European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00103.22S.0126.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Grundbuchsrecht
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Grundbuchsgesuch des Antragstellers vom 17. 3. 2022, NGB 142/2022, TZ 1036/2022, abgewiesen wird.
Verständigt werden:
1) J*, Bürgermeister der Gemeinde N*,
2) Mag. Dr. I*,
Der Vollzug der dadurch notwendig gewordenen Grundbuchseintragungen und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Die Einschreiterin ist bücherliche Alleineigentümerin einer Liegenschaft, die zwei Grundstücke (Nr 568/1 und 568/2) umfasst. Für das Grundstück 568/2 sind im Gutsbestandsblatt die Bauplatzeigenschaft und die Daten des Bauplatzbewilligungsbescheids („Bauplatz [auf]Gst 568/2 Bescheid 2009-11-02“) ersichtlich gemacht.
[2] Unter Vorlage der Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. 8. 2018 und 18. 2. 2022 beantragte der Bürgermeister der Gemeinde die Löschung der Bauplatzbewilligung, weil diese nicht mehr aufrecht sei.
[3] Das Erstgericht bewilligte den Antrag.
[4] Gegen diese Entscheidung erhob die Liegenschaftseigentümerin Rekurs.
[5] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Einschreiterin nicht Folge.
[6] Die grundbücherliche Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft nach den maßgebenden Bestimmungen der Oö BauO 1994 sei eine Anmerkung iSd § 20 lit b GBG. Für solche Anmerkungen gelte § 52 GBG, sodass diese aufgrund bloß beweiswirkender Urkunden gelöscht werden könnten. Es bedürfe also keiner Vorlage von Originalurkunden, die Beglaubigungserfordernisse für Privaturkunden nach § 31 GBG müssten ebenso wenig erfüllt sein wie die formellen und materiellen Voraussetzungen einverleibungsfähiger öffentlicher Urkunden nach § 33 GBG. Was „beweiswirkend“ sei, hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Soweit keine anderen gesetzlichen Formvorschriften oder Gültigkeitserfordernisse zu beachten seien, liege es daher im Ermessen des Grundbuchsgerichts, ob es die ihm als Eintragungsgrundlage präsentierte Urkunde als ausreichend erachte.
[7] Wenn das Erstgericht die vorgelegten Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts als genügend beweiswirkende Urkunden angesehen habe, sei dies nicht korrekturbedürftig. Gerichte seien an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden gebunden, und zwar selbst dann, wenn diese Verfügungen unvollständig oder fehlerhaft sein sollten. Die Bindung der Zivilgerichte an ein verwaltungsgerichtliches Erkenntnis bestehe auch dann, wenn – wie hier gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. 2. 2022 –außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben worden sei. Eine außerordentliche Revision sei kein die Rechtskraft hemmendes Rechtsmittel.
[8] Zwar sei iSd § 94 GBG ungeachtet dieser Bindung zu prüfen, ob das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet sei. Bestünden hieran Zweifel, so sei auch im Fall öffentlicher Urkunden eine Bewilligung zu versagen. Dies sei jedoch hier nicht der Fall. Die (auszugsweise wiedergegebene) Begründung der beiden Erkenntnisse sei im Hinblick auf die darin angesprochenen Bestimmungen der Oö BauO 1994 gesetzeskonform, die darin aufgezeigte Rechtsfolge eines amtswegigen Vorgehens zur Löschung der Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft finde darin rechtliche Deckung. Die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich hätten in ihrem Spruch zwar nicht die Löschung des Bauplatzes angeordnet, sondern seien darauf nur in deren Begründung eingegangen. Für die Löschung bedürfe es aber bloß beweiswirkender Urkunden, die nicht die Qualität des § 33 GBG aufweisen und insbesondere nicht die Erfordernisse eines Exekutionstitels erfüllen müssten. Die beiden Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts ließen durch ihren Inhalt, zu dem auch deren Begründung zähle, das Löschungsbegehren iSd § 94 Abs 1 Z 3 GBG jedenfalls als berechtigt erscheinen.
[9] Im Übrigen lägen auch die Voraussetzungen für eine amtswegige Löschung der Ersichtlichmachung gemäß den §§ 131 ff GBG vor, weil die Eintragung angesichts des Erlöschens der Bauplatzbewilligung „offenkundig gegenstandslos“ geworden sei.
