European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00113.15V.0811.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Ein im Zusammenhang mit der Erledigung der Beweisrüge behaupteter Verfahrensmangel liegt nur vor, wenn sich das Berufungsgericht damit überhaupt nicht befasst hat (RIS‑Justiz RS0043371). Das Berufungsgericht setzte sich mit der Beweisrüge der beklagten Partei ausführlich auseinander. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
2. Kaufverträge können Ziel- und/oder Dauerschuldverhältnisse begründen. Dabei ist der Parteiwille auszulegen ( Schurr in Schwimann , ABGB-TaKom 2 § 1053 Rz 10). Ob Verträge im Einzelfall richtig ausgelegt wurden, stellt aber nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde (RIS‑Justiz RS0042936), was hier zu verneinen ist. Mit ihren Ausführungen, dass das Berufungsgericht zu Unrecht das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses verneint hat, zeigt das Rechtsmittel daher keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf (vgl zB 8 Ob 607/84).
3.1 Bei einem Zielschuldverhältnis richtet sich die Dauer des Rechtsverhältnisses nach den zu erbringenden Leistungen, beim Dauerschuldverhältnis der Umfang der zu erbringenden Leistungen nach der Dauer des Schuldverhältnisses (RIS‑Justiz RS0018819). Die Abgrenzung zwischen Dauerschuldverhältnis und Zielschuldverhältnis stellt allerdings nicht allein darauf ab, ob das Gesamtausmaß der in Teilen zu erbringenden Leistung bestimmt oder doch objektiv bestimmbar ist. Entscheidend ist vielmehr, ob nach Absicht der Parteien die Dauer des Rechtsverhältnisses im Vordergrund steht und sich danach die Erfüllung bestimmt, die solange fortzusetzen ist, als das Rechtsverhältnis dauert, oder ob umgekehrt die Leistung bestimmend ist, sodass das Rechtsverhältnis solange währt, als noch Erfüllungsleistungen ausständig sind (RIS‑Justiz RS0018823; vgl auch RS0018948).
3.2 Aufgrund der getroffenen Feststellungen haben die Vorinstanzen die zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufverträge jedenfalls vertretbar dahin ausgelegt, dass sich ‑ über die Einzelverträge hinaus ‑ weder die beklagte Partei zur Abnahme von Produkten der klagenden Partei noch die klagende Partei zur dauerhaften Belieferung der beklagten Partei verpflichtet hat, zumal die Parteien etwa vereinbart haben, dass man die Bedingungen für die Lieferung und den Erwerb der Produkte „immer wieder … neu aushandeln würde“. Die Annahme von einzelnen Zielschuldverhältnissen durch die Vorinstanzen und die Verneinung des als Gegenforderung eingewandten Schadenersatzanspruchs wegen unterbliebener (weiterer) Lieferungen durch die klagende Partei bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur, zumal das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses nicht allein aus der langjährigen Geschäftsverbindung abgeleitet werden kann.
4. Schon die Natur eines Zielschuldverhältnisses schließt aus, dass die klagende Partei weitere Lieferungen nur nach einer angemessenen Kündigungsfrist unterlassen hätte dürfen. Zielschuldverhältnisse enden mit der vollständigen Erfüllung ( Wiebe in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON1.01 § 859 Rz 23), weshalb die klagende Partei nach der Erfüllung der einzelnen Kaufverträge nicht gehalten war, die Geschäftsbeziehung fortzusetzen oder diese mit einer Gestaltungserklärung (Kündigung) aufzulösen.
5. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den im Rechtsmittel zitierten Entscheidungen 4 Ob 516/93 (ÖBA 1993/420) und 7 Ob 623/94 (ÖBA 1995/154). Für die Abgrenzung eines Dauerschuld- von einem Zielschuldverhältnis ist daraus nichts zu gewinnen. In diesen Entscheidungen ging es vielmehr um die davon unabhängige Haftung eines Kreditunternehmens für eine unrichtige Anlegerberatung bzw eine falsche Auskunft.
6. Vom Berufungsgericht wurde das Vorliegen eines Dauerschuldverhältnisses auch im Zusammenhang mit dem behaupteten Vertragshändlervertrag bzw Generalvertriebsvertrag jedenfalls vertretbar verneint. Für einen Vertragshändlervertrag ist vor allem die Vereinbarung eines Alleinvertriebsrechts üblich (RIS‑Justiz RS0062584). Die Zusage des Alleinvertriebs enthält die Verpflichtung des Herstellers, unmittelbare Lieferungen in das Vertragsgebiet zu unterlassen (RIS‑Justiz RS0053898 [T1]). Nach den Feststellungen wurde aber ein derartiges Alleinvertriebsrecht der beklagten Partei nicht vereinbart. Vielmehr erwarben auch andere österreichische Unternehmen die Produkte (direkt) bei der klagenden Partei. Daneben wurde von der beklagten Partei im erstinstanzlichen Verfahren das Vorliegen sonstiger Elemente eines Vertragshändlervertrags, etwa eine Bezugsbindung, Kontrollrechten der klagenden Partei oder die Einbindung der beklagten Partei in der Vertriebsstruktur der klagenden Partei weder behauptet noch nachgewiesen.
7.1 Schließlich kann auch der Hinweis auf das Vorliegen eines Rahmenvertrags keine erhebliche Rechtsfrage begründen, weil der von der beklagten Partei eingewandte Schadenersatzanspruch wegen unterbliebener (weiterer) Lieferungen das Bestehen einer dauerhaften Lieferverpflichtung der klagenden Partei voraussetzt. Eine solche Lieferverpflichtung ist aber mit einer Rahmenvereinbarung nicht notwendigerweise verbunden (2 Ob 575/93 mwN; 7 Ob 76/01d; Wiebe in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 § 861 Rz 9). Der Rahmenvertrag oder Mantelvertrag verpflichtet mangels entsprechender Zusatzvereinbarung (Abnahme- oder Lieferverpflichtung) nicht zum Abschluss eines weiteren Vertrags ( Gruber in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.02 § 936 Rz 7).
7.2 Die von der beklagten Partei aufgeworfene Frage, ob sich aus der lang andauernden Geschäftsbeziehung ein mit einer Lieferverpflichtung gekoppelter Rahmenvertrag ergibt, hängt ‑ abgesehen von den dem Tatsachenbereich zuzuordnenden Feststellungen der Vorinstanzen über den Vertragswillen der Parteien ‑ zudem von den Umständen des Einzelfalls ab (vgl etwa 2 Ob 575/93) und begründet auch deshalb keine erhebliche Rechtsfrage.
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