European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0050OB00105.24P.1218.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegnerin ist schuldig, der Erstantragstellerin die mit 180 EUR bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Revisionsrekursbeantwortung wird, insoweit sie vom Zweitantragsteller erstattet wurde, zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Erstantragstellerin als Mieterin und die Antragsgegnerin als Vermieterin schlossen am 15. 3. 2018 einen Mietvertrag über eine Wohnung in Wien. Dieses Mietverhältnis begann am 15. 3. 2018 und wurde auf vier Jahre befristet. Als monatlicher Hauptmietzins wurde ein Betrag von 420 EUR (netto) vereinbart.
[2] Am 17. 11. 2020 schloss der Zweitantragsteller mit der Antragsgegnerin eine als „Zusatzvereinbarung zu dem Mietvertrag für das Objekt [...]“ bezeichnete Vereinbarung, wonach der Zweitantragsteller in den Mietvertrag der Erstantragstellerin eintrat und sämtliche Rechte und Pflichten aus diesem Mietvertrag mit 1. 12. 2020 auf ihn übergingen. Sämtliche Bestimmungen des Mietvertrags, insbesondere jene über die Befristung des Vertrags bis 14. 3. 2022, sollten bestehen bleiben. Die Erstantragstellerin trat dieser Vereinbarung bei und verzichtete zu Gunsten des Zweitantragstellers auf ihre Mietrechte. Der Zweitantragsteller und die Antragsgegnerin vereinbarten unter einem einen neuen Hauptmietzins von 480 EUR (netto) pro Monat ab 1. 12. 2020, der dem Zweitantragsteller auch bis zum Ende des Mietverhältnisses am 28. 2. 2022 vorgeschrieben wurde.
[3] Mit dem am 22. 1. 2022 bei der Schlichtungsstelle eingebrachten Antrag begehrten die Antragsteller die Überprüfung der Zulässigkeit der vereinbarten Hauptmietzinse.
[4] Das Erstgericht stellte – soweit für das Revisionsrekursverfahren relevant – die zulässigen Hauptmietzinse zu den Stichtagen 15. 3. 2018 und 1. 12. 2020 (Punkt 1.), die Teilunwirksamkeit der Vereinbarungen vom 15. 3. 2018 und 27. 11. 2020 (Punkt 2.) und die daraus resultierende Gesamtüberschreitung gegenüber der Erstantragstellerin im Zeitraum 15. 3. 2018 bis 30. 11. 2020 und gegenüber dem Zweitantragsteller im Folgezeitraum bis 28. 2. 2022 fest (Punkt 3.).
[5] Zu der im Revisionsrekursverfahren (einzig) strittigen Frage, ob der Antrag der Erstantragstellerin nach § 16 Abs 8 MRG bereits präkludiert war, führte das Erstgericht aus, dass die Präklusivfrist des § 16 Abs 8 MRG nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes bei befristeten Mietverhältnissen frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses ende. Da der Zweitantragsteller an Stelle der Erstantragstellerin in das bestehende Mietverhältnis eingetreten sei, habe das Mietverhältnis erst am 25. 2. 2022 geendet, sodass keine Präklusion eingetreten sei.
[6] Das Rekursgericht gab dem (nur) gegen die Feststellung des zulässigen Mietzinses zum Stichtag 15. 3. 2018, der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung vom 15. 3. 2018 und des Überschreitungsbetrags gegenüber der Erstantragstellerin gerichteten Rekurs der Antragsgegnerin nicht Folge.
[7] Aus den Feststellungen ergebe sich zweifelsfrei, dass die Antragsgegnerin nicht das Mietverhältnis mit der Erstantragstellerin beendet und mit dem Zweitantragsteller einen neuen Mietvertrag abgeschlossen habe, sondern die Parteien den befristeten Vertrag mit dem Übergang sämtlicher Rechte und Pflichten zum Stichtag 1. 12. 2020 im Wege einer Dreiparteieneinigung aufrecht erhielten. Soweit die Rekursausführungen diesen Sachverhalt in Abrede stellten, sei die Rechtsrüge nicht gesetzeskonform ausgeführt.