[10] Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit 30.000 EUR übersteigend und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu.
[11] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Einschreiterin. Sie beantragt, die Entscheidungen der Vorinstanzen abzuändern und den Antrag abzuweisen bzw die Löschung der Ersichtlichmachung der Bauplatzbewilligung nicht zu bewilligen. Hilfsweise stellt sie einen Aufhebungsantrag.
Rechtliche Beurteilung
[12] Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.
[13] 1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö BauO 1994 darf der Neu-, Zu- oder Umbau von Gebäuden nur auf Grundflächen bewilligt werden, für die eine Bauplatzbewilligung nach Maßgabe der Bestimmungen der §§ 4 bis 7 Oö BauO 1994 vorliegt oder gleichzeitig mit der Baubewilligung erteilt wird.
[14] Eine Bauplatzbewilligung hat die Baubehörde auf Antrag (§ 4 Oö BauO 1994) zu erteilen, wenn 1. die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt, 2. der Erteilung nicht gesetzliche Bestimmungen oder Bestimmungen eines Flächenwidmungsplans oder eines Bebauungsplans entgegenstehen und 3. die Bauplatzbewilligung mit den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung vereinbar ist (§ 5 Oö BauO 1994).
[15] Die Bauplatzbewilligung erlischt, wenn ein Flächenwidmungsplan oder ein Bebauungsplan erlassen oder geändert wird und die Bauplatzbewilligung mit dem neuen oder geänderten Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht übereinstimmt (§ 7 Abs 1 Oö BauO 1994). Wurde vor Erlassung oder Änderung des Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans eine auf die Bauplatzbewilligung abgestellte Baubewilligung rechtskräftig erteilt, bleibt abweichend vom § 7 Abs 1 Oö BauO 1994 die Bauplatzbewilligung so lange wirksam, wie die Baubewilligung wirksam ist (§ 7 Abs 2 Oö BauO 1994). Bleibt eine Bauplatzbewilligung gemäß § 7 Abs 2 Oö BauO 1994 wirksam und wird in der Folge neuerlich eine Baubewilligung für einen Neu-, Zu- oder Umbau eines Gebäudes beantragt, ist eine neue Bauplatzbewilligung erforderlich, wenn die noch wirksame Bauplatzbewilligung mit dem geltenden Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan nicht übereinstimmt (§ 7 Abs 3 Oö BauO 1994).
[16] Voraussetzung für den Ausnahmetatbestand des § 7 Abs 2 Oö BauO 1994 ist eine auf die Bauplatzbewilligung abgestellte Baubewilligung. Eine Baubewilligung erlischt mit Ablauf von drei Jahren nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbescheides, wenn nicht innerhalb dieser dreijährigen Frist mit der Bauausführung begonnen wurde (§ 38 Abs 1 Oö BauO 1994).
[17] Gemäß § 8 Abs 1 Oö BauO 1994 sind die Bauplatzeigenschaft eines oder mehrerer Grundstücke und die Daten des Bauplatzbewilligungsbescheids im Grundbuch ersichtlich zu machen. Gemäß § 8 Abs 4 Satz 1 Oö BauO 1994 darf die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch nur gelöscht werden, wenn die Bauplatzbewilligung nach § 7 Oö BauO 1994 erloschen ist. Die Baubehörde hat umgehend das Erlöschen der Bauplatzbewilligung von Amts wegen beim zuständigen Grundbuchsgericht anzuzeigen und die Löschung der Ersichtlichmachung zu beantragen (§ 8 Abs 4 Satz 2 Oö BauO 1994).
[18] 2. Die gemäß § 8 Abs 1 Oö BauO 1994 gebotene Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft eines oder mehrerer Grundstücke und der Daten des Bauplatzbewilligungsbescheids im Grundbuch ist eine Anmerkung iSd § 20 lit b GBG (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht2 § 20 GBG Rz 128; Rassi, Grundbuchsrecht3 Rz 3.48).
[19] Anmerkungen nach § 20 lit b GBG erfordern, dass sie im Grundbuchsgesetz oder in einem anderen Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind (RIS-Justiz RS0060628, RS0060679). § 8 Abs 1 Oö BauO 1994, der die Ersichtlichmachung der Bauplatzbewilligung ausdrücklich anordnet, entspricht den Erfordernissen einer gesetzlichen Grundlage.
