OGH 4Ob507/88 (4Ob508/88)

OGH4Ob507/88 (4Ob508/88)23.2.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Erlagssache der Antragstellerin A*** B*** m.b.H. & Co KG,

Trofaiach, Montanstraße 41, vertreten durch Dr.Franz Wiesner und Dr.Gertrud Wiesner, Rechtsanwälte in Graz, wider die Erlagsgegnerin STADT B*** AN DER MUR, vertreten durch den Bürgermeister, dieser vertreten durch OVR Mag. Dr.Franz Holecz, Stadtamt Bruck an der Mur, infolge Rekurses und außerordentlichen Revisionsrekurses der Erlagsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgerichtes vom 29.September 1987, GZ 3 R 219, 220/87-11, womit der Rekurs der Erlagsgegnerin gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 29. Juni 1987, GZ 13 Nc 307/87-1, zurückgewiesen und der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 31.Juli 1987, GZ 13 Nc 307/87-6, bestätigt wurden, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs der Erlagsgegnerin wird nicht Folge gegeben; ihr Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin erlegte beim Erstgericht die ihr von der Antragsgegnerin für den Betrieb dreier Geldspielautomaten für die Monate August bis November 1986 vorgeschriebene Lustbarkeitsabgabe (einschließlich Kriegsopferzuschlag und abzüglich eines an die Antragsgegnerin gezahlten Betrages von S 9.600,--) von insgesamt S 48.000,-- in Form eines Sparbuches des Österreichischen Kreditinstituts AG mit diesem Einlagestand. Sie begründete den Gerichtserlag damit, daß die Antragsgegnerin die Abgabe gesetzwidrig mit dem im Gesetz vorgesehenen Höchstbetrag festgesetzt habe, ohne gleichzeitig die Einnahmen des einzelnen Spieles ermittelt zu haben. Für die Ausfolgung des Erlages an die Antragsgegnerin setzte die Antragstellerin folgende Bedingung:

"Die Erlagsgegner sind berechtigt, über die Erlagssumme ohne Zinsen nach Entscheidung sowohl des Verwaltungsgerichtshofes als auch des Verfassungsgerichtshofes über die Beschwerden an diese Höchstgerichte, und zwar nach Maßgabe des Ausganges dieser Verfahren, zu verfügen. Falls durch ein Höchstgericht unsere Meinung geteilt wird, wonach nämlich unter allen Umständen das einzelne Spiel unter Berücksichtigung des Standortes zu prüfen ist, um einen angemessenen Betrag vorschreiben zu können, so ist vor Ausfolgung des Erlagsbetrages ohne Zinsen an die Erlagsgegner die Rechtskraft der von der zuständigen Behörde nach Vornahme der vorgeschriebenen Bewertungsmaßnahmen zu erlassenden Bescheide abzuwarten."

Das Erstgericht nahm diesen Erlag an.

Am 8.Juli 1987 beantragte die Antragsgegnerin die Ausfolgung des Erlages. Für den Fall, daß diesem Antrag nicht stattgegeben werde, erhob sie auch einen Rekurs gegen den "Verwahrungsauftrag" (gemeint offensichtlich: gegen die Annahme des Gerichtserlages): Das Rechtsschutzziel des § 1425 ABGB werde verfehlt, wenn den Bedingungen des Erlagsantrages gefolgt würde, die Ausfolgung erst nach der Entscheidung über die beim Verfassungsgerichtshof und beim Verwaltungsgerichtshof gegen die Abgabenbescheide eingebrachten Beschwerden vorzunehmen. Dieser Rechtszug stehe der Erlegerin nicht mehr zu; sämtliche Abgabenbescheide seien mittlerweile rechtskräftig geworden.

Die Antragstellerin sprach sich gegen den Ausfolgungsantrag aus. Das Erstgericht wies den Ausfolgungsantrag ab. Die von der Antragstellerin gesetzten Ausfolgebedingungen seien nicht erfüllt; es liege auch keine Zustimmung zur Ausfolgung vor.

Das Rekursgericht wies den Rekurs der Antragsgegnerin gegen den den Erlag genehmigenden Beschluß des Erstgerichtes mangels Parteistellung der Antragsgegnerin im Annahmeverfahren zurück; dem Rekurs gegen die Abweisung des Ausfolgungsantrages gab es hingegen nicht Folge: Die vom Erleger gesetzten Ausfolgungsbedingungen verstießen nicht gegen die Rechtsordnung und seien daher zu berücksichtigen. Der Erlag könnte somit nur ausgefolgt werden, wenn die vom Erleger gesetzten Bedingungen erfüllt seien, der Erleger bzw. alle sonst Berechtigten der Ausfolgung zugestimmt hätten oder der Begünstigte gegen alle übrigen Erlagsgegner ein Urteil erwirkt habe. Da es dabei nur auf die objektive Erfüllung dieser Voraussetzungen ankomme, sei nicht entscheidend, ob der Erlagsgegner die gesetzten Bedingungen erfüllen wolle oder könne. Im Ausfolgungsverfahren sei auch nicht zu beurteilen, was mit dem erlegten Betrag in Zukunft zu geschehen habe.

