtskraft versehen sein (RIS‑Justiz RS0099943). Eine solche Bestätigung ist eine öffentliche Urkunde (RS0041308 [T2]). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs handelt es sich dabei um die Beurkundung einer sich unmittelbar aus dem Gesetz selbst ergebenden, mit einer erlassenen Entscheidung verbundenen Rechtsfolge, die von der Erfüllung bestimmter Tatsachen abhängt und unabhängig von ihrer Beurkundung eintritt (5 Ob 179/16h [Pkt 3.2] unter Hinweis auf VwGH 17. 11. 1999, 99/12/0199).
[5] 2. Voraussetzung für den Eigentumserwerb des Enteigners oder – wie hier – den Erwerb einer Dienstbarkeit im Weg der Enteignung ist daher (jedenfalls) die Rechtskraft des Enteignungserkenntnisses. In der Judikatur des Fachsenats wurde dazu bereits festgehalten, dass die Bestimmung des § 18 Abs 4 AVG für sämtliche behördliche Erledigungen und damit auch für die Bestätigung der Rechtskraft gilt (5 Ob 179/16h [Pkt 3.3]). § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) verweist für das Verfahren vor den Verwaltungsgerichten (auch) auf Bestimmungen des AVG. Danach ist in Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B‑VG unter anderem § 18 AVG anzuwenden. Die notwendige (RS0099943; vgl auch Weigand in Kodek, Grundbuchsrecht² § 33 Rz 31) Beurkundung der Rechtskraft hat daher auch in einem solchen Fall § 18 Abs 4 AVG zu entsprechen. Zu denAnforderungen an eine formgültige Rechtskraftbestätigung eines verwaltungsbehördlichen Bescheids bestehtbereits umfangreiche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (für viele RS0099943 [T9; T14; T17; T19]). Diese Anforderungen gelten uneingeschränkt auch für Erkenntnisses eines Landesverwaltungsgerichts als Grundlage einer Grundbuchshandlung, sodass insoweit auch kein weiterer Klärungsbedarf durch den Obersten Gerichtshof besteht.
[6] 3. Die Einschreiter bezweifeln auch gar nicht, dass die dem wiederholten Antrag beigelegte Rechtskraftbestätigung des von ihnen gegen den Enteignungsbescheid angerufenen Landesverwaltungsgerichts den Erfordernissen des § 18 Abs 4 AVG entspricht, meinen aber, die Fehlerhaftigkeit der dem Erkenntnis angeschlossenen Rechtsmittelbelehrung würde zu Zweifeln Anlass geben, die iSd § 94 GBG zur Abweisung (auch) des (neuerlichen) Grundbuchsgesuchs führen hätten müssen. Bereits das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass eine formgültige Beurkundung der Rechtskraft durch die Verwaltungsbehörde (oder wie hier durch ein Landesverwaltungsgericht) die Gerichte bindet (vgl RS0008852). Der Umstand, dass der Eintritt der Rechtskraft vom Gericht nicht geprüft werden kann (RS0008852 [T3; T4]; auch RS0099943 [T12]), steht auch der von den Einschreitern angestrebten Auseinandersetzung mit der dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts angeschlossenen Rechtsmittelbelehrung entgegen, sodass sich in diesem Zusammenhang keine Rechtsfragen von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG stellen.
[7] 4. Ein Beschluss, mit dem ein Antrag abgewiesen wird, erwächst auch im Grundbuchsverfahren in materielle Rechtskraft (RS0079245). Ein solcher Antrag kann daher nur bei geänderter Sachlage neuerlich eingebracht werden. Zur maßgeblichen Sachlage gehören auch Art und Umfang der vorgelegten Urkunden (RS0041511 [T7]). Ein Antragsteller ist daher nach Abweisung des ersten Grundbuchsgesuchs nicht gehindert, unter Anschluss der Rechtskraftbestätigung einen neuen Verbücherungsantrag zu stellen, weil sich die Eintragungsgrundlagen geändert haben (5 Ob 216/03f; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 95 GBG Rz 49). Nichts anderes gilt im vorliegenden Fall, weil das Erstgericht den ersten Antrag mit der Begründung abgewiesen hat, dass die Urkunde (Rechtskraftbestätigung) im Zeitpunkt der ersten Antragstellung noch nicht existierte, und damit aus Anlass des neuerlichen Antrags eine geänderte Sachlage zu beurteilen hatte. Mit ihrem Hinweis darauf, dass der Beschluss des Erstgerichts, mit dem dieses das erste Gesuch der Antragstellerin abgewiesen hatte, in Rechtskraft erwuchs, können die Einschreiter daher ebenfalls keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG aufzeigen.
[8] 5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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