[20] Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gelten (auch) für die Anmerkung nach § 20 lit b GBG die herabgesetzten Anforderungen des § 52 GBG; die Bewilligung der Anmerkung und deren Löschung erfordern (bloß) beweiswirkende Urkunden (5 Ob 195/11d). Das hat seinen sachlichen Grund darin, dass mit einer bloßen Anmerkung kein Rechtserwerb oder Rechtsverlust verbunden ist (vgl 4 Ob 89/99p [zu § 8 Oö BauO 1994]). Die Prüfungsintensität ist daher geringer (5 Ob 196/20i mwN).
[21] Was beweiswirkend ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0110535). Soweit keine anderen gesetzlichen Formvorschriften oder Gültigkeitserfordernisse zu beachten sind, liegt es daher im Ermessen des Grundbuchsgerichts, ob es die ihm als Eintragungsgrundlage präsentierte Urkunde als ausreichend erachtet (5 Ob 196/20i; 5 Ob 239/17h mwN).
[22] 3. Die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft darf gemäß § 8 Abs 4 Satz 1 Oö BauO 1994 im Grundbuch nur gelöscht werden, wenn die Bauplatzbewilligung nach § 7 Oö BauO 1994 erloschen ist. Zum Beweis dieses Erlöschens legte der Antragsteller zwei Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vor.
[23] Gegenstand des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. 8. 2018, LVwG-151394/14/RK/AKe, ist der von der Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 14. 2. 2017 erteilte Auftrag, die auf der Liegenschaft auf Basis einer am 14. 11. 2009 erteilten Baubewilligung errichtete bauliche Anlage abzutragen und den vorigen Zustand wiederherzustellen. Die Baubehörde begründete diesen Abbruchsauftrag damit, dass die Baubewilligung vom 14. 11. 2009 aufgrund der schwerwiegenden Abweichungen der Bauausführung von der Baubewilligung und der Veränderung der Situierung der Hauptgebäude und der Senkgrube gemäß § 38 Oö BauO 1994 erloschen sei. Die Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung sei nach der maßgeblichen Rechtslage nicht möglich, weil einer solchen die aktuelle Flächenwidmung entgegenstünde. Im geltenden Flächenwidmungsplan umgebe die mit „Sternchenwidmung“ versehene (und daher als Dorfgebiet, somit Bauland gewidmete) Fläche nur das bestehende alte Wohnhaus, demgegenüber stünden die konsenslos errichteten Gebäudeteile im Wesentlichen außerhalb dieser Fläche im Grünland.
[24] Mit seinem Erkenntnis vom 23. 8. 2018 wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde gegen den den erstinstanzlichen Bescheid bestätigenden Berufungsbescheid als unbegründet ab. Dies – zusammengefasst und soweit für dieses Grundbuchsverfahren von Interesse – mit der Begründung, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Maßnahmen zur Errichtung des bewilligten Bauvorhabens die Baubeginn- und Bauvollendungsfristdes § 38 Abs 1 und 2 Oö BauO 1994 nicht wahren könnten, wenn ein gegenüber der Baubewilligung gänzlich verändertes Bauwerk (Aliud) errichtet werde. Aufgrund der hier festgestellten erheblichen Abweichungen der errichteten baulichen Anlage von der erteilten Baubewilligung liegeein solches Aliud vor. Der ursprüngliche Konsens sei somit nicht konsumiert worden und die Baubewilligung sei gemäß § 38 Abs 1 Oö BauO 1994 wegen Verstreichens der dreijährigen Frist für den Beginn der Bauarbeiten jedenfalls erloschen. Daraus ergebe sich die rechtliche Konsequenz, dass auch die Bauplatzbewilligung, auf die die nunmehr nicht mehr wirksame Baubewilligung eindeutig abgestellt worden sei, erloschen sei. Diese bleibe nämlich gemäß § 7 Abs 2 Oö BauO 1994 (nur) so lange wirksam, wie auch die Baubewilligung wirksam gewesen sei. Für das gegenüber der ursprünglichen Baubewilligung gänzlich veränderte Bauwerk wäre daher eine neue Bauplatzbewilligung erforderlich. Eine neue Bauplatzbewilligung könne aber gemäß § 5 Abs 1 Z 2 Oö BauO 1994 nicht erteilt werden, weil einer solchen die Bestimmungen des geltenden (seit 24. 2. 