OGH 4Ob107/02t

OGH4Ob107/02t28.5.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heidi P*****, vertreten durch Dr. Markus Ch. Weinl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Hans P*****, vertreten durch Mag. Martin Mennel, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen Feststellung der Unwirksamkeit gerichtlicher Vergleiche (AZl 4 C 666/97m des Bezirksgerichts Bludenz), infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck in Ablehnungssachen vom 25. März 2002, GZ 4 Nc 6/02a-1, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei für nicht berechtigt erkannt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antrag auf Zuspruch von Prozesskosten wird abgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 14. 5. 2001, 4 Ob 108/01p, bestätigte der erkennende Senat einen Beschluss des Oberlandesgerichtes Innsbruck, mit dem die (bereits dritte) Ablehnung sämtlicher Richterinnen und Richter des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten für nicht berechtigt erachtet wurde; hinsichtlich der damals geltend gemachten Ablehnungsgründe wird auf diese Entscheidung, hinsichtlich des bisherigen Gangs des Verfahrens auf den Aufhebungsbeschluss vom 25. 9. 2001, 4 Ob 210/01p, verwiesen. Im fortgesetzten Verfahren hob das Landesgericht Feldkirch als Berufungsgericht mit Beschluss vom 19. 11. 2001 die angefochtene Entscheidung insoweit auf, als damit die Klageausdehnung zurückgewiesen wurde, und trug dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf; im übrigen verwarf es die Berufung wegen Nichtigkeit und gab der Berufung nicht Folge. Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 52.000 S, nicht aber 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig sei.

Mit Schriftsatz vom 14. 2. 2002 erklärte die Klägerin die (vierte) Ablehnung sämtlicher Richter und Richterinnen des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten. Neben über weite Strecken wörtlichen Wiederholungen ihres Vorbringens in früheren Ablehnungsanträgen behauptet sie als neu hervorgekommene Ablehnungsgründe die mangelnde Objektivität des Berufungssenats, der in beiden Rechtsgängen jeweils unvertretbare Rechtsansichten vertreten und sich im zweiten Rechtsgang nicht mit sämtlichen Berufungsgründen auseinandergesetzt habe; auch sei der Entscheidungsgegenstand allein deshalb so niedrig bewertet worden, um einen weiteren Rechtszug auszuschließen. Schließlich habe der Präsident des Berufungsgerichts mit Eingabe vom 25. 1. 2001 bei der Rechtsanwaltskammer Wien eine Disziplinaranzeige gegen den Klagevertreter wegen angeblich missbräuchlicher Befangenheitsanzeigen eingebracht, die in ihrer Darstellung einseitig und unrichtig sei.

Das Erstgericht hielt die Ablehnung für nicht berechtigt. Hinsichtlich der schon in früheren Ablehnungsanträgen geltend gemachten Ablehnungsgründe verwies es auf die dazu ergangenen Entscheidungen. Die auf eine unvertretbare Rechtsansicht im Aufhebungsbeschluss und die Einbringung einer Disziplinaranzeige gestützten Ablehnungsgründe seien verspätet, weil sie erst nach Einlassung in die Berufungsverhandlung am 19. 11. 2001 geltend gemacht worden seien. Zur Disziplinaranzeige fehlten darüber hinaus genauere Angaben, warum sie völlig einseitig und teilweise unwahr sei. Im übrigen sei die behauptete Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung kein Ablehnungsgrund; Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen seien nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Das Erstgericht hat aus rechtlichen Erwägungen die Ablehnung für nicht berechtigt erachtet; es begründet daher keinen (primären) Verfahrensmangel, wenn Erhebungen oder Einvernahmen über die behaupteten Ablehnungsgründe nicht durchgeführt worden sind. Angesichts der raschen Abfolge der inhaltlich weitgehend deckungsgleichen Ablehnungen durch die Klägerin begründet es noch keine Bedenken einer Befangenheit, wenn damit befasste Senate im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung und -ökonomie dann von der Einholung einer wiederholten Äußerung der betroffenen Richter gemäß § 22 Abs 2 JN absehen, wenn - wie hier - keine wesentliche Änderung der Umstände seit dem vorangegangenen Ablehnungsverfahren erkennbar ist (4 Ob 108/01p).

Soweit die Rechtsmittelwerberin weitwendige Ausführungen zu angeblich in der Vergangenheit verwirklichten Ablehnungsgründen (freundschaftliche Beziehungen der abgelehnten Richter zu einem als Zeuge vernommenen Kollegen, dokumentiert ua durch gemeinsames Singen in einem Chor) erstattet, ist sie auf die Begründung im Beschluss des erkennenden Senats vom 14. 5. 2001, 4 Ob 108/01p zu verweisen.

Die angebliche Unrichtigkeit einer Gerichtsentscheidung bildet nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs selbst dann keinen Ablehnungsgrund, wenn die Rechtsansicht von der herrschenden Rechtsprechung abgelehnt wird (RdW 1999, 350; 6 N 2/99). Es kann nicht Aufgabe des zur Beurteilung eines aus der Entscheidung eines Richters abgeleiteten Ablehnungsantrags berufenen gerichtlichen Organs sein, die Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen (4 Ob 36/89 = RZ 1989/110; 4 N 524/95; 6 Ob 268/98z ua). Dass dem Berufungsgericht (etwa auch im Zusammenhang mit der Bewertung des Entscheidungsgegenstands) aber derart schwerwiegende Beurteilungsfehler unterlaufen wären, dass an der Objektivität der beteiligten Richter mit Grund gezweifelt werden könne (vgl dazu Mayr in Rechberger ZPO² § 19 JN Rz 6; zuletzt 1 Ob 242/01x), ist nicht zu erkennen. Auf Grund welcher Umstände die Disziplinaranzeige des Präsidenten des Erstgerichts einseitig und teilweise unwahr sei, hat die Klägerin nicht näher ausgeführt (§ 22 Abs 1 JN).

Dem Rekurs kann kein Erfolg beschieden sein.

Im Ablehnungsverfahren als einseitigem Verfahren gibt es nach dem Gesetz keine Kostenersatzpflicht (Mayr in Rechberger, ZPO² § 24 JN Rz 6; SZ 63/24; 4 Ob 328/00i; 4 Ob 108/01p uva). Das Kostenersatzbegehren ist daher - unabhängig von der Frage nach dem Erfolg des Ablehnungsantrags - abzuweisen.

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