Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung - unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen und des bestätigten Teils - insgesamt wie folgt zu lauten hat:
„Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des klageweise geltend gemachten Unterlassungsanspruchs wird den Beklagten aufgetragen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils Folgendes zu unterlassen:
1. der Erstbeklagten,
ihre Tageszeitung 'Ö*****', wenn auch bloß sinngemäß, als die neue Nummer 1 der Österreichischen Auflagen-Kontrolle (ÖAK) zu bezeichnen, sofern die Tageszeitung 'Ö*****' nicht in allen von der ÖAK im Rahmen ihrer quartalsweise erhobenen Auflagenliste ermittelten Kriterien, so insbesondere nicht im Kriterium 'Verkauf Gesamt', nachweislich die höchste Auflagenzahl aufweist;
2. der Zweitbeklagten,
den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern, indem sie die Tageszeitung 'Ö*****', wenn auch bloß sinngemäß, unter Bezugnahme auf die ÖAK als die Nummer 1 der Tageszeitungen des Landes bezeichnet, sofern die Tageszeitung 'Ö*****' nicht in allen von der ÖAK im Rahmen ihrer quartalsweise erhobenen Auflagenliste ermittelten Kriterien, so insbesondere nicht im Kriterium 'Verkauf Gesamt', nachweislich die höchste Auflagenzahl aufweist.
Das Mehrbegehren,
1. der Erstbeklagten zu gebieten zu unterlassen,
- ihre Tageszeitung 'Ö*****', wenn auch bloß sinngemäß, als die neue Nummer 1 der ÖAK zu bezeichnen, ohne hierbei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber der behaupteten und in Form von Aufmachern, Ranglisten und Grafiken dargestellten Spitzenstellung gleichen Auffälligkeitswert darauf hinzuweisen, dass die Tageszeitungen 'Kr*****' und 'K*****' aus der ÖAK ausgetreten sind und daher wichtige Mitbewerber bei der Ermittlung der Auflagenzahlen der ÖAK fehlen;
- für ihre Tageszeitung 'Ö*****', wenn auch bloß sinngemäß, eine Steigerung der Auflagenzahlen gemäß ÖAK zu behaupten, welche der tatsächlichen Entwicklung anhand jeweils vorangegangener, zu einem entsprechenden Vergleich geeigneter Erhebungsquartale widerspricht, insbesondere die Tageszeitung 'Ö*****' unter Verweis auf die für das erste Quartal 2007 veröffentlichten ÖAK-Daten als 'neue Nummer 1 der Auflagenkontrolle' zu bezeichnen, obwohl gegenüber dem vierten Quartal 2006 als bislang einzigem Vergleichszeitraum sowohl die verbreitete als auch die verkaufte Auflage der Tageszeitung 'Ö*****' gesunken ist;
2. der Zweitbeklagten zu gebieten zu unterlassen, den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern, indem sie
a) die Tageszeitung 'Ö*****', wenn auch bloß sinngemäß, unter Bezugnahme auf die ÖAK als die Nummer 1 der Tageszeitungen des Landes bezeichnet, ohne hierbei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber der behaupteten Spitzenstellung gleichen Auffälligkeitswert darauf hinzuweisen, dass die Tageszeitungen 'Kr*****' und 'K*****' aus der ÖAK ausgetreten sind und daher wichtige Mitbewerber bei der Ermittlung der Auflagenzahlen der ÖAK fehlen;
b) für die Tageszeitung 'Ö*****' der Erstbeklagten, wenn auch bloß sinngemäß, eine Steigerung der Auflagenzahlen gemäß ÖAK behauptet, welche der tatsächlichen Entwicklung anhand jeweils vorangegangener, zu einem entsprechenden Vergleich geeigneter Erhebungsquartale widerspricht, insbesondere indem sie unter Verweis auf die für das erste Quartal 2007 veröffentlichten ÖAK-Daten behauptet, die Tageszeitung 'Ö*****' der Erstbeklagten sei 'erstmals die Nummer 1 unter den Tageszeitungen des Landes', obwohl gegenüber dem vierten Quartal 2006 als bislang einzigem Vergleichszeitraum sowohl die verbreitete als auch die verkaufte Auflage der Tageszeitung 'Ö*****' gesunken ist,
wird abgewiesen."