2011 rechtswirksamen) Flächenwidmungsplans entgegen stünden. Dieser Flächenwidmungsplan habe dort mit Ausnahme der planlich dargestellten „Sternchenhausfläche“ Grünland festgelegt und im Grünland könne eine Baubewilligung für ein Wohngebäude aber schon grundsätzlich nicht erteilt werden. Selbst bei aufrechter Bauplatzbewilligung wäre aber infolge der tatsächlichen Errichtung eines Aliuds gemäß § 7 Abs 3 Oö BauO 1994 jedenfalls eine neue, aber eben nicht erteilbare Bauplatzbewilligung erforderlich. Einer einzuholenden neuerlichen Bewilligung stehe daher die aktuelle Flächenwidmung mit wesentlicher Grünlandausweisung des Grundstücks Nr 568/2 entgegen. Die konkrete Sternchenhausfläche beinhalte in deren äußerst westlichem Teil den alten Gebäudebestand. Die praktisch sämtlich westlich davon gelegenen Gebäudeteile kämen somit im gewidmeten Grünland zu liegen, weshalb sowohl eine nachträgliche Bauplatzbewilligung als auch die Baubewilligung von vornherein ausschieden. Sei die Erteilung der erforderlichen Bewilligungen aufgrund gegebenen Widerspruchs zur raumordnungsrechtlichen Situation nicht möglich, so sei es der Baubehörde im Rahmen ihrer baupolizeilichen Befugnisse verwehrt, die Möglichkeit einzuräumen, die Baubewilligung nachträglich zu beantragen. Mit ihrer Behauptung, bestimmte Gebäudeteile seien auf der Grundlage der Bauplatzbewilligung aus 2009 der Genehmigung zugänglich, sodass ein (bloß) teilweiser Abriss von Teilen der Baulichkeit eine Übereinstimmung mit den rechtskräftigen Bauplatz- und Baubewilligungsbescheiden ergebe, verkenne die Beschwerdeführerin, dass die Rechtskonformität von abgetrennten Teilen des einheitlichen Bauwerks aufgrund des Wegfalls der ehemals rechtskräftigen Bauplatz- und Baubewilligung aus 2009 schon in baurechtlicher Hinsicht ausscheide. Auf Grund des Erlöschens der Baubewilligung sei auch die Bauplatzbewilligung erloschen und die bestehende Flächenwidmung sei in jenem Teil, in dem die konsenswidrig errichtete Baulichkeit liege, Grünland. Dieses einheitliche Bauwerk sei somit nunmehr, wie es stehe und liege, praktisch vollends in Bereichen gelegen, die keine Bauplatzbewilligung aufwiesen und im Grünland gelegen seien; dies ohne aufrechte Baubewilligung. Die Einschreiterin habe zunächst sowohl über eine im Grünland erteilte Bauplatzbewilligung als auch eine Baubewilligung verfügt. Sie hätte folglich bei konsensgemäßer Bauausführung die Rechtmäßigkeit ihres Bauwerks erreicht. Da sie aber ein Aliud geschaffen habe, habe sie sich im Ergebnis dieser Möglichkeit begeben.
[25] Gegenstand des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 18. 2. 2022, LVwG-153256/ll/RK/MH, ist der am 7. 4. 2021 gestellte Antrag der Einschreiterin auf baubehördliche Bewilligung der Veränderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken gemäß § 9 Abs 1 Oö BauO 1994 für die Grundstücke 568/1 und 568/2. Das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich wies die gegen den abweisenden Bescheid der Baubehörde erhobene Beschwerde als unbegründet ab. Dies – zusammengefasst und soweit für dieses Grundbuchsverfahren von Interesse – mit der Begründung, dass die beantragte Veränderung des (im Grundbuch ersichtlich gemachten) Bauplatzes (Bauplatz gemäß „Bescheid 2009-11-02“) dem Flächenwidmungsplan widerspreche. Die Beurteilung des Antrags auf Bewilligung der Veränderung des Bauplatzes habe sich ausschließlich am geltenden (seit 24. 2. 2011 rechtswirksamen) Flächenwidmungsplan zu orientieren. Darin seien die Grundstücke als Grünland (Land- und Forstwirtschaft) gewidmet sowie teilweise mit einer „Sternchenwidmung“ versehen. Es bestehe kein land- oder forstwirtschaftlicher Betrieb, sodass die beantragte Veränderung des Bauplatzes schon aus diesem Grund zu versagen gewesen sei. Der Umstand, dass die Grundstücksfläche teilweise mit „Sternchenwidmung“ versehen sei, ändere an diesem Ergebnis nichts, weil der (im Grundbuch auf Grundstück Nr 568/2 ersichtlich gemachte) Bauplatz zum weitaus überwiegenden Teil in der Grünlandwidmung liege. Im Grünland sei eine Bauplatzbewilligung aber unzulässig.
