OGH 4Ob84/19k

OGH4Ob84/19k26.11.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

 Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers Österreichischer Bundesverband *****, vertreten durch Jank Weiler Operenyi Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die Beklagten 1. t***** GmbH, *****, 2. Mag. G***** D*****, beide vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert im Provisorialverfahren 34.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 4. April 2019, GZ 133 R 31/19k‑17, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 13. Februar 2019, GZ 54 Cg 1/19d‑13, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0040OB00084.19K.1126.000

 

Spruch:

Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Kläger ist schuldig, den Beklagten die mit 2.330,81 EUR (darin 388,47 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Der klagende Verein ist die Interessenvertretung der österreichischen Psychotherapeuten und hat rund 4.000 Mitglieder.

Der Zweitbeklagte ist Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision sowie Geschäftsführer der Erstbeklagten und zu 50 % an ihr beteiligt.

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK)veröffentlicht eine Liste der im Inland eingetragenen Psychotherapeuten (derzeit rund 9.500 Personen). In dieser Liste werden in reiner Textform Vor- und Familienname, Geschlecht, Zusatzbezeichnung, Berufssitz und/oder Dienstort (Postadresse, Telefonnummer, E-Mail‑Adresse) der erfassten Personen angeführt. Die Liste ist nicht responsiv (dh nicht für die Nutzung auf mobilen Geräten optimiert) und enthält keine Informationen über Zusatzausbildungen, Arbeitsschwerpunkte, Krankenkassenabrechnung und freie Plätze. Diese Liste ist öffentlich zugänglich und kann auch im Internet abgerufen werden.

Die Erstbeklagte betreibt im Internet ein Service- und Infoportal. Für dieses Online-Verzeichnis von Psychotherapeuten und Psychotherapeuten in Ausbildung unter Supervision mit Sitz in Österreich übernahm sie die Daten aus der Liste des BMASGK ohne zuvor die Zustimmung der darin enthaltenen Personen einzuholen. Die Plattform der Erstbeklagten ist für mobile Endgeräte optimiert (responsive Darstellung) und enthält eine Suchfunktion mit nur einem Formularfeld und eine Detailsuche mit weiteren Filtern. Betreffend die Gestaltung und den Inhalt der Einträge zu den einzelnen Therapeuten bietet die Plattform der Erstbeklagten einerseits eine kostenfreie Variante, andererseits (im Fall einer entsprechenden Bestellung des Namensträgers) auch drei (in Umfang und Platzierung unterschiedliche) erweiterte und kostenpflichtige Pakete (Basis, Top, Premium) an. Die mit der kostenpflichtigen Buchung erweiterter Pakete angebotenen Zusatzleistungen umfassen ua die Vorreihung und Hervorhebung in den Suchergebnissen (ohne Kennzeichnung des kostenpflichtigen Eintrags), die Aufnahme eines unterschiedlich großen Profilbilds bis hin zu einer Galerie mit 15 Bildern/Videos und die Veröffentlichung von Zusatzinformationen (Publikationen, Verlinkung mit Homepage und Blogartikel).

Der Kläger begehrt zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens (zusammengefasst), den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen es zu unterlassen,

a) (Hauptbegehren) in ihrem Online-Verzeichnis (näher genannte) personenbezogene Daten von Psychotherapeuten und Psychotherapeuten in Ausbildung anzuführen, wenn diese nicht vorab ihre Zustimmung dazu erteilt haben;

b) (hilfsweise zum Hauptbegehren) den Wettbewerb von Psychotherapeuten und Psychotherapeuten in Ausbildung zu fördern, die in ihrem Online-Verzeichnis mit einem kostenpflichtigen Profil geführt werden, das insbesonders Vorreihungen und besondere Hervorhebungen gegenüber den kostenlosen Profilen bewirkt, indem sie in ihrem Online-Verzeichnis personenbezogene Daten von Personen anführen, ohne Vorabzustimmung anführen, die nicht vorab ihre Zustimmung dazu erteilt haben;

c) (hilfsweise zum ersten Eventualbegehren) in ihrem Online-Verzeichnis eine Vorreihung bei Suchergebnissen, eine Hervorhebung und/oder eine größere Auswahl an Gestaltungsmöglichkeiten gegen Bezahlung zu ermöglichen;

d) (hilfsweise zum zweiten Eventualbegehren) den Wettbewerb von Psychotherapeuten und Psychotherapeuten in Ausbildung mit kostenpflichtigem Profil zu fördern, indem sie diesen in ihrem Online-Verzeichnis eine Vorreihung bei Suchergebnissen, eine Hervorhebung und/oder eine größere Auswahl an Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber Personen mit kostenlosem Profil ermöglichen.