Die klagende Partei hat ein Drittel ihrer Kosten des Sicherungsverfahrens erster und dritter Instanz sowie die Hälfte der Kosten ihrer Rekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; zwei Drittel ihrer Kosten erster und dritter Instanz sowie ihre gesamten Kosten im Rekursverfahren hat sie endgültig selbst zu tragen. Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.972,49 EUR (darin 328,74 EUR USt) bestimmten anteiligen Kosten des Sicherungsverfahrens erster und zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin verlegt, produziert und vermarktet die österreichweit erscheinenden Kauf-Tageszeitungen „Kr*****" und „K*****". Die Erstbeklagte ist Medieninhaberin der österreichweit erscheinenden Kauf-Tageszeitung „Ö*****" und der in den Bundesländern Wien und Oberösterreich erscheinenden Gratis-Tageszeitung „Ö*****" („Wien City" bzw „OÖ-City"), die gegenüber der Verkaufszeitung einen geringeren Umfang und Inhalt aufweist, nicht mit Beilagen versehen ist und sich als „Zusammenfassung" der gleichnamigen Kauf-Tageszeitung versteht. Die Zweitbeklagte ist Medieninhaberin des unter der Domain „www.o *****.at" abrufbaren online-Mediums „o*****". Am 25. und 26. 5. 2007 erschien in der Kaufausgabe Wien der Tageszeitung der Erstbeklagten auf einander gegenüberliegenden Seiten die im Anhang wiedergegebene Veröffentlichung. Im online-Medium der Zweitbeklagten wurde über das Ergebnis der ÖAK-Auflagenzählung des ersten Quartals 2007 unter der Überschrift „Auflagenkontrolle Ö***** erstmals auf Platz 1" auszugsweise Folgendes berichtet:
„Ö***** ist laut aktueller ÖAK (Österreichische Auflagenkontrolle) erstmals die Nummer 1 unter den Tageszeitungen des Landes [...] Großartiger Erfolg von Ö***** in der soeben veröffentlichten Österreichische Auflagenkontrolle (ÖAK) für das erste Quartal 2007. Erstmals liegt Ö***** unter allen erfassten Zeitungstiteln an der Spitze und belegt mit einer verbreiteten Auflage von 311.043 Exemplaren Platz 1 in dieser Kategorie, noch vor der „Kl*****", die insgesamt 292.754 Stück verteilt."
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs beantragte die Klägerin, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung aufzutragen, bis zur Rechtskraft des über die Klage ergehenden Urteils im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Folgendes zu unterlassen:
1. der Erstbeklagten,
1.1. ihre Tageszeitung „Ö*****", wenn auch bloß sinngemäß, als die neue Nummer 1 der Österreichischen Auflagen-Kontrolle (ÖAK) zu bezeichnen, sofern die Tageszeitung „Ö*****" nicht in allen von der ÖAK im Rahmen ihrer quartalsweise erhobenen Auflagenliste ermittelten Kriterien, so insbesondere nicht im Kriterium „Verkauf Gesamt", nachweislich die höchste Auflagenzahl aufweist;
1.2. ihre Tageszeitung „Ö*****", wenn auch bloß sinngemäß, als die neue Nummer 1 der ÖAK zu bezeichnen, ohne hierbei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber der behaupteten und in Form von Aufmachern, Ranglisten und Grafiken dargestellten Spitzenstellung gleichen Auffälligkeitswert darauf hinzuweisen, dass die Tageszeitungen „Kr*****" und „K*****" aus der ÖAK ausgetreten sind und daher wichtige Mitbewerber bei der Ermittlung der Auflagenzahlen der ÖAK fehlen;
