Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag auf Zuspruch von Prozesskosten wird abgewiesen.
Text
Begründung
Die Klägerin begehrt in dem zu 4 C 666/97m beim BG Bludenz anhängigen Verfahren die Feststellung der Unwirksamkeit der im Scheidungsvergleich vom 15. 11. 1984 (gemeint wohl 29.10.1984) unter Punkt 4. enthaltene Verpflichtung, die Rückzahlungen von monatlich 2.500 S für die Investitionen in der Ehewohnung ab sofort alleine zu übernehmen und insoweit den Beklagten schad- und klaglos zu halten, sowie der im Verfahren 1 C 5/92p des Bezirksgerichtes Feldkirch mit Vergleich vom 27. 1. 1992 unter Punkt 2. eingegangenen Verpflichtung, an den Beklagten als Ausgleich für die angeblich von diesem geleisteten Zahlungen einen Pauschalbetrag von 40.000 S in monatlichen Raten zu 1.000 S zu zahlen. Die Klägerin beantragt in diesem Verfahren unter anderem auch die Einvernahme des Vorstehers des Bezirksgerichtes Feldkirch, Dr. Franz S*****, vor dem die angeführten Vergleiche geschlossen worden sind. Mit Beschluss vom 26. 11. 1997, 3 Nc 31/97k, wies das Oberlandesgericht Innsbruck den Antrag der Klägerin, alle Richter des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten als befangen abzulehnen, zurück (ON 30). Dem dagegen von der Klägerin erhobenen Rekurs gab der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 27. 1. 1998, 4 Ob 383/97w, keine Folge (ON 33). Mit Urteil vom 12. 7. 2000 (ON 79) wies das Bezirksgericht Bludenz die Klage ab.
In ihrer gegen diese Entscheidung erhobenen Berufung (ON 83) lehnt die Klägerin neuerlich sämtliche Richter des Landesgerichtes Feldkirch einschließlich des Präsidenten und des Vizepräsidenten ab. Der Richter Dr. Franz S*****, welcher als Zeuge einvernommen werden solle, sei früher Richter des Landesgerichtes Feldkirch gewesen. Es sei daher zu befürchten, dass dieser Zeuge auch zu den Richtern des Landesgerichtes Feldkirch nicht nur rein dienstliche, sondern auch seit vielen Jahren freundschaftliche Beziehungen nach wie vor unterhalte. Deshalb hätten sich auch die Richter des Landesgerichtes Feldkirch für befangen erklären müssen. Die Richter des Landesgerichtes Feldkirch seien auch deshalb befangen, weil der Berufungssenat, bestehend aus Dr. Alfons D*****, Dr. Josef F***** sowie Dr. Richard H*****, in seiner Berufungsentscheidung vom 13. 2. 1996 im Verfahren des Bezirksgerichtes Feldkirch, 1 C 56/95t eine unvertretbare Entscheidung getroffen habe, wegen der ein Amtshaftungsprozess gegen die Republik Österreich anhängig sei. Die dieser Entscheidung zugrunde liegende Rechtsansicht des Berufungssenates sei völlig falsch, womit der Verdacht einer voreingenommenen Betrachtung und subjektiven Parteilichkeit erhärtet werde. Auch die im Verfahren 11 C 1029/96f des Bezirksgerichtes Feldkirch zu 1 R 71/99w am 11. 10. 1999 von diesem Berufungssenat getroffene Entscheidung sei völlig verfehlt, weil die geltend gemachten Verfahrensmängel nicht behoben worden seien. Die im gegenständlichen Verfahren zu erwartenden Entscheidungen berührten die Rechtsposition des betroffenen Richters Dr. Franz S*****, weil sie ihm im Hinblick auf seine Funktion als Richter und sein persönliches Ansehen Vor- oder Nachteile bringen könnten, zumal ihm vorgeworfen werde, die nötige Anleitungs- und Aufklärungspflicht beim Abschluss der Vergleiche verletzt zu haben. Nach ständiger Rechtsprechung sowie einem alten und anerkannten Gerichtsgebrauch hätten sich sämtliche Richter eines Gerichtshofes für befangen zu erklären, wenn ein Richter in ein Verfahren involviert sei, das ein anderer Richter beim selben Gerichtshof führe, ohne selbst Partei im prozessualen Sinne zu sein. Grundsätzlich könne die Ablehnung eines ganzen Gerichtes zwar nur durch die Ablehnung jedes einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter, konkreter Ablehnungsgründe gegen jeden dieser Richter erfolgen; dies sei im vorliegenden Fall jedoch nicht erforderlich, weil der geltend gemachte Befangenheitsgrund auf alle Richter des Landesgerichtes Feldkirch in gleicher Weise zutreffe. Insbesondere lägen bei allen Richtern des Landesgerichtes Feldkirch freundschaftliche Kontakte zum Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch Dr. Franz S***** vor.