Das beanstandete Verhalten verstoße gegen datenschutzrechtliche Vorgaben, da in Ermangelung von Rechtfertigungsgründen und ausreichender Information eine unzulässige Datenverarbeitung (insbesondere nach Art 6 und Art 14 DSGVO) vorliege. Weiters verstießen die Beklagten gegen standesrechtliche Vorgaben (Berufskodex für Psychotherapeuten und Werberichtlinie für Psychotherapeuten des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen), die verlangten, fachlicher Werbung den Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten einzuräumen, sowie gegen das Verbot vergleichender und marktschreierischer Werbung und gegen das Verbot der unsachlichen Informationserteilung. Durch diese Verstöße gegen datenschutz- und standesrechtliche Bestimmungen verschafften sich die Beklagten einen unlauteren Wettbewerbsvorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern und begingen einen Lauterkeitsverstoß nach § 1 UWG (Rechtsbruch). Weitere lauterkeitsrechtliche Verstöße lägen im Täuschen der Umworbenen darüber, dass eine Werbung vorliege (infolge nicht offengelegter Vorreihung im Suchergebnis als Gegenleistung für ein Entgelt) sowie im unlauteren Vorspannen der im Online-Verzeichnis ohne vorherige Zustimmung aufgenommenen Personen für die eigenen wirtschaftlichen Zwecke der Beklagten.

Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags. Ihr Geschäftsmodell sei datenschutzrechtlich zulässig (Erlaubnistatbestand der Wahrung berechtigter Interessen) und verstoße weder gegen Standesrecht der Psychotherapeuten (es liege keine vergleichende oder marktschreierische Werbung vor) noch gegen Lauterkeitsrecht: Selbst wenn man einen Normverstoß erkennen wollte, wäre er nicht unlauter, weil die Rechtsansicht der Beklagten vertretbar sei. Das Vorreihen von Therapeuten, die ein Zusatzpaket gebucht hätten, sei nicht irreführend, und es liege auch kein unlauteres Lockangebot vor.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfragen nicht zulässig sei. Es liege keine rechtswidrige Datenverarbeitung vor. Die nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO vorzunehmende Interessenabwägung schlage zugunsten der Beklagten aus, da auch auf das Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit abzustellen sei. Das BMASGK veröffentliche die Liste in reiner Textform, während die Veröffentlichung der Erstbeklagten auch für Mobilgeräte optimiert sei und sinnvolle Zusatzinformationen enthalte und keine negativen Folgen für die gelisteten Psychotherapeuten ersichtlich seien. Letztere besäßen einen Anspruch auf Löschung aus dem Verzeichnis, den ihnen die Erstbeklagte im Rahmen ihrer AGB unter Verweis auf eine im Internet abrufbare Datenschutzerklärung ausdrücklich gewähre. Ein aus dem Datenschutzrecht resultierendes schutzwürdiges Interesse des Klägers an der Geheimhaltung der von der Erstbeklagten veröffentlichten Daten liege nicht vor. Auch eine Verletzung von Informationspflichten nach Art 14 DSGVO sei nicht gegeben, aber selbst eine unrichtige oder unvollständige Information hätte nicht die Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung zur Folge.