1.3. für ihre Tageszeitung „Ö*****", wenn auch bloß sinngemäß, eine Steigerung der Auflagenzahlen gemäß ÖAK zu behaupten, welche der tatsächlichen Entwicklung anhand jeweils vorangegangener, zu einem entsprechenden Vergleich geeigneter Erhebungsquartale widerspricht, insbesondere die Tageszeitung „Ö*****" unter Verweis auf die für das erste Quartal 2007 veröffentlichten ÖAK-Daten als „neue Nummer 1 der Auflagenkontrolle" zu bezeichnen, obwohl gegenüber dem vierten Quartal 2006 als bislang einzigem Vergleichszeitraum sowohl die verbreitete als auch die verkaufte Auflage der Tageszeitung „Ö*****" gesunken ist;
2. der Zweitbeklagten, den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern, insbesondere
2.1. die Tageszeitung „Ö*****", wenn auch bloß sinngemäß, unter Bezugnahme auf die ÖAK als die Nummer 1 der Tageszeitungen des Landes zu bezeichnen, sofern die Tageszeitung „Ö*****" nicht in allen von der ÖAK im Rahmen ihrer quartalsweise erhobenen Auflagenliste ermittelten Kriterien, so insbesondere nicht im Kriterium „Verkauf Gesamt", nachweislich die höchste Auflagenzahl aufweist;
2.2. die Tageszeitung „Ö*****", wenn auch bloß sinngemäß, unter Bezugnahme auf die ÖAK als die Nummer 1 der Tageszeitungen des Landes zu bezeichnen, ohne hierbei in einem für die angesprochenen Verkehrskreise gegenüber der behaupteten Spitzenstellung gleichen Auffälligkeitswert darauf hinzuweisen, dass die Tageszeitungen „Kr*****" und „K*****" aus der ÖAK ausgetreten sind und daher wichtige Mitbewerber bei der Ermittlung der Auflagenzahlen der ÖAK fehlen;
2.3. für die Tageszeitung „Ö*****" der Erstbeklagten, wenn auch bloß sinngemäß, eine Steigerung der Auflagenzahlen gemäß ÖAK zu behaupten, welche der tatsächlichen Entwicklung anhand jeweils vorangegangener, zu einem entsprechenden Vergleich geeigneter Erhebungsquartale widerspricht, insbesondere unter Verweis auf die für das erste Quartal 2007 veröffentlichten ÖAK-Daten zu behaupten, die Tageszeitung „Ö*****" der Erstbeklagten sei „erstmals die Nummer 1 unter den Tageszeitungen des Landes", obwohl gegenüber dem vierten Quartal 2006 als bislang einzigem Vergleichszeitraum sowohl die verbreitete als auch die verkaufte Auflage der Tageszeitung „Ö*****" gesunken ist.
Die beanstandeten Äußerungen verstießen gegen § 2 UWG. Die Beklagten müssten die ungünstigste Auslegung gegen sich gelten lassen. Maßgeblich sei der Gesamteindruck eines durchschnittlich aufmerksamen flüchtigen Betrachters. Danach ergebe sich ein besonderer Auffälligkeitswert der Aussage „Die neue Nr. 1 der Auflagen-Kontrolle". Gegenüber diesem irreführenden Blickfang seien nachfolgende Hinweise in kleinerer Schrift zur Aufklärung des Publikums nicht geeignet. Die Äußerung erwecke den unrichtigen Eindruck, die Zeitung der Erstbeklagten sei die auflagenstärkste Tageszeitung Österreichs. Diese Alleinstellungsbehauptung sei unzulässig, weil die Zeitung der Erstbeklagten nicht in sämtlichen Kriterien die Spitzenposition besitze. Die Ankündigung kläre darüber hinaus weder über das Wesen der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) noch über den Umstand auf, dass die Klägerin die Auflagezahlen ihrer Tageszeitungen der ÖAK nicht mehr melde; im Text versteckte Hinweise auf diesen Umstand kämen gegenüber der zuvor angeführten plakativen Werbeaussage nicht zur Geltung. Die Wortwahl der beanstandeten Ankündigung erwecke schließlich den unrichtigen Eindruck, die Zeitung der Erstbeklagten habe im Vergleich zu den bisherigen Ergebnissen der Auflagenliste 4/2006 zugelegt und nehme deshalb einen Spitzenplatz ein; in Wahrheit habe die Zeitung der Erstbeklagten gegenüber der ÖAK-Auflagenliste 4/2006 in der Kategorie „verbreitete Auflage Inland" von 317.043 Exemplaren auf 311.043 Exemplare abgebaut; Ähnliches gelte für die Kategorie „Verkauf Gesamt".