[8] Im Übrigen sei der Rechtsansicht des Erstgerichts zu folgen. Die vom Rekurswerber zitierte Entscheidung 5 Ob 149/20b habe zwar eine etwas anders gelagerte Konstellation betroffen, bei der ursprünglich zwei Mitmieter vorhanden gewesen seien, von denen einer vorzeitig ausgeschieden sei. Der Oberste Gerichtshof habe dazu auf die Entscheidung 5 Ob 4/20d verwiesen, wonach die in § 16 Abs 8 MRG angeordnete Verlängerung der Präklusivfrist auch dem Schutz des anderen Mitmieters diene. In der vorliegenden Konstellation dürfe nicht übersehen werden, dass die Antragsteller ihren Überprüfungsantrag bereits am 22. 1. 2022 bei der Schlichtungsstelle eingebracht haben und damit noch vor Ablauf der vereinbarten Befristung zum 14. 3. 2022. Das Ausscheiden der Erstantragstellerin aus dem Mietverhältnis wirke sich daher mangels Differenzierung nicht negativ auf die Verlängerung der Präklusivfrist und ihre Rechtsposition aus.
[9] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 10.000 EUR übersteigend und ließ den Revisionsrekurs zu. Es liege keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vor, ob das Recht zur Mietzinsüberprüfung bei Ausscheiden des bisherigen Mieters aus dem Mietvertrag im Wege einer Dreiparteieneinigung nach § 16 Abs 8 MRG präkludiere oder nicht.
[10] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin. Sie beantragt, die angefochtene Entscheidung abzuändern und den Antrag im Umfang der Anfechtung abzuweisen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
[11] Die Antragsteller beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt. Die Revisionsrekursbeantwortung ist, soweit sie vom Zweitantragsteller erhoben wurde, unzulässig.
[13] 1. Gegenstand des Revisionsrekurses ist die Frage der Präklusion der Geltendmachung der Unwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung nach § 16 Abs 8 MRG im Fall der Vertragsübernahme durch eine Dreiparteieneinigung.
[14] 2. Nach § 16 Abs 8 Satz 1 MRG sind Mietzinsvereinbarungen unwirksam, soweit sie den nach den Absätzen 1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreiten. Diese Unwirksamkeit muss nach § 16 Abs 8 Satz 2 MRG bei unbefristeten Mietverträgen binnen einer Frist von drei Jahren geltend gemacht werden. Bei befristeten Hauptmietverhältnissen endet diese Präklusivfrist nach § 16 Abs 8 Satz 3 MRG frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis.
[15] Diese Verlängerung der Präklusivfrist bei befristeten Mietverhältnissen soll dem Mieter die Möglichkeit bieten, noch nach Mietende einen allfälligen Rückforderungsanspruch wegen Mietzinsüberschreitung gemäß § 37 Abs 1 Z 8 MRG geltend zu machen. Solange ein Mieter durch die Hoffnung auf eine Vertragsverlängerung oder Umwandlung des Vertrags in ein unbefristetes Mietverhältnis in seiner Willensfreiheit beeinträchtigt ist, soll die Präklusivfrist nicht ablaufen. Erst nach endgültiger Beendigung des Mietverhältnisses oder Umwandlung in einen unbefristeten Mietvertrag steht er nicht mehr unter dem Druck, bei Geltendmachung dieses Rechts eine Verlängerung des Mietverhältnisses zu gefährden (5 Ob 211/22y mwN).
[16] 3. Die Antragsgegnerin steht auf dem Standpunkt, dass mit der Zusatzvereinbarung vom 17. 11. 2020 das mit der Erstantragstellerin bestehende Mietverhältnis zufolge ihres Verzichts auf ihre Hauptmietrechte im Wege einer Dreiparteieneinigung mit 30. 11. 2020 beendet worden sei. Deren Anspruch auf Überprüfung des mit ihr vereinbarten Hauptmietzinses sei daher präkludiert. Der in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Mitmiete betonte Schutzzweck des § 16 Abs 8 MRG komme hier nicht zum Tragen, weil ein Mieter aus dem Mietverhältnis ausgeschieden sei, ein anderer Mieter dieses fortgesetzt habe und beide Mieter ihre gesetzlichen Rechte nach § 16 MRG ohne Vorliegen einer Drucksituation wahrnehmen hätten können. Die Erstantragstellerinhätte ihre Rechte nach § 16 Abs 8 MRG nachihrem Ausscheiden geltend machen und den vorgeschriebenen und bezahlten Mietzins binnen einer Frist von sechs Monaten einer gerichtlichen Überprüfung unterziehen können. Die Hauptmietzinsüberprüfung durch den ausscheidenden Mieter verschlechtere die Stellung des verbleibenden Mieters nicht. Weder die Erstantragstellerin noch der Zweitantragsteller seien demnach der vom Gesetzgeber verpönten und zu verhindernden Drucksituation ausgesetzt gewesen.