Die Mitglieder des zur Entscheidung über die Berufung der Klägerin zuständigen Berufungssenates, Präsident des Landesgerichtes Dr. Alfons D***** als Vorsitzender, Vizepräsident des Landesgerichtes Dr. Heinz B***** und Berichterstatter und Richter des Landesgerichtes Dr. Josef F*****, erklärten in ihrer gemäß § 22 Abs 2 JN abgegebenen Äußerung, sich nicht befangen zu fühlen, und verwiesen darauf, dass nach ihrer Beurteilung in der im Ablehnungsantrag zitierten früheren Berufungsentscheidung keine unvertretbare Rechtsauffassung vertreten worden sei. Von der Einholung von Äußerungen der übrigen Richter des Landesgerichtes Feldkirch, welche nach der bestehenden Geschäftsverteilung zur Entscheidung über die Berufung der Ablehnungswerberin nicht berufen seien, sah das Landesgericht Feldkirch ab.
Das Erstgericht hielt den Ablehnungsantrag für nicht berechtigt. Gemäß § 19 Z 2 JN könne ein Richter abgelehnt werden, wenn Umstände vorlägen, die es nach objektiver Prüfung und Beurteilung rechtfertigten, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dabei genüge schon die Besorgnis, dass bei der Entscheidung dieses Richters andere als rein sachliche Motive eine Rolle spielen könnten. Die Beantwortung der Frage, ob der abgelehnte Richter befangen ist, sei stets in Bezug auf die Rechtssache zu prüfen, in welcher er wegen Befangenheit abgelehnt wurde. Abgelehnt werden könne immer nur ein Richter als Person, niemals aber das Gericht als Institution. Die Ablehnung eines ganzen Gerichtes sei daher nur möglich, wenn für jede einzelne Person detaillierte Ablehnungsgründe angegeben würden. Eine unzulässige indifferente Pauschalablehnung etwa eines Gerichtshofes als Institution sei aber dann nicht gegeben, wenn dem Antrag zu entnehmen sei, dass bei jedem einzelnen Richter im Wesentlichen dieselben Ablehnungsgründe vorlägen. Die Klägerin stütze ihren Ablehnungsantrag - wie schon in zahllosen vorangegangenen Ablehnungsanträgen - auf angebliche freundschaftliche Beziehungen sämtlicher abgelehnter Richter zum Vorsteher des Bezirksgerichtes Feldkirch, die den Anschein der Befangenheit erwecken könnten. Die Klägerin übersehe dabei, dass dieser Richter nicht Partei eines Verfahrens vor dem Gerichtshof sei, sondern von der Klägerin lediglich als Zeuge angeboten worden sei. Grundsätzlich könne zwar auch ein Naheverhältnis eines Richters zu einem Zeugen eine Befangenheit begründen, weil bei widersprüchlichen Beweisergebnissen das Beurteilungsvermögen des Richters im Rahmen der Beweiswürdigung beeinflusst werden könne oder zumindest der Anschein entstehen könne, die Beweiswürdigung des Richters werde durch ein solches Naheverhältnis und die darin begründeten emotionalen Komponenten mitbestimmt. Sei jedoch - wie hier - ein Richter lediglich über Vorgänge in einem von ihm geführten Verfahren, somit über dienstliche Wahrnehmungen, zu befragen, rechtfertige dies die Befangenheit eines Richters, der mit dem als Zeugen zu vernehmenden Richter näher bekannt oder befreundet sei, für sich allein nicht. Die Klägerin zeige auch keine konkreten Umstände auf, die die Annahme rechtfertigten, die Richter des Landesgerichtes Feldkirch seien - wenn einer ihrer Berufskollegen von ihnen in einem Verfahren als Zeuge zu dienstlichen Vorgängen befragt werde - nicht zu einer unbefangenen Beurteilung in der Lage. Zum Ablehnungsgrund betreffend die Mitglieder des Berufungssenats sei darauf zu verweisen, dass eine unrichtige Sachentscheidung oder eine Missbilligung vorangegangener Entscheidungen nicht zur Begründung einer Befangenheit herangezogen werden könne. Die Ablehnungswerberin sei auch nicht in der Lage, nachvollziehbar darzulegen, dass die angeführten Richter des Landesgerichtes Feldkirch auf eine mangelnde Objektivität hinweisende schwere Verfahrensverstöße begangen hätten. Der von der Ablehnungswerberin angeführte Gerichtsgebrauch beziehe sich nur auf Fälle, in denen ein Richter Partei eines Verfahrens sei und zudem jenem Gerichtshof angehöre, der über die Sache zu entscheiden habe; der als Zeuge geführte Richter sei jedoch nicht Partei des Verfahrens. Inwiefern im vorliegenden Fall der in Art 6 MRK verankerte Anspruch auf Entscheidung über zivilrechtliche Ansprüche durch ein unabhängiges und unparteiisches, auf Gesetz beruhendes Gericht gefährdet oder vereitelt werde, habe die Ablehnungswerberin nicht näher begründet.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Rechtsmittelwerberin wiederholt in ihrem weitwendigen Rekurs zum größten Teil bereits im Ablehnungsantrag enthaltene Ausführungen; insoweit genügt es, gemäß § 510 Abs 3, § 528a ZPO auf die Richtigkeit der Begründung des angefochtenen Beschlusses hinzuweisen.