Die Beklagten beantragten die Abweisung des Sicherungsantrags. Die beanstandeten Äußerungen seien wahr und nicht irreführend. Seit die Klägerin ihre Zeitungstitel der Kontrolle der ÖAK entzogen habe und keine Auflagenzahlen mehr melde - worauf in der Veröffentlichung auch hingewiesen werde -, treffe der von den Äußerungen der Beklagten vermittelte Gesamteindruck zu, die Zeitung der Erstbeklagten sei laut aktueller ÖAK in der Kategorie „verbreitete Auflage" die Nummer 1 unter den Tageszeitungen und besitze nach der „Kl*****" die zweithöchste verkaufte Auflage. Eine Steigerung der Auflage im ersten Quartal 2007 gegenüber dem vorangegangenen Quartal sei nicht behauptet worden.
Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in den Teilbegehren 1.1., 1.2., 2.1. und 2.2. statt und wies das Mehrbegehren ab. Die blickfangartige Werbung der Beklagten vermittle den Eindruck einer Spitzenstellung der Zeitung der Erstbeklagten, was für den Bereich der verkauften Auflage nicht zutreffe. Es werde nicht wahrgenommen, dass die Zeitungen der Klägerin mit zum Teil deutlich höherer Auflage in den Vergleich nicht einbezogen seien. Die Werbung der Zweitbeklagten fördere in irreführender Weise den Wettbewerb der Erstbeklagten und sei unlauter, wenn für deren Zeitung auffällig die Spitzenstellung beansprucht werde, ohne ähnlich auffällig über die maßgeblichen Umstände aufzuklären. Die beanstandeten Ankündigungen enthielten aber keine Behauptung, es sei eine Steigerung der Auflage gegenüber dem letzten Quartal erfolgt; mit keinem Wort werde eine Erhöhung der Auflage erwähnt, auch würden keine Vergleichszahlen gegenüber früheren Zeiträumen genannt.
Das Rekursgericht gab dem Sicherungsantrag mit Ausnahme des Teilbegehrens, der Zweitbeklagten zu gebieten es zu unterlassen, allgemein im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern, statt und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Werde mit einer Spitzenstellung auf dem Zeitungsmarkt geworben, bedürfe es einer Aufklärung, falls die genannte Markterhebung nicht sämtliche im betreffenden Gebiet erscheinenden Medien erfasse. Zur Vermeidung einer maßgeblichen Irreführung im Sinn des § 2 UWG hätte deshalb mit entsprechender Auffälligkeit darauf hingewiesen werden müssen, dass die Tageszeitungen der Klägerin von der ÖAK im ersten Quartal 2007 gar nicht erfasst worden seien; gegenüber der blickfangartigen Herausstellung der Tageszeitung der Erstbeklagten als „Nummer 1 in der verbreiteten Auflage" und „Die neue Nummer 1 der Auflagen-Kontrolle" reichten die kleingedruckten Hinweise als Aufklärung nicht aus. Nach dem für die Beurteilung maßgeblichen Gesamteindruck seien die beanstandeten Äußerungen der Beklagten durchaus so zu verstehen, dass es der Erstbeklagten seit dem noch nicht lange zurück liegenden Markteintritt ihrer Zeitung gelungen sei, deren Auflagenzahl an jene der auflagenstärksten Tageszeitungen heranzuführen bzw diese zu überrunden. Mit Sätzen wie „Nur die seit vielen Jahrzehnten etablierte Kl***** liegt noch voran" erweckten die Beklagten - ebenso wie mit der Hervorhebung ihrer neu erlangten Position im Wettbewerb der Tageszeitungen um die höchste Auflage - den Eindruck, es sei ihrer Zeitung durch ein ständiges Steigern der Auflagezahl gelungen, die Konkurrenzprodukte weitgehend zu überrunden. Dass diese Marktposition auf andere Umstände zurückzuführen sein könne (wie etwa das Ausscheiden der Zeitungen der Klägerin aus der ÖAK), oder dass es der Zeitung der Erstbeklagten gelungen sei, eine erreichte Spitzenposition trotz Absinkens der eigenen Auflage zu halten, klinge in den beanstandeten Äußerungen nicht einmal an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Beklagten ist zulässig, weil das Rekursgericht den Aussagegehalt der beanstandeten Äußerungen zum Teil in korrekturbedürftiger Weise verkannt hat; das Rechtsmittel ist auch teilweise berechtigt.