Die bloße Vorreihung von Psychotherapeuten, die ein kostenpflichtiges Paket der Erstbeklagten erwerben, widerspreche weder dem Berufskodex noch der Werberichtlinie für Psychotherapeuten, die jeweils nur inhaltliche Vorgaben für Werbung machten. Damit bestehe auch der auf Rechtsbruch nach UWG gestützte Unterlassungsanspruch nicht zu Recht. Selbst wenn dies aber der Fall sein sollte, so wäre die Rechtsansicht der Beklagten vertretbar. Die Vorreihungen im Suchergebnis seien nicht irreführend, weil die Ergebnisliste der Suchfunktion keine Sortierung nach Relevanz, Bewertungen, Beliebtheit oder sonstigen Kriterien suggeriere. Unbedenklich sei auch, dass kostenpflichtige Einträge in der Datenbank der Erstbeklagten ohne Kennzeichnung bevorzugt genannt werden, da dem durchschnittlichen Internetnutzer klar sei, dass kostenlose, nicht von öffentlichen Einrichtungen betriebene Datenbanken sich über Werbung oder Mitgliedschaften finanzieren. Die Beklagten beuteten auch nicht unlauter fremde Leistungen für eigene wirtschaftliche Zwecke aus, habe sie doch die Grunddaten ohne Rechtsverstoß einem öffentlichen Register entnommen.

Der Kläger macht in seinem außerordentlichen Revisionsrekurs geltend, die Voraussetzungen für eine Rechtfertigung der Datenverarbeitung nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO seien nicht erfüllt, die Beklagten kämen auch den sie treffenden Informationspflichten nach Art 14 DSGVO nicht nach. Im Übrigen hält er seinen Standpunkt aufrecht, dass auch ein Verstoß gegen das Standesrecht der Psychotherapeuten sowie ein Lauterkeitsverstoß infolge Irreführung und Ausbeutung fremder Leistung vorliege.

Die Beklagten beantragen in der ihnen freigestellten Revisionsrekursbeantwortung, den außerordentlichen Revisionsrekurs zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur lauterkeitsrechtlichen Verfolgbarkeit von Verstößen gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen fehlt; er ist aber nicht berechtigt.

Der klagende Verband stützt sein Begehren auf folgende Anspruchsgrundlagen:

1. Verstoß gegen die DSGVO (und damit implizit gegen das DSG);

2. Verstoß gegen Standesrecht für Psychotherapeuten als Rechtsbruch nach § 1 UWG;

3. weitere Verstöße gegen das UWG: a. Verletzung der DSGVO als Rechtsbruch; b. Irreführung; c. Ausbeutung fremder Leistung.

1. Zum Verstoß gegen das Datenschutzrecht

1.1. Der klagende Verband behauptet keinen Eingriff der Beklagten in seine eigene geschützte Rechtsposition, sondern macht stellvertretend für seine Mitglieder (rund 40 % aller eingetragenen Psychotherapeuten) Verstöße gegen Normen des Datenschutzrechts geltend, die Daten seiner Mitglieder betreffen.

1.2. Das Recht auf Datenschutz ist ein Persönlichkeitsrecht (Schweiger in Knyrim, DatKomm DSGVO Art 82 Rz 29) und ein Grundrecht nach Art 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union.

1.3. § 28 DSG (Vertretung von Betroffenen durch einen Datenschutzverband) regelt die Vertretung von betroffenen Personen ausschließlich in Verfahren über Beschwerden vor der Datenschutzbehörde. Weder liegt ein solches vor, noch hat die Klägerin behauptet, von ihren Mitgliedern in deren Namen beauftragt worden zu sein, ein solches Beschwerdeverfahren zu führen.

1.4. Nach Art 80 Abs 2 DSGVO können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bestimmte Einrichtungen die in Rede stehenden Rechte auch ohne Auftrag der betroffenen Person durchsetzen. Dadurch kommt zum Ausdruck, dass eine eigenmächtige Verfolgung von Datenschutzverstößen durch Dritte (Verbände) nur zulässig ist, wenn der nationale Gesetzgeber eine solche Möglichkeit ausdrücklich vorsieht. Dies bedeutet, dass der jeweilige Mitgliedstaat eine Verbandsklage für Datenschutzansprüche ausdrücklich regeln muss. Österreich hat von dieser Ermächtigungsklausel keinen Gebrauch gemacht. Somit ist zur Durchsetzung von Ansprüchen nach der DSGVO in Österreich keine Verbandsklage vorgesehen.

