OGH 4Ob112/06h

OGH4Ob112/06h12.7.2006

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Wolfram W*****, vertreten durch Dr. Kleinszig Dr. Puswald-Partnerschaft OEG in St. Veit/Glan, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, ***** vertreten durch Gradischnig & Gradischnig Rechtsanwälte GmbH in Villach, wegen 21.934,31 EUR sA (Revisionsinteresse 19.936,06 EUR sA), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 19. Jänner 2006, GZ 6 R 216/05i-41, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 30. August 2005, GZ 25 Cg 219/03z-33, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass sie wie folgt zu lauten hat:

„1. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger 19.936,06 EUR samt 4 % Zinsen seit 11. 12. 2003, davon 18.520 EUR Zug um Zug gegen Gestattung der Demontage der beim Kläger eingebauten Heizungsanlage, binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu zahlen.

2. Das Mehrbegehren, die Beklagte sei schuldig, dem Kläger weitere 1.998,25 sA zu zahlen, wird abgewiesen.

3. Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 14.677,97 EUR bestimmten Prozesskosten (darin 1.587,09 EUR Barauslagen und 1.612,24 EUR USt) binnen 14 Tagen zu Handen der Klagevertreter zu zahlen."

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 2.837,52 EUR bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens (darin 472,92 EUR USt) binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Begründung

Der Kläger ließ ein Fertigteilwohnhaus errichten. Die Heizung sollte ohne externe Stromversorgung funktionieren. Er beauftragte die Beklagte am 20. 3. 2003 mit der Errichtung einer „Ganzhausheizung für Scheitholzbetrieb mit elektronischer Schließautomatik und für vollautomatischen Betrieb mit Pelletsbrenner" zu einem Gesamtpreis von 22.560 EUR. Nach der Vereinbarung besteht die Heizanlage aus

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Beklagten ist zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Der Kläger nimmt das Recht auf Wandlung des Werkvertrags über die Errichtung der Heizungsanlage in seinem Wohnhaus in Anspruch. Die Beklagte beruft sich auf den Vorrang des Verbesserungsanspruchs. Eine Behebung der Mängel sei in angemessener Frist möglich und dem Kläger zumutbar. Er habe die Verbesserung ohne triftigen Grund verweigert.

2. § 932 ABGB - diese Bestimmung ist auch auf Werkverträge anzuwenden (§ 1167 ABGB) - regelt die Rangordnung der Gewährleistungsbehelfe:

Der Besteller hat primär Anspruch auf Verbesserung oder Austausch. Er kann die sekundären Gewährleistungsbehelfe Preisminderung und Wandlung (nur) geltend machen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden sind, oder der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt oder diese Abhilfen für den Übernehmer (Besteller) mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden sind oder wenn sie ihm aus triftigen in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind. Die Wandlung setzt überdies voraus, dass der Mangel nicht geringfügig ist (P. Bydlinski in KBB § 932 Rz 15 ff).

3. Wendet man diese Grundsätze im vorliegenden Fall an, muss sich der Kläger nicht auf den sonst vorrangigen Verbesserungsanspruch verweisen lassen. Vereinbart war die Errichtung einer Ganzhausheizung, die alle Räume des Hauses ausreichend beheizen und die Warmwasseraufbereitung gewährleisten sollte. Die Heizungsanlage der Beklagten entspricht diesen Anforderungen nicht: Sie funktioniert nur als „Kachelofenheizung" zur Beheizung des Raumes, in dem sich der Kachelofen befindet, nicht aber - wie vereinbart - als Ganzhausheizung, die alle Räume des Hauses gleichmäßig und der Ö-Norm entsprechend mit Wärme versorgen könnte. Dieser Mangel ist bei objektiver Abwägung der Interessen der Vertragspartner unter Berücksichtigung des Vertragsinhalts (8 Ob 63/05f = ecolex 2006/5) keineswegs geringfügig. Die mangelhafte Heizleistung schränkt die Bewohnbarkeit des Hauses vor allem während der Heizperiode gravierend ein und erfordert zusätzliche - nicht geplante - Stromquellen, um das Haus ausreichend mit Wärme und Warmwasser zu versorgen.

4. Vereinbarter Fertigstellungstermin laut Werkvertrag war der 13. 6. 2003. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Anlage betriebsbereit sein. Der Kläger hat der Beklagten bis Ende März 2004 die Möglichkeit zu Verbesserungen gegeben, um die Funktionsfähigkeit der Heizanlage herzustellen. Die bis dahin unternommenen Verbesserungsversuche blieben erfolglos.