[26] Der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass gemäß § 8 Abs 4 Oö BauO 1994 die Ersichtlichmachung der Bauplatzeigenschaft im Grundbuch (nur) gelöscht werden darf, wenn die Bauplatzbewilligung gemäß § 7 Oö BauO 1994 erloschen sei. Die Baubehörde hätte somit gegebenenfalls das Erlöschen der Bauplatzbewilligung von Amts wegen beim zuständigen Grundbuchsgericht anzuzeigen und die Löschung der Ersichtlichmachung zu beantragen, in welchem Zusammenhang auf die Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. 8. 2018, LVwG-151394/14/RK/AKe, verwiesen werde.
[27] 4. In beiden Erkenntnissen brachte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich unter Bezugnahme auf § 7 Abs 2 Oö BauO 1994 die Rechtsauffassung zum Ausdruck, dass die im Grundbuch ersichtlich gemachte Bauplatzbewilligung erloschen sei. An diese Rechtsauffassung des Landesverwaltungsgerichts, die es (nur) in den Entscheidungsgründen der genannten Erkenntnisse zum Ausdruck brachte, ist das Grundbuchsgericht nicht gebunden.
[28] Die – vom Rekursgericht angesprochene –Bindung der Zivilgerichte an rechtskräftige Bescheide der Verwaltungsbehörden (RS0036880; RS0036981; RS0036864) umfasst nach nunmehr ständiger Rechtsprechung nur den Spruch über den Bescheidgegenstand (RS0037051; RS0036948; RS0036880 [T12]; RS0036981 [T8]; RS0037015 [T7]). An die Begründung eines Verwaltungsbescheids und die darin zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung ist das Gericht jedoch nie gebunden (RS0036880 [T15]; RS0036981 [T9, T13]; RS0037015 [T1, T2]; RS0036948 [T4]).
[29] Liegt – wie im vorliegenden Fall – bereits ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts vor, stellt sich nicht mehr die Frage nach der Rechtskraft des bei diesem angefochtenen Bescheids und einer allfälligen Bindung daran, sondern jene nach der Rechtskraft und damit der Bindungswirkung des verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses, das an die Stelle des angefochtenen Bescheids getreten ist. Hat das Landesverwaltungsgericht das Rechtsmittel gegen den Bescheid mit Erkenntnis als unbegründet abgewiesen und die Revision nicht zugelassen, liegt ein mit dem Inhalt des verwaltungsbehördlichen Bescheids übereinstimmendes rechtskräftiges Erkenntnis vor (1 Ob 127/15f; RS0130586).
[30] Für Erkenntnisse der Landesverwaltungsgerichte gilt wie für Bescheide der Verwaltungsbehörden, aber auch wie für Entscheidungen der ordentlichen Gerichtsbarkeit (vgl RS0041357 [T1]; RS0041331 [T5]; RS0041180; RS0039843 [T21, T23]; RS0042554; RS0041178; RS0127052 [T1]), dass das Ausmaß der Bindungswirkung eines rechtskräftigen Erkenntnisses grundsätzlich durch den Spruch bestimmt wird; die Beurteilung von bloßen Vorfragen löst keine Bindungswirkung aus.
[31] Die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich und die in diesen Verfahren angefochtenen Bescheide enthalten in ihren Sprüchen über den Entscheidungsgegenstand keine Aussage über das Erlöschen der Bauplatzbewilligung. Von der Befugnis, das Erlöschen der Bauplatzbewilligung iSd § 7 Oö BauO 1994 zum Gegenstand eines Feststellungsbescheides zu machen (vgl Grimberger in Pabel, Oö Baurecht, § 7 Rz 5), machte die Baubehörde offenbar nicht Gebrauch.