Die Beklagten werfen dem Rekursgericht vor, den Erklärungswert der in der Zeitung der Erstbeklagten erschienenen Veröffentlichung unrichtig beurteilt zu haben und mit seiner Entscheidung von Rechtsprechung zum Verbraucherleitbild und zur Auslegung von medialen Äußerungen abgewichen zu sein. Nicht berücksichtigt worden sei, dass die beanstandete Ankündigung den blickfangartigen und durch grafische Elemente unterstützten Hinweis enthalte, die Zeitung der Erstbeklagten sei Nr. 1 in der verbreiteten Auflage und Nr. 2 in der verkauften Auflage. Die Veröffentlichung enthalte weiters den ausdrücklichen Hinweis darauf, dass die Zeitungen der Klägerin von der ÖAK nicht erfasst würden. Das Verbot, mit einer Steigerung von Auflagezahlen gegenüber dem Vorquartal zu werben, sei unbegründet, weil die beanstandete Ankündigung eine solche Aussage nicht enthalte.
1. Die Entscheidungen der Vorinstanzen beruhen auf § 2 UWG idF vor der Novelle 2007 (BGBl I 2007/79). Diese Novelle ist seit 12. 12. 2007 in Kraft (§ 44 Abs 7 UWG idgF). Wurde aufgrund eines nach alter Rechtslage verwirklichten Lauterkeitsverstoßes ein Unterlassungstitel geschaffen, und hat während des Rechtsmittelverfahrens eine Rechtsänderung stattgefunden, ist die Berechtigung eines solchen Gebots auch am neuen Recht zu messen, weil dieses Gebot seinem Wesen nach ein in der Zukunft liegendes Verhalten erfassen soll und nur dann aufrecht bleiben kann, wenn das darin umschriebene Verhalten schon im Zeitpunkt des Verstoßes verboten war und nach neuer Rechtslage weiterhin verboten ist (4 Ob 177/07v; 4 Ob 225/07b; 4 Ob 20/08g).
2.1. Werbung mit einer Spitzenstellung als ein Fall vergleichender Werbung war nach § 2 UWG idF vor der Novelle 2007 lauterkeitsrechtlich nur dann zu beanstanden, wenn die - ernstlich und objektiv nachprüfbar behauptete - Spitzenstellung nicht den Tatsachen entsprach oder die Ankündigung sonst zur Irreführung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet war (stRsp, RIS-Justiz RS0078472, zuletzt 4 Ob 116/07y).
2.2.1. Zentralbegriff des geltenden Lauterkeitsrechts ist die unlautere Geschäftspraktik. Im verbraucherschützenden Bereich des Lauterkeitsrechts ist eine Geschäftspraktik unlauter, (a) wenn sie dem Gebot der beruflichen Sorgfaltspflicht widerspricht (§ 1 Abs 1 Z 2 UWG idgF), (b) dieser Verstoß geeignet ist, die Fähigkeit des Durchschnittsverbrauchers, eine informierte Entscheidung zu treffen, zu beeinträchtigen (Nachteiligkeitsprüfung; § 1 Abs 4 Z 3 UWG idgF) und (c) diese Beeinflussung wesentlich ist (Bagatellklausel; § 1 Abs 1 Z 2 UWG idgF).
2.2.2. Die Maßfigur für die lauterkeitsrechtliche Prüfung einer Geschäftspraktik ist der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu entnehmen. Es ist dies ein fiktiver typischer Verbraucher, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist, unter Berücksichtigung sozialer, kultureller und sprachlicher Faktoren. Der Begriff des Durchschnittsverbrauchers beruht dabei nicht auf einer statistischen Grundlage. Die nationalen Behörden müssen sich bei der Beurteilung der Frage, wie der Durchschnittsverbraucher in einem gegebenen Fall typischerweise reagieren würde, auf ihre eigene Urteilsfähigkeit unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs verlassen (ErwGr 18 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern).