1.5. Dem klagenden Verband fehlt daher die Aktivlegitimation für die Geltendmachung von Datenschutzrechten Dritter. Dies ist im Rahmen allseitiger rechtlicher Prüfung eines zulässigen Rechtsmittels wahrzunehmen. Es bedarf damit insoweit keiner inhaltlichen Auseinandersetzung mit den im Rechtsmittel weiterhin behaupteten Verstößen der Beklagten gegen das Datenschutzrecht.

2. Zum Verstoß gegen Standesrecht

2.1. Der klagende Verband macht den behaupteten Verstoß gegen Standesrecht für Psychotherapeuten als Verstoß gegen § 1 UWG (Fallgruppe Rechtsbruch) geltend. Er ist dazu als Vereinigung von Unternehmern iSd § 14 Abs 1 UWG aktiv legitimiert.

2.2. Der Kläger macht geltend, es sei unsachlich, wenn Psychotherapeuten allein wegen einer Geldzahlung an die Erstbeklagte vorgereiht würden, dies habe nichts mit fachlichen Gesichtspunkten zu tun. Nutzer nähmen an, die Vorreihung beruhe auf einer besonderen fachlichen Qualität. Damit handle es sich um eine unsachliche Informationserteilung. Das Standesrecht erlaube ausschließlich Ankündigungen, in der fachlichen Gesichtspunkten der Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten eingeräumt werde. Auch liege vergleichende Werbung vor, weil das Portal den Nutzern ermögliche, die Therapeuten einem Vergleich zu unterziehen. In diesem Zusammenhang werden sekundäre Feststellungsmängel releviert.

2.3. Gemäß § 16 Abs 1 PsychotherapieG müssen sich Psychotherapeuten (und gemäß Abs 4 leg cit auch sonstige physische und juristische Personen) jeder unsachlichen oder unwahren Information im Zusammenhang mit der Ausübung des Berufs enthalten. Punkt IV Z 4 des Berufskodex der Psychotherapeuten schreibt vor, dass bei Werbung und Ankündigungen in der Öffentlichkeit fachlichen Gesichtspunkten strikt der Vorrang vor kommerziellen Gesichtspunkten einzuräumen ist; Werbung oder Ankündigungen sind dabei auf das sachlich Gebotene zu beschränken. Wahrheitswidrige Werbung, fachfremde Werbung, irreführende Werbung oder marktschreierische Werbung (dh Ankündigungen, die nicht wörtlich, sondern als nicht ernst gemeinte Übertreibung aufgefasst werden) ist unzulässig. Punkt I der Werberichtlinie für Psychotherapeuten wiederholt im Wesentlichen den Inhalt der zitierten Bestimmung im Berufskodex.

2.4. Eine Verletzung standesrechtlicher Werberegeln ist nur dann unlauter, wenn sie auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruht. Für die Beurteilung dieser Frage sind der Wortlaut der jeweiligen Bestimmung und die Praxis der für deren Auslegung primär zuständigen Organe maßgebend (RS0130682). Die Marktteilnehmer müssen auch im Zusammenhang mit standesrechtlichen Werberegelungen ihr Verhalten nicht von vornherein an der strengsten Auslegung der maßgebenden Regelungen orientieren (RS0130682 [T1]).

2.5. Soweit der Revisionsrekurs beanstandet, das Portal sei als unsachliche vergleichende Werbung zu beurteilen, gilt das vom Senat bereits zu 4 Ob 241/16v Gesagte. Dort wurde ausgesprochen, dass bei der Prüfung, ob in einer Werbeaussendung Werbung für einen bestimmten Zahnarzt persönlich gemacht wird, darauf abzustellen ist, welchen Eindruck die Ankündigung auf ihren Durchschnittsadressaten vermittelt. Diese Rechtsfrage ist nach objektiven Maßstäben zu lösen. Auch dürfen Ankündigungen nicht zergliedert betrachtet werden, vielmehr muss darauf abgestellt werden, welchen Gesamteindruck der Durchschnittsinteressent bei flüchtiger Betrachtung erhält.

2.6. Das Rekursgericht ist – dieser Rechtsprechung folgend – zutreffend davon ausgegangen, dass bei einem umfassenden Verzeichnis von Psychotherapeuten (das nach dem bescheinigten Sachverhalt in den Suchergebnissen keinen bestimmten Eindruck vom Grund der Auswahl oder der Reihung vermittelt) nicht der Eindruck entsteht, es werde darin für bestimmte Therapeuten geworben.