Der Rekursgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen das Erstgericht bei Aufnahme der zusätzlichen Beweise zu einem anderen Ergebnis kommen hätte können.
Dass der Richter Dr. S***** im Verfahren als Zeuge angeboten wurde, trifft zu (Verhandlung vom 13. 5. 1996, ON 10); die entsprechende Feststellung des Erstgerichts ist also nicht aktenwidrig. Aktenwidrig ist hingegen die Behauptung der Rechtsmittelwerberin, der Zeuge sei nicht nur zu dienstlichen Wahrnehmungen zu befragen gewesen: Wie sich aus dem Protokoll der Verhandlung vom 25. 1. 1999 (ON 48) ergibt, hielt sich die Vernehmung des Zeugen im Rahmen des Beweisthemas, ob die Klägerin bei Abschluss der - zum Teil - bekämpften Vergleiche einem Irrtum über die Einkommensverhältnisse des Beklagten unterlegen ist, und welche Belehrungen ihr vom Zeugen vor Vergleichsabschluss erteilt wurden.
Soweit die Rekurswerberin weiterhin daran festhält, die im Verfahren 1 C 56/95t des BG Feldkirch ergangenen erst- und zweitinstanzlichen Entscheidungen beruhten auf einer unvetretbaren Rechtsansicht, ignoriert sie hartnäckig, dass bereits drei Senate des Obersten Gerichtshofs den gegenteiligen Standpunkt vertreten haben (siehe dazu die in einem vorangegangenen Ablehnungsverfahren ergangene Entscheidung 4 Ob 383/97w unter Berufung auf 8 Ob 2084/96w und die im Amtshaftungsverfahren ergangene Entscheidung 1 Ob 151/98g). Weshalb die Rechtsmittelentscheidung im Oppositionsprozess 11 C 1029/96f des Bezirksgerichtes Feldkirch auf einer unvertretbaren Rechtsansicht beruhe, wird nicht näher ausgeführt.
Zu ihrer auch im Rekurs wiederum unter Berufung auf die Entscheidung EvBl 1988/135 wiederholten Behauptung, nach ständiger Rechtsprechung hätten sich sämtliche Richter eines Gerichtshofes für befangen zu erklären, wenn ein Richter in ein Verfahren involviert sei, ist die Ablehnungswerberin neuerlich darauf zu verweisen, dass in der zitierten Entscheidung lediglich von jenem Fall die Rede ist, in dem ein Richter Partei eines Verfahrens vor dem Gerichtshof ist, dem er angehört. Für die Ausdehnung des darin zitierten alten und anerkannten Gerichtsgebrauchs auf Fälle, in denen ein Richter bloß als Zeuge zu vernehmen ist, bietet diese Entscheidung keine Stütze. Es ist auch objektiv in keiner Weise gerechtfertigt, dem Verhandlungsrichter erster Instanz sowie darüber hinaus allen Richtern des Gerichtshofs ohne begründete Bedenken zu unterstellen, diese seien, wenn ein Kollege von ihnen in einem Verfahren als Zeuge (nicht in eigener, privater, sondern ausschließlich dienstlicher Sache) auftrete, nicht zu einer objektiven, fairen und unbefangenen Beurteilung in der Lage und es sei deren Parteilichkeit zu befürchten (10 ObS 275/97g = SSV-NF 11/116; ähnlich 10 ObS 276/97d). Dass das Bestehen eines kollegialen Verhältnisses des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu einem abgelehnten Richterkollegen allein weder deren Befangenheit noch auch etwa die Zweckmäßigkeit einer Delegierung zu begründen vermag, hat der Oberste Gerichtshof wiederholt mit dem Argument bekräftigt, dass der Gesetzgeber selbst im § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofs, welchem der abgelehnte Richter angehört, normiert und damit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses nicht als entscheidungshindernd ansieht (10 ObS 275/97g = SSV-NF 11/116 mwN).
Eine Verletzung der Klägerin in ihrem Recht auf ein Verfahren nach den Kriterien des Art 6 MRK - wie sie abschließend pauschal behauptet - kann unter den gegebenen Umständen nicht nachvollzogen werden. Dem Rekurs ist somit insgesamt ein Erfolg zu versagen.
Im Ablehnungsverfahren als einseitigem Verfahren gibt es nach dem Gesetz keine Kostenersatzpflicht (Mayr in Rechberger, ZPO**2 § 24 JN Rz 6; SZ 63/24; 1 Ob 191/00w uva). Das Kostenersatzbegehren ist daher - unabhängig von der Frage nach dem Erfolg des Ablehnungsantrags - abzuweisen.
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