Diese Definition der Richtlinie weicht infolge eines Übersetzungswandels (dazu näher Sack, Die neue deutsche Formel des europäischen Verbraucherleitbilds, wrp 2005, 462) formal von der bisher in Österreich und Deutschland gewählten Formulierung eines „durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers" ab. Inhaltlich besteht jedoch gegenüber der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs kein Unterschied, weil diese zuletzt stets auf eine situationsangepasste Aufmerksamkeit abgestellt hat (4 Ob 196/00b = SZ 73/161 = ÖBl 2001, 18 - Lego Klemmbausteine; RIS-Justiz RS0114366; 4 Ob 127/07s), womit die „Angemessenheit" nach der nunmehrigen Übersetzung schon berücksichtigt war.
2.2.3. Werbung mit einer Spitzenstellung entspricht nach geltendem Lauterkeitsrecht keinem Tatbestand einer der im Anhang zum UWG idgF angeführten irreführenden Geschäftspraktiken, die im Verhältnis zwischen Unternehmern und Verbrauchern von Bedeutung sind und unter allen Umständen als unlauter gelten („per se-Verbote"; „Schwarze Liste"). Sie ist daher am Tatbestand des § 2 Abs 1 Z 2 UWG idgF (irreführende Geschäftspraktik in Form einer unrichtigen Angabe über die wesentlichen Merkmale des Produkts) zu prüfen, weil gemäß § 2a Abs 1 UWG idgF vergleichende Werbung ua dann zulässig ist, wenn sie nicht gegen § 2 UWG idgF verstößt (vgl 4 Ob 177/07v). Nach geltendem Recht genügt für den Lauterkeitsverstoß die Irreführung bereits eines einzigen Durchschnittsverbrauchers. Nicht tatbestandsmäßig sind daher nur solche Aussagen, die das Entscheidungsverhalten, und sei es auch nur eines Einzelnen, letztlich nicht ausschlaggebend beeinflussen (RV 2007, abgedruckt bei Wiltschek, MSA UWG² [2007] § 1 Anm 6).
Nichts geändert hat die UWG-Novelle 2007 an der Rechtsprechung, wonach eine Ankündigung nach ihrem Gesamteindruck zu beurteilen ist (vgl zur alten Rechtslage RIS-Justiz RS0043590 [T36, T39, T40]; RS0078470 [T13]).
2.3.1. Die Behauptung, eine bestimmte Tageszeitung sei „Die neue Nr. 1 der Auflagen-Kontrolle", wird vom angesprochenen Verkehrskreis (altes Recht) bzw Durchschnittsverbraucher naturgemäß auf die in dieser Ankündigung genannte Marktuntersuchung ÖAK bezogen. Sie war nach altem und ist nach neuem Recht nur dann berechtigt, wenn die so beworbene Zeitung tatsächlich eine Spitzenstellung in sämtlichen von der als Referenz genannten Untersuchung erhobenen Parametern besitzt, erwartet doch der Durchschnittsverbraucher von einer uneingeschränkt als „Nr. 1" einer Markterhebung beworbenen Zeitung einen allgemeinen Vorsprung gegenüber Konkurrenzprodukten in allen untersuchten Kategorien. Diese Bedingung ist bei der Tageszeitung der Erstbeklagten nicht erfüllt, enthält doch die Ankündigung selbst eine Einschränkung der Spitzenstellungsbehauptung auf die verbreitete Auflage. Die lauterkeitsrechtliche Zulässigkeit dieser Angabe einer Produkteigenschaft hängt daher davon ab, ob der in ihr enthaltene einschränkende Hinweis, die Spitzenstellungsbehauptung beziehe sich nur auf die verbreitete Auflage, als Teil der Gesamtaussage der Angabe wahrgenommen und verstanden wird. Die Vorinstanzen haben dies zutreffend verneint.