[17] Dass das Mietverhältnis im Wege einer Dreiparteieneinigung fortgesetzt worden sei, könne nichts daran ändern, dass das Mietverhältnis mit der Erstantragstellerin einvernehmlich aufgelöst und mit dem Zweitantragsteller ein abgeändertes Mietverhältnis (Vereinbarung eines höheren Mietzinses) abgeschlossen worden sei. Es wäre rechtlich auch möglich gewesen, dass mit der Erstantragstellerin begründete Mietverhältnis einvernehmlich zu beenden und mit dem Zweitantragsteller ein neues Mietverhältnis zu begründen. Die Rechtsfolgen könnten bei beiden Gestaltungsvarianten nicht unterschiedlich sein, sodass die Präklusion des Anspruchs bei beiden Vertragsvarianten (Fortsetzung eines Mietverhältnisses mit einem neuen Mieter bei Ausscheiden des vorherigen Mieters mit einem neu vereinbarten Mietzins oder einvernehmliche Beendigung des alten Vertrags und Begründung eines neuen Mietvertrags) in gleicher Weise eintreten müsse.
4. Der Fachsenat hat hierzu erwogen:
[18] 4.1. Eine Vertragsübernahme ist ein einheitliches Rechtsgeschäft, mit dem die Gesamtheit aller wechselseitigen Rechte und Pflichten übertragen wird und der Vertragsübernehmer (Neupartei) an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Partei (Altpartei) tritt. Die Neupartei übernimmt daher die gesamte vertragliche Rechtsstellung der Altpartei, ohne dass dabei der Inhalt oder die rechtliche Identität des bisherigen Schuldverhältnisses verändert wird (RS0032623; RS0032653). Eine Vertragsübernahme erfordert dabei grundsätzlich eine Übereinkunft aller Beteiligten, nämlich der verbleibenden, der ausscheidenden und der an ihre Stelle tretenden Partei (RS0032607).
[19] Diese Grundsätze wendet die Rechtsprechung auch auf den Übergang eines Bestandverhältnisses an (RS0033492).
[20] 4.2. Der Umfang der Vertragsübernahme richtet sich grundsätzlich nach der Parteienvereinbarung (9 Ob 10/22v; 2 Ob 40/22d; 3 Ob 44/22z). Auf Basis des festgestellten Sachverhalts bewirkte die hier vereinbarte Vertragsübernahme, dass der Zweitantragsteller mit Stichtag 1. 12. 2020 an die Stelle der aus dem Schuldverhältnis ausscheidenden Erstantragstellerin trat und deren gesamte vertragliche Rechtsstellung übernahm. Die Vertragsübernahme führte im Sinn der Einheitstheorie zum Übergang der gesamten rechtlichen Rahmenbeziehung, also auch der vertragsbezogenen Gestaltungsrechte (9 Ob 10/22v; 2 Ob 40/22d; 3 Ob 44/22z; 5 Ob 163/07t).
[21] Die Vertragsübernahme veränderte den Inhalt und die rechtliche Identität des bisherigen Mietverhältnisses nicht. Die – nach der Behauptung der Antragsteller auf dasSchlagendwerden der Wertsicherungsklausel basierende – Vereinbarung eines neuen Mietzinses (nach der Vereinbarung wegen der Richtwerterhöhung 2021) zwischen der Antragsgegnerin und dem Zweitantragsteller ist als eine der Vertragsübernahme nachfolgende, rechtlich selbständige Mietzinsanhebung zu verstehen. Mangels jeglicher inhaltlicher Verknüpfung mit der vorangegangenen Vertragsübernahme ändert daran auch der Umstand nichts, dass beide Vereinbarungen in eine Urkunde aufgenommen wurden.
[22] 4.3. Der mit der Vertragsübernahme verbundene Eintritt des Zweitantragstellers in das Mietverhältnis bewirkte allerdings nicht, dass auch das gesetzliche Rückforderungsrecht nach § 27 Abs 3 MRG auf diesen überging.
