OGH 4Ob197/10i

OGH4Ob197/10i23.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** B*****, vertreten durch Mag. Peter Rottensteiner, Rechtsanwalt in Linz, gegen die beklagte Partei P***** Handelsgesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Haslinger & Partner Rechtsanwälte in Linz, wegen Beseitigung (Streitwert 60.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 16. September 2010, GZ 3 R 99/10i-31, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 6. April 2010, GZ 64 Cg 55/09f-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:

„Das Klagebegehren, die beklagte Partei ist schuldig, in eine Löschung der Registrierung der Internetdomain 'www.faschingprinz.at ' einzuwilligen und binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils alle zur Löschung des Domainnamens erforderlichen Handlungen vorzunehmen; die klagende Partei wird ermächtigt, den stattgebenden Teil des Urteilsspruchs binnen sechs Monaten auf Kosten der beklagten Partei im redaktionellen Teil der Tageszeitung 'Neue Kronen Zeitung' auf eine näher beschriebene Weise veröffentlichen zu lassen, wird abgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 6.942 EUR (darin 1.155,80 EUR USt und 7,20 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 9.188,75 EUR (darin 811,02 EUR USt und 4.322,60 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger vertreibt im Rahmen seines Einzelunternehmens seit Mitte der 1980er Jahre Faschings- und Festartikel unter der Unternehmensbezeichnung „Faschingsprinz“. Er tritt im Internet seit 31. 12. 2005 unter „www.faschingsprinz.at “ und „www.faschingsprinz.com “, spätestens seit Juni 2006 auch unter „www.faschingsprinz.eu “ auf.

Die Beklagte handelt ua mit Babyspielzeug, Bastelmaterial, Geschenkartikeln, Puppen, Saisonwaren (wie zB Faschings- und Scherzartikel) und Spielen. Sie tritt im Internet ua unter „www.p *****-spiele.at“, „www.spielwaren-p *****.at“, „www.fasching-p *****.at“ und seit 2008 auch unter „www.faschingprinz.at “ auf.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen, in die Löschung der Registrierung der Internetdomain „www.faschingprinz.at “ einzuwilligen und binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Urteils alle zur Löschung des Domainnamens erforderlichen Handlungen vorzunehmen; damit verbunden ist ein Begehren auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung. Die Domain des Klägers „www.faschingsprinz.at “ habe Namensfunktion und Unterscheidungskraft; die Bezeichnung „Faschingsprinz“ werde vom Publikum als Hinweis auf das Unternehmen des Klägers aufgefasst und habe für den Kläger Verkehrsgeltung erlangt. Die Beklagte greife durch die Verwendung der Domain „www.faschingprinz.at “ in die geschützte Rechtssphäre des Klägers ein, indem sie sein Namensrecht verletze, gegen das Lauterkeitsgebot des § 1 UWG verstoße und die Unternehmensbezeichnung des Klägers missbrauche. Im Hinblick auf die teilweise Warenidentität und die geringfügige Unterscheidung der Bezeichnungen „faschingsprinz“ und „faschingprinz“ bestehe Verwechslungsgefahr.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. „Faschingsprinz“ und „Faschingprinz“ seien allgemein gebräuchliche und vielfach verwendete Bezeichnungen für eine fiktive Figur, die als Oberhaupt der Narren im Fasching zusammen mit Mitgliedern ihres Hofstaats als Symbol närrischer Herrschaft regiere. Die Bezeichnung als Faschingsprinz stehe jedermann offen, ein namensrechtlicher Anspruch des Klägers an diesem Zeichen bestehe nicht. Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Domains sei im Hinblick auf klangliche Unterschiede ausgeschlossen. Die unter „www.faschingprinz.at “ aufrufbare Internetseite enthalte den deutlichen Hinweis, dass es sich um einen Auftritt der Beklagten handle.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Besondere Geschäftsbezeichnungen eines Unternehmens fielen unter den Schutz von § 9 UWG, sofern sie unterscheidungskräftig seien. Das Zeichen „Faschingsprinz“ zur Bezeichnung eines Unternehmens, das sich nicht mit der Ausbildung, Vermittlung oder Vermarktung von/zum Faschingsprinzen beschäftige, sondern mit Faschings-, Scherz- und sonstigen Festartikeln handle, sei ungewöhnlich und neuartig und besitze als Phantasiewort im weiteren Sinn Unterscheidungskraft; daran bestehe auch kein absolutes Freihaltebedürfnis. Der Kläger verwende dieses Zeichen nicht nur als Unternehmensbezeichnung im geschäftlichen Verkehr, sondern auch als Domain, die er zeitlich früher als die Beklagte die Domain „faschingprinz.at“ habe registrieren lassen; damit besitze er das bessere Recht. Im Hinblick auf die teilweise Warenidentität und die geringen Unterschiede der beiden Domains bestehe Verwechslungsgefahr. Aus dem Anspruch auf Unterlassung folge gemäß § 15 UWG auch das Recht der Beseitigung des den Vorschriften des Gesetzes widerstreitenden Zustands; dieser Anspruch auf Beseitigung umfasse auch die Löschung eines Domainnamens.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Das Zeichen „Faschingsprinz“ zur Bezeichnung eines Unternehmens, das unter anderem mit Faschings-, Scherz- und sonstigen Festartikeln handle, sei unterscheidungs- und kennzeichnungskräftig. Da beide Streitteile teilweise idente Waren im Internet auch gegenüber Endverbrauchern anböten, liege ungeachtet der geringfügigen Abweichung in den Second-Level-Domains Verwechslungsgefahr in Bezug auf die Unternehmen der Streitteile vor. In Domainstreitigkeiten bestehe ein Beseitigungsanspruch nicht nur in Fällen des Domaingrabbing, sondern auch bei Zeichenverletzungen gemäß § 43 ABGB oder § 9 UWG, der nicht dadurch gehindert werde, dass nicht gleichzeitig ein Anspruch auf Unterlassung erhoben worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht das Bestehen eines Löschungsanspruchs in Abweichung von höchstgerichtlicher Rechtsprechung bejaht hat; das Rechtsmittel ist auch berechtigt.

1. Die bloße Registrierung eines Zeichens als Internet Domain ist regelmäßig keine kennzeichenmäßige Benutzung iSd § 10a MSchG. Ob die Benutzung eines Zeichens nach der genannten Bestimmung vorliegt und dadurch Verwechslungsgefahr gemäß § 10 Abs 1 Z 2 MSchG begründet wird, ist vielmehr nach dem Inhalt der Websites zu beurteilen, die unter der Domain in das Internet gestellt werden (vgl RIS-Justiz RS0114773).

2. Für Kennzeichenverletzungen iSd § 9 UWG kann nichts anderes gelten. Auch in einem solchen Fall ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr anhand des konkreten Inhalts der betreffenden Websites zu beurteilen.

3.1. Da der Kennzeichenschutz online und offline nach einheitlichen Rechtsgrundsätzen zu bestimmen ist (4 Ob 226/04w = SZ 2005/13 - omega.at), hat der Oberste Gerichtshof schon wiederholt ausgesprochen, dass ein Verbot der Domain-Nutzung nicht weiter reichen kann als die materiellrechtliche Unterlassungspflicht (vgl 17 Ob 13/07x). Auch wenn der Inhaber die Domain in einer Weise genutzt hat, die in Kennzeichenrechte eines Dritten eingriff, bestehen weiterhin von vornherein unzählige Möglichkeiten einer rechtmäßigen Nutzung der Domain. Dieser Umstand schließt es im Regelfall aus, die Löschung einer Domain allein deshalb anzuordnen, weil auf der damit aufrufbaren Website eine Rechtsverletzung stattgefunden hat.