2.3.2. Den Beklagten ist zuzugestehen, dass im Text der Angabe darauf verwiesen wird, die Spitzenstellung beziehe sich allein auf die verbreitete Auflage (Montag bis Samstag), während man bei der verkauften Auflage nur Nummer 2 sei. Entscheidend sind in diesem Zusammenhang jedoch Inhalt und grafische Gestaltung der gesamten Veröffentlichung. Der im Kopf schlagwortartig und auch farblich hervorgehobene Slogan „Die neue Nr. 1 der Auflagen-Kontrolle" ist seinem Inhalt nach kein unvollständiger oder aufklärungsbedürftiger Text, sondern enthält auch ohne ergänzende Ausführungen die selbständige Aussage einer (uneingeschränkten) Spitzenstellung. Optisch nimmt der Slogan rund ein Drittel der gesamten doppelseitigen Veröffentlichung bei einer maximalen Schrifthöhe von rund 5,8 cm in Anspruch, während die Schrifthöhe der einschränkenden Hinweise nur rund 0,8 cm erreicht. Damit besteht ein krasses Ungleichgewicht im Auffälligkeitswert zwischen der Angabe, das beworbene Produkt nehme eine allgemeine, uneingeschränkte Spitzenstellung ein und den diese Angabe einschränkenden Hinweisen, wonach einzelne Untersuchungskategorien zu unterscheiden seien. Dieses Ungleichgewicht kann dazu führen, dass auch ein angemessen aufmerksamer und kritischer Durchschnittsverbraucher nur die nicht als unvollständig erkennbare und blickfangartig hervorgehobene Angabe wahrnimmt und deshalb nicht über alle für eine informierte Entscheidung erforderlichen Informationen über die Produkteigenschaften der Zeitung der Erstbeklagten verfügt. Diese unvollständige Textwahrnehmung kann ihn dazu veranlassen, die Zeitung der Erstbeklagten zu erwerben, weil er sie irrtümlich für ein in sämtlichen von der ÖAK untersuchten Kategorien führendes und deshalb erstrebenswertes Produkt hält.
Die im Textteil der Veröffentlichung nicht ausreichend deutlich vermittelte erforderliche Information ist dem Durchschnittsverbraucher - entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Auffassung - auch nicht unter allen Umständen aus ihrem Bildteil erschließbar. Die Veröffentlichung ist nämlich komplex zusammengesetzt aus Textteilen in unterschiedlicher Größe, Schriftbild und Spaltenanordnung, vermischt mit drei bildlichen Darstellungen jeweils mehrerer verschieden hoher Zeitungsstapel. Sie vermittelt damit insgesamt einen inhomogenen Gesamteindruck, und ihr vollständiger Inhalt lässt sich nur nach eingehender Beschäftigung mit ihrem gesamten Wort- und Bildteil auffassen. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass es Durchschnittsverbraucher gibt, die nicht bereit sind, die notwendige Zeit aufzuwenden, den Gesamtinhalt der Veröffentlichung zu erfassen, sondern sich damit begnügen, deren Überschriften - darunter den im Kopf der Veröffentlichung schlagwortartig hervorgehobenen Slogan - aufzunehmen. Damit ist aber der zuvor dargestellte lauterkeitsrechtlich unerwünschte Erfolg eingetreten.
Die im Rechtsmittel angesprochene medienrechtliche Entscheidung 12 Os 36/07x = MR 2008, 302 beschäftigt sich mit der Irreführungseignung eines unvollständigen und deshalb aufklärungsbedürftigen Texts als Überschrift eines Zeitungsartikels, der als Beitrag im politischen Diskurs veröffentlicht wurde; sie ist für die Beurteilung der Eigenwerbung eines Medienunternehmens in einer Tageszeitung als irreführende Geschäftspraktik aufgrund einer in ihrem Aussagegehalt nicht ergänzungsbedürftigen, inhaltlich unrichtigen Schlagzeile nicht einschlägig.
Der Sicherungsantrag erweist sich deshalb im aufgezeigten Umfang nach altem und neuem Recht als berechtigt. Insoweit kann dem Revisionsrekurs kein Erfolg beschieden sein.
3.1. Anderes gilt für den von der Klägerin erhobenen Vorwurf, die beanstandete Veröffentlichung sei deshalb irreführend, weil darin ein ausreichend deutlicher Hinweis darauf fehle, dass die Zeitungen der Klägerin von der ÖAK nicht erfasst würden.