[23] Was entgegen den Bestimmungen der §§ 15 bis 26 MRG geleistet wird, kann gemäß § 27 Abs 3 MRG samt gesetzlichen Zinsen zurückgefordert werden. Dieser Rückforderungsanspruch ist seinem Wesen nach kein vertraglicher, sondern ein auf dem Gesetz beruhender Kondiktionsanspruch, ein Bereicherungsanspruch eigener Art (RS0067488). Der Oberste Gerichtshof hat deshalb bereits wiederholt ausgesprochen, dass zur Rückforderung einer nach § 27 MRG unzulässigen Einmalzahlung nur der jeweilige Mieter als Vertragspartner des Vermieters aktivlegitimiert ist und der spätere Eintritt in das Mietverhältnis nicht den Übergang des Rückforderungsrechts auf den eintretenden Mieter bewirkt (8 Ob 1547/92; 5 Ob 266/05m).
[24] Ungeachtet der späteren Vertragsübernahme blieb daher die Erstantragstellerin für den Zeitraum, in dem ihr die Mieterstellung zukam, zur Rückforderung des zufolge Überschreitens der gesetzlichen Obergrenzen des § 16 MRG zuviel geleisteten Mietzinses aktivlegitimiert. Eine Zession dieser Rückforderungsansprüche an den Zweitantragsteller wäre zwar grundsätzlich möglich (RS0070129 [T1]), ist hier aber nicht erfolgt.
[25] Die Erstantragstellerin ist in diesem Zusammenhang auch berechtigt, die Feststellung der Überschreitung des zulässigen Zinsausmaßes geltend zu machen. Der Umstand, dass das Mietverhältnis im Verhältnis zwischen ihr als der ausscheidenden Altpartei und der Antragsgegnerin als der Restpartei im Zeitpunkt einer solchen Antragstellung nicht mehr aufrecht besteht, steht dem nicht entgegen. Die Antragslegitimation kommt demjenigen zu, der im Überprüfungszeitraum Mieter war. Auch der frühere Hauptmieter ist daher ungeachtet der Beendigung des Mietvertrags berechtigt, die Entscheidung (der Schlichtungsstelle und) des Gerichts über die Zulässigkeit des vorgeschriebenen Hauptmietzinses zu begehren (RS0070501). Nur dann, wenn die Klärung der Höhe des zulässigen Hauptmietzinses nur mehr von rein theoretischer Bedeutung wäre, wäre das Rechtsschutzbedürfnis eines Hauptmieters nach Beendigung eines Bestandverhältnisses abzulehnen (5 Ob 73/08h).
[26] 4.4. Nach § 16 Abs 8 Satz 1 MRG sind Mietzinsvereinbarungen unwirksam, soweit sie den nach den Absätzen 1 bis 7 zulässigen Höchstbetrag überschreiten. Das Erfordernis, die Unwirksamkeit einer Mietzinsvereinbarung binnen der Fristen des § 16 Abs 8 MRG geltend zu machen, bedeutet – wenn ihm nicht entsprochen wird – daher im Grunde die Sanierung solcher teilnichtiger, das erlaubte Zinsausmaß überschreitender Mietzinsvereinbarungen durch Fristablauf (RS0083814).
[27] Da eine Vertragsübernahme den Inhalt und die rechtliche Identität des bisherigen Mietverhältnisses nicht ändert und der Neumieter die vertragliche Rechtsstellung des Altmieters übernimmt, richtet sich auch der Beginn des Laufs der Präklusionsfrist nach § 16 Abs 8 MRG grundsätzlich nach dem Zeitpunkt der für den Altmieter maßgeblichen Mietzinsvereinbarung (vgl 5 Ob 163/07t). Dabei endet diese Frist bei einem befristeten Hauptmietverhältnis frühestens sechs Monate nach Auflösung des Mietverhältnisses oder nach seiner Umwandlung in ein unbefristetes Mietverhältnis.
[28] Nach dem insoweit klaren Wortlaut des Gesetzes ändert die Auflösung des befristeten Mietverhältnisses schon vor Ablauf dieser drei Jahre nichts daran, dass dem Mieter jedenfalls diese Frist offensteht. Entgegen der Auffassung der Revisionsrekurswerberin verkürzt eine frühere Auflösung des Mietverhältnisses diese Drei-Jahres-Frist also nicht, das weder bei unbefristeten noch bei befristeten Verträgen. Die Fristverlängerung um sechs Monate ab Auflösung eines befristeten Vertrags wirkt sich also erst und insoweit aus, als diese über die drei Jahre ab Mietzinsvereinbarung hinaus läuft.