2.7. Wenn das Rechtsmittel als sekundären Feststellungsmangel beanstandet, es sei nicht festgestellt, dass das Suchergebnis als zufällig dargestellt werde, auch wenn darin eine Vorreihung entgeltlicher Einschaltungen erfolge, und darüber keine Aufklärung erfolge, ist dem entgegenzuhalten, dass dies dem bescheinigten Sachverhalt bei einer Gesamtbetrachtung ohnedies sinngemäß entnommen werden kann.

2.8. Dass die Nutzer der Plattform der Erstbeklagten die Reihung auf der Plattform fachlichen Aspekten zuschreiben, kann bei der gebotenen Gesamtbetrachtung nicht angenommen werden. Der Revisionsrekurs zeigt auch nicht auf, worin eine unsachliche Information liegen soll.

2.9. Zusammenfassend teilt der Senat die Beurteilungen der Vorinstanzen, dass die bekämpften Veröffentlichungen der Beklagten (Vorreihungen, Zusatzinformationen über „Zahlkunden“) keine standesrechtlichen Vorschriften verletzen. Dass die Plattform unsachliche Informationen (§ 16 PsychotherapieG) enthielte, ist nicht erkennbar. Die Inhalte werden auch durch ein Lichtbild nicht marktschreierisch (vgl 4 Ob 117/99f zur Postwurfsendung eines Notars zur Bewerbung seines Amtstags mit Foto des Beklagten).

3. Zur Verletzung der DSGVO als Rechtsbruch nach § 1 UWG

3.1. In der deutschen Lehre ist strittig, ob die Durchsetzung von Ansprüchen aus der DSGVO im Wege des UWG zulässig ist (bejahend statt vieler etwa Uebele, Die Durchsetzung des Datenschutzrechts über UWG und UKlaG auf dem Prüfstand von Rechtsprechung und Gesetzgeber, GRUR 2019, 694 ff mit Nachweisen zum Meinungsstand; vgl auch Ohly, UWG‑Rechtsschutz bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung?, GRUR 2019, 686), oder ob dies unzulässig ist, weil die DSGVO eine abschließende Regelung der Rechtsdurchsetzung enthalte (so etwa Köhler, Durchsetzung der DS-GVO – eine Aufgabe auch für Mitbewerber oder zumindest für Verbraucherverbände?, wrp 2019, 1279 ff; Köhler/Bornkamm/Feddersen, dUWG37 [2019] § 3a Rz 1.40a, 1.74b).

3.2. Im vorliegenden Fall muss dieser Frage nicht näher nachgegangen werden. Nach der – von der Lehre gebilligten (vgl Schmid in Wiebe/Kodek, UWG² § 1 Rz 807) – Rechtsprechung des Senats kann nämlich ein Eingriff in Ausschließlichkeitsrechte Dritter, der keine amtswegige Ahndung nach sich zieht und keine schützenswerten Belange der Allgemeinheit betrifft, grundsätzlich nicht als unlautere Geschäftspraktik in der Fallgruppe Rechtsbruch geltend gemacht werden (4 Ob 93/01g zum Urheberrecht; 4 Ob 169/15d zum Eigentumsrecht; 4 Ob 75/16g zur Störung eines bloßen Rechtsbesitzes; RS0115373). Auch Verstöße gegen das Datenschutzrecht sind dieser Fallgruppe zuzuordnen, weil das Recht auf Datenschutz ein Persönlichkeitsrecht ist und damit ein nur persönlich geltend zu machendes Ausschließlichkeitsrecht ist.

3.3. Es gilt demnach auch hier das zu 1. Gesagte: Der Kläger ist für diese Anspruchsgrundlage nicht legitimiert, weshalb es auf die behaupteten Verstöße und insbesondere auf die Frage, ob ein Rechtfertigungsgrund nach Art 6 Abs 1 lit f DSGVO vorliegt, nicht weiter ankommt.