Die Zurückverweisung ihres Rekurses gegen den den Erlag genehmigenden Beschluß bekämpft die Antragsgegnerin mit Rekurs; gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes (Abweisung des Ausfolgungsantrags) erhebt sie einen außerordentlichen Revisionsrekurs.

1. Zum Rekurs:

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs gegen den die Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung (Annahme des Erlages) ablehnenden Zurückweisungsbeschluß ist zwar zulässig (SZ 40/1; SZ 43/234; JBl. 1987, 258), aber nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin führt in ihrem Rekurs im wesentlichen aus, daß kein Erlagsgrund vorliege und die gesetzten Bedingungen unmöglich und unerfüllbar seien, weshalb der Erlag unwirksam sei. Ihre Parteistellung im Erlagsverfahren sei gegeben, weil sie über den unrechtmäßig erlegten Betrag nicht verfügen könne. Dem kann nicht gefolgt werden:

Die Hinterlegung ist ein einseitiger Akt des Schuldners. Der Beschluß über die Genehmigung der Hinterlegung beeinflußt die materiellrechtliche Stellung des Erlagsgegners nicht; ihm kommt daher bezüglich der Genehmigung der Hinterlegung keine Parteistellung zu (Reischauer in Rummel; ABGB, Rz 16 zu § 1425 und die dort angeführte Judikatur; SZ 40/8; SZ 45/107 uva). Auf die im Rekurs aufgeworfene Frage der Zulässigkeit des Erlages muß daher nicht eingegangen werden. Ob der Erlag rechtmäßig mit schuldbefreiender Wirkung erfolgte, kann im Außerstreitverfahren nicht geklärt werden (Reischauer aaO Rz 17 zu § 1425). Daher war dem Rekurs ein Erfolg zu versagen.

2. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs:

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die Antragsgegnerin Aktenwidrigkeit und offenbare Gesetzwidrigkeit geltend. Auf Grund der Behauptungen im Ausfolgungsantrag hätten die Vorinstanzen die im Erlagsantrag gesetzten Bedingungen als unmöglich werten müssen und im Ausfolgungsverfahren nicht berücksichtigen dürfen. Dazu ist folgendes auszuführen:

Gemäß § 16 AußerStrG können bestätigende Entscheidungen im Außerstreitverfahren nur im Fall einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer Nichtigkeit angefochten werden. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor, wenn die für die Entscheidung maßgebende Frage im Gesetz ausdrücklich und so klar geregelt ist, daß an der Absicht des Gesetzgebers nicht gezweifelt werden kann, und trotzdem anders entschieden wurde (SZ 21/10 und 131 uva), wenn die Entscheidung mit Grundprinzipien des Rechts im Widerspruch steht (SZ 23/289 uva) oder keinerlei gesetzliche Deckung hat (SZ 41/109). Eine Aktenwidrigkeit ist gegeben, wenn das Rekursgericht in seiner Entscheidung in einem wesentlichen Punkt den Akteninhalt unrichtig wiedergegeben und solcherart ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen hat (EvBl 1950/13 uva).

Die nach ständiger Rechtsprechung zulässige Möglichkeit, Bedingungen für die Ausfolgung eines Gerichtserlages im Verfahren außer Streitsachen zu setzen (Reischauer aaO Rz 18 zu § 1425) ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Der Auffassung des Rekursgerichts steht daher keine ausdrückliche Anordnung des Gesetzes entgegen; sie widerspricht aber auch nicht den Grundprinzipien des Rechts.

Auch eine Aktenwidrigkeit des angefochtenen Beschlusses vermag die Antragsgegnerin nicht aufzuzeigen, hat doch das Rekursgericht den festgestellten Sachverhalt richtig wiedergegeben. Ob das Rekursgericht die Ausfolgungsbedingungen - wie die Antragsgegnerin im Revisionsrekurs meint - als unmöglich und daher unwirksam hätte beurteilen müssen, kann im Rahmen der Rechtsmittelgründe des § 16 AußStrG nicht geprüft werden. Der außerordentliche Revisionsrekurs war daher als unzulässig zurückzuweisen.

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