[29] Hätte nun – wie die Revisionsrekurswerberin argumentiert – das Ausscheiden der Erstantragstellerin als Altmieterin zur Folge, dass die Präklusionsfrist nach § 16 Abs 8 MRG für sie ohne Rücksicht auf die vereinbarte Befristungsdauer nach diesen Grundsätzen, also nach drei Jahren ab Mietzinsvereinbarung frühestens sechs Monate nach ihrem Ausscheiden, abläuft, wäre diese gegebenenfalls gezwungen, die Teilnichtigkeit der Mietzinsvereinbarung noch vor dem Befristungsende geltend zu machen. Die gegebenenfalls festgestellte (Teil‑)Nichtigkeit der Mietzinsvereinbarung wiederum würde dann zufolge der Vertragsübernahme auch auf das Mietverhältnis zwischen dem Zweitantragsteller als Neumieter und der Antragsgegnerin als Vermieterin durchschlagen. Damit bestünde nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge für beide Mieter, sowohl für den Neumieter als auch für den ihm seine Rechtsstellung übertragenden Altmieter eben jene Drucksituation, der der Gesetzgeber durch die in § 16 Abs 8 Satz 3 MRG normierte Verlängerung der Präklusionsfrist bei befristeten Mietverträgen begegnen wollte.
[30] Für den Fall der Mitmiete hat der Fachsenat bereits ausgesprochen, dass der vom Gesetzgeber intendierte Mieterschutz angesichts der Drucksituation des in der Wohnung verbleibenden Mitmieters auch dann zum Tragen kommt, wenn nur ein Mitmieter Vertragspartner eines zweiten befristeten Mietvertrags wird und der andere das befristete Mietverhältnis nicht fortsetzt (5 Ob 4/20d; 5 Ob 56/20a). Auch den Fall des vorzeitigen Austritts eines Mitmieters aus einem laufenden Vertragsverhältnis hat der Fachsenat – im Größenschluss – gleich beurteilt. Das einvernehmliche Ausscheiden eines von mehreren Mitmietern führt schließlich nicht zur Auflösung des gesamten einheitlichen Mietverhältnisses (5 Ob 149/20b).
[31] Diese an dem eindeutigen Zweck der Fristverlängerung des § 16 Abs 8 Satz 3 MRG orientierten Wertungen sind auf die vorliegende Konstellation zu übertragen. Bei Ausscheiden des Altmieters zufolge einer Vertragsübernahme ist die für die Geltendmachung seiner Ansprüche nach § 16 Abs 8 MRG maßgebliche Präklusionsfrist an Tatsache und Dauer der ursprünglichen vereinbarten Befristung anzuknüpfen, weil andernfalls die nach dem Willen des Gesetzgebers zu vermeidende Drucksituation für den das Mietverhältnis fortsetzenden Neumieter bzw mittelbar auch für den Altmieter eintreten könnte. Bei Vertragsübernahme läuft die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG daher auch gegenüber dem aus einem befristeten Mietverhältnis ausscheidenden Altmieter solange nicht ab, als nicht sechs Monate nach der – im Fall des Aneinanderreihens befristeter Mietverträge zusammengerechnet (vgl RS0119647) – vereinbarten Befristungszeit abgelaufen sind.
[32] 4.5. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Überprüfungsantrag der Erstantragstellerin nicht präkludiert ist. Da die Präklusionsfrist des § 16 Abs 8 MRG objektiv anzuknüpfen ist, ändert daran weder der Umstand, dass der Zweitantragsteller gar keine Verlängerung des Mietvertrags angestrebt haben mag, noch der ihm gegenüber maßgebliche, zufolge der neuen Mietzinsvereinbarung andere Fristenlauf (vgl RS0112326) etwas.
[33] Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin kommt damit keine Berechtigung zu.
[34] 5. Das Revisionsrekursverfahren betrifft als Folge der bloß teilweisen Anfechtung des Sachbeschlusses des Erstgerichts (nur mehr) das Prozessrechtsverhältnis zwischen der Erstantragstellerin und der Antragsgegnerin. Die Erledigung der Ansprüche des Zweitantragstellers ist hingegen in Rechtskraft erwachsen. Die Revisionsrekursbeantwortung des Zweitantragstellers ist demnach unzulässig und zurückzuweisen.
[35] 6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Es entspricht der Billigkeit, der obsiegenden Erstantragstellerin Kostenersatz zuzuerkennen. Der von ihrem Vertreter verzeichnete Streitgenossenzuschlag gebührt freilich nicht.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)