[32] Liegen die Voraussetzungen des § 7 Oö BauO 1994 vor, erlischt die Bauplatzbewilligung allerdings ex lege (Grimberger in Pabel, Oö Baurecht, § 7 Rz 5). Zu prüfen ist daher, ob der den Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts zugrunde gelegte und auf diese Weise dokumentierte Sachverhalt dieses Erlöschen der Bauplatzbewilligung und damit das Vorliegen der Voraussetzungen für die Löschung ihrer Ersichtlichmachung iSd § 52 GBG beweist.
[33] 5. Das Erlöschen der Bauplatzbewilligung wird in § 7 Abs 1 Oö BauO 1994 abschließend geregelt (VwGH 27. 8. 1996, 96/05/0006). Erlöschungsgrund ist demnach ausschließlich der Umstand, dass die Bauplatzbewilligung nicht (mehr) mit einem neuen oder geänderten Flächenwidmungsplan oder Bebauungsplan übereinstimmt.
[34] § 7 Abs 2 Oö BauO 1994 normiert eine Ausnahme von diesem Erlöschen ex lege. Die Bauplatzbewilligung bleibt trotz des Vorliegens der Voraussetzungen des § 7 Abs 1 Oö BauO 1994 dennoch dann und solange aufrecht, als eine auf Basis der Bauplatzbewilligung erteilte Baubewilligung wirksam ist (Grimberger in Pabel, Oö Baurecht, § 7 Rz 9).
[35] Der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs 2 Oö BauO schafft dabei freilich keinen eigenständigen Erlöschungsgrund. Das Erlöschen einer auf die Bauplatzbewilligung abgestellten Baubewilligung führt – entgegen den zumindest missverständlichen Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich – also nicht automatisch zum Erlöschen auch der Bauplatzbewilligung. Grundvoraussetzung dafür ist vielmehr, dass die Bauplatzbewilligung mit einem neuen oder geänderten Flächenwidmungs- oder Bebauungsplan nicht mehr übereinstimmt.
[36] Die Einschreiterin weist in ihrem Revisionsrekurs zutreffend darauf hin, dass den Erkenntnissen des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich nicht, jedenfalls nicht mit der trotz des Prüfungsmaßstabs des § 52 GBG gebotenen Klarheit zu entnehmen ist, dass diese Voraussetzung des § 7 Abs 1 Oö BauO 1994 erfüllt ist. Aus den Ausführungen des Landesverwaltungsgerichts zu den raumordnungsrechtlichen Belangen (auf tatsächlicher und rechtlicher Ebene) ergibt sich nach dem Verständnis des Senats nicht, dass die im Grundbuch ersichtlich gemachte Bauplatzbewilligung mit dem geltenden Flächenwidmungsplan (oder einem allfälligen Bebauungsplan) nicht mehr übereinstimmt. Der in den Erkenntnissen wiederholt konstatierte Widerspruch bezieht sich vielmehr offenbar auf den aktuellen Baubestand, der auf einer konsenslosen und/oder konsenswidrigen Ausführung des bewilligten Bauvorhabens, einem bloßen Zubau zu dem schon bestehenden Gebäude (Sternchenbau) auf Grundstück 568/2 beruht; (nur) mit diesem Widerspruch begründet das Landesverwaltungsgericht die rechtliche Unmöglichkeit einer diesen Bestand deckenden neuen Bauplatzbewilligung und Baubewilligung.
[37] 6. Die zum Beweis des Erlöschens der im Grundbuch ersichtlich gemachten Bauplatzbewilligung vorgelegten Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich reichen nicht aus, um das Vorliegen dieser Voraussetzung für die Löschung ihrer Ersichtlichmachung nachzuweisen. Diese Ersichtlichmachung ist Folge dessen – entgegen der Auffassung des Rekursgerichts – auch nicht „offenkundig gegenstandslos“ iSd §§ 131 ff GBG.
[38] Dem Revisionrekurs war daher Folge zu geben und der Antrag auf Löschung der Ersichtlichmachung abzuweisen.
[39] 7. Im Grundbuchsverfahren findet kein Kostenersatz statt (RS0035961). Die Revisionsrekurswerberin hat die Kosten ihres Rechtsmittels daher selbst zu tragen.
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