3.2. Legt man das Verständnis der (zuvor unter 2.2.2. erläuterten) lauterkeitsrechtlichen Maßfigur - die auch als mündiger Konsument bezeichnet werden könnte - zugrunde, ist der Hinweis in der Veröffentlichung auf den Austritt bedeutender Mitbewerber aus der ÖAK in Positionierung, Schriftbild und Inhalt ausreichend auffällig. Er findet sich hervorgehoben in einer von insgesamt nur drei Überschriften der gesamten Veröffentlichung und wird aufgrund dieser augenfälligen Position vom Durchschnittsverbraucher auch dann wahrgenommen, wenn er den Inhalt der Doppelseite sofort als Eigenwerbung des Medienunternehmens erkennt und die Veröffentlichung deshalb in der Folge ohne größeres Interesse nur mit geringerer Aufmerksamkeit überfliegt.
Inhaltlich ist die Aussage der Überschrift „Ö***** lässt Auflage prüfen - Kr***** & K***** nicht" auch bei situationsbedingt nur oberflächlicher Aufmerksamkeit unzweideutig und in ihrer Kürze leicht erfassbar. Damit besteht keine Gefahr, dass der durchschnittliche Leser einen unrichtigen Eindruck vom Teilnehmerkreis der angesprochenen Auflagenkontrolle gewinnt. Die darauf gegründeten Teilsicherungsbegehren waren daher auch schon nach alter Rechtslage nicht berechtigt.
4. Gleiches gilt für die beantragten Unterlassungsgebote, unrichtig zu behaupten, die Zeitung der Erstbeklagten habe - nach den Messungen der ÖAK - ihre Auflagezahlen gegenüber früheren Erhebungsquartalen gesteigert. Erstgericht und Revisionsrekurs ist beizupflichten, dass der beanstandeten Ankündigung auch bei großzügiger Auslegung der von Klägerin und Rekursgericht unterstellte Sinn nicht entnommen werden kann. Von einer Steigerung der Auflagezahlen ist nämlich an keiner Stelle der Ankündigung die Rede, und zwar weder direkt noch indirekt. Die Klägerin lässt unberücksichtigt, dass die über einen längeren Zeitraum hinweg andauernde Spitzenstellung einer Zeitung nicht notwendig auch mit einer Auflagensteigerung verbunden sein muss; selbst wenn nämlich die Auflage des eigenen Produkts gegenüber vorherigen Erhebungszeiträumen einer Markterhebung gesunken ist, darf die Spitzenstellung so lange in Anspruch genommen werden, als kein Mitbewerber diese (wenn auch mittlerweile niedrigeren) Auflagezahlen erreicht. Das Sicherungsbegehren ist daher auch in diesem Punkt unberechtigt.
5. Mangels Verstoßes gegen § 2 UWG idF vor der UWG-Novelle 2007 könnte die einstweilige Verfügung des Rekursgerichts in den zuvor behandelten Punkten 3. und 4. nur dann aufrecht erhalten werden, wenn die beanstandeten Ankündigungen der Beklagten gegen die Lauterkeitsregeln der UWG-Novelle 2007 verstießen und die Klägerin eine ernstlich drohende Gefahr der erstmaligen Begehung behauptet und bescheinigt hätte (RIS-Justiz RS0037661). Letzteres ist hier nicht der Fall; es mangelt an Feststellungen, aus denen eine Erstbegehungsgefahr abgeleitet werden könnte, falls das erörterte Verhalten eine unlautere Geschäftspraktik nach neuem Recht wäre. Mangels Erstbegehungsgefahr kann damit offen bleiben, ob das beanstandete Verhalten als unlautere Geschäftspraktik gegen § 2 UWG idgF verstößt.
6. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten der Beklagten auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Die Klägerin hat in erster und dritter Instanz mit rund einem Drittel ihres Begehrens obsiegt; im Rekursverfahren betreffend ihren eigenen Rekurs blieb die Klägerin letztlich erfolglos, die Beklagten haben dort zur Hälfte obsiegt. Für den Revisionsrekurs wurden keine Kosten verzeichnet.
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