4. Zur Irreführung nach UWG

4.1. Der Revisionsrekurs macht geltend, dass für die Nutzer nicht erkennbar sei, dass die Vorreihung Resultat einer Entgeltzahlung sei. Werbung und übrige Inhalte müssten eindeutig getrennt sein, Mehrdeutigkeiten gingen zu Lasten des Werbenden. Irreführend sei auch, dass der Eindruck erweckt werde, die Therapeuten würden mit deren Zustimmung im Verzeichnis geführt.

4.2. Dass Ansprüche wegen originärer UWG‑Verstöße (Fallumstände außerhalb der durch die DSGVO geregelten Tatbestände) nicht ausgeschlossen sind, gestehen beide Lager im zuvor (Punkt 3.1.) erwähnten Schrifttum zum Tatbestand „Rechtsbruch“ zu (Köhler/Bornkamm/Feddersen, dUWG37 [2019] § 3a Rz 1.40i; Ohly, UWG-Rechtsschutz bei Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung?, GRUR 2019, 686 [692]).

4.3. Maßfigur für die lauterkeitsrechtliche Prüfung einer gegenüber Verbrauchern angewendeten Geschäftspraktik ist ein angemessen gut unterrichteter und angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher (RS0114366 [T5]). Für die Irreführung durch Unterlassen kommt es – abgesehen von den allgemeinen Kriterien (Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände, durchschnittlicher Verbraucher etc) – darauf an, a) ob wesentliche Umstände verschwiegen werden, die der Durchschnittsverbraucher zu einer informierten geschäftlichen Entscheidung benötigt, und b) ob sich dies auf sein geschäftliches Verhalten auszuwirken vermag; dabei ist c) den allenfalls beschränkten Möglichkeiten zur Informationsvermittlung Rechnung zu tragen (RS0124472).

4.4. Die Täuschung über den Werbecharakter fällt unter den Irreführungstatbestand des § 2 Abs 4 Z 2 UWG, sofern sich der kommerzielle Zweck nicht unmittelbar aus den Umständen selbst ergibt (vgl Anderl/Appl in Wiebe/Kodek, UWG2 § 2 Rz 502).

4.5. Die Vorinstanzen vertraten die Ansicht, für den durchschnittlichen Nutzer eines kostenlos zugänglichen, über Werbung finanzierten, Verzeichnisses sei durch den Umstand, dass sich vorgereihte Einträge durch Fotos und inhaltlich aufwendigere Gestaltung von den nachgereihten unterscheiden und die Vorreihung sodann abgewählt werden kann, ausreichend erkennbar, dass es sich um kostenpflichtige Einträge handle.

4.6. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an. Die mittlerweile gängige Praxis, dass in einem Verzeichnis verschiedener Anbieter ein Teil von ihnen gegen Entgelt durch Fotos und detailliertere Angaben hervorgehoben wird, ist den Nutzern bekannt. So finden sich etwa im Branchenverzeichnis als Teil des Allgemeinen Telefonbuchs Einträge von Anbietern in einzelnen Sparten mit höchst unterschiedlicher Aufmachung. Für den Durchschnittsadressaten besteht unter solchen Umständen kein Zweifel daran, dass es sich bei aufwändiger gestalteten Einschaltungen in vergleichbaren Verzeichnissen um bezahlte Anzeigen und nicht um Vorreihungen des Verlags aus objektiven Gründen handelt.

4.7. Dem Argument, Nachfrager nach psychotherapeutischen Leistungen würden darüber in die Irre geführt, die im Verzeichnis enthaltenen Therapeuten hätten ihrer Aufnahme in das Verzeichnis zugestimmt, ist entgegen zu halten, dass weder ersichtlich ist noch vom Rechtsmittel aufzeigt wird, inwieweit dieser Umstand vermeintlicher Irreführung geeignet ist, die Fähigkeit einer informierten Entscheidung des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen (§ 1 Abs 1 Z 2 UWG; fehlende Relevanz; vgl RS0121680).

5. Zur Ausbeutung fremder Leistung

Der im Rechtsmittel aufrecht erhaltene Vorwurf der unlauteren Ausbeutung fremder Leistungen liegt schon deswegen nicht vor, weil die von den Beklagten veröffentlichten Daten nicht aus dem Bestand des Klägers, sondern aus einem öffentlich zugänglichen Online‑Verzeichnis der öffentlichen Hand stammen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 ZPO.

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