5. Für die Frage, ob die dem Unternehmer gewährte Frist „angemessen" im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB war, sind die Art des Werks und der damit verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Umstände auf Seiten des Bestellers sind in die Beurteilung ebenso einzubeziehen wie Umstände auf Seiten des Unternehmers (6 Ob 85/05a; RIS-Justiz RS0120245; Ofner in Schwimann ABGB³ § 932 Rz 36 f).

6. Wendet man diesen Beurteilungsmaßstab im vorliegenden Fall an, ist die tatsächlich eingeräumte Verbesserungsfrist von über neun Monaten auch bei Berücksichtigung des Umstands angemessen, dass es sich bei der Heizungsanlage für das Einfamilienhaus um ein „Pilotprojekt" handelte. Auch in einem solchen Fall muss angenommen werden, dass der Unternehmer einen annähernd realistischen Fertigstellungszeitpunkt nennt und jedenfalls innerhalb von neun Monaten danach die Heizungsanlage auch tatsächlich funktionsfähig herstellen kann.

7. Einer weiteren Verbesserung des Werks steht auch der Umstand entgegen, dass die von der Beklagten angestrebten Maßnahmen (Einbau eines weiteren Kachelofens, Durchbrüche in Boden, Wand und Decke zur Errichtung eines Schachts ins Obergeschoss, Ausschneiden von Wandteilen und Anbringen von Lüftungsgittern) für den Kläger mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären und letztlich auch dazu führten, dass sich die Heizanlage in wesentlichen Punkten von der im Werkvertrag vereinbarten Ausführung unterschiede. Die vorgeschlagenen Maßnahmen bilden daher in Wahrheit keine zur Vertragserfüllung führende Verbesserung, sondern hätten zur Folge, dass der Kläger (im günstigsten Fall) eine funktionierende, aber dem Werkvertrag nicht entsprechende Heizanlage erhielte.

8. Der - von den Vorinstanzen demnach zu Recht bejahte - Wandlungsanspruch führt zur Auflösung des Werkvertrags ex tunc; für die Rückabwicklung ist § 1435 ABGB anzuwenden (Ofner in Schwimann ABGB³ § 932 Rz 70; Rummel in Rummel ABGB³ § 1435 Rz 2, jeweils mwN). Soweit beide Vertragspartner Leistungen erbracht haben, entstehen mit Auflösung des Vertrags beiderseitige Kondiktionsansprüche. Die beiderseitigen Leistungen sind in analoger Anwendung des § 877 ABGB Zug um Zug zurückzuerstatten.

9. Die Zug um Zug-Verpflichtung kann in den Urteilsspruch aufgenommen werden. Voraussetzung ihrer Aufnahme durch das Gericht ist entweder eine entsprechendes Klagebegehren oder zumindest die im Vorbringen zum Ausdruck kommende Bereitschaft des Klägers zur Erbringung der Gegenleistung oder aber ein darauf gerichtetes Einwendungsvorbringen des Beklagten (1 Ob 9/97y; RISJustiz RS0107733).

10. Der Kläger hat bereits in der Klage vorgebracht, er sei selbstverständlich bereit, Zug um Zug gegen Rückzahlung des Werklohns die Demontage des Werks durch die Beklagte zu gestatten (AS 3; s auch AS 23). Das Erstgericht war daher berechtigt, die Zug um Zug-Verpflichtung in den Urteilsspruch aufzunehmen. Es hat die Verpflichtung allerdings insofern missverständlich formuliert, als die Rückzahlung des Werklohns Zug um Zug „gegen Demontage der bei der klagenden Partei eingebauten Heizungsanlage" erfolgen soll. Gemeint ist damit aber offenbar die Gestattung der Demontage, da das Erstgericht in der Begründung ausdrücklich auf die vom Kläger erklärte Bereitschaft verweist (AS 277).

11. Es war daher durch eine Maßgabebestätigung klarzustellen, dass die im Gegenzug zur Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten bestehende Verpflichtung des Klägers in der Gestattung der Demontage der Heizungsanlage besteht. Damit ist auch klargestellt, dass es Sache der Beklagten ist, die Heizungsanlage zu demontieren, wobei über das Ausmaß der Demontage zweckmäßigerweise das Einvernehmen mit dem Kläger herzustellen sein wird.

Die Revision musste erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte