Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, da die Ansicht vertreten werden könnte, „der Sinn der Bestimmung des § 23 EheG bestehe nicht darin, eine bloß zum Schein geschlossene Ehe in jedem Fall zu beseitigen, sondern nur dann, wenn durch die bekämpfte Scheinehe tatsächlich der verpönte Zweck der Namens- oder Staatsangehörigkeitsehe in der extensiven Auslegung der oberstgerichtlichen Judikatur erreicht werde."
Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts ist die Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.
Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in einem nahezu gleichgelagerten Fall - Berufungsgericht und Vertreter des jeweiligen Revisionswerbers sowie die als erheblich bezeichnete Rechtsfrage sind in beiden Fällen ident - ausgeführt (7 Ob 312/04t vom 2. März 2005):
„Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Ehe auch dann gemäß § 23 Abs 1 EheG nichtig, wenn sie - ohne die Absicht, eine Lebensgemeinschaft zu begründen - ausschließlich oder zumindest überwiegend zu dem Zweck geschlossen wurde, dem Fremden den unbeschränkten Aufenthalt in Österreich und/oder den unbeschränkten Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt zu ermöglichen, und zwar selbst dann, wenn nach Erfüllung der Voraussetzungen der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht angestrebt wird (7 Ob 131/04x; 1 Ob 30/01w; 6 Ob 142/00a uva; RIS-Justiz RS0052090).
§ 23 EheG schränkt die Ehefreiheit in ihrem Wesensgehalt nicht ein (1 Ob 389/97f). Ein Verstoß gegen das verfassungsmäßig gewährleistete Grundrecht nach Art 8 MRK ist zu verneinen, weil die Eheschließung nicht auf Gründung einer umfassenden Lebensgemeinschaft gerichtet gewesen ist (1 Ob 389/97f; 7 Ob 2179/96h; RIS-Justiz RS0105093, RS0102982).
Im Gegensatz zu den Ausführungen der Revision hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass sich durch die nunmehrige ausdrückliche Aufnahme der rechtsmissbräuchlichen Berufung auf eine Scheinehe als Ausweisungsgrund und Grund für ein Aufenthaltsverbot in § 34 Abs 1 Z 3 und § 36 Abs 2 Z 9 FrG 1997 an der bisherigen Auslegung des § 23 EheG nichts geändert hat (6 Ob 142/00a; 1 Ob 30/01w). Gleiches gilt für den Beschluss des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. 9. 1980 Nr 1/80 (7 Ob 2179/96h).
Auch die Entschließung des Rates vom 4. 12. 1997 über Maßnahmen zur Bekämpfung von Scheinehen, 97/C382/01 , hat an der oben dargelegten Rechtslage nichts geändert. Auch danach müssten von den Mitgliedstaaten gleichwertige Maßnahmen zur Bekämpfung des Phänomens Scheinehe als Mittel zur Umgehung von Rechtsvorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Angehörigen dritter Staaten ergriffen werden. Das Argument, die Nichtigerklärung einer Ehe stelle keine gleichwertige Maßnahme im Sinne der Entschließung dar, diese könnten sich ausschließlich auf aufenthaltsrechtliche Konsequenzen beziehen, ist nicht nachvollziehbar. Die Entschließung zielt nach ihrem klaren und nicht auslegungsbedürftigen Text nicht auf den 'Schutz einer verpönten Scheinehe' ab, diese ist vielmehr von den nach innerstaatlichem Recht zuständigen Behörden festzustellen. Nach österreichischem Recht ist das Vorliegen einer Scheinehe als Hauptfrage nach § 23 EheG von österreichischen Gerichten zu beurteilen.
Eine erhebliche Rechtsfrage wurde daher nicht geltend gemacht."
Diesen Überlegungen schließt sich auch der erkennende Senat an.
Wenn im vorliegenden Fall in der Revision noch auf Art 39 EG Bezug genommen wird, wonach innerhalb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet ist, und die Auffassung vertreten wird, im Hinblick auf die „RL 64/221 " könnten sich auch Drittstaatsangehörige als Ehegatten auf ihre Rechte aus den VO 1251/70 und 1612/68" berufen, sodass der Erstbeklagte auf die Eheschließung mit der Zweitbeklagten gar nicht angewiesen wäre, ist ihm entgegen zu halten, dass ja erst durch diese Eheschließung die Angehörigeneigenschaft begründet worden ist. Im Übrigen gesteht die Revision selbst zu, dass der Erstbeklagte „als Türke eine eingeschränkte Personenfreizügigkeit nach EG-Recht mit subjektiven Rechten" habe. Gerade diese „Einschränkungen" sollten aber mit der Eheschließung umgangen werden.
Damit ist aber auch im vorliegenden Verfahren die Revision zurückzuweisen.
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