3.2. Dabei ist unerheblich, ob bei Schluss der Verhandlung erster Instanz noch ein rechtsverletzender Inhalt auf der Website vorhanden war. Denn auch in diesem Fall ginge die Löschung der Domain über den nach materiellem Recht bestehenden Unterlassungsanspruch hinaus (RIS-Justiz RS0122725 [T2]).

4.1. Die Beklagte zeigt zutreffend auf, dass sie unter ihrer Domain solche Inhalte präsentieren könnte, die Rechte des Klägers nicht verletzen, zB eine Präsentationsplattform für die jeweils regierenden Faschingsprinzen in Österreich ohne Bewerbung von Faschingsartikeln.

4.2. Der Kläger macht in der Hauptsache nur einen Löschungsanspruch geltend. Ein solcher besteht allerdings - wie zuvor ausgeführt - in dieser Allgemeinheit, nämlich bezogen auf jeden nur denkmöglichen Inhalt der unter der strittigen Domain aufrufbaren Website, nicht.

4.3. Das Klagebegehren ist damit schon aus diesem Grund unberechtigt, ohne dass es auf die im Rechtsmittel weiters aufgeworfene Frage nach dem Bestehen von Verwechslungsgefahr ankäme.

5.1. Für den Kläger ist auch aus der Entscheidung 17 Ob 44/08g - justizwache.at, auf die er sich in der Revisionsbeantwortung beruft, nichts zu gewinnen. Dort wurde zwar ausgesprochen, dass die Nutzung eines Namens als Domain durch einen Nichtberechtigten im Regelfall in schutzwürdige Interessen des Namensträgers eingreift, ohne dass es auf den Inhalt der unter der Domain betriebenen Website ankäme (RIS-Justiz RS0124720). Voraussetzung eines Namensschutzes bei Geschäftsbezeichnungen ist aber schon dem Grunde nach eine originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft/Verkehrsgeltung (4 Ob 148/89 = MR 1990, 194 - Holiday-Reisen; 17 Ob 44/08g - justizwache.at), die hier nicht vorliegt.

5.2. Der Kläger hat sich zwar als Anspruchsgrundlage seines Begehrens ausdrücklich auch auf den namensrechtlichen Schutz seines Zeichens nach § 43 ABGB berufen und Verkehrsgeltung behauptet. Er hat zur Verkehrsgeltung jedoch kein Beweisanbot erstattet und damit den Beweis für die Verkehrsgeltung des für sein Unternehmen verwendeten Zeichens nicht angetreten. Die Feststellung der Tatsacheninstanzen, der Kläger führe sein Unternehmen seit Mitte der 1980er Jahre unter der Bezeichnung „Faschingsprinz“, reicht für sich allein nicht aus, um daraus eine durch Benutzung erworbene Verkehrsgeltung dieses Zeichens für das Unternehmen des Klägers abzuleiten. Originäre Kennzeichnungskraft ist deshalb nicht gegeben, weil dem Begriff „Faschingsprinz“ - bezogen auf die vom Kläger unter diesem Zeichen vertriebenen Waren - seinem Sinngehalt nach jede Eigenart fehlt.

5.3. Schon aus diesem Grund kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht auf Namensschutz gründen. Ob das strittige Zeichen einen Namen enthält oder namensmäßig anmutet und damit Namensfunktion hat (vgl 4 Ob 320/99h = SZ 72/207 - ortig.at; RIS-Justiz RS0113105), bedarf unter diesen Umständen keiner weiteren Prüfung.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1 ZPO, im Rechtsmittelverfahren iVm § 50 Abs 1 ZPO. Ein Schriftsatz der Beklagten vom 2. 2. 2010 ist nicht aktenkundig. Ein Kostenersatz für die Einwendungen gegen die Kostennote im Verfahren erster Instanz findet nicht statt (so nunmehr ausdrücklich § 54 Abs 1a ZPO idF BGBl I 2011/111). Im Berufungsverfahren beträgt der Einheitssatz 150 % (§ 23 Abs 9 RATG).

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